Hierzu wurde bereits im Sommer 2002 vonseiten des Landes Baden-Württemberg ein Gesetzesantrag in den Bundesrat eingebracht. Dieser sieht vor, dass das Krankenhaus einer Frau, die sich in einer solchen Situation an das Krankenhaus wendet, zuerst einmal Beratungsstellen nennen soll, die ihr weiterhelfen können. Die Frau wird des Weiteren darüber aufgeklärt, welche Konsequenzen die anonyme Geburt haben wird; sie
wird aber auch darauf hingewiesen, welche Möglichkeiten es im Bereich der Adoption gibt und welche sonstigen Hilfsangebote gemacht werden können.
Zum Schutz des Kindes soll zunächst einmal das Jugendamt die Vormundschaft für das Kind übernehmen und das Krankenhaus soll verpflichtet werden, die Geburt auf dem Standesamt anzuzeigen. Außerdem soll die Mutter eine Entscheidungsfrist von acht Wochen haben, in der sie sich entschließen kann, das Kind doch anzunehmen. Darüber hinaus soll der Mutter die Möglichkeit gegeben werden, ihre Identität speziell für das Kind in einem späteren Lebensalter zu hinterlegen oder auch andere Nachrichten zu hinterlassen.
Die Beratungen im Bundesrat sind vertagt worden, weil noch weitere gesetzliche Regelungen zu prüfen sind. Beispielsweise müssen im Bereich des Vormundschaftsrechts und des Adoptionsrechts eventuell noch Klarstellungen herbeigeführt werden. Auch die Rechte des Erzeugers dürfen hierbei nicht unberücksichtigt bleiben. Insbesondere muss das geplante Gesetzeswerk auch den Verfassungsanforderungen entsprechen.
Das Recht der Mutter, keine Angaben zu ihrer Identität zu machen, steht nicht nur dem Recht des Kindes und auch der Grundrechtsposition des Erzeugers diametral gegenüber. Das ist vielmehr ein komplexes Gebilde, weil es sich um konkurrierende Verfassungsrechtsgüter handelt. Aber ich bin fest überzeugt davon, dass das Regelungskonzept auch den verfassungsmäßigen Bestimmungen Rechnung tragen wird. Das Land Baden-Württemberg hat angekündigt, den Gesetzesantrag jetzt wieder auf die Tagesordnung der Sitzung des Rechtsausschusses des Bundesrats im Juni dieses Jahres zu setzen. Im Juli 2003 wird das Gesetzeswerk dann im Bundesratsplenum zur Abstimmung stehen.
Ich kann nur bekräftigen, dass ich die Initiative auf jeden Fall unterstütze; denn ich bin der Auffassung, dass es mit einem solchen Gesetz gelingen wird, ungeborenes und geborenes junges Leben zu schützen. - Vielen Dank.
Frau Ministerin, in Berlin und auch in anderen Bundesländern gibt es so genannte Babyklappen, wo man Neugeborene anonym abgeben kann. Sieht die brandenburgische Landesregierung ebenfalls die Einrichtung von Babyklappen in Krankenhäusern vor, um solche schrecklichen Fälle von getöteten Neugeborenen, von denen man in der letzten Zeit wieder lesen konnte, zu verhindern?
Mir ist bekannt, dass beispielsweise in Potsdam eine Babyklappe eingerichtet werden soll. Im Verhältnis zu der Möglichkeit der Legalisierung der anonymen Geburt stehe ich der Einrichtung von Babyklappen allerdings eher skeptisch gegenüber. Eine solche Einrichtung hilft einer Mutter, die sich in einer Notsituation befindet, nämlich insofern nicht, als sie ohne
ärztliche Hilfe entbinden muss, wenn sie das Kind dann auch, falls es eine solche Geburt überlebt, bei einer Babyklappe abgeben kann. Außerdem ist wegen der Möglichkeit, nicht nur Neugeborene, sondern, in Abhängigkeit von der Größe der Babyklappe, auch Kleinkinder dort abzugeben, die Missbrauchsgefahr in diesem Fall größer, als es bei einer anonymen Geburt der Fall ist.
Damit sind wir bei der Frage 1579 (Steuerschätzung), die von der Abgeordneten Osten gestellt wird. Bitte sehr.
Die Ergebnisse der neuesten Steuerschätzung wurden öffentlich bekannt gemacht und diskutiert. Bereits im Rahmen der Behandlung des Entwurfs für einen Nachtragshaushalt - diese Beratung liegt erst einen Monat zurück - wurde von der Landesregierung angedeutet, dass noch in diesem Jahr weitere Haushaltsbeschlüsse des Parlaments notwendig werden.
Meine Frage an die Landesregierung lautet: Welche konkreten Maßnahmen wird sie in Auswertung der neuesten Steuerschätzung für Brandenburg einleiten?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Osten, in diesem Jahr hat der Arbeitskreis Steuerschätzung in Lübben, im wunderschönen Spreewald, getagt.
- Entschuldigung: in Lübbenau. - Ich hatte Gelegenheit, die Mitglieder des Arbeitskreises an dem Abend vor Bekanntgabe des Ergebnisses dort zu besuchen. Ich habe ihnen deutlich gemacht, dass die Überbringer schlechter Nachrichten früher geköpft wurden. Wenn man sich die Steuerschätzungen der letzten Jahre anschaut, dann wäre das möglicherweise auch jetzt sozusagen notwendig. Ich habe die Mitglieder des Arbeitskreises dagegen zu einem Abendessen eingeladen, ihnen bei dieser Gelegenheit aber regional- und sachbezogen eine saure Gurke überreicht. Ich will damit Folgendes sagen: Die Steuerschätzer sind an der Gesamtsituation und an den Ergebnissen der Schätzung natürlich nicht schuld; vielmehr haben sie das zu verarbeiten, was die führenden Forschungsinstitute an Wirtschaftsprognosen abgeben, wobei diese in den letzten Jahren die Erwartungen leider nicht erfüllt haben.
Deshalb müssen wir unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Schätzungen mit Einnahmeerwartungen sehr, sehr heruntergehen. Wir werden für den Zeitraum von 2003 bis 2006 im Vergleich zum Ergebnis der Steuerschätzung vom Mai 2002 für den gleichen Zeitraum die Einnahmeerwartungen für alle Gebietskörperschaften um 126 Milliarden Euro nach unten korrigieren. Das bedeutet Mindereinnahmen für den Bund in Höhe von 53,6 Milliarden Euro, für die Länder in Höhe von 55,1 Milliarden Euro und für die Gemeinden in Höhe von 18,9 Milliarden Euro.
Im Lande Brandenburg gehen wir gegenüber dem Nachtragshaushalt 2003, in dem wir bereits Vorsorge getroffen haben, von weiteren Mindereinnahmen in Höhe von 150 Millionen Euro aus. Wir müssen also zur Kenntnis nehmen, dass durch das, was wir im Nachtragshaushalt verabredet haben, das Risiko, das auf uns zukommt, leider nicht abgedeckt wird. Ich muss aber deutlich sagen: Gegenüber der Steuerschätzung haben wir noch einmal eine Korrektur vorgenommen, und zwar auch, um damit eine weitere Risikovorsorge bis Ende des Jahres zu treffen.
Sie wissen, dass im November von einem bundesweiten Wirtschaftswachstum von 1,5 % ausgegangen wurde, wir für dieses Jahr aber nur 1 % Wirtschaftswachstum unterstellt haben. Sie haben auch zur Kenntnis genommen, dass jetzt 0,75 % Wirtschaftswachstum prognostiziert werden. Wir gehen restriktiv heran und müssen auch den Experten aus den Forschungsinstituten Glauben schenken, wenn sie sagen, es sei eher anzunehmen, dass es in diesem Jahr ein Nullwachstum geben werde.
Angesichts der Kassenlage im Land Brandenburg und der eigenen Steuereinnahmen in den ersten vier Monaten des Jahres muss man zur Kenntnis nehmen, dass das Land gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum um 9 % niedrigere Einnahmen zu verzeichnen hat. Das entspricht 21 Millionen Euro. Wenn ich dies bis zum Jahresende mit dem von den Steuerschätzern schon bekannt gegebenen Ergebnis fortschreibe, ergibt sich die Summe von 150 Millionen Euro Mindereinnahmen. Diese Vorsorge ist notwendig, um Schlimmeres zu verhüten.
Die jetzt zu ergreifenden Maßnahmen stellen sich wie folgt dar: Es gibt eine generelle Haushaltssperre, so wie sie am Anfang dieses Jahres schon einmal verhängt worden war. Ich hatte bereits damals, nach dem Nachtragshaushalt, 25 % Sperre als Vorsorge beibehalten. Dies muss wieder auf eine generelle Haushaltssperre erweitert werden. Strenge Bewirtschaftungsmaßnahmen bedeuten auch Einstellungs- und Beförderungsstopp. In Bezug auf die Baumaßnahmen - ich hatte gestern der Presse entnommen, dass Sie dazu schon Vorschläge entwickelt haben - werden wir ebenfalls noch einmal über Streckungen und Stopp nachdenken müssen. Wenn der Bundesgesetzgeber die Öffnungsklausel für die Beamtenbesoldung beschließt, dann werden wir im Herbst auch dies zu prüfen haben.
Natürlich befinden wir uns nicht allein in dieser Situation; vielmehr trifft sie alle Bundesländer, insbesondere die neuen. In Kontakten auf der Ebene der Finanzminister haben wir uns darüber verständigt, wie in den einzelnen Ländern damit umgegangen wird. Sie haben es heute auch der Presse entnommen: Viele Länder haben bereits wie wir Haushaltssperren erlassen. Da andere Länder noch nicht eine solche Vorsorge getroffen hatten, sind dort ganz andere Größenordnungen zu verkraften. - Vielleicht so viel dazu. Ich warte auf Ihre Fragen, auf die ich die Antwort schon weiß.
Frau Ministerin, zum einen hoffe ich natürlich, dass Sie das Abendessen vor der Haushaltssperre ausgegeben haben. Zum anderen habe ich drei Nachfragen.
Erstens: Sind die zu erwartenden Mindereinnahmen in Höhe von 150 Millionen Euro, die ich auch der Presse entnehmen konnte, laut Steuerschätzung für Brandenburg zutreffend? Stehen sie hier als Mindereinnahmen ins Haus? Angesichts der Zahlen für Sachsen-Anhalt, die von Ministerpräsident Böhmer mit 500 Millionen Euro beziffert wurden, erscheint mir die Schätzung auf 150 Millionen Euro nicht ganz glaubwürdig.
Zweitens: Dies ist die fünfte Haushaltssperre im Doppelhaushalt 2002/2003. Sehen Sie das Instrument eines Doppelhaushalts überhaupt noch als für Brandenburg geeignet an? Mir scheint die dafür notwendige Voraussicht zu fehlen.
Drittens: Sehen Sie vor, in diesem Jahr einen dritten Nachtragshaushalt einzubringen? - Wobei ich hoffe, dass dies nicht wie im letzten Jahr erst im Dezember passiert.
Im letzten Jahr haben wir den Nachtragshaushalt nicht im Dezember eingebracht, sondern das Parlament hat ihn im Dezember beschlossen. Dem gehen ja einige Verfahren voraus, wie Sie wissen, Frau Osten.
Wenn die PDS in der Lage ist, das Wirtschaftswachstum ordentlich und real zu prognostizieren, dann können Sie sämtliche Wirtschaftsforschungsinstitute mit Ihrem Personal belegen. Sie brauchten uns dann im Parlament nicht mehr mit solchen schamlosen Unterstellungen zu konfrontieren.
- Aber Frau Enkelmann, genau das tun wir. Deshalb muss man es konstatieren. Wir haben diese Prognosen immer als Grundlage genommen, aber sie lagen ständig daneben. Sie liegen nicht nur in Brandenburg daneben, sondern auch in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin, wo die PDS eifrig mitregiert. Was wollen Sie eigentlich unterstellen?
Das Gesagte gilt übrigens auch für Bayern und NordrheinWestfalen. In Bezug auf Nordrhein-Westfalen habe ich vernommen, dass die Steuerschätzung dort in Höhe von 1 Milliarde Euro von den tatsächlichen Einnahmen abweicht und das Land diese Mindereinnahmen zu verkraften hat.
(Frau Osten [PDS]: Ich habe drei Fragen gestellt und möchte darauf gern Antworten! - Unruhe im Saal - Glocke des Präsidenten)
- Ich beantworte sie ja noch, Frau Osten. - Das heißt also, dass dies ein gesamtdeutsches Problem geworden ist; es ist kein parteipolitisches Problem.
Frau Osten, wir werden bis Herbst dieses Jahres die Kassenentwicklung weiter verfolgen. Wir hoffen, dass sie sich im zweiten Halbjahr positiv gestaltet. Es wird auch eine Abrechnung aus dem Länderfinanzausgleich geben. Insofern muss diese Entwicklung abgewartet werden.
Mit dieser Haushaltssperre treffen wir natürlich in großem Umfang Vorsorge. Wir werden im Herbst darüber befinden, ob ein Nachtragshaushalt notwendig ist. Dies wäre dann der Fall, wenn wir die Nettokreditaufnahme erhöhen oder das Gemeindefinanzierungsgesetz wieder den verminderten Einnahmen anpassen sollten. Dann wäre in jedem Fall ein Nachtragshaushalt vonnöten. - Vielen Dank.
Meine erste Frage: Wie positioniert sich die Landesregierung zu der heiß diskutierten Erhöhung der Mehrwertsteuer?
Meine zweite Frage: Wie werden sich generelle Steuererhöhungen Ihrer Auffassung nach auf das Konsumverhalten der Bürger im Land Brandenburg auswirken?
Betrachtet man solche Maßnahmen isoliert voneinander, kann man wohl ganz klare Antworten geben, aber es ist immer der Gesamtzusammenhang zu sehen. Natürlich kann ich auch argumentieren: Wenn es Steuererhöhungen gibt, dann schlägt dies negativ auf die Kaufkraft, auf die Wirtschaftsentwicklung etc. durch.
Um es auf das Land Brandenburg zu beziehen: Einerseits haben wir uns bis 1994 sehr hoch verschuldet, um unsere Binnenkonjunktur anzukurbeln und Investitionen möglich zu machen. Die Erwartung, dass dadurch unsere Steuereinnahmen sehr stark zunähmen, hat sich nicht erfüllt. Das muss man einfach konstatieren. Andererseits gibt es auch nichts zu verteilen, wenn die Kassen leer sind. Wir können nicht hier im Plenum über Sparmaßnahmen der Landesregierung debattieren und uns darüber beklagen. Wenn die Kassen leer sind, dann gibt es nichts zu verteilen und dann können wir keine freiwilligen Aufgaben mehr erfüllen. Aus diesem Grund müssen wir ein vernünftiges Maß finden, um die Kassen der öffentlichen Hand bei den Gemeinden, beim Bund und bei den Ländern zu füllen.
Zur Problematik der Mehrwertsteuererhöhungen gibt es keine verabredete Meinung der Landesregierung. Ich persönlich betrachte es sehr kritisch, die Mehrwertsteuer zu erhöhen, weil damit wieder alle belastet würden, die tatsächlich die Kaufkraft in unserem Land stärken könnten; es wären alle betroffen. Eine solche Steuererhöhung ist sicherlich ein Mittel, aber ihr Einsatz muss sehr wohl abgewogen werden, damit sie gegebenenfalls zielgerichtet vorgenommen wird, damit sie diejenigen trifft, die sie am besten verkraften können.
Außerdem kommt es darauf an, dass wir im Sommer dieses Jahres eine Entscheidung über eine stabile Finanzausstattung der Kommunen erreichen, damit diese nicht mehr von den Steuereinnahmen des Landes abhängig sind, an deren Entwicklung sie derzeit immer - egal, wie die Einnahmen schwanken mit 25 % beteiligt sind, womit sie ihre freiwilligen Aufgaben und sogar ihre Pflichtaufgaben kaum noch erfüllen können. Dieses Ziel muss in diesem Sommer unbedingt erreicht werden.
Frau Ministerin, Sie sprachen davon, dass das Land Brandenburg aufgrund der neuen wirtschaftlichen Entwicklung und der damit verbundenen neuen Zahlen wahrscheinlich von Mindereinnahmen in Höhe von 150 Millionen Euro betroffen sein wird. Können Sie Aussagen darüber machen, wie hoch der Anteil der Kommunen im Land Brandenburg an den aus dieser neuen Steuerschätzung zu erwartenden Einnahmeausfällen sein wird?
Wenn wir sie an diesen 150 Millionen Euro beteiligten, wären die Kommunen gemäß unserem Gemeindefinanzierungsgesetz logischerweise mit ungefähr 37 Millionen Euro zu beteiligen. Wir werden darüber entscheiden müssen, ob dies so, wie wir es bisher gehandhabt haben, in diesem Jahr geschehen soll, oder ob dies, wie es das Gemeindefinanzierungsgesetz vorsieht, zwei Jahre später wieder verrechnet werden wird. Die Gesetzeslage sieht allerdings vor, dass die Kommunen an diesen Steuermindereinnahmen in der genannten Größenordnung zu beteiligen sind.