Protokoll der Sitzung vom 01.04.2004

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Es gibt noch Klärungsbedarf. Wir fangen mit Herrn Görke an.

Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass es in Deutschland bereits eine Umlagefinanzierung gibt? Diese sieht folgendermaßen aus: 60 bis 70 % der Unternehmen bilden nicht aus und der Staat und die Steuerzahler zahlen die Ausbildung der von der Wirtschaft benötigten Arbeitskräfte.

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist allgemein bekannt. Des Weiteren ist bekannt, dass der Mittelstand die meisten Ausbildungsplätze stellt. Daher legen wir in unserer Mittelstandspolitik großen Wert darauf, dass die mittelständischen Unternehmen gestärkt werden, damit sie diese Aufgabe wahrnehmen können. Es geht doch um die Frage, ob sie mit dem Mittel der Ausbildungsplatzabgabe das Ziel erreichen können. Das wird von Wirtschaftsfachleuten einschließlich des Bundeswirtschaftsministers bezweifelt. Von daher gesehen müssen wir darüber einmal reden. Das können Sie nicht einfach mit dem Slogan „Wünsch dir was“ verändern. So ist der Sachverhalt. Vor diesem Hintergrund gibt es diesen Unterschied, welcher seit langem bekannt ist. Darum hat die Landesregierung auch alles unternommen, um im Rahmen des dualen Ausbildungssystems Möglichkeiten zu schaffen, damit jeder unserer jungen Frauen und Männer einen Ausbildungsplatz in Brandenburg bekommt.

(Frau Osten [PDS]: Mit welchem Ergebnis?)

Diese Anstrengung haben wir unternommen und wir setzen unsere Anstrengungen fort.

(Frau Osten [PDS]: Das war keine Antwort!)

Herr Domres, bitte.

Herr Minister, ich habe zwei Nachfragen. Die erste: Was haben Sie als Innenminister unternommen, damit die Kommunen tatsächlich ausbilden? Ich kenne selbst Kommunen, die über Jahre hinweg keine Auszubildenden hatten.

Die zweite Frage: Darf ich Ihre Ausführungen so verstehen, dass Sie die Kommunen auffordern, weiter zu verbeamten?

Herr Domres, ich bin überrascht, dass Sie mir die Frage stellen. Da Sie Mitglied eines Kreistages sind,

(Beifall bei der CDU)

sollten Sie wissen, dass für die Kommunen die Kommunen selbst und die Kreistage verantwortlich sind. Ich habe die Kommunen dazu nicht angehalten, habe sie aber dazu angehalten, ihre Haushalte auszugleichen. Als Innenminister habe ich in meinem Verantwortungsbereich 50 Azubis zusätzlich eingestellt, die in Berufen ausgebildet werden, die im Rahmen der allgemeinen Verwaltung verwendet werden können. Ich komme meiner sozialen Verpflichtung nach, indem ich nicht großartig öffentlich darüber rede, sondern das tue. Ich glaube, die Kommunen können in dieser Beziehung auch etwas leisten.

Einen Fakt müssen wir doch einmal klar herausarbeiten. Sowohl die Landkreise als auch die Kommunen haben weiterhin aus Gründen, die Sie alle kennen, zu viel Personal. Sie müssen wie auch wir in der Landesregierung weiter rationalisieren. Von daher gesehen muss man sich überlegen, ob man bei diesem Rationalisierungsprozess einen Einstellungskorridor offen hält. Ich bin dafür, diesen Einstellungskorridor offen zu halten. Im Haushaltssicherungsgesetz haben wir von der Landesregierung das dem Parlament so vorgeschlagen und Sie haben das im Landtag auch so beschlossen. Von daher gesehen haben Sie Ihren Beitrag geleistet. Das könnten sich andere zum Vorbild nehmen.

Herr Sarrach, bitte.

Herr Minister, ich habe zwei Fragen. Habe ich Sie erstens richtig verstanden, dass Sie es als eine Aufgabe der Landesverwaltung ansehen, nicht nur für den eigenen Bedarf auszubilden, sondern auch der Verantwortung, Ausbildung anzubieten, nachzukommen?

Zweitens: Wie bewerten Sie dann aber - auch darüber könnte man eine Ausbildungsplatzabgabe minimieren -, dass im Bereich der Justiz nach dem Haushaltsplan 90 Ausbildungsplätze

für Justizfachangestellte vorgesehen sind, in diesem Jahr aber nur eine Klasse mit 16 Auszubildenden aufgemacht wird und nach einer Ausbildungsplatzabgabenquote ein Bedarf an 110 Justizfachangestellten in diesem Ressort vorhanden wäre? Zeigt sich so die Verantwortung der Landesverwaltung bezüglich Ausbildung?

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Daran können Sie sehen, dass dieses Gesetz, über das wir gerade gesprochen haben, Defizite aufweist und zum Teil an der Wirklichkeit vorbeigeht. Diese Ableitung kann man auch vornehmen. Ich denke, wir bilden entsprechend dem Bedarf aus, was die Landesregierung grundsätzlich tut.

Wenn ich gesagt habe, dass wir 50 Azubis eingestellt haben, dann bilden wir sie für einen Bedarf aus, der nicht unmittelbar in den Bereichen der Landesverwaltung, sondern im gesamten kommunalen Bereich besteht. Deshalb übernehmen wir auch Aufgaben für andere Trägerschaften des öffentlichen Rechts. Ich denke, dass dies ein Beispiel ist, welches wir nicht weiter ausweiten können, das aber zeigt, dass wir die Aufgabe sehr ernst nehmen.

(Sarrach [PDS]: Das Gegenbeispiel habe ich genannt!)

Danke sehr. - Frau Hesselbarth stellt die Dringliche Anfrage 58 (Kindesmissbrauch in Bad Freienwalde).

Leider kein Aprilscherz ist, dass wir durch die Presse erfahren haben, dass ein Berliner Polizeiobermeister aus Bad Freienwalde wegen schwerer sexueller Misshandlungen seines 16 Monate alten Pflegekindes festgenommen wurde.

Wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) erklärte, habe der 41-Jährige die sexuellen Misshandlungen gefilmt und die Bilder per E-Mail verschickt sowie Videokassetten bespielt.

Ich frage daher die Landesregierung: Erwägt die Landesregierung die Einbringung einer Bundesratsinitiative zwecks Grundgesetzänderung zur Wiedereinführung der Todesstrafe für Fälle von Kindesmord oder schwerstem Kindesmissbrauch?

Frau Ministerin Richstein, Sie haben das Wort.

Sexueller Missbrauch von Kindern, Kindesmisshandlung und Kinderpornographie gehören zu den abscheulichsten, grausamsten, verurteilenswertesten Taten überhaupt. Die Opfer und auch die Gesellschaft haben einen Anspruch darauf, dass die Täter mit aller Härte und mit aller Konsequenz entsprechend der Mittel, die in einem Rechtsstaat zur Verfügung stehen, verfolgt und auch verurteilt werden. Der Ernst dieses Themas bie

tet aber sicherlich keinen Raum für Ihr populistisches Ansinnen, die Todesstrafe wieder einzuführen.

Meine klare Antwort lautet daher: Nein.

(Vereinzelt Beifall bei CDU und SPD - Beifall des Abge- ordneten Vietze [PDS])

Es gibt noch Klärungsbedarf, Frau Ministerin.

Ich möchte wissen, aus welchen Gründen Sie das wirklich ablehnen. Die zweite Frage: Welche Möglichkeiten sehen Sie, hier eine Strafverschärfung einzuführen?

Ich glaube, dass jede Person, die sich im Bereich des Grundgesetzes bewegt, schon allein anhand des Grundgesetzes erkennen kann, warum die Todesstrafe nicht eingeführt werden kann. Zum anderen haben wir einen Maßstab, der von den Richtern genutzt werden muss. Ich denke, die vorhandenen Instrumente sind ausreichend. - Danke.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind bei der Dringlichen Anfrage 59 (Schienenfahrzeug- produzent Bombardier in Hennigsdorf), gestellt von der Abgeordneten Tack.

Der weltgrößte Bahntechnikhersteller Bombardier beabsichtigt, einen weit reichenden Arbeitsplatzabbau zu vollziehen. Neben der Schließung des Werkes in Ammendorf, SachsenAnhalt, sollen auch im Schienenfahrzeugwerk Hennigsdorf Arbeitsplätze abgebaut werden. Laut Informationen des Betriebsrates vom 30.03.2004 werden davon vor allem feste Arbeitsplätze im Produktionsbereich betroffen sein.

Ich frage die Landesregierung: Welche Initiativen ergreift sie, um den Standort für Schienenfahrzeugproduktion in Hennigsdorf und die damit verbundenen Arbeitsplätze sichern zu helfen?

Herr Minister Junghanns, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Tack, das Land Brandenburg und die Landesregierung stehen an der Seite des Unternehmens, diesen Standort als Bahntechnikstandort zu festigen und damit die Arbeitsplätze im Werk Hennigsdorf nachhaltig zu sichern. Die jüngste Entscheidung des Unternehmens, in Abwägung mit anderen den Standort Hennigsdorf weiter zu profilieren, ist ein Hinweis für das enge, aber auch problembewusste und gleichermaßen konstruktive Miteinander von Landesregierung und Unternehmensvertretung.

Soweit es der Politik überhaupt möglich ist, tun wir alles, um für den Standort Hennigsdorf und die Qualität der dort gefertigten Produkte innerhalb Brandenburgs und über unsere Landesgrenzen hinaus, vor allen Dingen in Berlin, zu werben. Denn nach Aussage des Unternehmens - dafür gab es in den letzten Tagen einiges an Informationen - stellt derzeit die unbefriedigende Auslastung das Hauptproblem dar. Mit der Bestellung von 21 U-Bahn-Zügen für die Berliner BVG und die Entscheidung des Landes Hessen, 22 Fahrzeuge vom Typ Itino auf der so genannten Odenwaldbahn einzusetzen, ist hier durchaus Licht am Ende des Tunnels erkennbar. Beide Aufträge werden in Hennigsdorf umgesetzt.

Eine weitere Initiative hat das Ziel, den Verbund von KMU, Forschungseinrichtungen und Industrie, in diesem Fall in erster Linie Bombardier Transportation, herzustellen und damit gemeinsam neue bahntechnische Produkte zu entwickeln und am Ort ansässige kompetente Firmen zu vernetzen. Zu diesem Zweck wird seit Herbst letzten Jahres die Forschungsinitiative FAST, Forschungs Allianz Schienenverkehrs Technologie, von Bombardier Transportation und dem Technologiezentrum Verkehrstechnik Hennigsdorf von der Landesregierung unterstützt. Es sind mehr als zehn Entwicklungsprojekte benannt, darunter sieben Forschungsvorhaben. Wir glauben, dass wir mit diesem so strukturierten Miteinander am nachhaltigsten zur Profilierung und zur Sicherung des Standortes mit seinen Arbeitsplätzen beitragen können.

Frau Tack, bitte.

Herr Minister, ich habe zwei Nachfragen. Erstens: Welche Möglichkeiten sehen Sie, auf dem Weg der besseren Nutzung der Brandenburger Potenziale - hier denke ich zum Beispiel an den Vertrag mit der DB AG, der für die Bahn AG zehn Jahre Planungssicherheit bringt - den Hersteller von Schienenfahrzeugen in Hennigsdorf zu unterstützen?

Zweitens: Welche Möglichkeiten sehen Sie, die derzeitige Krise bei Siemens bezüglich der Straßenbahnproduktion zu nutzen, um für den Standort in Hennigsdorf Aufträge zu sichern?

Sehr geehrte Abgeordnete Tack, im Kontext mit der Entwicklung und Realisierung des Bahnvertrages steht die ständige Aufgabe, mit dem potenziellen Auftraggeber Deutsche Bahn AG Verhandlungen und Gespräche zu führen, die die Überzeugung reifen lassen, dass bei anstehenden Ausschreibungen im Wettbewerb mit anderen unsere Produkte aus Hennigsdorf die besseren sind. Gehen Sie davon aus, dass ich das in meinen Kräften Stehende tue und im Kontext mit dem Bahnvertrag die Realisierung der Leistungen auch durchsetzen helfe. Sie wissen aber, dass wir uns im Wettbewerb befinden und den Wettbewerbsabläufen durch Transparenz und durch Aktivitäten, abgestimmt zwischen dem Fachminister und mir, Nachdruck verleihen können.

Die Siemens-Situation, insbesondere die anstehenden Probleme hinsichtlich der Straßenbahn, wie wir sie in Potsdam erleben, sind ein Hinweis für jene, die als Auftraggeber mit diesem

Auftragspotenzial umzugehen haben. Sie können von mir an dieser Stelle nicht verlangen, dass ich mit Hinweis auf einen solchen Mangel an einem Produkt ein Werturteil aus der Sicht der Landesregierung über den einen oder den anderen Produzenten und Lieferanten von Schienenfahrzeugen fälle. Das ist nicht gerechtfertigt und entspricht auch nicht einem gepflegten Umgang zwischen Landesregierung und wichtigen Unternehmen in unserem Land. Gleichwohl weise ich darauf hin, dass ein enges Miteinander am Standort bestimmt dazu beigetragen hätte, solche Mängel von vornherein zu verhindern. - Danke schön.

Das Wort geht an den Abgeordneten Claus, der Gelegenheit hat, die Dringliche Anfrage 60 (Verstöße gegen Waffengesetz fast verdoppelt) zu formulieren.

Laut Aussage des LKA in Eberswalde am 29.03.2004 haben sich die Verstöße gegen das Waffengesetz im Jahr 2003 verdoppelt. Es wurden 562 Verstöße mehr als im Vorjahr registriert.

Ich frage die Landesregierung: Mit welchen Maßnahmen geht die Landesregierung gegen diese Entwicklung vor?