Protokoll der Sitzung vom 13.11.2002

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke auch. - Der Herr Vizepräsident hat mir gesagt, dass es Fragen gegeben haben soll, die er aber nicht kenne.

(Klein [SPD]: Diese Fragen sind ausformuliert worden!)

- Dann erteile ich dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht das Wort zur Beantwortung der Fragen.

(Zuruf von der CDU: Die Fragen sind nicht ausformuliert worden!)

- Vielleicht hat es datenschutzrechtliche Gründe, dass die Fragen nicht formuliert worden sind. - Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir sind die Fragen, die der Abgeordnete Schippel stellen möchte, bekannt. Er hat diese Fragen nicht im Einzelnen präzisiert.

Sie können die Fragen ja wiederholen.

Dr. Dix:

Bei der ersten Frage geht es um die Bedingungen, unter denen sozialwissenschaftliche Untersuchungen in Schulen vorgenommen werden dürfen. Dazu hat die Landesregierung in ihrer Stellungnahme die Auffassung vertreten, dass solche Untersuchungen in der Regel auch ohne Einwilligung der Schüler bzw. bei minderjährigen Schülern der Eltern durchgeführt werden dürften. Das widerspricht der Regelung im Brandenburgischen Datenschutzgesetz. Das ist unsere Auffassung, die wir auch in dem Bericht dargestellt haben.

Die Regel ist, dass die Einwilligung der Schüler bzw. bei minderjährigen Schülern der Eltern eingeholt werden muss und dass dieses Erfordernis nur ganz ausnahmsweise übergangen werden darf. Dazu bedarf es einer besonderen aufsichtlichen Genehmigung. Das ist meines Wissens übrigens auch die Praxis des Bildungsministeriums.

Zweitens ging es um die Auffassung der Landesregierung, dass Steuerschuldnern ein Anspruch auf Einsicht in ihre Steuerakte wohlgemerkt: in ihre eigene Steuerakte - unter Hinweis auf die Abgabenordnung abgesprochen werden darf. Diese Auffassung steht in direktem Gegensatz zum Akteneinsichtsrecht nach unserer Landesverfassung. Ich würde es sehr begrüßen, wenn die Landesregierung eine Bundesratsinitiative ergriffe mit dem Ziel, die Abgabenordnung entsprechend zu ergänzen. Schon jetzt, also bevor das Bundesrecht entsprechend geändert wird, sollten die Finanzämter gemäß der Landesverfassung den Betroffenen die gebotene Akteneinsicht ermöglichen.

Die dritte Frage hat Herr Schippel kurz angesprochen. Der Ausschuss für Datenschutz der Bremischen Bürgerschaft war in der vergangenen Woche hier im Hause und hat mit den Kollegen des hiesigen Innenausschusses Fragen des Datenschutzes erörtert. Dabei spielte auch die Frage der Zusammenführung der Datenschutzaufsicht im öffentlichen und nicht öffentlichen Bereich eine Rolle.

Wie Sie wissen, ist die Datenschutzkontrolle in diesem Lande seit zehn Jahren aufgeteilt zwischen der Verwaltung einerseits und der Privatwirtschaft andererseits. Im Bereich der Verwaltung hat der Landesdatenschutzbeauftragte und im Bereich der Privatwirtschaft das Innenministerium als Aufsichtsbehörde zu kontrollieren und zu beraten. Aus meiner Sicht sprechen vor allem zwei Gründe dafür, diese Datenschutzaufsicht beim Landesbeauftragten zusammenzufassen.

Zum einen bedienen sich sowohl das Land als auch die Kommunen und Kreise zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben in zunehmendem Maße Privater und die betroffenen Bürger können häufig nicht erkennen, in welchem Bereich ihre Daten verarbeitet werden und an welche Aufsichtsbehörde sie sich wenden können. Wenn es um Datenschutz geht - das ist meine tägliche Erfahrung -, egal, wo

er stattfindet, wenden sich die Bürger in zunehmendem Maße an den Datenschutzbeauftragten des Landes.

Zum anderen muss die Datenschutzaufsicht auch nach europäischem Gemeinschaftsrecht in völliger Unabhängigkeit stattfinden. Das gilt auch für den Bereich der Privatwirtschaft. Aus diesem Grund gehen immer mehr Länder, etwa auch das Land Bremen, dazu über, die Datenschutzkontrolle beim Landesbeauftragten zu konzentrieren.

Ich habe bereits vor geraumer Zeit dem Ministerium des Innern angeboten, über eine entsprechende Bündelung der Kräfte auch in Brandenburg zu einer Verständigung zu kommen. Die Dienststelle des Landesdatenschutzbeauftragten sollte zu einem Kompetenzzentrum in Fragen des Datenschutzes werden. Dadurch würden erhebliche Synergieeffekte möglich, während sich das Ministerium des Innern auf seine Kernaufgaben konzentrieren könnte.

Meine Damen und Herren, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich gerade in dem letztgenannten Punkt unterstützten. Das hätte auch zur Folge, dass Sie möglicherweise im kommenden Jahr nur noch über einen Bericht zum Datenschutz im öffentlichen Bereich und in der Privatwirtschaft zu beraten hätten. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Allgemeiner Beifall)

Ich darf Ihnen herzlichen Dank sagen. Ich denke, damit sind auch die bis dahin ungeklärten Dinge deutlich beim Namen genannt worden.

Ich schließe die Aussprache, weil wir am Ende der Rednerliste sind. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Innenausschusses, Drucksache 3/4983. Wer dieser Beschlussempfehlung folgt, möge die Hand aufheben. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist bei wenigen Stimmenthaltungen der Beschlussempfehlung einstimmig gefolgt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Effizienz der Brandenburger Auslandsplattformen

Antrag der Abgeordneten Frau Dr. Schröder des Abgeordneten Sarrach

Das Wort geht an Frau Dr. Schröder als Antragstellerin.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dringender denn je ist jeder Cent im Wirtschaftsetat umzudrehen und ist die Effizienz jeder Ausgabe hinsichtlich ihrer Beschäftigungswirksamkeit zu prüfen.

Die Enthüllungen über den Millionenkredit an den Ex-Wirtschaftsminister werfen komplexe Fragen auf. Lückenlos aufzuklären ist dabei auch, ob mit dem errichteten System von Auslandsplattformen ein für das Land Brandenburg kostspieliges und unkontrollierbares Instrument auch zur Verfolgung privater Interessen im Ausland geschaffen wurde.

Fakt ist: Das Land gibt jährlich etwa 1,8 Millionen Euro für die

vier Büros in Dubai, Detroit, Moskau und Singapur aus, zahlbar als Pauschalhonorare. Die Vergabe von Landesmitteln in Höhe von über 200 000 Euro für die Erbringung von Dienstleistungen durch freiberufliche Leiter von Auslandsplattformen ohne öffentliche Ausschreibung verstößt gegen das EU-Vergaberecht. Nach der geltenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und der darauf gestützten aktuellen Rechtsanwendung der Europäischen Kommission sind für den vorliegenden Fall keine Ausnahmetatbestände - wie das vom Ex-Wirtschaftsminister fälschlich behauptet wurde - bezüglich der Pflicht zur öffentlichen Ausschreibung festzustellen.

Das Wirtschaftsministerium argumentiert mit dem besonderen Vertrauensverhältnis, dessentwegen es keine Ausschreibung gegeben habe. Ein Vertrauensverhältnis kann auch bei anderen Dienstleistungen gegeben sein. Das allein, meine Damen und Herren, reicht aber nicht, um sich der Ausschreibungspflicht zu entziehen. Vorrang hat nach geltender Rechtsprechung immer die öffentliche Ausschreibung.

Die EU-Kommission hat Deutschland, zuletzt am 30. Oktober 2002, förmlich aufgefordert, Unregelmäßigkeiten, wie sie auch in den vorliegenden Fällen festzustellen sind, bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge zu beseitigen. Letztlich muss die Angelegenheit bei der EU geklärt werden, wenn hier im Land keine Konsequenzen gezogen werden.

Das Wirtschaftsministerium verstrickt sich immer tiefer in den Hauptwiderspruch: Wenn es um die berechtigte Aufschlüsselung der öffentlich getragenen Kosten geht, sind die Leiter der vier Auslandsplattformen als Freiberufler tätig. Wenn es aber um die öffentliche Ausschreibung geht, sind es plötzlich Vertrauenspersonen, die der Personalhoheit der Landesregierung unterliegen.

Gerade die Vergaberichtlinien dienen aber dazu, den Wettbewerb im öffentlichen Auftragswesen zu fördern. Vor allem muss bei den vorliegenden Fällen im Einzelnen konkret untersucht werden, ob und inwieweit durch die Umgehung der öffentlichen Ausschreibung die Vergabebehörde - also das Land Brandenburg und somit der Steuerzahler - schlechtere und kostspieligere Dienstleistungen erhielt bzw. erhält, als dies bei korrekter Anwendung der EU-Vorschriften geschehen wäre.

Die Umgehung von öffentlichen Ausschreibungen schwächt die Korruptionsbekämpfung, meine Damen und Herren. Das kann nicht im Interesse der Landesregierung liegen.

Politisch sind Fragen nach dem Sinn eines solch gewollt unkontrollierbaren Systems nach seiner Effizienz, also nach der KostenNutzen-Relation, zu stellen. Karten auf den Tisch! Welche Arbeitsplätze wurden bei welchen Unternehmen durch den belegbaren Beitrag der Auslandsplattformen zur Erschließung neuer Märkte gesichert oder gar geschaffen? Das Land Brandenburg als Wirtschaftsstandort muss vor weiteren Provinzpossen wie denen von kühn verkündeten Geschäften mit Gurken oder Ketchup bewahrt werden. Der Nachweis der Effizienz der Auslandsbüros ist öffentlich und nicht nur im Fachausschuss, hinter verschlossenen Türen zu führen.

Meine Damen und Herren! Seit Jahren existiert ein weltweites Netz von Außenhandelskammerbüros des Deutschen Industrieund Handelskammertages. Diese arbeiten nach Zertifikat und bieten umfangreiche Beratungs- und Betreuungsdienstleistungen für kleine und mittelständische Unternehmen, auch für Brandenburger Unternehmen.

In einer mir vorliegenden Stellungnahme des DIHK heißt es:

„Mit ihrem gesamten Dienstleistungsangebot, das deutlich

breiter angelegt ist als das der brandenburgischen Auslandsplattformen, sind die Außenhandelskammern kostengünstiger, wenn man Beratungsvolumen und Kosten in Relation setzt. Sofern einzelne Bundesländer an einzelnen Standorten ein gesondertes Interesse haben, Unternehmen aus ihrem Bundesland ein spezifiziertes Angebot zu machen, werben wir dafür, dies innerhalb und mit den AHKs zu tun.”

In Moskau ist dies wenigstens teilweise realisiert worden. Warum nicht in Dubai, in Detroit und in Singapur? Die Landesregierung sollte bis zum Jahresende eine Klärung im Sinne der Angebote des DIHK herbeiführen und eine Lösung finden, die den Bedürfnissen kleiner und mittelständischer Unternehmen in Brandenburg, aber auch dem schmalen Landesetat gerecht wird. Ich plädiere ausdrücklich für Dienstleistungen zur Pflege von Außenwirtschaftsbeziehungen, die effizient, transparent und preiswert sind.

Ich bitte Sie, aus den genannten Gründen dem vorliegenden Antrag zuzustimmen.

Wir sind damit bei den Koalitionsfraktionen. Für sie spricht der Abgeordnete Homeyer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die im Redebeitrag der Antragsteller erhobenen Anschuldigungen gegen Herrn Dr. Fürniß weisen wir hiermit zurück. Sie, Frau Dr. Schröder, haben den untauglichen Versuch unternommen, durch pauschale Vorwürfe, die im Einzelnen durch nichts zu beweisen sind, die in den letzten Jahren geleistete Arbeit des Wirtschaftsministers und letztlich auch die Arbeit der hier lebenden Menschen und Unternehmen schlechtzureden.

Herr Dr. Fürniß hat zweifellos einen politischen Fehler gemacht. Er hat diesen erkannt und umgehend die härteste Konsequenz, die ihm möglich war, gezogen.

Es ist in den letzten Jahren gelungen, Brandenburg in Deutschland und der Welt als Unternehmensstandort besser zu vermarkten. In der Wirtschaftsförderung wurden unter anderem durch die Gründung der ZAP neue Qualitäten erreicht, die bundesweit beispielhaft sind. Der Wirtschaftsminister hat sich mit großem Engagement vor allem um die mittelständischen Unternehmen bemüht und versucht, mithilfe der Wirtschaftsförderung die Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen zu stärken. Besonders in der Absatzförderung sowie in der Internationalisierung der brandenburgischen Wirtschaft wurden neue und wichtige Akzente gesetzt. Dafür möchte ich an dieser Stelle namens meiner Fraktion Herrn Dr. Fürniß ausdrücklich danken.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Unstreitig ist in der brandenburgischen Wirtschaft eine Exportschwäche zu konstatieren. Das heißt, im Land Brandenburg wird wesentlich weniger durch den Export erwirtschaftet als in den alten Bundesländern. Es besteht aber nicht nur ein Exportgefälle zwischen den alten und den neuen Bundesländern, sondern auch innerhalb der neuen Bundesländer. Trotz immenser Wachstumsraten im Exportbereich in den letzten Jahren bleibt festzustellen, dass Brandenburger Unternehmen weniger exportieren als die Unternehmen der anderen neuen Bundesländer. Hier liegt ein Wachstumspotenzial, das dringend erschlossen werden muss und nach meiner Auffassung auch erschlossen werden kann. Die mangelnde Größe unserer Brandenburger Unternehmen erschwert es, dass sich diese Betriebe auf

internationalen Märkten positionieren bzw. die entsprechenden Strukturen aufbauen können, um Auslandsmärkte zu erschließen.

Hier sollen die Auslandsplattformen ansetzen. Sie stellen eine kostengünstige Unterstützung für unsere Unternehmen dar, um international Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Das schafft neue Arbeitsplätze im Land Brandenburg.

Natürlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollen die Auslandsplattformen auch für Investitionen im Land Brandenburg werben. Auch diese Aufgabe zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Brandenburg wird dazu beitragen.