Protokoll der Sitzung vom 13.05.2004

Dieses Vertragsabkommen bietet auch die Möglichkeit, gemeinsam besetzte gemischte Dienststellen einzurichten. Dabei haben wir an die Erfahrungen zwischen Deutschland und Frankreich angeknüpft und vor diesem Hintergrund eine gemeinsame gemischte Dienststelle in Frankfurt (Oder) gebildet. Vor der Polizeireform hatten wir für die Polen drei Ansprechpartner, die Präsidien Cottbus, Frankfurt (Oder) und Eberswalde. Jetzt haben wir einen Ansprechpartner und die Zusammenarbeit mit Polen liegt in einer Hand. Vor dem Hintergrund war die Entscheidung für die Polizeistrukturreform richtig.

Dieser Aufbaustab in Frankfurt (Oder) ist eine deutsch-polnische Verbindungsstelle. Sie dient dem Austausch von Informationen, der bilateralen Bearbeitung von Ersuchen von Polizeibehörden, der Vorbereitung gemeinsamer operativer Maßnahmen. Diese gemischte Dienststelle hat dazu beigetragen, dass die Beamten einander besser kennen, dass man mehr voneinander weiß und die Menschen auf beiden Seiten der Grenze wissen: Wir meinen es ernst.

Darum ist die Zusammenarbeit im Zusammenhang mit Eurojust und Europol auch im zusammenwachsenden Europa eine wichtige Voraussetzung dafür, dass dieser Raum der Freiheit, des Rechts und der Sicherheit auch tatsächlich umgesetzt wird. Dabei hat das Thema „Organisierte Kriminalität“ eine besondere Bedeutung, die die Bürger nicht merken, die aber für die Entwicklung unserer Gesellschaften insgesamt eine wichtige Grundlage ist. Wir üben gemeinsam mit den Polen. Wir gehen gemeinsam mit ihnen auf Streife und machen Sicherheit somit für unsere Polizei erlebbar.

Brandenburg hat gute Grundlagen und Voraussetzungen geschaffen, um die EU-Osterweiterung als Chance zu begreifen und auch den Bürgern zu sagen: Die Sicherheit bleibt auf dem hohen Standard und wir werden sie gemeinsam mit den polnischen Nachbarn verbessern. Im Alleingang sind keine Erfolge zu erzielen. Darum suchen wir die Zusammenarbeit mit den Nachbarn, aber selbstverständlich auch mit dem Bund.

Europa rückt näher zusammen. Polizei und Justiz sind länderübergreifend tätig. Ich kann nur sagen, die Sicherheit an der Grenze und im grenznahen Raum hat sich verbessert und die Erweiterung der Europäischen Union gibt uns hierzu wichtige Hilfen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke Herrn Minister Schönbohm und gebe noch einmal der Fraktion der SPD das Wort. Herr Abgeordneter Schippel, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zweifellos hätte diese Debatte eher erfolgen sollen und müssen. Ich denke, jeder Tag, den sie zu spät kommt, hat die Verunsicherung vergrößert.

Herr Kollege Petke, wenn Sie im Zuge dieser Debatte auf das Zuwanderungsgesetz und auf die Fragen der Ausweisung - das ist ja wohl der letzte Knackpunkt an der Stelle, anspielen muss ich Ihnen Folgendes sagen: Ich glaube, gerade angesichts der Ereignisse im Irak müssen wir uns immer wieder die Frage stellen, ob Europa nicht vorbildlich im rechtsstaatlichen Umgang mit Menschen sein müsste, auch bei Zuwanderern, auch bei Ausweisungen. Angesichts dieser Ereignisse sollten wir und vielleicht auch der bayerische Innenminister darüber nachdenken, ob das nicht genauso wichtig ist wie die Absicht, die Menschen auf Verdacht auszuweisen.

(Beifall bei der PDS)

- Vorbild müssen wir in Europa sein.

Frau Kaiser-Nicht, Sie sind gegen Militarisierung. Sie sind gegen alles. Sie sind gegen die NATO, Sie sind gegen die Bundeswehr. Das war ja schon klar. Ich habe einen Spruch gelernt: Der Friede muss bewaffnet sein. - Der ist in Ordnung und so soll es bleiben.

(Beifall bei der CDU)

Sicherheit in Brandenburg hat natürlich viel mit der eigenen Verfasstheit im Lande zu tun.

(Zuruf von der PDS)

Insofern bietet das heute die Möglichkeit, über die Sicherheit in Brandenburg zu reden, über die innere Sicherheit, die natürlich Ausstrahlung auf die Bürger hat, was das Verhältnis zu Europa betrifft.

Herr Innenminister - ich vermute, mein Kollege wird noch auf die Polizeireform eingehen -, wir haben die Polizeireform gemeinsam durchgestanden. Ich erinnere mich an jene Demonstration der Polizei am Brauhausberg, wo wir beide ausgepfiffen wurden, weil Sie blöderweise ein bisschen richtig stellen mussten, was Ihre Kollegen vorher im Landtag bemängelt hatten. Innenminister Ziel hat gesagt, wir müssen Personal abbauen. Sie mussten es durchführen. Sie haben den ganzen Frust zu spüren bekommen. Aber an der Stelle sind Ihre Kollegen auch ein wenig schuld.

Die andere Frage war natürlich: Sie haben vor kurzem die Kriminalstatistik 2003 und mit dem Satz: Nie war die Aufklärungsquote so hoch, seit ich in Brandenburg Innenminister bin!, veröffentlicht.

(Minister Schönbohm: Ach nein!)

- Sinngemäß. - Ich gebe Ihnen Recht.

(Unruhe im Saal)

Dagegen gibt es gar nichts zu sagen. Ich will nur darauf hinweisen: Dasselbe hätte der Kollege Alwin Ziel 1999 sagen können, als er das Amt abgegeben hat. Auch zu der Zeit, als er Innenminister war, war die Aufklärungsquote in Brandenburg noch nie so hoch. Das ist schon alles so in Ordnung.

(Einzelbeifall bei der CDU)

Die andere Frage ist aber, dass wir mit solchen Statistiken sehr real umgehen müssen, auch vor dem Hintergrund, dass wir vielleicht in ein oder zwei Jahren nach der Ausgangssituation für die Erweiterung Europas gefragt werden. Nach dieser Statistik - ich bitte, das nur real zu sagen, das hat überhaupt nichts mit einer politischen Wertung zu tun - sind die Fallzahlen ab 2000 in Brandenburg absolut um 1 385 Straftaten gestiegen. Berücksichtigt man, dass die Verstöße gegen das Ausländergesetz und das Asylbewerberverfahrensgesetz um etwa 2 600 Fälle zurückgingen, dann gibt es einen realen Anstieg von 4 000 Fällen im Bereich der übrigen Kriminalität. Wenn man die Straftaten dann neben dem erwähnten Gesetz außen vor lässt, sind sie um ein ganzes Prozent gestiegen. Das heißt, wir haben trotz Reform - unserer Reform, Kollege Petke; wir sollten den Menschen das auch so sagen und nicht nur die Erfolgsmeldungen verkünden - noch riesige Kraftanstrengungen zu unterneh

men, damit das eines Tages nicht auf die Erweiterung Europas abgeschoben wird.

Die Kriminalität, die hauptsächlich durch die Erweiterung kommen kann, haben wir im Lande. Das sagen alle Experten. Da kommt an schwerer Kriminalität, an organisierter Kriminalität nicht mehr sehr viel dazu, denn diese haben wir bereits. Und dabei müssen wir dann fein unterscheiden, denn sonst ist der Gedanke Europa ganz schnell diskreditiert.

Wir haben in dieser Legislaturperiode zum Beispiel noch die Veränderung des Polizeigesetzes vor uns. Kollege Petke hat an anderer Stelle gesagt, dass dieses noch mehr Sicherheit schaffen wird. Das ist richtig. Wir sind ja froh darüber, dass unsere jahrelange Forderung nach Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes in Länderrecht nun präzisiert wird. Der Bundesinnenminister hat dazu seine Kriminalitätsstatistik veröffentlicht. Seit Einführung des Gewaltschutzgesetzes ist die Aufklärungsquote wesentlich gestiegen. Das liegt aber nicht an einer verbesserten Arbeit der Polizei, sondern daran, dass man auf der Grundlage vernünftiger Gesetze die Dunkelziffer erheblich senken kann, denn dann wird mehr gemeldet. Im Falle des Gewaltschutzgesetzes ist das so. Die Zahl der Verfahren, die zur Anzeige gekommen sind, ist wesentlich gestiegen und die Dunkelziffer gesunken.

Auch deshalb noch einmal der Hinweis, mit Daten, die durch statistische Erhebungen gewonnen werden, vorsichtig umzugehen. Man kann damit vieles erreichen, aber auch vieles verschütten.

Ein letzter Punkt, auf den ich eingehen möchte: Wir haben in Brandenburg noch etwas Unerledigtes. Ich erinnere an die Pressemitteilung vom Januar hinsichtlich der DNA-Anlaysen. Es ging darum, inwieweit wir im Bereich der freiwilligen Anwendung und Entnahme bzw. Zustimmung, mit dem Datenmaterial umgehen zu dürfen, weiterkommen wollten. Damals gab es eine Pressemitteilung. Derartiges sollte demnächst auch passieren. Wenn ich dem Bund der Kriminalbeamten glauben darf, dann ist der entsprechende Runderlass, für den Innen- und Justizministerium federführend sind, immer noch nicht erfolgt.

Ich denke, auch unter dem Gesichtspunkt von Tätern, die eventuell nur für kurze Zeit in diesen Bereich unserer Polizei kommen, sollten wir in Zukunft die Möglichkeiten besser ausschöpfen. Es wäre schön, wenn dieser erklärten politischen Absicht nunmehr Taten folgten.

Sicherheit angesichts der Erweiterung Europas heißt realer Umgang mit den Geschehnissen, die wir hier im Lande haben, seien es Kriminalitätsentwicklung, Aufklärungsquoten etc. Nur dann werden wir den Bürgern in zwei, drei Jahren sagen können, was durch die EU-Erweiterung im Bereich der Kriminalität und der inneren Sicherheit wirklich verändert worden ist.

Deshalb sollten wir bei allen Hoffnungen, die wir mit Statistiken verbinden, gerade vor Wahlen damit stets real umgehen. Erst dann werden wir den Bürgern sagen können: Europa hat uns sicherer gemacht. Oder: Europa hat die Lage verschärft. Das wäre meine herzliche Bitte, gerade auch bezüglich der anstehenden Wahlen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Abgeordneten Schippel und gebe noch einmal der Fraktion, die für dieses Thema zuständig war, das Wort zu einem kurzen Beitrag. Herr Abgeordneter Petke, bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Kaiser-Nicht, Ihr Beitrag war so blamabel wie der Sturz Ihrer PDS-Jugend gestern vom Kamel. Genau dieses Niveau - Sturz vom Kamel - hatte Ihr Beitrag.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der PDS)

Sie sagen hier, innere Sicherheit sei in Brandenburg kein Problem. Aber doch nicht, weil Sie es behaupten, sondern weil wir, weil dieser Innenminister auf der Regierungsbank und weil 8 000 Beamte vor Ort ihren Job gemacht haben. Es geht um all das, was wir hier beschlossen haben. Natürlich weiß ich, Kollege Schippel, wie in diesem Haus eine Mehrheit zustande kommt. Aber all das, was wir hier an Haushaltsdingen, an Polizeistrukturreformen, an Polizeigesetz beschlossen haben, ist gegen Ihren ausdrücklichen Willen, gegen Ihre Stimme erfolgt.

(Zuruf von der PDS: Und gegen die Polizisten - genau!)

Wenn wir das nicht beschlossen hätten, dann hätten wir in Brandenburg nicht die Situation, dass die große Mehrheit unserer Bevölkerung mit der Arbeit unserer Polizei zufrieden ist. Wir werden uns auch nicht beirren lassen, Frau Kollegin Kaiser-Nicht, von Ihrem Gerede von dem Sozialen usw. Die einzige richtige Wahlkampfrede, die ich hier heute gehört habe, stammt von Ihnen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU - Zuruf von der PDS)

Deshalb geht der Vorwurf auch fehl, dass wir hier Wahlkampf machen.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe es Ihnen bereits einmal gesagt und sage es erneut: Mich als Ostdeutschen beschleicht ein Kribbeln, wenn Sie von Menschenrechten reden, wenn Sie von Demokratie reden und wenn Sie davon reden, dass wir hier einen Weg gingen, der sich außerhalb der Rechtsstaatlichkeit bewegt.

(Zurufe von der PDS)

Ich glaube, ich muss dazu keine weiteren Ausführungen machen. Vielleicht sollten Sie an dieser Stelle doch einmal ein wenig darüber nachdenken, wie weit man angesichts Ihrer Geschichte, die Sie selbst zu verantworten haben, gehen darf.

(Zurufe von der PDS)

Kollege Schippel, was Bundesinnenminister Schily betrifft: Gelegentlich möchte ich einen schönen Sonntag haben. Dann lese ich die Sonntagszeitung. Und da lese ich von unserem Bundesinnenminister regelmäßig Forderungen, wie wir denn mit ausländischen Extremisten umzugehen hätten.

(Unruhe sowie Zurufe bei der PDS)

Deswegen, glaube ich, geht die an uns gerichtete Aufforderung fehl, uns hier abzustimmen. Vielleicht klärt das die SPD einmal selbst. Vielleicht klären einmal der Bundesinnenminister auf der einen Seite und die Bundestagsfraktion der SPD auf der anderen Seite, was die SPD denn will.

Es gibt auch gute Zeichen, zum Beispiel bezüglich der Zuwanderung. Da kann man es ja direkt sagen. In dieser Hinsicht befinden sich CDU und SPD fast auf einer Linie; da liegt es nur an den Grünen. Deswegen ist der Vorwurf wirklich unberechtigt. Hier geht es um etwas anderes.

Man sollte sich wirklich noch einmal überlegen, ob man die Irakfrage in die Diskussion einbezieht.