Protokoll der Sitzung vom 29.01.2003

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Tack. - Ich gebe das Wort jetzt an den Abgeordneten Dellmann, der für die Fraktionen von SPD und CDU spricht. Bitte schön, Herr Dellmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Tack, einen Satz in Ihrer Begründung können wir zweifelsohne teilen. Er lautet:

„Ziel aller Anstrengungen im SPNV muss es sein, mehr Fahrgäste zu gewinnen und damit eine Verlagerung von Verkehr auf die Schiene zu bewirken.“

(Beifall bei der PDS)

Wenn vielleicht Herr Minister Meyer mir wieder zuhört, damit auch Frau Tack wieder lauschen kann - danke! Frau Tack, ich glaube, dass Sie bestimmte Dinge wieder einmal völlig falsch verstanden haben.

(Widerspruch und Zurufe bei der PDS)

Lesen Sie bitte die Ausführungen der Bundesarbeitsgemeinschaft im Detail! Da geht es um Zielstellungen. Es geht nicht darum, dass der Staat wieder dirigistisch eingreift, sondern darum, dass nur Ziele definiert werden.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [PDS])

- Liebe Frau Tack, wenn Sie sich den Bahnvertrag durchlesen - vielleicht können Sie gelegentlich einmal Einblick nehmen, aber Sie haben die Inhalte ja richtig zitiert -, werden Sie feststellen, dass darin Mindestanforderungen stehen. Was Sie wollen, ist ein genaues Festsetzen aller einzelnen Standards.

(Zuruf des Abgeordneten Homeyer [CDU])

Jetzt passiert nämlich Folgendes: Die Verkehrsunternehmen erklären einerseits, dass sie in ihrer Freiheit, betriebswirtschaftlich interessante Dinge zu gestalten, eingegrenzt seien, und andererseits, dass für einen Zugbegleiter pro Kilometer Kosten in Höhe von 10 bis 15 Cent entstünden,

(Zuruf der Abgeordneten Tack [PDS])

welche sich auf die Preise niederschlügen.

Frau Tack, vielleicht sollten Sie wirklich eines machen: Unterhalten Sie sich bitte einmal mit den Unternehmen im Verkehrsbereich! Da sagt Ihnen die PEG, da sagt Ihnen Connex: Um die Möglichkeit zu haben, bestimmte Dinge auszuloten, wollen wir gewisse Freiheiten in den Verträgen haben; denn nur dann sind entsprechende Effekte zu erreichen.

Sie haben es selbst angesprochen. Natürlich kann man durch gute Arbeit von Unternehmen - Sie sprachen das Thema Interconnex an - erreichen, dass man mehr Fahrgäste bekommt. Aber es stellt sich doch die Frage: Überlassen wir es den Unternehmen oder machen wir wieder Vorgaben? Ich glaube, es ist der richtige Weg, wenn wir nur bestimmte Vorgaben machen und nicht alles im Detail regeln.

Wir müssen auf eines sehr genau aufpassen, dass wir nicht den schwarzen Peter bekommen, den uns die Deutsche Bahn zum Teil zuschieben will. Es gingen schon Veröffentlichungen zum

Ostnetz durch die Presse, jetzt müsse die DB angeblich ihr Zugpersonal entlassen.

Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist auch ganz wichtig zu erkennen, dass der Zugbegleiter nicht das Einzige ist. Es gibt moderne Kommunikationsmittel - Zugdurchsagen, Durchsagen auf Bahnsteigen -, mit denen vieles erreicht werden kann, übrigens auch mit technischen Hilfsmitteln, sodass das Problem, das objektiv besteht, nämlich die subjektive Sicherheit zu gewährleisten, gelöst werden kann.

In diesem Sinne, Frau Tack, tut es mir wirklich Leid, dass wir den Antrag nicht annehmen können. Vielleicht können wir aber mit Ihnen in eine detaillierte Diskussion gehen, auch mit Unternehmen im Bereich des SPNV, um zu erreichen, dass in der nächsten Ausschreibung tragfähige Vorgaben enthalten sind. Ich glaube, dass die Vorgaben, die jetzt im Vertrag mit DB Regio sind, ausreichen und auch die Qualität im SPNV in Brandenburg sichern. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Dellmann. - Das Wort geht an die Fraktion der DVU. Frau Abgeordnete Hesselbarth, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS beschert uns mit der Drucksache 3/5226 einen weiteren Schaufensterantrag. Wie schon zur Oktober-Sitzung soll es hier um Qualitätssteigerungen im Bereich des Schienenverkehrs gehen. Die PDS fordert heute eine individuelle Fahrgastbetreuung. Das bedeutet aber letztlich eine Verteuerung, die wiederum die SPNV-Kunden tragen müssen. Die PDS hat dabei vergessen, dass gerade die Personalkosten die Bahnpreise in die Höhe treiben. Das nennt die PDS Nutzerfreundlichkeit?

Dabei wird in keiner Weise substanziiert vorgetragen, wie sich das Nachfrageverhalten diesbezüglich bei den Kunden darstellt. Ebenso absurd ist deshalb die Vorstellung, dass durch den vermehrten Einsatz von Zugbegleitern im SPNV die Fahrgastzahl nennenswert erhöht werden kann. Die PDS-Fraktion geht wohl davon aus, dass SPNV-Kunden nicht sparen, sondern mehr zahlen wollen.

Auch - wie in der Antragsbegründung angedeutet - ökologische Lenkungseffekte angesichts anstehender Benzinpreiserhöhungen in einen Zusammenhang mit dem Einsatz von Zugbegleitern zu bringen ist absurd.

(Allgemeine Unruhe)

Was die PDS-Fraktion auch nicht vorlegt, sind Erhebungen über die von den Fahrgästen erwartete Qualität, Vergleichsdaten zu von den Dienstleistern angestrebter und tatsächlich erbrachter Qualität und die vom Fahrgast wahrgenommene Qualitätserbringung.

(Glocke des Präsidenten)

Erst solche logischen Schritte bringen uns zu einer kosten- und damit verbraucherorientierten Bewertungsgrundlage.

Im Übrigen sind die Ausschreibungskriterien des Landes im Bereich des SPNV ohnehin so stringent, dass weitere bieterunfreundliche Regelungen auch im Sinne der in jedem Fall anzustrebenden Steigerung des Wettbewerbs auf der Schiene kontraproduktiv sind.

Sparen Sie sich Ihren Antrag für den Fasching. Wir werden ihn ablehnen. - Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht jetzt an die Landesregierung, an Herrn Minister Meyer.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gebe gern zu, mache das aber selten: Ich habe nicht alles verstanden.

Es ist doch unstrittig, dass Service und Qualität die Attraktivität erhöhen.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [PDS])

Weil das so ist, wollen wir Wettbewerber auf dem Markt haben. Deswegen machen wir Ausschreibungen und deswegen wird in die Ausschreibungen das eine oder andere aufgenommen, auch, dass unter bestimmten Umständen ein Zugbegleiter sein muss. Aber daraus die Forderung abzuleiten, dass nun jeder Zug einen Zugbegleiter braucht,

(Frau Tack [PDS]: Das fordern die Fahrgäste!)

ist unter Kostengesichtspunkten in der Woche des Haushalts des Landes Brandenburg - anders kann ich doch diese Woche nicht bezeichnen - schwer zu verteidigen und schon gar nicht den Wettbewerbern in dieser Form aufzudrücken.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?

Aber gern.

Bitte schön, Herr Abgeordneter Dellmann.

Herr Minister Meyer, würden Sie es als sachgerecht empfinden, wenn im Sinne von Kundenzufriedenheit und Wiedererkennungswert, unabhängig von dem Unternehmen, welches auf den Brandenburger Strecken fährt, alle Zugbegleiter die gleiche Uniform trügen?

(Heiterkeit)

Das ist eine Idee, die mich auch überrascht, Herr Dellmann, weil Sie ja ein Vertreter des Wettbewerbs sind. Nun haben wir einen Monopolisten mit der kleinen Heidekrautbahn. Ich weiß, dass Sie da einmal im Aufsichtsrat waren. Ich glaube, da gibt es Schwierigkeiten.

Wichtig ist doch, dass die vorhandenen Personale und die Personale, die betriebswirtschaftlich von dem Wettbewerber vertreten werden, dann auch optimal eingesetzt werden. Das heißt, sie müssen in den stark frequentierten Zeiten in den Zügen vorhanden sein und sie müssen zu Schwachlastzeiten auch einmal aussetzen können.

Bei Einzelbesetzungen können entsprechend ausgebildete Triebfahrzeugführer auf modernen Triebwagen als kompetente Ansprechpartner für den Fahrgast fungieren. Frau Tack, ich kenne sehr viele Strecken. Wenn ich vor einer Schranke stehe - das ist fast ein Hobby von mir -, zähle ich die Fahrgäste. Wenn es vier Fahrgäste sind und die sich auch noch die Karte gekauft haben, dann erhalten sie diese Auskünfte auch vom Triebwagenführer. Ich beobachte das und habe es hinterfragt, weil ich selbst zu den Menschen gehöre, die nicht immer den Automaten vertrauen.

An diesem Beispiel ist meiner Meinung nach zu ersehen, dass Qualität und Service im SPNV nicht allein an einer 100%igen Besetzung der Züge mit Zugbegleitern festzumachen sind. Ich denke, diese Betrachtungsweise greift zu kurz. Betriebswirtschaftliche Zwänge der Unternehmen sind vorhanden und zu berücksichtigen. Herr Dellmann führte aus:

„Ich warne vor dirigistischen Eingriffen.“

Auch das ist ein Hinweis, den ich aufnehmen muss, denn es heißt doch letztendlich, dass seitens des SPNV-Aufgabenträgers Qualitäts- und Serviceleistungen vorgehalten werden müssen, wozu produktiver Personaleinsatz notwendig ist.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Bitte schön, Frau Tack.