Protokoll der Sitzung vom 26.06.2003

Meine Damen und Herren, dennoch möchte ich Sie ermuntern, wenn Sie schon verkehrspolitisch und für den ÖPNV, für den wir ja immer streiten, aktiv werden wollen, sich für die Reform des Verkehrsverbundes zu engagieren.

Wir erwarten von der Arbeitsgruppe Entscheidungen zur Reformierung des Verkehrsverbundes. Engagieren Sie sich für den Nahverkehr und für den Fernverkehr! Ich wäre dabei. Aber das ist eine Lappalie; denn bei diesen Sachen sind die Bedingungen ohnehin gegeben.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Das ist vertane Zeit und vertane Liebesmüh. Die 3 000 Fahrgäste, die pro Tag auf der Regionalbahnlinie 10 fahren - ein gutes Ergebnis -, haben Anspruch darauf, dass der Brandenburger Verkehrsminister und der Berliner Verkehrssenator sehr engagiert arbeiten, um die Probleme zu lösen.

Ich will abschließend ein weiteres Problem nennen. Wir alle - Sie, der Verkehrsminister und andere - haben uns an den Bemühungen zur Vermeidung des so genannten Parallelverkehrs von Bahnen und Bussen beteiligt. Wir müssen zu gemeinsamen Lösungen kommen. Diese dürfen aber nicht zulasten der Fahrgäste gehen. Nur so kann für mich eine vernünftige Lösung zwischen Berlin und Brandenburg aussehen, die den Verkehrsverbund erhält und im Interesse der Fahrgäste liegt.

Herr Dellmann scheint noch eine Frage zu haben. Möchten Sie diese beantworten?

Frau Tack, ich muss gestehen, dass ich erschüttert bin, wenn Sie bei diesem Problem vor dem hohen Haus von einer Lappalie sprechen. Für mich ist es keine Lappalie.

Nun zu meinen Fragen:

Erstens: Sehen Sie die Prüfung der Frage, welches die optimale Lösung für die Anbindung von Falkensee an die Regionalbahn bzw. die S-Bahn in das Berliner Zentrum ist, noch immer als vorrangig an?

Zweitens: Sind Sie nicht auch der Auffassung, dass sich der Landtag gerade mit solchen typischen Problemen beschäftigen sollte? Aus meiner Sicht ist die Frage der RB 10 nur eines von mehreren Beispielen, zu deren Lösung auch der Landtag gefordert ist.

Zu Ihrer ersten Frage: Herr Dellmann, wir beide sind meist gleich gut informiert. Daher wissen auch Sie, dass der Verkehrsverbund Untersuchungen zum Thema Parallelverkehr durchführt und Abwägungen trifft. Sie wissen weiterhin, dass Berlin den Bahnvertrag - das Problem habe ich gar nicht angesprochen - nicht unterschrieben hat, weil es Vorbehalte gibt, was die Finanzierung betrifft.

Auf Ihre zweite Frage kann ich leider nicht eingehen, denn ich habe sie bereits vergessen. Bestimmt hatten Sie Recht; ich weiß es nicht genau.

(Beifall bei der PDS)

So ist das Leben! - Das Wort geht an Herrn Schrey. Er spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Tack, ich werde Sie daran erinnern, wenn Sie den nächsten Antrag zur Aufrechterhaltung irgendeines Bahnsteiges stellen, wo zehn Radfahrer aussteigen. Wenn Sie das dann als Lappalie bezeichnen, wundere ich mich schon. Das muss ich Ihnen ehrlich sagen.

(Frau Tack [PDS]: Es ist eine Peinlichkeit, den Minister zur Arbeit aufzufordern!)

- Sie haben „Lappalie“ gesagt! Ich freue mich außerordentlich, dass wir dieses Thema heute im Parlament behandeln.

(Frau Tack [PDS]: Das ist ganz mutig!)

- Das ist nicht mutig, sondern wichtig, denn darauf kommt es an.

(Klein [SPD]: Bravo, Herr Schrey!)

Ein Landtagsantrag ist nun einmal ein Landtagsantrag. Wenn das hohe Haus ihn behandelt, erhält er mehr Gewicht. Ich freue mich, dass wir diesen Antrag eingebracht haben.

(Beifall bei CDU und SPD)

Die Regionalbahnverbindung zwischen Nauen und BerlinCharlottenburg wird täglich von mehreren Tausend Fahrgästen genutzt.

(Frau Tack [PDS]: 3 000!)

- 3 000 sind auch mehrere Tausend. - Die Fahrgäste kommen aus Berlin und aus Brandenburg. Es ist unbestritten, dass die Regionalbahnlinie 10 für die Berliner und die Brandenburger attraktiv ist. Die direkte Verbindung in das Berliner Zentrum hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass viele Pendler vom Auto auf die Bahn umgestiegen sind. Das wollen Sie doch auch, Frau Tack! Aufgrund dessen wurden die Fahrzeiten verkürzt und die Reisequalität hat sich wesentlich erhöht.

Was wird passieren, wenn die Regionalbahn zukünftig in Spandau endet? Die bisherigen Fahrzeiten können nicht mehr einge

halten werden. Für viele Fahrgäste wird es angesichts dessen nicht mehr attraktiv sein, auf das Auto zu verzichten und stattdessen das öffentliche Verkehrsangebot zu nutzen. Da die Fahrgäste künftig mindestens einmal zusätzlich umsteigen müssen, wird die Reisequalität gemindert. Eine Folge würde sein, dass sie wieder das Auto benutzen. Mit dem Ausstieg Berlins aus der Finanzierung wird die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene gegenüber dem Auto systematisch eingeschränkt. Das führt zu einem Rückgang der Fahrgastzahlen. Das dürfte auch nicht in Ihrem Interesse liegen, Frau Tack.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [PDS])

Eine weitere Folge wären steigende Fahrpreise. Wer die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene gegenüber dem Auto erhalten will, darf sich nicht aus kurzsichtigen Finanzierungsüberlegungen heraus dem Antrag entgegenstellen. Es ist aus der Sicht meiner Fraktion sehr kurzsichtig, wenn man meint, die Strecke werde zum größeren Teil von Brandenburgern genutzt, und folglich könne man es den Berlinern zumuten, auf diese Verkehrsverbindung zu verzichten. Wer ein gemeinsames Bundesland anstrebt und sich nicht nur auf Titelseiten von Zeitungen wiederfinden will, sollte die theoretischen Gegebenheiten so schnell wie möglich überwinden und diese Entscheidung begründen.

(Beifall des Abgeordneten Homeyer [CDU])

Ich halte es für sehr fraglich, dass es die Berliner für erstrebens- und wünschenswert halten, dass die Fahrgäste aus Brandenburg und Berlin, die bisher das Angebot der Regionalbahnlinie 10 genutzt haben, künftig die Staus in der Berliner Innenstadt verlängern. Ich hoffe, dass unser Verkehrsminister aktiv handelt und es nicht zulässt, dass diese Strecke geschlossen wird bzw. vorzeitig endet. - Danke.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Hesselbarth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich vorausschicken, dass wir den vorliegenden Antrag zum Erhalt des Regionalbahnangebotes RB 10 zwischen Nauen und BerlinCharlottenburg voll und ohne Einschränkung unterstützen.

Eine Beendigung der Finanzierung des länderübergreifenden Angebotes der RB 10 wäre ein gravierender Einschnitt in die Infrastruktur der Region Berlin-Brandenburg. Deshalb finde ich es gut und richtig, dass sich der Landtag mit diesem Antrag befasst und sich dazu positioniert.

Ein abschließendes Wort an die Kollegen Schrey und Dombrowski. Ich weiß zwar nicht, wie Sie es geschafft haben, die SPD-Fraktion von ihrer ursprünglich ablehnenden Haltung zur vorliegenden parlamentarischen Initiative abzubringen,

(Dr. Hackel [CDU]: Das ist die höhere Kunst der Politik!)

aber dass Sie es geschafft haben, freut uns.

(Beifall bei der DVU)

Offensichtlich gibt es in Ihrer Fraktion bemerkenswerte Tendenzen, sich von der sozialdemokratisch dominierenden Stagnationspolitik zu emanzipieren. Das nehmen wir mit Interesse zur Kenntnis. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU - Widerspruch bei der SPD)

Damit wären wir bei der Landesregierung. Herr Minister Meyer, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist viel und Richtiges gesagt worden. Es bleibt der Streit, ob sich ein Antrag an den Verkehrsminister zu Verkehrsfragen lohnt; denn er arbeitet doch sowieso schon lange daran. Die aufgeworfene Frage ist eine generelle Frage, zu der wir Stellung nehmen müssen.

(Homeyer [CDU]: Verkehrsminister ist ein schöner Job!)

Diese Frage ist schon sehr ernst. Es ist in der Tat so, dass wir mit den Berliner Kollegen im Gespräch sind. Trotzdem - das sage ich ganz offen - ist es wichtig, dass ich bei diesen Fragen, bei denen es darum geht, ob die Zusammenarbeit mit Berlin besser oder schlechter wird, die Unterstützung des Parlaments habe. Deshalb vielen Dank für die Initiativen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Wir können über das technisch Notwendige, über Fahrplanabstimmungen etc. lange streiten. Für mich ist die Berliner Position unverständlich. Es gab keine vorherigen Informationen. Ich muss offen sagen: Frau Tack, für mich ist es schon ein Signal der Berliner Seite, dass sie kein wirkliches Interesse an einer verbesserten Zusammenarbeit hat.

(Frau Tack [PDS]: Das können Sie nachlesen!)

- Ich weiß es doch.

Wenn Frau Krautzberger gesagt hat, dass nichts ohne Abstimmung mit Brandenburg gemacht wird, und ich exakt einen Tag später erfahre, dass sie schon wieder Ausschreibungen für Bestellungen usw. vornehmen, die die Aufgaben des Verkehrsverbundes schmälern und in dessen Arbeit eingreifen, dann fehlt da ein Stückchen Glaubwürdigkeit. Da müssen wir schon gemeinsam aufpassen.