Protokoll der Sitzung vom 29.01.2003

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag wurde durch die Regierungschefs der Länder ausgehandelt und von der Landesregierung genauso wie der Rundfunkstaatsvertrag zur Fusion von ORB und SFB - wieder einmal am Parlament vorbei unterzeichnet. Der Vertrag kann heute in diesem Hause nur abgenickt werden.

Zur Sache! Bislang oblag der Jugendschutz den einzelnen Landesmedienanstalten für den Bereich Rundfunk, den Jugendschutzstellen der Länder für die Mediendienste und dem Bund für die Teledienste. Für diese Bereiche soll jetzt einheitlich die Kommission für Jugendschutz, KJM, zuständig sein. Nur die Kontrolle der Trägerdienste bleibt beim Bund.

Die Einräumung eines größeren Spielraums für die Länder im Rahmen einer einheitlichen Jugendschutzregelung aller elektronischen Medien unter Einbeziehung sowohl des Rundfunks als auch des Onlinebereichs mag ein Stück angewandter Bundesstaatlichkeit sein. Sie korrespondiert nicht zuletzt mit der Kulturhoheit der Länder.

Betrachtet man diesen Staatsvertrag allerdings etwas näher, so wird sichtbar, dass sich der Staat dadurch aus seiner hoheitlichen Verantwortung für den Jugendschutz bedenklich zurückzieht. Dies ist zumindest die Ansicht der Versammlung der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk, LPR Hessen, sowie der Hamburgischen Anstalt für neue Medien. Nach Meinung der LPR Hessen enthält der vorliegende Staatsvertrag Vorgaben, die einem wirksamen Schutz von Kindern und Jugendlichen eher entgegenstehen. Für programmliche Verstöße von der Überschreitung altersbezogener Sendezeiten bis zur Ausstrahlung indizierter und schwer jugendgefährdender Filme - werden die TV-Veranstalter künftig nicht mehr direkt zur Rechenschaft gezogen werden können. Sie müssen lediglich die Filme zuvor dem von ihnen selbst finanzierten Kontrollgremium vorgelegt haben. Es ist schließlich nicht von der Hand zu weisen, dass die von den Veranstaltern getragene Selbstkontrolle natürlich unter deren Quoten- und Erwartungsdruck steht. Es ist zu befürchten, dass selbst bei problematischen Filmen die Jugendschutzkriterien nicht immer beachtet werden.

Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag billigt trotzdem den anerkannten Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle einen Beurteilungsspielraum zu, der für die neue Kommission für Jugendmedienschutz, die für die hoheitliche Kontrolle zuständig ist, letztlich die Hinnahme von deren Entscheidungen bedeutet. Nicht anders lässt sich § 20 des Staatsvertrages, der die Aufsicht über die Rundfunkanbieter - mit Ausnahme der öffentlich-rechtlichen - regelt, interpretieren.

Wir als DVU-Fraktion sehen aber angesichts zunehmender Verrohung und Gewalt bei der Jugend die Notwendigkeit, dass die Kontrolle über jugendgefährdende Programminhalte sich nicht weitgehend selbst überlassen bleibt, sondern in klarere Ordnungsstrukturen eingefügt wird, als dies im vorliegenden Staatsvertrag vereinbart wurde. Dafür reicht aber eine Lizenzierungspflicht für die Einrichtungen der Selbstkontrolle nicht aus. Es müssen wirksamere Verfahrensvoraussetzungen geschaffen werden, die der Medienanstalt eine Rahmensetzung für die Selbstkontrolle durch abgestufte Vorgaben und Sanktionen erlauben. Wir vermissen vor allem dies im vorliegenden Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. Deswegen werden wir uns bei der Abstimmung über den Vertrag, dessen Umsetzung in Landesrecht notwendig ist, der Stimme enthalten. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Wir sind bei der CDU-Fraktion. Für sie spricht Herr Abgeordneter Schöps.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass Jugendschutz in Medien eine für die Zukunft zu qualifizierende Aufgabe der Politik ist, steht außer Frage und stellt allgemeines Einvernehmen dar. Heute soll ein erster Teil von Jugendmedienschutzqualifizierung dazu beschlossen werden. Das heißt, der Ordnungsrahmen wird präziser definiert. Offen bleiben - das ist hier teilweise zu Recht kritisiert worden - allerdings die inhaltlichen Weiterentwicklungen.

Im Rahmen der von Bund und Ländern verabredeten Reformen der Medienordnung soll mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die den Jugendschutz betreffende Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern im Bereich der elektronischen Medien neu geregelt werden. Das ist ein echter Fortschritt. Das heißt konkret, die Neuordnung der Kompetenzen muss so erfolgen, dass den Ländern in Zukunft neuer Spielraum für eine einheitliche Jugendschutzregelung bezüglich aller elektronischen Medien eröffnet wird, und zwar sowohl im Offlineals auch im Onlinebereich.

Die Kompetenzaufteilung soll so erfolgen, dass der Bund weiterhin für den Jugendschutz bei Trägermedien - Filme, Videos, Kassetten, CD-Roms usw. - zuständig ist, während die Länder den Jugendschutz im Bereich der elektronischen Medien ausgestalten. Wichtiger Begleiteffekt ist, dass die Aufsichtsbehörden von Bund und Ländern dabei verzahnt werden und so die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien auch weiterhin sämtliche Angebote indizieren kann, das heißt, die Zuständigkeit für Online und Offline besitzt.

Trotz allem wird die Medienaufsicht der Länder bei sämtlichen Entscheidungen - sofern sie das jeweilige Land betreffen - mitwirken. Mit dem vorliegenden Staatsvertrag werden ferner Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle der Anbieter gestärkt, denen dabei auch ein eigener Entscheidungsrahmen zugebilligt wird.

Ein wie das vorliegende Ordnungskonzept handelndes Regelwerk ermöglicht in Zukunft, freiwillige Selbstkontrolle dort, wo sie anerkannt wird, auch arbeiten zu lassen. Die Medienaufsicht der Länder wird dadurch entlastet. Sie kann jedoch jeweils endgültig entscheiden, ob die Qualität der freiwilligen Selbstkontrolleinrichtung die Gewährung dieser Freiheit auch zulässt. Dies bringt also eine Entlastung staatlicher Stellen, wie wir sie uns auch anderweitig wünschen.

Durch das vorliegende Regelwerk wird also der Ordnungsrahmen zwischen privaten Anbietern und öffentlich-rechtlichem Rundfunk fortentwickelt. Funktioniert das eine oder andere in diesem komplizierten und komplex verflochtenen Feld nicht wie von den Medienaufsichten gewünscht, ist vorgesehen, den gesamten Staatsvertrag nach fünf Jahren einer Überprüfung zu unterziehen. Da das vorliegende Konzept gesetzgeberisches Neuland ist, schafft eine derartige Selbstbindung des Gesetzgebers nicht nur Rechtssicherheit, sondern verpflichtet ihn auch, das geschaffene System einer qualifizierten Kontrolle und Auswertung sowie gegebenenfalls einer Veränderung zu unterziehen.

Zu ergänzen ist, dass die sich momentan auf dem Prüfstand befindliche europäische Fernsehrichtlinie den europäischen Rahmen für diese Gesetzesinitiative darstellen soll und es in Bezug darauf einmal mehr sinnvoll erscheint, dass das gesamte Werk ebenfalls sämtliche audiovisuellen Mediendienste im Rahmen der Länder übergreifenden Gesetzgebung definiert. Wenn beides im Einklang funktioniert, ist nicht nur ein Stück neues Länderrecht, inklusive der genannten staatlichen Entlastung, geschaffen, sondern auch ein gesamteuropäischer Rahmen für die künftige Arbeit der genannten Teile definiert.

Am Ende meines Beitrages möchte ich bezüglich dieser Gesetzgebung noch ergänzen, dass es notwendig ist, über die vorliegende Regelung hinaus Jugendschutzinhalte in allen Medien einer qualifizierten Überarbeitung zu unterziehen. In der Qualifizierung von Jugendschutzinhalten liegen noch viele Reserven und vor allem politische Verantwortung.

Die Änderung des Ordnungsrahmens für den Jugendmedienschutz ist das eine, diesen gerade im Zeitalter neuer Medien inhaltlich effektiver zu gestalteten, das andere. Der Ordnungsrahmen ist nach seiner heutigen Verabschiedung existent. Mein Aufruf aber geht dahin, nach effektiven Möglichkeiten zu suchen, die Heranwachsenden in Zukunft vor Dingen zu schützen, die ihre Persönlichkeitsentwicklung nicht in Richtung eines fairen Miteinanders leiten, sondern in eine Negativentwicklung treiben.

Was wir für die Zukunft brauchen, ist die Abkehr von Egoismen und Kriminalitätsbereitschaft hin zu Gemeinsinn und Verantwortung von allen für alle.

Meine Damen und Herren, ein erster Schritt auf diesem Wege wird heute getan. Schieben wir die noch folgenden, auch wenn

sie primär in Bundesverantwortung liegen, nicht auf die lange Bank, sondern widmen wir uns den genannten offenen Räumen, um am Ende mehr praktizierten Jugendschutz zu erreichen als derzeit vorhanden. - Ich empfehle die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Da die Landesregierung auf einen Debattenbeitrag verzichtet, sind wir am Ende der Rednerliste und kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses, die die Drucksachennummer 3/5319 trägt, zustimmt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist bei einigen Stimmenthaltungen der Beschlussempfehlung einstimmig gefolgt und das Gesetz in 2. Lesung angenommen und verabschiedet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

2. Lesung des Gesetzes zur Nichtanpassung von Amtsgehalt und Familienzuschlag der Mitglieder und ehemaligen Mitglieder der Landesregierung Brandenburg in den Jahren 2003 bis 2005

Gesetzentwurf der Fraktion der PDS

Drucksache 3/5155

Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses

Drucksache 3/5320

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Herr Abgeordneter Vietze, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS-Fraktion hat im Dezember zwei Gesetzesinitiativen und einen Antrag eingebracht: Verzicht auf Diätenerhöhung, Nichtanpassung von Amtsgehalt und Familienzuschlag für Mitglieder und ehemalige Mitglieder der Landesregierung sowie Neuregelung der Rechtsstellung der Staatssekretäre in Brandenburg, sowohl für jene im Amt als auch für die im vorzeitigen Ruhestand Befindlichen.

Überzogen waren unsere Erwartungen bezüglich des Umgangs mit diesen beiden Gesetzesinitiativen und dem Antrag nicht. Die Koalition war sich zugleich sicher: Über die Staatssekretäre zu reden lohnt nicht. - Der Antrag wurde abgelehnt.

Der Antrag über die Diäten befindet sich noch in der Debatte und wie ich weiß, haben wir diesbezüglich allen Anlass, unsere Hoffnung auf eine vernünftige Regelung noch nicht aufzugeben.

Der dritte Teil des von uns eingebrachten Paketes war das Gesetz zur Nichtanpassung von Amtsgehalt und Familienzuschlag

für Mitglieder und ehemalige Mitglieder der Landesregierung. In diesem Zusammenhang will ich - Herr Minister Schönbohm wiederholen, was ich bei der Einbringung schon anerkennend sagte: Jawohl, die Initiative der Landesregierung, Verzicht zu erklären, ist hoch zu loben. Wir sind der festen Überzeugung, dass sich die Regierungsmitglieder an diese ihre Verpflichtung auch halten werden.

Ich sage - wie ich auch immer von Ihnen höre - jedoch auch: Wir leben in einem Rechtsstaat und in einem Rechtsstaat ist es eben so, dass das, was gesetzlich zu regeln ist, gesetzlich geregelt wird. Die Besoldung von Ministern wird nun einmal im jeweiligen Ministergesetz geregelt und hat ihre Grundlage in der Bundesbesoldungsregelung - auch ein Gesetz. Demzufolge handele ich sicherlich auch nach Ihrem Verständnis normal, wenn ich Verständnis dafür habe, dass sich das Kabinett zum Beispiel gestern mit den gesetzlichen Regelungen für die ehemaligen Mitglieder der Landesregierung, einschließlich der Einsparvorschläge, die da vorgesehen sind, beschäftigen musste, weil: Es bedarf einer gesetzlichen Regelung.

Laut § 2 Bundesbesoldungsordnung - Beamte -, und insofern zählen Minister dazu, gibt es auch gesetzliche Regelungen und Entscheidungen, die besagen: Er kann auf die ihm gesetzlich zustehenden Bezüge weder ganz noch teilweise verzichten. Diesbezüglich haben wir die Bitte, glaubhaft und überzeugend darzulegen - um diese Ihre wichtige Entscheidung auch öffentlich nachvollziehen zu können -: Warum wird, wenn es keiner gesetzlichen Regelung bedarf, der Gesetzentwurf eingebracht, während ein anderer für einen Teilbereich, der hier Erwähnung findet, sicherlich demnächst ins Parlament kommt? Warum wird das, was die Minister unmittelbar betrifft, nicht - wie es logisch wäre - mit vorgelegt? Wir hätten uns durchaus vorstellen können, dass dieser Gesetzentwurf - noch dazu angesichts einer so ausgeprägt aufgeschlossenen Haltung der Regierung - hier Zustimmung gefunden hätte.

Ich gebe die Hoffnung trotzdem nicht auf, weil ich denke: Irgendwann werden Sie den Gesetzentwurf noch bringen, ebenso, wie von den Sozialdemokraten noch die Initiative zu den Staatssekretären zu erwarten ist. Denn wenn stimmt, was Herr Fritsch verkündet hat, machen Sie sich ja Gedanken darüber, dass es diesbezüglich einer neuen Regelung bedarf.

Wir haben mit unserem Antrag im Dezember eine entsprechende Regelung vorgeschlagen. Sie erhält sicherlich eine völlig neue Qualität, wenn sie von der SPD oder vonseiten der Koalition eingebracht wird, und ist dann zustimmungsfähig, inhaltlich jedoch kaum anderen Charakters. Ich bin daher optimistisch, noch dazu, da mir scheint, dass die Zeit manchmal an dem, was hier zur Diskussion steht, vorübergegangen ist.

Heute früh gab es eine Debatte - in deren Zusammenhang ich noch einmal kurz auf diesen Sachverhalt Bezug nehmen will -, in der gesagt wurde, es gebe keine Vorschläge bezüglich der Einsparung vonseiten der PDS. Frau Ziegler hat Vorschläge aus dem Jahre 1996 bemüht. Einen solchen möchte auch ich hier bemühen:

„250 Beamte kommen in Brandenburg in den Genuss eines Spitzengehalts. Das sind fast doppelt so viele wie in der Berliner Verwaltung; dort haben nur 135 Beamte eine so hohe Eingruppierung. In anderen Landesverwaltungen

stehen im Allgemeinen nur 120 Stellen mit so hoher Besoldung zur Verfügung.“

Hier geht es um eine Einsparungsgröße - Herr Kolbe, weil Sie in besonderer Weise daran interessiert sind - von 1,5 Millionen Euro. Das war Gegenstand eines Antrages, der in die Haushaltsdebatte des Jahres 2001 eingebracht wurde, nachzulesen im „Nachrichtenspiegel“. „Märkische Oderzeitung“, „Morgenpost“ und andere haben darüber berichtet.

Sie haben den Antrag damals abgelehnt, weil Sie entscheiden wollten: Bei Ministern, bei Staatsbeamten, vor allen Dingen den hoch besoldeten, wird nicht gespart. Diese haben Sie nicht im Blick. Sie reden über andere in Ihren „Giftlisten“. Genau das ist es, was wir kritisieren und was wir nicht zu kritisieren aufhören werden. Fangen Sie mit dem eigenen Beispiel hier an! Die Minister haben es getan, die Abgeordneten - der festen Überzeugung bin ich - werden im nächsten Monat folgen. Dann haben wir auch eine Legitimation, über Einsparungen bei anderen nachzudenken. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die Koalitionsfraktionen. Für sie spricht der Abgeordnete Homeyer. - Ich darf Gäste aus dem OSZ Wandlitz begrüßen. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bereits in der Kabinettssitzung vom 17. Dezember 2002 verständigten sich die Mitglieder der Landesregierung darauf, auf die ihnen ab 1. Januar 2003 gesetzlich zustehende Anpassung ihrer Bezüge zu verzichten. Ein höchst lobenswerter Vorgang, wie ich meine.

(Vietze [PDS]: Habe ich gelobt!)

Dies geschah freiwillig und noch vor der entsprechenden Forderung der Opposition.

(Widerspruch bei der PDS)