Herr Minister, zwei Fragen zur Verhältnismäßigkeit: Auf welche gesetzliche Grundlage und mit welcher Begründung wurde dem Sprecher der ostdeutschen Antiatomkraftinitiativen ein Aufenthaltsverbot für zwei Landkreise erteilt, während ein Aufenthaltsverbot aufgrund des starken Grundrechtseingriffs gerade einmal für das Gebiet einer kleinen Gemeinde denkbar ist?
Wie kann bei der starken Polizeipräsenz, die Sie geschildert haben, einer Person, die sich auch um Deeskalation sehr verdient gemacht hat, unterstellt werden, ein solches Konflikt- und Gefährdungspotenzial in sich zu tragen?
Da ich die Person und den Sachverhalt nicht kenne, wäre ich dankbar, wenn Sie mir die Frage schriftlich stellen würden - oder ich nehme sie auf. Wir können sie auch im Innenausschuss diskutieren.
- Tut mir Leid. Ich kann abends nicht immer fernsehen, weil ich etwas anderes tue. Diese Frage, Kollege Sarrach, werde ich Ihnen schriftlich beantworten.
Wir kommen zur Frage 704 (Abstimmung über Polizeigesetz), die anstelle der Frage 697 gestellt wird. Das Wort erhält Frau Kaiser-Nicht.
Es geht um die Abstimmung über ein zukünftiges Polizeigesetz. Im Zusammenhang mit den neuerlichen Diskussionen um eine mögliche Fusion zwischen Brandenburg und Berlin hat Innenminister Schönbohm vorgeschlagen, im Jahr 2006 eine Abstimmung über ein gemeinsames Polizeigesetz beider Länder durchzuführen. Minister Schönbohm verbindet damit die Absicht, auch in Berlin solche umstrittenen Regelungen wie den großen Lauschangriff, den finalen Rettungsschuss und die Videoüberwachung auf öffentlichen Straßen und Plätzen einzuführen. Dieses Vorhaben stieß nicht nur bei der Berliner SPD auf erheblichen Widerstand.
Meine Frage lautet: Handelt es sich bei dem Vorschlag von Herrn Schönbohm um ein in der Landesregierung abgestimmtes Vorhaben?
Frau Abgeordnete Kaiser-Nicht, es ist ein Vorschlag. Wenn Sie sich einmal die Landkarte anschauen, werden Sie feststellen: Alles, was um Berlin herum ist, ist Brandenburg, und alles, was in der Mitte von Brandenburg liegt, ist Berlin. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, ernsthaft darüber nachzudenken, wie wir die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern weiterführen können. Da es unsere gemeinsame Absicht ist - ich höre es zumindest von Herrn Christoffers -, die Länder Berlin und Brandenburg zusammenzuführen, ist es an der Zeit, sich mit dieser Frage zu befassen. Dann geht es darum, die Diskussion anzuschieben. Da wir in Brandenburg das Glück einer großen Koalition und eines Polizeiaufgabengesetzes haben, das auf der Höhe der Zeit ist, ist es doch ganz gut, den Berlinern die Chance zu geben, auch von Brandenburg etwas zu lernen. Darauf wollte ich hinweisen.
Das war kein Kabinettsbeschluss, Frau Kaiser-Nicht, sondern eine Anregung des Innenministers Schönbohm im Rahmen seiner Zuständigkeit. Ich finde, Sie sollten dankbar sein, dass ich das, was auch Sie möchten, nämlich die Zusammenarbeit von Berlin und Brandenburg zu intensivieren, auf diese Weise anschiebe.
Herr Minister, haben Sie bei den Denkanstößen, die Sie gerade darstellten und die nicht im Kabinett abgestimmt sind, den Berlinern auch übermittelt, dass Sie regelmäßig dem Landtag Berichte vorlegen - wie auch in dieser Sitzungsperiode wieder -, in denen Sie feststellen, dass Sie diese Mittel in Brandenburg nicht einsetzen, weil sie offensichtlich nicht gebraucht werden?
Ich bin außerordentlich dankbar dafür, dass wir das Mittel des finalen Rettungsschusses nicht einsetzen müssen. Ich hoffe, dieser bleibt uns auch in Zukunft erspart. Oder bedauern Sie, dass wir das bisher nicht gemacht haben? Das finde ich schon unglaublich.
Zu Ihrer zweiten Frage: Gerade hat Ihr Kollege gefragt, warum wir einen Platzverweis ausgesprochen haben, aber Sie sagen, wir sprechen keine solchen Verweise aus. Dann müssen wir miteinander klären, was Sie meinen.
Es ist vollkommen richtig, zur Videoüberwachung haben wir bisher noch keine Entscheidung getroffen. Das Gesetz ist im November/Dezember wirksam geworden. Wir haben dazu Anhörungen mit Fachleuten gehabt, um festzustellen, welche Bereiche dafür am besten geeignet sind. Es gibt dazu Vorschläge. Wir wollen diese demnächst umsetzen. Dann werden wir, wie es im Gesetz vorgesehen ist, im Innenausschuss darüber berichten und die nächsten Schritte beschließen. In diesem Bereich haben wir noch Klärungs- und Entscheidungsbedarf, das ist richtig.
Ich habe zwei Nachfragen. Herr Minister, würden Sie mir zustimmen, dass es einen Unterschied gibt zwischen Aufenthaltsverbot und Platzverweis?
Bezüglich der Antwort, die Sie Herrn Ludwig gegeben haben, eine zweite Frage: Könnten Sie sich neben dem Polizeiaufgabengesetz eine Reihe weiterer Themen vorstellen, bei denen die Zusammenarbeit von Berlin und Brandenburg vordringlich ist?
Es gibt einen Unterschied zwischen Aufenthaltsverbot und Platzverweis, das ist vollkommen richtig, Herr Kollege Christoffers. Dass ich mir auch andere Bereiche vorstellen kann, haben wir schon erörtert. Das habe ich auch im Einzelnen erläutert. Ich möchte Ihnen die konkreten Bereiche nennen.
Kollege Werthebach und ich werden vor der Sommerpause ein gemeinsames Lagebild der organisierten Kriminalität vorstellen. Wir werden die Zusammenarbeit zwischen dem Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Brandenburg und dem Landesamt für Informationstechnik in Berlin intensivieren.
Wir haben Arbeitsgruppen gebildet, die sich mit Fragen der Beschaffung für die Polizei - sei es Pkw-Beschaffung, sei es Beschaffung von Uniformen, Waffen und Munition - und mit der Ausbildung der Mitarbeiter im Verwaltungsdienst einschließlich der Ausbildung der Polizeibeamten für den höheren Dienst befassen. Hier gibt es eine gemeinsame Ausbildung, die im Augenblick federführend von Berlin durchgeführt wird. Dies ist ein weites Feld, das wir weiter beackern werden. Das reduziert sich nicht nur auf Gesetzgebungsverfahren, sondern bedeutet auch praktisches Handeln.
Herzlichen Dank. - Wir kommen zu der Frage 698 (Jugend- und Kulturzentrum Bruchbude e. V. Milmersdorf). Da die Fragestellerin nicht hier sein kann, hat sie den Abgeordneten Lenz gebeten, die Frage zu formulieren. Bitte sehr.
Der Verein Bruchbude e. V. in Milmersdorf hat als regionaler Träger der Jugendhilfe verschiedene Projekte für internationale Begegnungen durchgeführt und dafür offenbar auch die Unterstützung der Landesregierung erhalten. Nach aktuellen Presseberichten ist diese anerkannte Jugendarbeit trotz der angekündigten Unterstützung der Landesregierung gefährdet.
Ich frage deshalb die Landesregierung, was sie unternimmt, um die anerkannte Jugendarbeit des Vereins Bruchbude e. V. Milmersdorf weiter zu unterstützen und sicherzustellen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat in den Jahren 1995 und 1996 bauliche Mittel in Höhe von insgesamt 405 000 DM und im Jahre 1997 für die Ausstattung 90 000 DM zur Verfügung gestellt. Das Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung hat im Jahre 1996 an die Gemeinde Milmersdorf Mittel in Höhe von 440 000 DM im Zusammenhang mit der weiteren Rekonstruktion der Einrichtung „Bruchbude” bereitgestellt. Damit wurden dem Träger für investive Zwecke insgesamt 935 000 DM, also fast eine Million DM, aus Landesmitteln zugewendet. Das ist, weil das Land hier eigentlich gar keine Zuständigkeit besitzt, ein außerordentlich hohes Engagement, zumal wenn man bedenkt, dass diese doch relativ kleine Gemeinde nur 1 869 Einwohner hat.
Im Jahre 1999 erhielt der Träger eine Zuwendung der Landeszentrale für politische Bildung für eine internationale Jugendbegegnung in Höhe von 5 000 DM. Seit Einführung des 610Stellen-Programms erhält die „Bruchbude” über das Jugendamt Personalkostenzuschüsse aus Landesmitteln. Im Jahr 2001 för
dert das Land zwei Personalstellen aus dem 610-Stellen-Programm in Höhe von 38 000 DM und vorbehaltlich des noch ausstehenden Beschlusses des Jugendhilfeausschusses des Landkreises Uckermark mindestens zwei, höchstens aber drei SAMBeschäftigte mit jeweils rund 6 000 DM aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und aus Landesmitteln.
Bei drei SAM-Beschäftigten würde also der Träger im Jahr 2001 insgesamt eine Landesförderung für die Personalstellen in Höhe von 56 000 DM erhalten. Die Aufstockung der Zahl der SAM-Beschäftigten für den Landkreis ist möglich geworden, weil einzelne Kreise ihr jeweiliges Stellenkontingent nicht ausgeschöpft haben und daher die unbesetzten Stellen umverteilt werden konnten.
Sie sehen also: Die Landesregierung unterstützt nach wie vor in großem Umfang die Arbeit der „Bruchbude”. Durch die Intervention meines Hauses ist ja auch die Aufstockung der SAMStellen für den Bereich Jugend und Sport möglich geworden, sodass die „Bruchbude” am letzten Wochenende erstmals wieder geöffnet wurde. Ich will aber noch einmal ausdrücklich betonen, dass die Verantwortung für die Ausgestaltung der offenen Jugendarbeit beim örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe liegt, der auf der Grundlage der Jugendhilfe und der Jugendförderplanung für die notwendige Planungssicherheit Sorge tragen muss. Nur dadurch können solche schwierigen Situationen in Zukunft verhindert werden. - Vielen Dank.
Ich bedanke mich auch. - Nun hat Frau Richstein zur Formulierung der Frage 699 (Unerledigte Zwangsvollstreckungen) das Wort.
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgen in Brandenburg oftmals erst viele Monate nach der gerichtlichen Entscheidung. Dies ist eine Zeitspanne, die insbesondere die mittelständischen Unternehmen finanziell erheblich belastet.
Ich frage die Landesregierung: Welche Möglichkeiten sieht sie, kurzfristig eine Verbesserung dieser Situation herbeizuführen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Richstein, das Zwangsvollstreckungsverfahren ist ein Antragsverfahren. Es liegt allein im Ermessen des Gläubigers, nach einer gerichtlichen Entscheidung die Zwangsvollstreckung bei dem zuständigen Vollstreckungsorgan zu beantragen. Auf den Zeitraum, der zwischen der gerichtlichen Entscheidung und dem Antrag auf Durchführung einer Vollstreckungsmaßnahme liegt, hat die Landesregierung also keinen Einfluss.
Die durchschnittliche Erledigungszeit von Vollstreckungsmaßnahmen durch die Gerichtsvollzieher des Landes Brandenburg hat sich in der jüngsten Zeit allerdings verlängert und ist ins
gesamt viel zu lang. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Gerichtsvollzieher ab dem 1. Januar 1999 auch für die Durchführung des Verfahrens zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung zuständig sind. Diese erhebliche Mehrbelastung der Gerichtsvollzieher hat in der gesamten Bundesrepublik Deutschland zu einer Verlängerung der Erledigungszeiten geführt.
Ich habe bereits im letzten Jahr Maßnahmen ergriffen, um die Erledigungszeiten der Gerichtsvollzieher spürbar zu verkürzen. Seit dem 1. Januar 2001 werden neun Rechtspfleger zur Verstärkung im Gerichtsvollzieherdienst eingesetzt, Ende dieses Jahres werden zwölf Gerichtsvollzieheranwärter ihre Prüfung ablegen und danach weiter zur Entspannung der Situation beitragen. Für den anstehenden Doppelhaushalt 2002/03 wurden 16 neue Gerichtsvollzieherstellen angemeldet. Ohne diese angestrebte Verbesserung der Personalsituation ist mit einer kurzfristigen spürbaren Verkürzung der Vollstreckungszeiten nicht zu rechnen.
Selbstverständlich haben wir auch geprüft, ob es technische und organisatorische Maßnahmen gibt, um die Verfahrensdauer zu verkürzen. Im Ergebnis ist insoweit leider kein Rationalisierungspotenzial festzustellen. Die Engpässe sind also allein auf den Anstieg der Verfahrenszahlen und auf die personelle Unterbesetzung zurückzuführen. - Vielen Dank.
Das Wort geht an die Frau Abgeordnete Tack, die nun Gelegenheit hat, die Frage 700 (Abschätzung des perspektivischen Auf- kommens im Zusammenhang mit dem geplanten Neubau der Schleuse Kleinmachnow im Rahmen des Verkehrsprojektes 17) zu stellen.
Der Landtag hat am 5. April 2001 mit dem Beschluss zur Modifizierung des Wasserstraßenausbaus im Rahmen des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit 17 (3/2619-Brandenburg) „... die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes... gebeten, auf der Basis der Abschätzung des perspektivischen Aufkommens den Nachweis zur erforderlichen Länge der Schleusenkammer Kleinmachnow vorzulegen”. Bisher vorliegende Prognosen für das Projekt stammen aus dem Jahr 1990.
In Kenntnis der Stellungnahme des Ministeriums für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung zum Planfeststellungsverfahren für den Neubau der Schleuse Kleinmachnow frage ich die Landesregierung, inwiefern sie die Forderung des Landtages nach aktuellen Prognosen neben den in der Stellungnahme genannten Einwendungen an den Projektträger richtet.