Protokoll der Sitzung vom 19.12.2002

Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie herzlich zur 68. Sitzung des Landtages Brandenburg in seiner 3. Wahlperiode, der letzten dieses Jahres. Mein Gruß gilt ebenso den Vertretern der Medien und unseren Gästen, die heute nicht ganz so zahlreich wie üblich erschienen sind.

Zunächst einige Bemerkungen zum Entwurf der Tagesordnung: Die Tagesordnungspunkte 3 und 4 - 2. Lesung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Abschiebungshaftvollzugsgesetzes, Drucksache 3/5063, sowie die 2. Lesung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Landesaufnahmegesetzes, Drucksache 3/5100 - entfallen, da sie auf der 67. Sitzung vor ihrer 1. Lesung zurückgezogen wurden.

Zu Tagesordnungspunkt 5, der 1. Lesung des Gesetzes zu dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Drucksache 3/5144, ist von den Parlamentarischen Geschäftsführern vereinbart worden, auf eine Debatte zu verzichten.

Zu Tagesordnungspunkt 6 - 1. Lesung des Gesetzes zur Neuregelung des Heilberufsrechts im Land Brandenburg, Drucksache 3/5162 (Neudruck) - ist ebenfalls vereinbart worden, auf eine Debatte zu verzichten. Das bedeutet, dass sich das Ende der heutigen Plenardebatte verschiebt.

Gibt es von Ihrer Seite Anmerkungen zum Entwurf der Tagesordnung? - Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich um Ihr zustimmendes Handzeichen, dass wir in der veränderten Form verfahren. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist so beschlossen.

Ich darf darauf hinweisen, dass der Ministerpräsident ab 12 Uhr abwesend sein wird, da er dann auf der Ministerpräsidentenkonferenz weilt. Er wird von seinem Stellvertreter, Minister Schönbohm, vertreten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Fragestunde

Drucksache 3/5244 Drucksache 3/5177

Wir beginnen mit der Dringlichen Anfrage 28 (Verkauf von IHP-Lizenzen an Intel) von Frau Dr. Schröder. Bitte sehr.

Meine Frage bezieht sich auf die neuesten Nachrichten zur Chipfabrik im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Laut „Spiegel“ vom 16.12.02 wurden wertvolle Lizenzen des Instituts für Halbleiterphysik, IHP, an Intel verkauft.

Dabei war Folgendes zu beachten: Nach den strengen Anforderungen des Haushaltsrechts ist bei jeder Veräußerung von Vermögen aus Unternehmen mit Landesbeteiligung die Transaktionsstruktur transparent zu gestalten und darauf zu richten, den vollen Wert für das verkaufte Gut zu erzielen. Dies muss nach dem „Spiegel“-Bericht im Falle des Verkaufs von IHP-Technologie an Intel bezweifelt werden.

Ich frage daher die Landesregierung: Durch wen und mit welchem konkreten Ergebnis ließen das IHP bzw. seine Gesellschafter vor der vertraglichen Zusicherung des Verkaufs an Intel ein Wertgutachten über die verkauften IHP-Lizenzen bzw. die verkaufte IHP-Technologie anfertigen?

Frau Ministerin Wanka, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete, bevor ich auf die Frage antworte, merke ich an, dass dies nicht in der Zuständigkeit der Landesregierung liegt. Die Vergabe von Lizenzen ist allein der Geschäftstätigkeit des IHP zuzuordnen. Dabei wird so verfahren, dass die Geschäftsführung die erforderlichen Vorbereitungen trifft und die beabsichtigten Aktivitäten dann vom Aufsichtsrat gebilligt werden müssen. Im Aufsichtsrat sitzen unter anderem Vertreter des Landes und des Bundes.

Bei der Frage nach der konkreten Lizenzvergabe, also der Frage, um welche Lizenzen von und an Intel es geht, handelt es sich, wie in solchen Fällen üblich, um ein Geschäftsgeheimnis des IHP. Dazu kann sich nur das Unternehmen selbst äußern.

Ich will nun versuchen, die Frage zu beantworten, möchte aber für die Zukunft um Verständnis bitten, dass sich sowohl Land als auch Bund, wenn solche Fragen artikuliert werden, zurückhalten müssen; denn die Mitglieder des Aufsichtsrates und auch Mitarbeiter der verschiedenen Ministerien - Finanzministerium, Wissenschaftsministerium, Bundesministerium - sind über die Dinge, die ihnen im Dienstgeschäft aus der Geschäftstätigkeit des IHP bekannt werden, zur Verschwiegenheit verpflichtet, und zwar nach dem GmbH-Gesetz und dem Aktionärsgesetz. Sie können, wenn Schaden durch die Verletzung dieser Verschwiegenheitspflicht entsteht, haftbar gemacht und zur Verantwortung gezogen werden. Sie können schadensersatzpflichtig gemacht werden. Das gilt auch für mich persönlich.

Nun zu Ihrer Frage: Das, was der „Spiegel“ von wegen „Ausverkauf“ und „IHP verschenkt...“ berichtet hat, ist in der Sache definitiv falsch.

Intel hat sowohl Verträge mit Communicant geschlossen, bei denen es auch um Lizenzen, Produktlizenzen etc. geht, aber es sind zwischen Intel und IHP geschlossene Verträge, auf die sich Ihre Frage bezieht.

Zwischen Intel und IHP hat ein Lizenz- und Technologieaustausch stattgefunden. IHP hat eine Silicium-GermaniumKohlenstoff-Technologie gegeben und dafür von Intel eine hier nicht näher zu bezeichnende Intel-eigene aktuelle Halbleiterprozesstechnologie in Form von Forschungslizenzen erhalten. Beides sind weltweit gesehen Spitzentechnologien. Wenn man einen solchen Austausch vornimmt, muss man natürlich auf Gleichwertigkeit achten. Der Austausch ging von der Gleichwertigkeit des konkreten Tauschobjektes aus, und zwar auf hohem Preisniveau. Dies ist durchaus marktüblich. Es sind vor Vertragsabschluss entsprechende anwaltliche Gutachten veranlasst worden, die insbesondere die Marktüblichkeit, aber auch den Aspekt der Gemeinnützigkeitsunschädlichkeit untersucht und die Erfüllung dieser Kriterien bestätigt haben.

Der Lizenzaustausch ist von allgemeinem Interesse. Das hat das IHP auch schon in früheren Zeiten - auf einem anderen Technologieniveau - z. B. mit Motorola getan. Auch das ist bekannt.

Ich möchte etwas zur Philosophie des Instituts und dazu, wie so etwas funktionieren kann, sagen. Wir haben das IHP, ein Institut, das forscht. Des Weiteren haben wir die großen Halbleiterproduzenten, ob Siemens, Intel, Motorola oder Infineon, welche Prozesstechnologien erarbeiten, die sehr teuer sind, in denen sehr viel Power steckt. Das IHP nimmt Entwicklungen vor, deren Basis solche Prozesstechnologien in gewissen Sinne sind. Darauf wird aufgesetzt, wird an Weiterentwicklungen gearbeitet.

Das IHP kann ebensowenig wie andere staatliche Institute solche Prozesstechnologien, die sie als Forschungstechnologien brauchen, auf denen sie aufsetzen, bezahlen. Sie sind nicht in der Lage, so etwas zu kaufen. Das heißt, das Instrument des Technologieaustausches ist eine klassische Methode. Das muss an der Stelle geschehen.

Natürlich muss ein Institut eine gute Arbeit leisten, wenn ein Unternehmen wie Intel Interesse hat, seine Technologie zum Tausch anzubieten. Es spricht also für die Leistungsfähigkeit eines Instituts, wenn man einen Tauschpartner findet.

Im genannten Fall ist der Lizenz- und Technologieaustausch eminent wichtig. Dadurch besteht jetzt im IHP die Möglichkeit, auf einem höheren Prozesstechnologieniveau zu forschen. Das ist für die nächsten Jahre entscheidend; denn dadurch wird die Wettbewerbsfähigkeit des IHP entscheidend verbessert. Will das IHP einen Spitzenplatz in der Halbleitertechnologie einnehmen, muss es so etwas tun. - Nun haben wir mittlerweile lauter selbst ernannte Experten, die so etwas beurteilen können und diesbezüglich abwägen.

(Vereinzelt Gelächter bei der CDU)

Das IHP wird auch weiterhin so verfahren müssen. In drei Jahren ist es vielleicht wieder notwendig. Wird das nicht getan, weil man Angst hat oder denkt, man könnte nun rechnen und das beurteilen, dann ist das Institut weg vom Markt. - Danke schön.

(Beifall bei SPD und CDU)

Es gibt noch Klärungsbedarf, Frau Minister. - Frau Schröder, bitte.

Sie sprachen von der Schwierigkeit der Schaffung von Transparenz. Ich frage Sie erstens, ob es nicht angesichts dieses Projektes dringend erforderlich ist, für die Abgeordneten mehr Transparenz bezüglich dieser Verträge zu schaffen.

Zweitens: Wo kann man das genannte Gutachten einsehen? Besteht für Abgeordnete überhaupt die Möglichkeit? Sie erwähnten die Kritierien Gemeinnützigkeit und Marktüblichkeit.

Drittens: Können Sie nach Ihrem Wissensstand tatsächlich ausschließen - ich möchte es noch einmal auf den Punkt gebracht haben -, dass kein Ausverkauf stattgefunden hat?

Frau Schröder, ich denke, ich war deutlich.

Was die Fragen danach betrifft, was man im Detail einsehen könne, müssen Sie das IHP fragen und Juristen müssen entscheiden, was davon den Abgeordneten zur Einsichtnahme bzw. zur Bewertung und Beurteilung zur Verfügung gestellt werden kann.

Wir sind damit bei der Frage 1413 (Aufstockung der Mittel für Altschuldenhilfe), die der Abgeordnete Dellmann stellen wird. Bitte sehr.

Die Bundesregierung hat im Zusammenhang mit dem Stadtumbau, der auch in den kommenden Jahren eine Schwerpunktaufgabe Brandenburgs sein wird, mitgeteilt, dass sie die Mittel für die Altschuldenhilfe bei Wohnungsunternehmen um 300 Millionen Euro aufstocken will.

In diesem Zusammenhang frage ich die Landesregierung: Mit welchen positiven Effekten rechnet sie für Brandenburger Wohnungsunternehmen und Kommunen durch die Aufstockung dieser Mittel?

Herr Minister Meyer, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dellmann, die Landesregierung begrüßt natürlich den Beschluss der Bundesregierung, die Bundesmittel für die zusätzliche Altschuldenentlastung gemäß § 6 a Altschuldenhilfegesetz um 300 Millionen Euro auf 658 Euro aufzustocken. Dies ist ein wichtiger Schritt, um die ostdeutsche Wohnungswirtschaft zu stabilisieren und den Stadtumbau voranzubringen.

Bisher haben erst drei brandenburgische Wohnungsunternehmen eine Zusage der Kreditanstalt für Wiederaufbau erhalten. Durch die Aufstockung der Bundesmittel werden voraussichtlich weitere zehn brandenburgische Unternehmen in den Genuss der Förderung kommen. Insgesamt werden voraussichtlich 13 brandenburgische Wohnungsunternehmen eine Altschuldenentlastung in Höhe von ca. 78 Millionen Euro aus den zur Verfügung gestellten Mitteln erhalten. Zusätzlich stellt das Land diesen Unternehmen Fördermittel in gleicher Höhe für investive Maßnahmen zur Verfügung. Insgesamt fließen also 156 Millionen Euro an diese Unternehmen. So gut dies auch klingt, wird die geplante Aufstockung der Bundesmittel voraussichtlich lediglich ausreichen, um die bereits vorliegenden Anträge der Wohnungsunternehmen gemäß § 6 a Altschuldenhilfegesetz abzudecken.

Erst ein Drittel der antragsberechtigten Wohnungsunternehmen des Landes Brandenburg hat einen solchen Antrag gestellt. Im November hatte ich die ostdeutschen Bauminister zu einer Beratung eingeladen, auf der wir beschlossen, Bundesminister Stolpe auf diesen Umstand hinzuweisen und die Bundesregierung

zu bitten, eine weitere bedarfsgerechte Aufstockung der Bundesmittel, wie in der Koalitionsvereinbarung vorgesehen, frühzeitig sicherzustellen.

Ich habe brandenburgische Wohnungsunternehmen, die unseres Wissens gemäß § 6 a Altschuldenhilfegesetz antragsberechtigt sind, kürzlich angeschrieben und auf die Möglichkeit einer zusätzlichen Altschuldenentlastung gemäß § 6 a AHG hingewiesen. Zudem hat das Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr seit Inkraftsetzen der Altschuldenhilfeverordnung zu verschiedenen Anlässen immer wieder auf die Möglichkeit einer zusätzlichen Altschuldenentlastung hingewiesen. Danke schön.

Herr Dellmann hat noch eine Nachfrage.

Herr Minister, teilen Sie meine Auffassung, dass es sinnvoll wäre, wenn Kommunen direkt Anträge stellen dürften?

Das kann ich „aus dem Hut“ nicht sagen. Ich sehe auch die Zielstellung nicht. Gesellschafter der kommunalen Gesellschaften sind im Prinzip die Kommunen, sodass ich davon ausgehen darf, dass die Gesellschafter und die Gesellschaft einen entsprechenden Antrag stellen.

Zweitens sind die Genossenschaften über ihre eigene Geschäftsführung antragsberechtigt. Ich kenne nur wenige Fälle - ich kenne diese Szene -, in denen Wohneigentum direkt den Kommunen gehört. Wenn ein solches Anliegen an uns herangetragen wird, wird auch ein geeigneter Weg gefunden. Wichtig ist jedoch, dass die Antragsberechtigten die Initiative ergreifen, um Bundesmittel und Mittel der KfW zu bekommen. Sie haben den Zahlen sicher entnommen, dass der gegenwärtige Stand nicht ausreicht. Deshalb habe ich die brandenburgischen Wohnungsunternehmen angeschrieben, deshalb trete ich auch auf Verbandsversammlungen auf und weise auf diesen Umstand hin; denn die Vergabe der Mittel erfolgt nach dem Windhundprinzip.

Bezüglich der folgenden Frage gibt es mehrere Änderungen. Die Frage 1414 ist gegen die Frage 1423 getauscht worden. Der Fragesteller hat ebenfalls gewechselt; denn der für die Frage 1423 zuständige Fragesteller - Herr Petke - liegt krank im Bett.

(Allgemeines Bedauern)

Er hat uns wissen lassen, dass diese Frage deshalb von einem Vertreter vorgetragen werden soll, nämlich von Herrn Homeyer.

Ich möchte dem Abgeordneten Petke von hier aus beste Genesungswünsche übermitteln.