Ich danke dem Abgeordneten Thiel und gebe das Wort an die Landesregierung. - Ich sehe, sie wünscht es nicht. Somit gebe ich noch einmal das Wort an die Fraktion der DVU, an die Abgeordnete Hesselbarth.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Klein, dass die von Ihnen angesprochene Beratung in der Bundesregierung letztendlich auch etwas bringen wird, bezweifle ich sehr stark. Ich nehme an, sie wird ebenso in einer verstaubten Schublade enden wie andere Sachen auch. Deshalb wird die DVU-Fraktion ihren Antrag auch aufrecht erhalten.
Denn auch die Wirtschaftsverbände fordern das Ende der Pflichtmitgliedschaft bei den Berufsgenossenschaften. So erklärte der Bundesverband Junger Unternehmer bezüglich der jüngsten Ankündigungen von Minister Clement - mehr waren es ja auch nicht -, die Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft von Unternehmen in Berufsgenossenschaften stehe als wichtiges Kostensenkungsthema auf der Tagesordnung. Im Zuge der von Bundeskanzler Schröder angekündigten Reformvorhaben fordert der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater, auch das Versicherungsmonopol der Berufsgenossenschaften zu kippen.
Es müssten künftig auch individuelle Verträge mit privaten Versicherungsanbietern abgeschlossen werden können. Die deutschen Unternehmen könnten so Kosten in dreistelliger Millionenhöhe sparen. Damit würde ein wertvoller Beitrag zur Senkung der Lohnnebenkosten geleistet und der Faktor Arbeit entlastet. Im Jahr 2000 beliefen sich die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung, die ausschließlich von den Arbeitgebern finanziert und von den Berufsgenossenschaften verwaltet werden, auf rund 12 Milliarden Euro. Würden die Beiträge durch einen günstigeren Versicherungsabschluss bei privaten Anbietern um nur 5 % sinken, könnten die Unternehmen 600 Millionen Euro sparen - so der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater. Das Einsparpotenzial könnte durch zusätzliche Effizienzsteigerungen dieser öffentlichen Einrichtung sogar noch deutlich höher ausfallen.
„Es gibt überhaupt kein nachvollziehbares Argument, warum in der gesetzlichen Unfallversicherung bislang kein Wettbewerb stattfindet.“
Das Monopol der Berufsgenossenschaften treibt die Lohnnebenkosten unnötig in die Höhe und wir müssen in Deutschland in dieser schwierigen wirtschaftlichen Situation alle Möglichkeiten ausschöpfen, den Faktor Arbeit zu entlasten, damit neue Arbeitsplätze entstehen können. Dazu sollten sich die Berufsgenossenschaften dem Wettbewerb stellen.
Ein Wettstreit auf dem Versicherungsmarkt zwischen Berufsgenossenschaften und privaten Anbietern würde zwangsläufig zu niedrigeren Beiträgen führen. Die Einhaltung des vom Gesetzgeber geforderten Leistungskatalogs der gesetzlichen Unfallversicherung zum Siebenten Sozialgesetzbuch könnte im Übrigen wie im Falle der privaten Krankenversicherung durch das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen gewährleistet werden. Nicht nur die Unternehmen würden von einem Wegfall der Pflichtmitgliedschaft bei den Berufsgenossenschaften profitieren, sondern auch die öffentliche Hand, denn einige Not leidende Berufsgenossenschaften - diese gibt es nämlich auch - werden staatlich quersubventioniert oder erhalten nicht unerhebliche Zahlungen direkt aus dem Bundeshaushalt.
Bei der landwirtschaftlichen Unfallversicherung waren das beispielsweise im Jahr 2002 rund 255 Millionen Euro. Ein Wegfall der Pflichtmitgliedschaft bei den Berufsgenossenschaften würde also auch zu einer Entlastung der öffentlichen Haushalte führen.
Aus all den genannten Gründen bitten wir Sie nochmals um Zustimmung zu unserem Antrag. Alternativ dazu beantragen
wir die Überweisung des vorliegenden Antrags in den Ausschuss für Wirtschaft - federführend - sowie in den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen - mitberatend. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache angelangt. Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe den Antrag der Fraktion der DVU auf, den Antrag in der Drucksache 3/5717 an den Ausschuss für Wirtschaft - federführend - und zur Mitberatung an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen zu überweisen. Wer diesem Überweisungsantrag folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Überweisungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Wir kommen zur direkten Abstimmung über den Antrag. Wer dem Antrag in der Drucksache 3/5717 der Fraktion der DVU seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Bundesratsinitiative zur Änderung des Strafgesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch das 34. Strafrechtsänderungsgesetz vom 22.08.2002 (BGBl. I S. 3390) - StGB
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der einreichenden Fraktion. Herr Abgeordneter Schuldt, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Rechtsstaat ist keine juristische Spielwiese. Die Einführung des Vorbehalts der Sicherheitsverwahrung beruht auf einem Gesetzentwurf der rot-grünen Koalition. Die Frage einer solchen prozessualen Möglichkeit ist keine bloße Geschmackssache, sondern sie ist angesichts der in den letzten Jahren wiederholt mit Abscheu von der Bevölkerung zur Kenntnis genommenen sexuellen Missbrauchsfälle von kriminalpolitisch außerordentlicher Bedeutung.
Dass Straftäter durch die Verbüßung einer auch langjährigen Freiheitsstrafe nicht zwingend gebessert worden sind, ist eine Binsenweisheit. Dieser Umstand gilt rechtspolitisch seit einigen Jahren für die Stafverfolgungsbehörden als unerträglich. Viele Fälle haben gezeigt, dass Verurteilte nach der Vollstreckung in Freiheit zu setzen waren, obgleich sie nach forensischen Prognosen weiterhin als gefährlich galten. Die Konsequenz des § 66 a ist allerdings ernüchternd. Demnach soll mangels echter Beur
teilungsmöglichkeit der Tatrichter wiederum bereits bei der Verurteilung den Täter insoweit beurteilen, dass an die Stelle der sofortigen Verhängung der Sicherheitsverwahrung eine so genannte Vorbehaltsentscheidung treten soll - ein echtes Paradoxon.
Strafrichter und Rechtslehrer sehen die Regelung deswegen aus verschiedenen Gründen als unzweckmäßig an. Bei der Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe wäre eine gleichzeitige Anordnung des Vorbehalts nach § 66 a widersinnig; denn § 57 a verbietet schon jetzt eine Strafaussetzung bei negativer Prognose. Ein Vorbehalt im tatrichterlichen Urteil wäre in diesem Fall nicht mehr als die kaum verhüllbare Offenbarung, dass der Richter weder das eine noch das andere ernst nimmt. Bei Verhängung einer zeitigen Freiheitsstrafe werden viele Richter andererseits schon nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ davor zurückschrecken, eine Anordnung nach § 66 a zu treffen. Andere werden bei sicherheitsorientierter Auslegung vorsichtshalber und mangels hellseherischer Fähigkeiten schon zum Zeitpunkt der Verurteilung kundtun, dass der Täter wahrscheinlich besonders gefährlich ist. Deswegen ist die beantragte Änderung des § 66 a Strafgesetzbuch für die Bürger zur Sicherung von Handtätern notwendig, aber auch für die Verurteilten, die aus rechtsstaatlichen Gründen wissen müssen, woran sie sind.
Die Bundesjustizministerin hat daher auch den diesbezüglich bisher zurückhaltenden Ländern ausdrücklich empfohlen, entsprechende Regelungen zu erlassen. Im Sinne der Einheitlichkeit der Rechtsordnung haben wir diesen Antrag auf eine Bundesratsinitiative gestellt, damit nicht nur in etwas weitsichtigen Ländern wie Baden-Württemberg, das seine Hausaufgaben gemacht hat, diese notwendigen Rechtsänderungen durchgeführt wurden, sondern in ganz Deutschland. Das Strafrecht sollte nicht zerpflückt und in Kleinstaaterei aufgelöst werden.
Der andere Teil unseres Antrags erhellt angesichts der erschreckenden Auswüchse sexuellen Missbrauchs gravierende Lücken des Strafrechts, die ein aufgeklärter Staat so nicht hinnehmen darf. Es ist unerträglich, dass die Verabredung zum sexuellen Missbrauch sowie das Anbieten von Kindern zum sexuellen Missbauch straflos bleiben, obwohl erst durch solches Verhalten z. B. die Produktion von so genannten Kinderpornos und ähnlichen Abscheulichkeiten möglich gemacht wird. Ich bitte Sie daher, meine sehr verehrten Damen und Herren, unserem Antrag zuzustimmen. - Bis bald.
Ich danke dem Abgeordneten Schuldt. - Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Homeyer. Er spricht für die Koalitionsfraktionen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wie so häufig mit DVU-Anträgen: Man bekommt ihn in die Hand, schaut ihn sich an und denkt: Nicht schlecht. - Dann schaut man diesen Antrag durch und denkt sich: Irgendwo hat man doch schon einmal etwas darüber gelesen; das ist doch nicht neu. - Dann prüft man und stellt fest: Das ist gar nicht auf dem Mist der DVU gewachsen. Dieser Antrag z. B. stammt aus dem Fundus der Bundestagsfraktion der CDU/CSU. Das ist ein
Teil eines umfassenden Antrages der Fraktion, der eingebracht worden ist, aber auch dieser Teil ist nur ein Plagiat. Er ist also nicht in Gänze übernommen worden, sondern wurde um wesentliche Regelungstatbestände erleichtert.
Dann fragt man sich: Was bezweckt die DVU? - Sie kupfert Anträge von der Bundestagsfraktion ab. Sie, Herr Schuldt, haben gesagt, das komme von der rot-grünen Bundesregierung. Auf alle Fälle haben Sie das abgekupfert und man fragt sich, was eigentlich der Grund dafür sei, dass Sie das tun. Dann sagt man sich: Das ist die einzige Chance der DVU, im brandenburgischen Landtag noch ab und zu Punkte zu machen. Das glaubt sie zumindest. Dann versucht sie, durch Bundesratsinitiativen den brandenburgischen Landtag zu animieren, aktiv zu werden.
Wir sind der Meinung: Das Thema ist im Deutschen Bundestag, in den Gremien, in die es gehört, gut aufgehoben. Ich kann mir auch vorstellen, dass man dort zu einer vernünftigen Lösung kommen wird. Ich glaube nicht, dass die Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag darauf warten, dass das Land Brandenburg eine DVU-initiierte Bundesratsinitiative startet, um ihre Arbeit, die sie vorher geleistet haben, zu befördern. In diesem Sinne lehnen wir den Antrag ab. - Danke schön.
Ich danke dem Abgeordneten Homeyer. - Die Fraktion der PDS hat Redeverzicht angezeigt. Die Landesregierung wünscht auch nicht zu reden. Dann gebe ich das Wort noch einmal dem Abgeordneten Schuldt von der Fraktion der DVU.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Homeyer, Sie sollten vielleicht doch einmal hinhören und Ihren Redebeitrag, der Ihnen vorbereitet wurde, vielleicht entsprechend verändern. Das ist mein Vorschlag dazu.
Meine Damen und Herren, es ist schon erstaunlich, mit welcher Kaltschnäuzigkeit Sie in diesem Hause mit einem so gravierenden Thema wie dem des sexuellen Kindesmissbrauchs sowie des Schutzes der Kinder vor notorischen Gewaltverbrechern umgehen.
Sie sollten sich dabei ein Beispiel am Land Baden-Württemberg nehmen - das habe ich schon einmal gesagt -, das eine Ermächtigungsgrundlage für eine entsprechende landesrechtliche Regelung zur Entscheidung über die Sicherungsverwahrung eingeführt hat. Baden-Württemberg hat mit dem Straftäter-Unterbringungsgesetz vom 14. März 2001, Herr Homeyer, längst eine Regelung zur nachträglichen Anordnung der Sicherheitsverwahrung eingeführt.
Herr Kollege, Sie gebrauchen in Ihrem Redebeitrag zwei Begriffe: Sicherheitsverwahrung und Sicherungsverwahrung. Welchen meinen Sie eigentlich?
Es geht hierbei darum, dass ein Straftäter zur Unterbringung in einem Gefängnis verurteilt wurde. Damit ist Ihre Frage beantwortet.
- Zu dem, was Sie, Herr Kollege Homeyer, sagen: Ich habe kein Interesse daran, etwas Falsches zu sagen. Ich habe genau gesagt, wer etwas machen wollte - nämlich die rot-grüne Regierung in Bonn, die jetzt in Berlin ist -, und ich habe auch die Fraktion der CDU/CSU genannt; das habe ich gesagt.
Deshalb, meine Damen und Herren, wenn Sie so kaltschnäuzig damit umgehen, ist es für mich umso verwunderlicher, dass sich gerade die Kolleginnen und Kollegen der Christdemokraten einfach so dem Willen der SPD unterordnen, obwohl dies doch eigentlich in Ihrem Sinne erfolgen sollte, zumindest erscheint es so.