Protokoll der Sitzung vom 23.02.2000

(Schulze [SPD]: Ja, die wollen wir wiederhaben!)

und die erste Fernbahn 1839 von Leipzig nach Dresden fuhr, war damit der Grundstein für den technischen und wirtschaftlichen Fortschritt in Deutschland gelegt worden. Der Eisenbahnbau erlebte seinen Höhepunkt in Deutschland zurzeit der Gründung des Deutschen Reiches 1871.

(Unruhe)

- Ja, da haben Sie noch gar nicht gelebt. - Die großen Ingenieurleistungen von damals machten es mö glich, dass die deutschen Länder in immer engere Beziehungen traten und neue mitmenschliche Bindun gen entstanden.

Im Jahr 1920 entstand der Zusammenschluss der Staatseisenbahnen der deutschen Länder.

Nach dem Zweiten Weltkrieg verlief die Entwicklung des Eisenbahnwesens in Ost und West unterschiedlich. In der DDR waren die Organe der Reichsbahn unmittelbar mit dem Ministerium für Verkehrswesen verschmolzen. Im Zuge der Bahnreform entstand am 01.01.1994 nach Zusammenlegung der Deutschen Reichsbahn mit dem Sondervermögen der Deutschen Bahn ein einheitliches Bundeseisenbahnvermögen, aus dem der unternehmerische Bereich als Bahn AG ausgegliedert wurde.

Dieser historische Überblick sollte verdeutlichen, dass der Schienenverkehr in Deutschland Tradition hat und als Fortbewegungsmittel für Menschen und Güter nicht wegzudenken ist.

Um gegenüber dem Auto wettbewerbsfähig zu bleiben, muss auch der Schienenpersonennahverkehr neben Komfort sowie Zahl und Zuverlässigkeit der Verbindungen die Geschwindigkeit erhöhen. Würde dies wirklich gelingen, schafften wir auch notwendige Anreize für den Umstieg auf die Schiene.

Was die Übertragung der Trägerschaft für den Schienenpersonennahverkehr auf die Landkreise und die kreisfreien Städte betrifft, so bestehen aus der Sicht der DVU-Fraktion grundsätzliche Bedenken. Wegen der überregionalen Bedeutung des Schienenverkehrs können Trägerschaften nicht nach unten verlagert werden. Bund und Länder müssen den Erhalt regionaler Netze garantieren. Allerdings sollten die Kommunen ein Mitspracherecht haben, ob regionale Verkehrslinien geschlossen werden oder nicht. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Firneburg. - Das Wort geht an die Fraktion der CDU, Herrn Abgeordneten Senftleben.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die PDS-Fraktion hat uns heute zwei Anträge zum Schienenpersonennahverkehr in Brandenburg vorgelegt. Sie will damit der angekündigten Reduzierung im Re gionalnetz der Bahn entgegenwirken. Beim Verweis auf den drohenden Stellenabbau werden Aussagen angeführt, die nach meiner Ansicht noch keine Beschlussgrundlage bilden und noch keine prinzipielle Festlegung für Brandenburg treffen.

(Vietze [PDS]: Die schaffen Sie jetzt!)

Immer wenn Sie auf Reduzierungen verweisen wollen, zeigt sich besonders deutlich die Unterschiedlichkeit bei der Betrachtung von realen Tatbeständen. In unserer Argumentation wird dabei von Effizienzsteigerung im Sinne des SPNV und von dessen Zukunftsfähigkeit gesprochen, eine Betrachtung, die für den

Steuerzahler und für ein ausgewogenes Verhälmis und Angebot angesetzt werden muss.

Meine Damen und Herren! Natürlich brauchen wir einen leistungsfähigen SPNV. Er muss jedoch - darin sollten wir schon übereinstimmen - bezahlbar sein. Für jeden sichtbar sind leere Geisterzüge, die niemandem nutzen. Wir verbrauchen wertvolle Ressourcen, die im Sinne der Kunden effektiver einsetzbar wären.

Die Bundesregierung stellt wie in den zurückliegenden Jahren rund 800 Millionen DM als Mittel bereit, mit denen auch Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, verantwortungsvoll umgehen müssen. Meine Damen und Herren von der PDSFraktion, diesen Aspekt vermisse ich völlig in Ihren Anträgen.

Herr Abgeordneter Senftleben. gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Bitte schön, Herr Abgeordneter Domres!

Ich vermute, Sie meinten mit dem Betrag von 800 Millionen DM die Regionalisierungsmittel. Stimmen Sie mir zu, dass es Sinn machen würde, den Kreisen die Regionalisierungsmittel zur Verfügung zu stellen, wenn sie bereit wären, einzelne Eisenbahnstrecken zu übernehmen?

Wir haben diese Regionalisierungsmittel fest eingeplant und eingesetzt. Theoretisch ist Ihr Vorhaben sicher möglich, aber momentan nicht umsetzbar.

Ideologie hilft uns in der Debatte nicht weiter. Jede Strecke muss für sich getrennt bewertet werden.

Es ist auch der falsche Weg, die Deutsche Bahn als ein Beschäftigungsprogramm anzusehen, da sie in erster Linie ein Verkehrsunternehmen ist und alle notwendigen Dienstleistungen anbieten muss. Der Fahrgast will sicher und komfortabel an sein Ziel kommen. Dazu gehören auch ansprechende Bahnhöfe und Haltestellen, vor allem aber ein vernetztes Verkehrssystem. Da auch ich persönlich aus einer dünn besiedelten Region komme. ist mir durchaus bewusst, welch hohen Stellenwert dabei gerade der Zubringerverkehr hat und in welchem Maße er somit zur Sicherung des SPNV beiträgt.

Wenn Sie Fahrgäste auf die Schiene zurückholen wollen, dann sehen Sie sich bitte zuerst die Fahrgastzahlen der letzten Jahre an. Erkennen Sie dabei endlich auch die Lebensnotwendigkeit des Verkehrs. Da Sie bereits in der Vergangenheit immer wieder mit dem Wort „langfristig" in Ihren Anträgen argumentiert haben, kennen Sie unsere Reaktion darauf. Ich kann mir Details dazu ersparen.

Ihr Antrag in der Drucksache 3/632 weist zudem einen Widerspruch auf, den Sie schon auflösen müssen. Einerseits fordern Sie eine Bekräfti gung der Bahnpolitik und die Umsetzung des Zielnetzes. Andererseits heißt es einige Zeilen weiter in der Begründung, dass die bahnpolitische Interessenlage

des Landes neu zu definieren sei. Das ist ein Widerspruch in sich.

Im Sinne der Mittel, die vom Steuerzahler aufgebracht werden, müssen wir unsere Verantwortung wahrnehmen und weiterhin für den Fahrgast die volle Leistung erbringen, und das zu den wirtschaftlich sinnvollsten Konditionen. Wer dem ÖPNV-Gesetz etwas Zeit widmet, wird erkennen, dass in 2 Abs. 6 die Ziele und die Grundsätze für den SPNV eindeutig formuliert sind. - Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Auch ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Senftleben. - Das Wort geht an die Landesregierung. Herr Verkehrsminister, wünschen Sie das Wort? - Bitte schön!

(Frau Tack [PDS]: Herr Vogelsänger hat schon alles beantwortet!)

Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Sie haben Recht, Frau Tack, Herr Vogelsänger hat Ihnen schon die richtige Antwort gegeben. Aber in Wiederholung Ihrer Worte von vorhin kann ich sagen: Unsere Unterstützun g haben wir auch.

Es ist - und das wissen wir - gesetzlich bereits vorgeeeben, dass sich die Bestellung von SPNV-Leistungen im Rahmen der Verkehrsverträge am Nahverkehrsplan für den SPNV auszurichten hat. Die in diesem Zusammenhan g zu vereinbarenden Vertragslaufzeiten müssen sich an den Landesinteressen orientieren.

Insoweit wäre es nicht sinnvoll, generell eine langfristige Bestellung von SPNV-Leistungen zu fordern. Vielmehr muss den Vertragsverhandlungen für jeweils unterschiedliche Bedingungen entsprechender Ermessensspielraum vorbehalten bleiben. Die Frage, wie dieser Ermessensspielraum ausgenutzt werden kann, hat Herr Vogelsänger auch schon beantwortet. Ich freue mich, heute gehört zu haben, dass das Vertragsangebot für die Stadt Wriezen besser geworden ist.

billiger ist. als den Kilometer gefahrene Strecke mit 20 DM zu subventionieren.

Damit ist auch Ihre Frage beantwortet, ob ein Kreis, wenn er den Anspruch hat, diese Strecke in eigene Re gie übertragen zu bekommen, dann auch die bisher für den SPNV eingestellten Mittel bekommen würde. Das wäre Stillstand, das wäre Festschreibung des Status quo. Unser Ziel ist aber die Verbesserung der Leistung.

Das heißt, wenn ich den Bus für die halben Kosten einsetzen kann und damit die Strecke und die Fläche bediene. kann ich die restlichen 50 % entweder in dieser Region oder woanders, wo es dringender ist, natürlich gut gebrauchen. Und so werde ich das tun.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber gern. Ich habe darauf gewartet. Mein Text ist fast zu Ende.

Bitte schön, Herr Abgeordneter Domres!

Herr Minister, ich denke, Sie wissen, worum es geht. Es geht nicht nur um diese zwei Strecken, von denen ich vorhin

gesprochen habe. Meine Frage ist: Wann oder zu welchen Konditionen können die Kreise, regional sicherlich unterschiedlich, diese Strecken übernehmen? Es muss doch irgendwo festgeschrieben werden. unter welchen Bedingungen und zu welchen Konditionen Landkreise Eisenbahnstrecken übernehmen können.

Das ist ganz klar. Was Sie aber wollen, das ist die Verallgemeinerung.

(Nein! bei der PDS) Dabei sollte berücksichtigt werden, dass die Beschäftigungspolitik der Deutschen Bahn AG von den Vertragslaufzeiten kaum beeinflusst wird, da für die Mehrzahl der Strecken ein SPNV-Betrieb auf Dauer nicht infrage steht. Selbst wenn Sie Herrn Mehdorn zitieren, Frau Tack, sehen Sie, dass dieser davon gesprochen hat, dass möglichst 7 % in der Fläche eingespart werden sollen. Das heißt aber doch nicht. dass dort öffentlicher Verkehr wegfällt. (Zuruf der Abgeordneten Frau Tack [PDS])

- Ich will es doch nur für den Rest erklären; ich weiß, dass Sie es begriffen haben. - Das heißt doch, alle Strecken werden weiter bedient. Aber wir müssen betriebswirtschaftlich daran gehen. Da kann es eben sein, dass man mit dem Bus oder mit einem Kleinbus fährt. Notfalls kann es sogar sein, dass man über einen Bezugsschein mit der Taxe nach Hause fährt. weil das eben

Gut, wenn Sie das nicht wollen, dann nehmen wir das zu Protokoll und dann kommen wir doch viel besser miteinander aus.

(Vietze [PDS]: Sehen Sie!)

Es ist ein Antrag gestellt worden. Dieser Antrag wird von Beamten bearbeitet, von Angestellten überprüft und dann vom Minister entschieden. Diese Antwort werden Sie bekommen.

(Zurufe von der PDS)

Meine Damen und Herren! Weitaus stärkeren Einfluss auf einen Stellenabbau - Frau Tack, ich komme jetzt zu ihrem Schwerpunkt - werden die Anstrengungen der Deutschen Bahn AG zur notwendigen Aufholune des vorhandenen Modernisie

rungs- und Rationalisierungsrückstandes haben. Aber diese Rationalisierung ist notwendig; diese Modernisierung wird dringend gebraucht. Da sind wir uns doch sicherlich einig.

(Frau Tack [PDS]: Nein, nein, nein!)

- Natürlich sind wir uns da einig.