Protokoll der Sitzung vom 21.11.2001

Es gibt schon jetzt einen bundesweiten Lehrermangel, insbesondere in den berufsbildenden Fächern. Wenn man sich die Zahl der Schülerinnen und der Schüler ansieht, die sich heute für ein Lehrerstudium entscheiden,

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

dann erkennt man, dass wir in den nächsten Jahren noch viel größere Probleme haben werden. Wenn ich heute die Abiturzeugnisse den Abgängern eines Gymnasiums überreiche und frage, wer Lehrer werden will, dann sind das in der Regel ein oder zwei Schüler von 80, manchmal 100. Wir brauchen aber 10 % und mehr Abgänger eines Schülerjahrgangs, die bereit sind, ihr Studium mit dem Ziel, Lehrer zu werden, aufzunehmen. Sonst können wir in den Jahren 2008/2009 folgende die Ausbildung der künftigen Generation nicht mehr sicherstellen, also auch nicht die Ausbildung der Kinder unserer heutigen Schülerinnen und Schüler.

(Zuruf der Abgeordneten Frau Osten [PDS])

Deshalb müssen wir die Attraktivität des Studiums erhöhen; denn die, die heute beginnen, werden nach fünf Jahren Studium an der Universität bzw. Hochschule und zwei Jahren Ausbildung im Referendariat erst im Jahr 2009 fertig sein.

(Frau Osten [PDS]: Was ist nun mit Reform?)

Deshalb sind wir dabei, mehrere Reformschritte durchzuführen, die Bachelor- und Masterausbildung, die Modularisierung bzw. das Credit-Points-System auch für die Lehrerausbildung in Brandenburg einzuführen. Wir denken darüber nach, wie Praxisanteile über Praxissemester in verstärktem Umfang in die Ausbildung integriert werden können, dass wir die Ausbilder im Vorbereitungsdienst schon in das Studium einbeziehen und dass wir andere Anregungen, die im Moment in der deutschlandweiten Diskussion gegeben werden, auch für die Reform der Lehrerausbildung an der Universität Potsdam einbeziehen.

Deshalb habe ich die Kolleginnen und Kollegen, die sich um diese Fragen bemühen, gebeten, eine gemeinsame Arbeitsgruppe aller beteiligten Institutionen zu bilden. Das sind das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, das MWFK, das ist die Universität Potsdam, das sind die Vertreter der Studienseminare und des Pädagogischen Landesinstitutes, das sind aber auch die Vertreter der Schulämter und der Schulen. Noch in dieser Woche, am 23. November, werden wir eine erste Sitzung durchführen und überlegen, wie wir gemeinsam mit Berlin die Reform der Lehrerausbildung anpacken wollen.

All diejenigen, die fragen, ob es sich beim Lehrer nicht um eine Naturbegabung handelt, haben Recht. Aber auch Naturbegabungen müssen ausgebildet, müssen gefördert, müssen entwickelt werden. Deshalb werden wir uns um die Entwicklung des Lehrerstudiums in den nächsten Jahren intensiv bemühen und das Potsdamer Modell der Lehrerbildung weiterentwickeln. - Vielen Dank.

Ich danke auch. - Wir fangen mit der Fragestellerin an. Frau Große, bitte.

Herr Minister, inwieweit werden die Studenten selbst in diese Reformierung der Lehrerausbildung einbezogen und inwieweit werden die bisher mit Studenten arbeitenden Lehrer dahin gehend einbezogen?

Die mit Studenten arbeitenden Lehrer sind insofern einbezogen, als wir, wie ich Ihnen sagte, die Vertreter der Studienseminare einbeziehen. Die Studenten der Universität müssen natürlich über die Universität einbezogen werden; denn sie sind schließlich das Gegenüber, das Subjekt und das Objekt dieser Reform. Insofern müssen, wenn diese Reform gelingen soll, beide dringend einbezogen werden.

Frau Hartfelder, bitte.

Herr Minister, Sie sprachen zu Recht von der Verkürzung der Studienzeit als wesentlichen Attraktivitätsmacher. Wie schätzen Sie die Möglichkeit ein, studienbegleitende Berufspraktika, also Schulpraktika, auszudehnen und diese aber auch in die Referendariatszeit einzuordnen?

Ihre Frage zielt darauf ab, ob man nicht eventuell sogar das Modell einer einphasigen Lehrerausbildung anwendet. So weit sollte man nicht gehen. Die Versuche, die es damit gegeben hat, sind leider gescheitert. Allerdings denke ich - deshalb habe ich an die Studenten geschrieben -, dass jeder Student im Lehramt dringend eine Partnerschule braucht, die er während der gesamten Ausbildung als seine Partnereinrichtung behält und in der er während seines Studiums permanent den Praxischeck hat.

Wir wollen über die an der Universität Potsdam im Potsdamer Modell der Lehrerbildung verbindlichen Praktika hinaus nach Bedarf zusätzliche Praktika organisieren. Wo das Interesse vorhanden ist, können wir das schon jetzt machen. Ob wir weitere Praxisteile verbindlich machen, das muss die Arbeitsgruppe vorschlagen.

Herr Dr. Trunschke, bitte.

Herr Minister, als das Potsdamer Modell der Lehrerbildung konzipiert wurde, ging es schon viel weiter in die Richtung, die Sie jetzt skizziert haben. Warum durfte das eigentlich damals nicht gleich umgesetzt werden?

Das hätte damals schon umgesetzt werden können; wir haben schon damals vom Ministerium aus nicht gebremst. Aber manche Reformschritte sind am Anfang nur angedacht und dann in der Praxis aus vielerlei Gründen nicht umgesetzt worden. Herr Edelstein hat das immer wieder zu Recht kritisiert. Da muss man in einem zweiten Reformschritt prüfen, warum diese ursprünglich intendierten Dinge bisher nicht umgesetzt worden sind.

Was ich Ihnen eben vorstellte, ist ein Projekt, das ganz neu entwickelt worden ist, nämlich eine Partnerschule für jeden Lehramtsstudenten zu suchen. Mir wäre es lieber, wenn man es verbindlich machte. Aber auch das muss die Arbeitsgruppe herausfinden: ob das geht, ob das Sinn macht oder ob es nur eine unnötige Belastung des Lehrerstudenten wäre.

(Dr. Trunschke [PDS]: Zu DDR-Zeiten hat es immer ge- klappt!)

Danke sehr. - Wir kommen zur Frage 927 (Verbesserung der Fahrschulausbildung), gestellt vom Abgeordneten Senftleben.

Auf der Hauptversammlung des ACE am 9. November dieses Jahres hat Verkehrsminister Bodewig vorgeschlagen, die Fahrschulausbildung dahin gehend zu reformieren, dass den Inhabern einer Fahrerlaubnis auf Probe eine freiwillige zweite Ausbildungsphase angeboten werden soll. Als Anreiz für die Teilnahme an der zweiten Ausbildungsphase soll der Zeitraum, für den die Fahrerlaubnis nur auf Probe erteilt worden ist, verkürzt werden.

Ich frage daher die Landesregierung: Mit welchen konkreten Vorschlägen ist die Bundesregierung mit dem Ziel der Umsetzung einer veränderten Fahrschulausbildung im Land Brandenburg und in Deutschland an die Landesregierung herangetreten?

Herr Minister Meyer, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Senftleben, Fahrschulausbildung, Fahrschulprüfung - das heißt Regeln und Verkehrszeichen pauken, technische Abläufe, kuppeln, Gas geben, bremsen, blinken usw. lernen und die Prüfung bestehen. Das war so und man glaubte dann stolz, dass man ein 100%ig richtig handelnder Verkehrsteilnehmer sein würde. Das ist aber häufig ein Irrtum.

Bei der zweiten Ausbildungsphase für Fahranfänger handelt es sich deshalb um eine Maßnahme, mit der eine verantwortungsbewusste Einstellung im Straßenverkehr erzielt und damit ein Beitrag zur Senkung der besonderen Unfallrisiken von Fahranfängern geleistet werden soll.

Konkretisiert wurden die erstmals bereits vor 15 Jahren angedachten Vorstellungen im Rahmen einer vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat und vom Gesamtverband der Versicherungswirtschaft im Jahr 1996 initiierten Projektgruppe, in der unser Haus von Anbeginn vertreten war. Das von dieser Projektgruppe entwickelte Konzept bildet nunmehr die Grundlage für die von Minister Bodewig verkündete zweite Ausbildungsphase.

Seitens der Bundesregierung liegt unserem Haus hierzu der Entwurf einer Verordnung über die freiwillige Fortbildung von Inhabern der Fahrerlaubnis auf Probe von Anfang November vor. Die zweite Ausbildungsphase soll in Form von Ausbildungsseminaren für Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe durchgeführt werden. Die Seminare werden aus einer Kombination aus Unterricht in Form von Gruppensitzungen durch speziell geschulte Fahrlehrer, einer Übungs- und Beobachtungsfahrt sowie praktischen Sicherheitsübungen bestehen, deren Schwerpunkte auf den besonderen Problembereichen von Fahranfängern liegen. Sie wissen, Herr Senftleben, dass gerade in Brandenburg der von Fahranfängern verursachte Anteil an Verkehrsunfällen besonders hoch ist. Berechtigt zur Teilnahme an diesem in der Modellphase freiwilligen Seminar sind Fahranfänger, die mindestens sechs Monate im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klasse B, also der Fahrerlaubnis für PKW, sind.

Abschließend möchte ich darauf verweisen, dass die Einführung der zweiten Ausbildungsphase den Bundesländern freigestellt

ist und die Verordnung bis zum 31. Dezember 2008 befristet wird. Bis zu diesem Termin werden eine Untersuchung der Wirksamkeit der Maßnahme, die die Bundesanstalt für Straßenwesen durchführen soll, vorliegen und weitere sich aus der Wirksamkeitsuntersuchung ergebende Schritte festgelegt sein.

Ich möchte Ihnen jedoch versichern, dass sich das Land Brandenburg an dieser Maßnahme beteiligen wird. Wir wollen jede Möglichkeit nutzen, die zur Erhöhung der Verkehrssicherheit führen kann, vor allem für die am meisten gefährdete Gruppe, die der jungen Fahranfänger. - Schönen Dank.

Es gibt noch Klärungsbedarf. Herr Senftleben, bitte.

Ich habe eine Nachfrage. In einem Verkehrssicherheitsbericht des Landes Brandenburg von 1998 nach einer solchen Verkehrskonferenz ist festgestellt worden, dass es notwendig wäre, eine Ausbildungsphase nicht als freiwillige, sondern als verbindliche Ausbildungsphase festzulegen.

Kommen Sie bitte zur Frage!

Deshalb meine Nachfrage: Gibt es Vorstellungen dahin gehend, eine verbindliche zweite Ausbildungsphase einzuführen?

Die gibt es derzeit nicht, weder im Land noch im Bund. Vieles wäre aus der Sicht der Verkehrssicherheit denkenswert und auch erstrebenswert. Die Beteiligten, sowohl die Versicherungsgesellschaften als auch der ADAC und die Verkehrsministerien, sind der Meinung, man sollte über diesen freiwilligen Einstieg doch erst einmal sehen, deswegen diese Pilotphase bis 2008, wie das wirkt. Wenn man zu einer angestrebten positiven Wirkung kommt, dann kann der zweite Schritt sicher möglich sein. Sie wissen, dass wir uns bei einer anderen Frage der Verkehrssicherheit auch langsam dem notwendigen und wohl richtigen Ziel nähern, nämlich dem Ziel von 0,0 Promille.

Danke sehr. - Wir kommen zur Frage 928 (Überführung des WGT-Sondervermögens in das Allgemeine Grundvermögen und Zukunft der BBG), gestellt vom Abgeordneten Domres. Bitte.

Auf Fragen im Zusammenhang mit der von der Landesregierung geplanten Auflösung des Sondervermögens teilte die Ministerin der Finanzen mit, dass die Überführung des WGT-Sondervermögens in das Allgemeine Grundvermögen nicht die Auflösung der BBG bedinge. Der Konversionsprozess werde fortgesetzt. Mit der Überführung des Sondervermögens in den Haushalt werde lediglich Sorge dafür getragen, dass zukünftige

Entscheidungen im Rahmen der Haushaltskonsolidierung einer Abwägung nach finanzpolitischen Prioritäten zugänglich gemacht werden. Zu diesem Zweck werde das Sondervermögen im Allgemeinen Grundvermögen auch getrennt geführt.

Abgesehen davon, dass die Ministerin mit dieser Aussage infrage stellt, dass die bisher unter anderem sowohl in ihrem Hause als auch im Ausschuss für Haushalt und Finanzen getroffenen Entscheidungen zur Verwertung des Sondervermögens einer „Abwägung nach finanzpolitischen Prioritäten zugänglich” waren, frage ich die Landesregierung: Welchen kurzfristigen und langfristigen Effekt auf den Landeshaushalt soll die Überführung des WGT-Sondervermögens in das Allgemeine Landesvermögen haben, wenn es dort getrennt geführt wird?

Frau Ministerin Ziegler, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie geben mir noch einmal Gelegenheit, die bereits in der Gesetzesbegründung zum Entwurf des Haushaltsstrukturgesetzes 2002 gegebene Erklärung zu vertiefen.

Die Landesregierung sieht gerade darin einen großen Vorteil, dass der Haushaltsgesetzgeber, nämlich Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten, künftig im Rahmen der Haushaltsaufstellung direkt über den Umfang der im Rahmen des WGTSondervermögens getätigten Investitionen und sonstiger Verwertungsaktivitäten und damit auch über die Auswirkungen auf den Haushalt entscheiden kann. Das fördert die Transparenz bei der Vorbereitung von Entscheidungen. Im Hinblick auf das, was wir gerade mit der LEG erlebt haben, bin ich sehr dafür, dass das so gemacht wird.

Kurzfristig, im Jahr 2002, ergibt sich eine Entlastung des Landeshaushaltes. Die mittelfristigen Effekte sind noch nicht exakt prognostizierbar. Sie hängen unter anderem von der Entwicklung des Grundstücksmarktes ab, aber auch von der Prioritätensetzung, das heißt davon, wie der Haushaltsgesetzgeber die für erforderlich gehaltenen Konversions- und Verwertungsmaßnahmen betrachtet. - Vielen Dank.

Es gibt noch Klärungsbedarf. Ich beginne mit dem Fragesteller. Herr Domres, bitte.

Frau Ministerin, ich habe zwei Nachfragen.

Die erste Nachfrage: In welcher Form wurde der BBG-Beirat, der auch aus Abgeordneten des Hauses besteht, in diese Entscheidungsfindung bzw. in die Vorbereitung des Gesetzes einbezogen?

Die zweite Frage: Wie gestalten sich die zukünftigen Fördermöglichkeiten gerade bei Konversionsprojekten, wenn das Sondervermögen als Teil des Allgemeinen Landesvermögens gewertet wird?

Zur ersten Frage: Der Beirat wurde nicht in die Entscheidungsfindung einbezogen. Es war ein Vorschlag des Kabinetts, der jetzt in der Beratung des Parlaments zur Verfügung steht. Wir haben mit dem Beirat natürlich über unsere Entscheidungen im Kabinett gesprochen. Darüber sind wir noch in der Diskussion.

Zur zweiten Frage: Fördermaßnahmen sind davon uneingeschränkt unbetroffen. Sie sind jederzeit möglich, egal, ob es Sondervermögen ist oder in das Allgemeine Grundvermögen übergeht.