Ich hatte eine Frage zum sehr optimistisch angesetzten Wirtschaftswachstum. Sie wurde im Laufe der Ausführungen bereits beantwortet. - Danke.
Ich bedanke mich. - Wir kommen damit zur Frage 1580 (Ak- tueller Stand der Entwicklung von Bildungsstandards für Kin- dertagesstätten). Sie wird von der Abgeordneten Redepenning gestellt.
Die SPD-Fraktion und das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport stimmen darin überein, den im Kindertagesstättengesetz festgelegten Bildungsauftrag durch die Formulierung von Bildungsstandards zu untersetzen und ihn damit in der praktischen Arbeit besser umsetzbar zu machen. Inzwischen hat auch die Jugendministerkonferenz der Länder die besondere Bedeutung des Bildungsauftrages in den Einrichtungen der Kindertagesbetreuung und im Vorschulalter umfassend dargestellt.
Ich frage deshalb die Landesregierung: Welchen aktuellen Stand hat die Schaffung einheitlicher Bildungsstandards für die Kindertagesstätten im Land Brandenburg?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Frau Redepenning, ich will es in dieser Legislaturperiode schaffen, dass wir der Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher in unseren Kindertagesstätten wieder Bildungsstandards zugrunde legen, denn 1992 sind die Bildungsstandards - weil sie einfach nicht mehr zeitgemäß waren - abgeschafft worden, allerdings leider ersatzlos. Seitdem gibt es nirgendwo in Deutschland Bildungsstandards, auf deren Grundlage und mit deren Unterstützung die Kindergartenerzieherinnen die wichtigste Hirnwachstumsphase eines Menschen, nämlich die zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr, entsprechend nutzen können. Gerade in dieser Zeit muss man das Lernen lernen. Dafür brauchen die Kindergartenerzieherinnen Bildungsstandards, an denen sie sich ausrichten können.
Ich habe deshalb vor einiger Zeit ein Gutachten in Auftrag gegeben. Damit hat das Land Brandenburg als erstes Land der Republik einen normativen Rahmen für die Bildungsarbeit in Kindertagesstätten geschaffen. Ich habe das Gutachten all meinen Kollegen in der Jugendministerkonferenz zur Verfügung gestellt, damit wir am Donnerstag bzw. Freitag dieser Woche in Ludwigsburg - in der Nähe von Stuttgart - gemeinsam darüber reden können. Vielleicht können wir dann sogar das entscheiden und gemeinsam auf den Weg bringen, was die frühere Ministerin Bergmann gefordert hat, nämlich einen nationalen Bildungsplan für Kindertagesstätten.
So lange müssen wir in Brandenburg vorangehen. Das haben wir in dieser Woche gemacht, indem wir mit den Vertretern der Verbände - Städte- und Gemeindebund, Landkreistag und den Spitzenverbänden - darüber geredet haben, wie wir einen solchen Bildungsstandard nicht als Belastung, sondern als Unterstützung für die Kindertagesstätten etablieren können.
Mir ist das auch deshalb sehr wichtig, weil wir mit dem Wettbewerb, den wir in dieser Woche ausgewertet haben, sehr genau festgestellt haben, dass der Unterschied zwischen einer guten und einer weniger guten Kindertagesstätte einen Bildungsabstand von einem Lebensjahr eines Kindes ausmachen kann. Weil Kinder nicht für die Qualität von Kitas haften, müssen wir die Qualität von Kitas im Land vergleichbar organisieren. Deswegen werde ich noch heute mit Herrn Prof. Fthenakis sprechen, der einen der besten Entwürfe erarbeitet hat, den es zurzeit in der Republik gibt.
Die Gespräche mit den Kindergartenerzieherinnen werden im Rahmen des zweiten Bildungstages, zu dem ich im September nach Potsdam einladen werde, geführt. Die Vorarbeiten sind so weit gediehen, dass wir - wie ich hoffe - zum 1. Januar nächsten Jahres bzw. zum 1. August - je nachdem, wie früh wir es schaffen werden - verbindliche Bildungsstandards für die Arbeit in den Kindertagesstätten in Brandenburg einführen können. Ich hoffe, wir können uns darauf verständigen, das, was demnächst vielleicht in Bayern eingeführt wird, in gleicher Weise hier im Land Brandenburg zur Grundlage der Arbeit zu machen.
bedanke mich sehr dafür, dass das auch einen Schwerpunkt bildet. Ich möchte gern wissen, ob auch die Tagesmutter in die Qualifizierung eingebunden ist.
Wir wollen, dass sich in Brandenburg viele dafür entscheiden können, Tagespflegeangebote wahrzunehmen. Deshalb haben wir von Anfang an darauf gedrängt, dass auch die Tagesmütter, wenn sie von uns mitfinanziert werden wollen, eine entsprechende permanente Fortbildung machen und einen gewissen Eingangsstandard nachweisen müssen.
Ich freue mich, dass die Parlamentarische Staatssekretärin der Bundesregierung auf einer Tagung in der vergangenen Woche in Dresden gesagt hat, dass auch die Bundesregierung das brandenburgische Modell übernehmen wolle und deshalb überlege, Standards wie in Brandenburg als Voraussetzung für die Tagespflege in das Kinder- und Jugendhilfegesetz aufzunehmen. Insofern werden wir ganz gewiss an unserem eingeschlagenen guten Weg festhalten.
Herr Minister, wenn Sie so komprimierte Antworten geben, lassen wir auch zwei Zusatzfragen zu. Bitte sehr, Herr Hammer.
Herr Minister, ich bewundere Ihren Ehrgeiz hinsichtlich der Standards. Meine Frage lautet: Wie wollen Sie gewährleisten, dass alle Kinder von diesen Standards profitieren?
Dadurch, dass wir die Standards für die Arbeit in den Kindertagesstätten verbindlich einführen, haben alle 10 000 Kindergartenerzieherinnen eine Orientierung für ihre tägliche Arbeit. Vertreter des Städte- und Gemeindebundes und des Landkreistages haben nach der Lektüre der normativen Bildungsstandards, die wir ihnen in dem Gutachten vorgelegt haben, gesagt, diese Standards müsste man im Grunde genommen zur Pflichtlektüre machen.
Allerdings sei gesagt, damit man nicht denkt, dass wir hier Neuland betreten: Die Kindertagesstättenerzieherinnen in Brandenburg arbeiten heute schon an vielen Stellen so, als hätten sie diese Standards verinnerlicht. Ich möchte, dass wir auch für diejenigen einen solchen Standard setzen, die heute noch nicht so weit sind, damit wir überall im Land - wie Sie zu Recht fordern - vergleichbare Situationen haben.
Herr Minister, ich freue mich, dass Sie so viel Wert auf Bildungsstandards legen. Können Sie für die Landesregierung zusichern, dass es für die Kinder im Grundschulalter keine weiteren Einschnitte in den Rechtsanspruch und in die Zugangsvoraussetzungen für Kindertagesstätten gibt, damit alle in den Genuss dieser Bildungsstandards kommen?
Der Ministerpräsident hat in den Diskussionen über das kommunale Entlastungsgesetz immer gesagt, dass er es - wie ich und andere Mitglieder der Landesregierung auch - für notwendig halte, den Zugangsrahmen, den wir zurzeit haben - nämlich den ungehinderten Zugang für alle Drei- bis Zehnjährigen - auch in Zukunft in der heutigen Weise offen zu halten. Der bisherige Zugang bei schwierigen familiären Situationen soll für die Null- bis Zwölfjährigen so erhalten bleiben, weil gerade diese Kinder unsere besondere Unterstützung brauchen.
Wir sind am Ende der Fragestunde. Ich schließe Tagesordnungspunkt 1 und rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:
Thema: Wirtschaft schafft Arbeit - durch Strukturreformen Beschäftigung in kleinen und mittelständischen Unternehmen sichern und schaffen
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie aktuell unsere heutige Aktuelle Stunde ist, belegt unter anderem die Schlagzeile in der gestrigen Ausgabe der „Lausitzer Rundschau“: „Der Mittelstand steckt tief im Tal - kleine und mittlere Unternehmen sind von Rezessionsgefahr und Stillstand besonders betroffen“ - so der Tagesaufmacher.
Uns hier ist bewusst, dass nicht die Politik die so dringend benötigten Ausbildungs- und Arbeitsplätze schaffen kann, sondern die Unternehmer - hier also in Brandenburg die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die von Rezessionsgefahr und Stillstand besonders betroffen sind.
Ende April waren in Brandenburg 262 060 Menschen beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet. 17 676 Bewerbern für einen Ausbildungsplatz konnten nur 3 659 frei gemeldete Ausbildungsplätze angeboten werden. Nach einer Umfrage von Creditreform beurteilte lediglich jedes fünfte Unternehmen seine wirtschaftliche Lage mit „gut“ oder „sehr gut“. Die Zahlen auf Brandenburg heruntergebrochen sehen aufgrund der heimischen Wirtschaftsstruktur noch schlechter aus. Die Umsatzerwartungen sind gegenüber 2002 massiv eingebrochen. Rechnete 2002 noch ein Drittel der Unternehmen mit steigenden Umsätzen in diesem Jahr, waren es im Frühjahr 2003 nur noch 16 %. Nur noch 32 % der Unternehmen streben Investitionen an und gerade einmal 12 % der Unternehmen wollen Personal einstellen.
Unternehmen brauchen zuverlässige, berechenbare Rahmenbedingungen. Was in den letzten Jahren an Rahmensetzung vorgenommen wurde - ich erinnere nur an die Abschaffung des
vereinfachten Kündigungsschutzes für Kleinunternehmen, die Regelung zur Scheinselbstständigkeit, die Neuregelung der 630-Mark-Jobs oder die Veränderung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall -, waren alles andere als wachstums- und beschäftigungsfreundliche Veränderungen.
Heute ist man so weit, die zum großen Teil „arbeitsplatzschaffenden Reformen“ oftmals unter Inkaufnahme zusätzlicher bürokratischer Lasten für unsere Unternehmer zurückzunehmen. Man hat dazugelernt. Allerdings wurde wertvolle Zeit vertan - das muss man hier ehrlicherweise aussprechen -, Zeit zur Umsetzung wirklicher Reformen, Zeit zur Schaffung und Stabilisierung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen.
Meine Damen und Herren, die Vorstellung der Agenda 2010 erfüllt teilweise positive Erwartungen. Anscheinend wird erkannt, dass Entlastungen statt Belastungen notwendig sind, damit Deutschlands Wirtschaft wachsen kann und damit einem Großteil der Arbeitslosen wieder ernsthaft die Perspektive auf Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt eröffnet werden kann. Es wurde viel zur Stärkung der Eigenverantwortung und zur Reform der Sozialsysteme gesagt. Die Reformansätze zeigen in die richtige Richtung, auch wenn sie meiner Meinung nach nicht weit genug gehen.
Jetzt wird jedoch wieder die Keule gegen die Unternehmer, gegen den Mittelstand geschwungen: zusätzliche Steuern und die Ausbildungsplatzabgabe. Solange ich dem Brandenburger Landtag angehöre - das sind mittlerweile neun Jahre -, wird immer wieder in die Mottenkiste gegriffen und das Gespenst der Ausbildungsplatzabgabe hervorgeholt.
„Superminister Clement“ verkündete noch Anfang April, dass er nicht mit einer Ausbildungsplatzabgabe für die Wirtschaft rechne. Er sagte wörtlich:
„Ich gehe davon aus, dass es möglich ist, eine ausreichende Zahl von Ausbildungsplätzen zu mobilisieren.“
Clement kündigte eine Kampagne mit Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden, beginnend Ende April, an. Ich frage nun: Ist die Kampagne schon nach vier Wochen gescheitert?
Ausbildungsplatzabgabe bedeutet den Versuch, Lungenentzündung mit Kopfschmerztabletten zu heilen. Man kann es gar nicht oft genug sagen: Entlastungen statt Belastungen! Die Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe als Antwort der Bundesregierung auf die aktuelle Lehrstellenmisere ist von Grund auf falsch. Das duale System würde unterhöhlt und finanzschwächere Unternehmen würden entmutigt. Wer trägt die Hauptlasten? Die Unternehmen in den personalintensiven Wirtschaftszweigen. Die moderne Motorenfabrik eines Automobilkonzerns mit einem Personalkostenanteil von 10 % ist fein raus. Dem kleinen Handwerks- und Dienstleistungsbetrieb werden zusätzliche Belastungen zugemutet.
Angesichts der Wirtschaftsstruktur in den neuen Ländern ist klar, wo die Unternehmen angesiedelt sind, die die zusätzlichen Lasten tragen müssen.
Meine Damen und Herren, die Unternehmen müssen mit positiven Anreizen motiviert werden, Ausbildungsplätze bereitzustellen. Statt den Unternehmen Bestrafungen für die selbst verursachte Wirtschaftsmisere und Arbeitsmarktsituation anzukündigen, müssen positive Veränderungen erkennbar werden, Strukturreformen, die den Namen verdienen.
in Höhe von 1 Milliarde Euro sind direkt zur Senkung von Lohnnebenkosten in ausbildenden Betrieben einzusetzen.
Zweitens: In die Tarifverträge sollten auch flexible Regelungen zur Ausbildungsvergütung aufgenommen werden. Das ist im Interesse der Jugendlichen und nicht ein möglichst hohes Ausbildungsentgelt.
Drittens: Berufsbilder müssen insbesondere im Dienstleistungs- und Sozialsektor modernisiert, Ausbildungsgänge modularisiert und gegebenenfalls auch verkürzt werden.
Vierte Forderung: Einführung eines Bildungspasses in der Weiterbildung und mehr Durchlässigkeit im Berufsbildungssystem.