Protokoll der Sitzung vom 17.01.2003

„Ziel muss es daher sein, anstelle weiterer Kürzungen eine auf Dauer angelegte aufgabenadäquate kommunale Finanzausstattung zu gewährleisten.“

Wollen Sie ernsthaft leugnen, dass es zwischen den Zuständigkeitsregelungen und den übertragenen Aufgabenbereichen auf der einen und den Personal- und Sachausgaben in den Kommunen auf der anderen Seite einen Zusammenhang gibt? Sie müssen schon das Misstrauen der Kommunen und der Opposition ertragen. Das AG BSHG sowie das Grundsicherungsgesetz und andere Beispiele sind Beleg dafür, dass Kommunen immer neue Belastungen zugemutet werden.

Wir sehen deshalb einen Zusammenhang zwischen Funktionalreform und Finanzausgleichsgesetz. Es steht außer Frage, dass die symmetrische Verteilung der finanziellen Mittel zwischen Land und Kommunen in diesem Zusammenhang mit auf den Prüfstand gehört. Wir werden nicht akzeptieren, dass das FAG möglicherweise erst im Herbst in den Landtag eingebracht wird. So wird die versprochene transparente Diskussion des FAG kaum möglich sein. Von September bis Dezember finden die Kommunalwahlen statt. Sie wollen doch nicht ernsthaft ein solches Gesetz in der heißen Wahlkampfphase sach- und fachgerecht mit den Kommunen und den Kommunalpolitikern diskutieren?

Ein weiterer wichtiger Grund ist die Haushaltsplanung der Kommunen. Wir erleben gerade derzeit in den Kommunen, wie wichtig eine verlässliche und vor allem frühzeitige Planungssicherheit für die kommunale Haushaltsplanung ist. Das soll aber auch Ziel des Finanzausgleichsgesetzes sein.

Herr Minister, Sie sind gegenüber den Kommunen in der Bringepflicht. Legen Sie im März endlich den Entwurf für ein FAG vor und eröffnen Sie eine öffentliche Diskussion auch außerhalb der Koalition. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Domres und gebe das Wort an die Fraktion der SPD, Herrn Abgeordneten Schippel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Domres, Sie haben Recht, es gibt gute Gründe für das Gesetz. Aber es gibt keinen Grund für Ihren Antrag. Wenn Sie über den Zeitpunkt der Diskussion des Gesetzes reden und sagen, man müsse das mit den Kommunen und den kommunalen Vertretern im Einzelnen besprechen, dann möchte ich Ihnen sagen: Wir bleiben bei dem üblichen Verfahren. Die kommunale Ebene hat ihre Spitzenverbände und diese werden unsere Verhandlungspartner sein.

Man kann den Eindruck gewinnen, dass Antworten auf Kleine Anfragen bzw. Antworten auf mündliche Anfragen innerhalb der PDS nicht zur Kenntnis genommen werden. Ich beziehe mich auf eine mündliche Anfrage zu diesem Thema vom 14.11.2002, zu der Sie, Herr Domres, zwei Nachfragen stellten. Ich beziehe mich des Weiteren auf die bereits erwähnte Antwort der Landesregierung vom 22.01.2003 auf eine diesbezügliche Kleine Anfrage der PDS. In beiden Antworten konnten Sie hören bzw. nachlesen, dass der entsprechende Gesetzentwurf in Arbeit ist. Unterstellt, Sie haben die entsprechenden Antworten zur Kenntnis genommen, muss ich vermuten, dass es Ihnen an dieser Stelle weniger um Inhalte als um Selbstdarstellung geht. Daher werden wir Ihren Antrag ablehnen.

Ich möchte die Gelegenheit aber auch nutzen, um auf ein Versehen bzw. einen Irrtum in der Fragestellung meines Kollegen Petke vom 14.11.2002 hinzuweisen. Im Fragetext heißt es: In der Koalitionsvereinbarung ist festgeschrieben, dass bis zum 01.01.2004 ein Finanzausgleichsgesetz in Kraft treten soll.

Der Innenminister hat zum einen zu Recht auf die Koalitionsvereinbarung hingewiesen - Herr Domres, daran können Sie sehen, dass wir uns vor Daten wie dem Termin 2002 nicht drücken - und zum anderen den Grund für die entstandene Verzögerung genannt, nämlich die sich im Abschlussstadium befindende Gemeindegebietsreform. Deswegen haben wir uns nachträglich nicht auf den Termin der Vorlage, sondern auf den Termin des In-Kraft-Tretens des Gesetzes zum 01.01.2004 geeinigt. Insofern ist Ihr Antrag unanständig, meine Damen und Herren von der PDS.

(Unruhe bei der PDS)

Sie fordern einen Gesetzentwurf bis März, obwohl Sie im Besitz der notwendigen Informationen und Antworten sind.

Ich verstehe allerdings durchaus die aus meiner Sicht berechtigten Nachfragen der Kommunen. Die Festlegung im Koalitionsvertrag - darauf haben wir bereits abgehoben - lautet 2002; jetzt orientieren wir auf 2004.

(Zuruf von der PDS: Das ist doch Makulatur!)

Im Herbst dieses Jahres werden die nächsten landesweiten Kommunalwahlen stattfinden. Wir, die Sozialdemokraten, würden den Brandenburgern gern vorher sagen, was sie erwartet. Wir haben das bereits vor der Landtagswahl so gehalten, als es um die Gemeindegebietsreform ging.

Wie wichtig in dieser zweifellos schwierigen Zeit - wir befinden uns in der Diskussion über den Nachtragshaushalt - die rechtzeitige und offene Information der Kommunen ist, zeigen die Anhörungen zur Gemeindegebietsreform. Richtige Entscheidungen werden oftmals deshalb infrage gestellt, weil manche vorher die falsche Hoffnung erweckt hatten, Notwendiges müsse man nicht tun. Zu denen gehört auch die PDS-Fraktion, die ständig die Verlängerung der Freiwilligkeitsphase und Ähnliches gefordert hat.

Deshalb wäre es aus unserer Sicht nur zu begrüßen, wenn ein Entwurf für das Finanzausgleichsgesetz rechtzeitig, das heißt vor den Kommunalwahlen, der Öffentlichkeit zur Kenntnis gelangt. Dafür bedarf es allerdings nicht des Antrags der PDS. Deshalb lehnen wir ihn ab.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Schippel. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der DVU, Frau Abgeordnete Hesselbarth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kommunale Selbstverwaltung lässt sich nur über eine angemessene Finanzausstattung realisieren. Deshalb bestehen wir als DVU-Fraktion darauf, dass die Brandenburger Kommunen einen gerechten und planbaren kommunalen Finanzausgleich erhalten. Daher begrüßen wir es, dass das Finanzausgleichsgesetz nach Ihren Aussagen, Herr Minister Schönbohm, wie auch im Koalitionsvertrag vorgesehen, am 1. Januar 2004 in Kraft tritt. Allerdings nehmen wir Sie auch beim Wort, Herr Minister, wenn Sie gegenüber der Presse erklärt haben, dass der Gesetzentwurf zum Finanzausgleichsgesetz mit allen Landtagsfraktionen ausführlich diskutiert werde.

Die Situation der Brandenburger Kommunen ist bereits heute mehr als bedenklich. Die Kommunen waren, sind und bleiben die großen Verlierer der Brandenburger Finanzpolitik. Die Verbundmasse wurde bereits in den zurückliegenden Jahren durch die Gemeindefinanzierungsgesetze kontinuierlich abgesenkt und die investiven Mittel durch das Gemeindefinanzierungsgesetz 2003 halbiert. Jetzt soll nach der „Giftliste“ der Finanziministerin den Kommunen durch Kürzung der Zuschüsse im kommunalen Finanzausgleich von sage und schreibe 140 Millionen Euro die Luft zum Überleben endgültig abgedreht werden.

Wir als DVU-Fraktion sagen klipp und klar, dass der kommunale Finanzausgleich nicht die Manövriermasse des Finanzministeriums zur Konsolidierung des Landeshaushalts sein darf. Der Verfassungsauftrag des Landes, die Kommunen angemessen an den Landeseinnahmen zu beteiligen, gerät immer mehr aus dem Gleichgewicht. Da sich die eigenen kommunalen Steuereinnahmen auch mittelfristig nicht im erforderlichen Maße erhöhen werden, kommt dem kommunalen Finanzausgleich große Bedeutung zu.

Brandenburg braucht ein kommunales Finanzausgleichsgesetz, das die Steuerschwäche der Kommunen nachhaltig kompensiert denken Sie nur an die deutlichen Einbrüche bei der Gewerbesteuer - und den Kommunen damit endlich Planungssicherheit gewährt.

Darüber hinaus ist eine angemessene Verbundmasse einschließlich der Zuführungen aus dem Landeshaushalt festzuschreiben. Die Regelungen zur Verteilung der Schlüsselmasse sind den veränderten Gegebenheiten anzupassen. Dabei ist zu prüfen, inwieweit die Verteilung der Schlüsselmasse zwischen den kreisangehörigen Gemeinden, den kreisfreien Städten und den Landkreisen neu und gerecht zu bestimmen ist. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass die einzelnen Gemeinden unterschiedliche Aufwendungen haben.

Ein wichtiger Punkt ist nach Auffassung unserer Fraktion darüber hinaus, dass die investiven Mittel für die Kommunen endlich wieder deutlich angehoben werden, um die Investitonstätigkeit, an der die Existenz eines Großteils der kleinen und mittelständischen Betriebe in Brandenburg hängt - dies gilt besonders für die Bauindustrie -, endlich wieder anzukurbeln.

Dem vorliegenden Antrag auf Vorlage des Entwurfs eines neuen

Finanzausgleichsgesetzes zum März 2003 stimmen wir mit der Intention zu, eine ausführliche Diskussion darüber zu führen und entsprechende Änderungsanträge unserer Fraktion einzubringen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke auch, Frau Abgeordnete Hesselbarth, und gebe das Wort an die Fraktion der CDU, Herrn Abgeordneten Homeyer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Während die PDS-Fraktion jede unserer Reformen zu zerreden versucht, bildet das Finanzausgleichsgesetz eine Ausnahme. Hier wartet die PDS ungeduldig.

Zu Beginn dieser Wahlperiode verkündeten wir das Weg vom jährlichen Gemeindefinanzierungsgesetz und das Hin zu einem Finanzausgleichsgesetz. Das Finanzausgleichsgesetz soll den Kommunen auf Jahre hinaus Planungssicherheit gewähren. Im Laufe der Zeit entstandene Ungleichgewichte sollen beseitigt werden. Den Kommunen sollen wieder mehr Freiräume für das Setzen eigener Prioritäten gegeben werden.

Wer aber von dem Finanzausgleichsgesetz Wunder erwartet, wird sich getäuscht sehen. Auch die Finanzmasse wird sich nicht erhöhen. Insofern warne ich davor - auch alle meine Vorredner -, dies nach außen zu transportieren. Wir werden in Bezug auf dieses Gesetzesvorhaben noch vor einer schwierigen Diskussion stehen.

Meine Damen und Herren, ich versichere Ihnen: An diesem Gesetz wird selbstverständlich unter Hochdruck gearbeitet. Die kommunalen Spitzenverbände werden einbezogen. Ich glaube jedoch, dass wir alle einer Meinung sind: Das wichtigste Reformziel, das mit dem Finanzausgleichsgesetz erreicht werden soll, ist die langjährige - ich betone: langjährige - Planungssicherheit für unsere Gemeinden.

(Beifall des Abgeordneten von Arnim [CDU])

Angesichts der aktuellen Haushaltslage sowohl des Bundes wie auch unseres Landes sind diverse Umschichtungen zu erwarten. Nicht zuletzt ist auf Bundesebene eine Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen einberufen worden. Niemand wird mir hier widersprechen, wenn ich sage, dass es sinnvoll ist, die Ergebnisse der Kommissionsarbeit abzuwarten, um Sinn und Zweck des Finanzausgleichsgesetzes nicht ad absurdum zu führen, wenn wir es bereits nach kurzer Zeit wieder novellieren müssten. Dies wäre unseren Kommunen gegenüber unredlich. Aber dies ist Ihnen aus diversen mündlichen Anfragen und aus Anträgen bekannt, meine Damen und Herren von der PDS. So forderten Sie zuletzt in der Landtagssitzung am 9. Oktober 2002 eine Gemeindefinanzkommission zur Vorbereitung des kommunalen Finanzausgleichsgesetzes. Am 4. Dezember 2002 stellte Ihr Fraktionskollege Domres hierzu eine Kleine Anfrage, die ihm vor zwei Wochen ausführlich beantwortet wurde. Wir denken, dass Ihr Informationsbedürfnis gestillt ist. Wir lehnen Ihren Antrag ab.

Herr Abgeordneter, Herr Domres möchte gern eine Zwischenfrage stellen. Haben Sie etwas dagegen?

Bitte schön, Herr Domres.

Herr Kollege Homeyer, was machen Sie, wenn die Gemeindefinanzreformkommission des Bundes bis zur Sommerpause keine Ergebnisse vorlegt, auf deren Grundlage wir ein Finanzausgleichsgesetz erarbeiten könnten?

Was Sie sagen, Herr Kollege, ist spekulativ. Ich gehe davon aus, dass es zu einer zügigen Beratung im Bund kommt.

(Zuruf von der PDS: Das ist auch spekulativ!)

Die Probleme sind drängend, wie wir alle wissen, und ich gehe davon aus, dass wir auch zügig Ergebnisse auf dem Tisch haben werden. Aber ich betone noch einmal, Herr Kollege: Es macht keinen Sinn, diese Ergebnisse außer Acht zu lassen. Wenn Ihnen die Kommunen Brandenburgs wirklich am Herzen liegen und wir etwas Vernünftiges vorlegen wollen, können wir den Bund mit seiner Kommission und deren Vorschläge doch nicht außer Acht lassen; denn das wäre unredlich.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb werden wir das auch nicht tun, Herr Kollege Domres. Vielleicht sollten Sie sich mit der Materie noch einmal ein wenig beschäftigen und in die Tiefe eindringen; eventuell kommen wir dann weiter. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der PDS: Kommen Sie herunter von Ihrem hohen Ross!)

Ich danke dem Abgeordneten Homeyer und gebe der Landesregierung das Wort. Herr Minister Schönbohm, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich Ihnen, Herr Kollege Domres, richtig gefolgt bin, erwecken Sie den Eindruck: Wenn wir das FAG haben, haben wir die Probleme gelöst.

(Domres [PDS]: Nein, das habe ich nicht gesagt!)

Die Probleme sind viel tiefgreifender.

Wir haben erstens mit der Kommunalreform begonnen, einen Teil der Probleme dadurch zu lösen, dass wir leistungsfähige Verwaltungseinheiten schaffen.