Dazu werden Sie diese Schulen auch noch unter Ihren Konsolidierungszwängen personell schlechter ausstatten als bisher die Gesamtschulen. Zudem wollen Sie mit dem Haushalt 2005/2006 noch mehr als im Schulressourcenkonzept vereinbart im Stellenbereich sparen. Damit führen Sie auch das Schulressourcenkonzept ad absurdum. 200 stillgelegte, also nicht finanzierte Stellen werden auch an den dann schlechter ausgestatteten Oberschulen nicht gerade Qualität befördern. Unter diesen Bedingungen ist auch die von „oben“ verordnete Qualitätsoffensive geradezu eine Farce.
Herr Minister, Sie haben im Debattenartikel des „ND“ vom 01.04.2005 formuliert, dass die Oberschule nicht als Reaktion auf PISA eingerichtet wird. Das finde ich geradezu fatal. Ihre ganz große Reform hat also nichts mit PISA zu tun - als ob wir noch weitere 13 Jahre warten könnten, demographische und Qualitätsprobleme gemeinsam zu lösen.
Wir meinen sogar, diese Reform ist gerade wegen PISA die falsche. Das gegliederte System wird zementiert, was auch die erkennbare Absicht der CDU war. Dem Auseinanderdriften von sozialer Herkunft und Bildungserfolg wird in Brandenburg mit dieser Oberschule nicht Einhalt geboten. Über das alles haben wir schon bei der erst knapp vier Monate zurückliegenden Gesetzesdebatte gestritten. Zugegeben, der anfängliche Widerstand ist wie schon so oft der Resignation, dem Frust und dem stillen Unverständnis der Lehrer gewichen. Schließlich sind die Akteure in Brandenburg Kummer gewohnt. Glücklicherweise findet trotz alledem vielerorts noch richtig gute Schule statt. Das hat aber mit Ihrem Agieren, verehrte Damen und Herren der Koalition, eher weniger zu tun.
Zurück zum Verfahren: Die Grundschullehrerinnen und -lehrer, deren Aufgabe es ist, Gutachten zu erstellen und Schüler und Eltern zu beraten, konnten dieser Aufgabe wegen der Kürze der Zeit kaum angemessen gerecht werden. Es gab Verständnisprobleme hinsichtlich der Organisationsformen. Detaillierte Informationen waren auch gar nicht möglich, weil die entsprechenden Verordnungen, die Sekundarstufe-I-Verordnung und die Verwaltungsvorschrift „Unterrichtsorganisation“, erst später beschlossen wurden. Die Eltern mussten aber auf dem Anmeldeformular schon entscheiden, ob sie ihr Kind in einem kooperativen oder einem integrativen Modell beschult haben wollen. Damit waren viele Eltern überfordert, zumal ihnen oft nicht gesagt wurde, dass sie zumindest noch in Klasse 7 das Wahlrecht haben. Natürlich ist Eltern das komplizierte System des Auf- und Abstiegs nur schwer zu vermitteln.
Viele Schulen wiederum haben in vorauseilendem Gehorsam für sich schon im Januar entschieden, dass sie das kooperative Modell favorisieren, was ja eigentlich erst entschieden werden kann, wenn die Bildungsgangempfehlungen der Schüler bekannt und die Eltern einverstanden sind. Die Gefahr, dass sich Schulen ihre Hauptschulklassen „zusammenbasteln“, weil sie meinen, in den dann vermeintlich homogenen Gruppen pädagogisch besser arbeiten zu können, ist gegeben. Häufig sind es
An dieser Stelle muss ich noch auf einen Argumentationstrick von Ihnen, sehr geehrter Herr Kollege Senftleben, eingehen. Ihre Argumentation bezüglich der Organisationsformen Klassenunterricht versus Kursunterricht ist einfach unlauter. Natürlich gibt es unter in der DDR sozialisierten Menschen eine tiefe Sehnsucht nach Klassenunterricht. Das nutzen Sie auch ganz geschickt. Sie verschweigen aber weitestgehend, dass auch beim integrativen Modell überwiegend in Klassen unterrichtet wird und dass im von Ihnen gewünschten kooperativen Modell eine schwer zu durchbrechende Trennung von Haupt- und Realschulklassen stattfindet. Genau die hat es aber in der DDR nicht gegeben. Das müssten selbst Sie in Ihrem zarten Alter noch wissen, Herr Senftleben.
(Beifall bei der PDS - Schulze [SPD]: Wir sind aber nicht mehr in der DDR! Es gibt auch keinen Staatsbürgerkun- deunterricht mehr!)
Was ist nun derzeit an Aussagen zum Anwahlverhalten festzustellen? Ersten Pressemeldungen zufolge wurden Gymnasien und Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe stärker angewählt als in den Vorjahren.
Während Sie das mit Sorge sehen, verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, begrüßen wir diese Tendenz. Eltern haben also offensichtlich verstanden, dass hohe Bildung ein Wert ist. Eltern haben auch verstanden, dass vertiefte Bildung an Oberschulen kaum noch stattfinden kann. Im Staatlichen Schulamt Brandenburg zum Beispiel zeichnet sich diese Tendenz deutlich ab. Es gibt auch Anzeichen dafür, dass Realschulen, die zur Oberschule werden, es schwer haben, weil Eltern dann doch eher die Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe oder das Gymnasium wählen. Die noch im letzten Jahr übernachgefragte Realschule in Rathenow und auch drei Realschulen in meinem Kreis Oberhavel erreichten nicht die erforderliche Mindestzahl.
Eine genaue Analyse ist natürlich noch nicht möglich und das Bild wird auch sehr differenziert sein. Es ist um so erfreulicher, dass einer guten Gesamtschule wie der in Glöwen/Prignitz auch die bevorstehende Umwandlung in eine Oberschule nicht schaden konnte. Es handelt sich dort um eine Schule für alle von Klasse 1 bis 10, eine Integrationsschule. Andere gute Schulen stehen dennoch vor dem Aus. Aber Standorte wollen Sie mit Ihrer Strukturreform ja auch nicht erhalten. Es soll ja nur alles ehrlicher werden.
Angesichts der gestiegenen Zahl der Anmeldungen an den Gymnasien haben Sie angekündigt, dass es bald verschärfte Aufnahmekriterien geben wird. Die Sorgen der CDU und des Verbandes der Gymnasialschulleiter bezüglich der Verbesserung des Niveaus des Abiturs sind bekannt. Leider führt das immer wieder nur zu der Idee der Verknappung und nicht etwa dazu, dass sich auch Gymnasien stärker als bisher der individuellen Förderung widmen müssen. Dazu brauchen sie Unter
Es bleibt unter dem Strich das Problem, dass Oberschulen dort, wo sie weit und breit nicht die einzige weiterführende Schule sind, Gefahr laufen, zur „Restschule“ zu werden. Das bekommt keiner Schule gut. Wir haben es also nicht vordergründig mit Einführungsfehlern zu tun, sondern mit einem Systemfehler. Lösen könnte das nur eine richtige, große Schulstrukturreform. Schauen wir also nach Mecklenburg-Vorpommern, nach Berlin und ein wenig nach Schleswig-Holstein, besser natürlich nach Finnland oder auch nach Polen, wo alle Kinder bis zur 6. Klasse in die Grundschule, dann bis zur 9. Klasse aufs Gymnasium gehen - vielleicht wäre es die Lösung, dass wir es so nennen und erst danach aufs zum Abitur führende Lyzeum bzw. zur Berufsbildung. Lassen Sie uns also nicht weiter an den Krankheiten des Systems herumdoktern, sondern demnächst eine Reform auf den Weg bringen, die diesen Namen auch verdient!
Vielen Dank, Frau Große. - Während der Abgeordnete Senftleben für die CDU ans Rednerpult tritt, bitte ich den Abgeordneten Schulze, die Debatte in Zukunft nur noch durch unverzichtbare geistreiche Bemerkungen zu stören.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir befinden uns am Anfang der zweiten Halbzeit zur Umsetzung der Oberschule am 1. August in Brandenburg. 110 Tage vor InKraft-Treten der neuen Schulform ist es deshalb wichtig, über den aktuellen Stand zu debattieren, Erfahrungen aus Gesprächen zu vermitteln und auch einen Ausblick auf das zu geben, was unbedingt noch notwendig ist.
Wir müssen noch einmal sehr deutlich darauf hinweisen, dass gerade die sinkenden Schülerzahlen das Hauptargument dafür sind, die neue Schulform einzuführen, also diese Strukturveränderung in Brandenburg vorzunehmen. Damit die Zahl auch in den Köpfen der PDS deutlich haften bleibt: Die Zahl der aktuell 140 000 Schüler im Bereich der Klassen 7 bis 10 sinkt in Brandenburg auf 70 000. Ich habe nicht erfahren können, dass Sie diesen Trend in Mecklenburg-Vorpommern anders gestalten konnten, als er in Brandenburg momentan auftritt.
- Herr Vietze, aus diesen und auch anderen Gründen ist der Schritt zur Oberschule ein konsequenter und - auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen - ein von den Menschen gewollter Weg.
Zum neuen Schuljahr - Frau Siebke wies darauf hin - begrüßen wir 5 682 Oberschüler. Das sind 40 % derjenigen, die in Branden
burg die Grundschule verlassen werden. Demzufolge findet die Oberschule große Akzeptanz. Das, meine Damenund Herren von der PDS, ist Realität, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen.
Deshalb galt zur Verabschiedung des Gesetzes am 15. Dezember 2004 im Landtag, gilt heute und wird auch morgen gelten: Die Oberschule ist ein Gewinn für Schüler, Eltern und Lehrer.
Sie ist deshalb ein Gewinn - ich betone das des Öfteren, wenn Sie es so wollen -, weil unsere Schülerinnen und Schüler zukünftig durch die neuen Bezeichnungen „Hauptschulabschluss“ oder „Realschulabschluss“ bundesweit vergleichbare Abschlüsse erhalten werden, was die Menschen - zum Beispiel die Eltern - oder auch die Wirtschaft in Brandenburg seit langem gefordert haben. Sie ist deshalb ein Erfolg, weil unsere Schülerinnen und Schüler möglichst wohnortnah begabungsgerecht unterrichtet werden können.
Es ist auch gesagt worden, dass in Grundzentren die Zahl der Schüler pro Klasse auf bis zu 15 gesenkt werden kann. Wir werden natürlich darauf achten, dass das aufgrund des veränderten Prozesses der Landesentwicklung weiterhin in den Gesetzen enthalten bleibt.
Die Oberschule ist deshalb ohne Alternative, weil die Schüler, Eltern und Lehrer vor Ort über die Unterrichtsform eigenverantwortlich und flexibel entscheiden können. Damit haben die Menschen in Brandenburg zum ersten Mal die Möglichkeit, das Unterrichtsmodell, welches sie sich vor Ort wünschen, zu wählen. Mit Sicherheit ist das ein entscheidendes Kriterium für die zukünftige große Akzeptanz unserer Oberschule. Die Oberschule ist auch deshalb notwendig, weil sie motivierend auf die Schüler wirken kann, höhere Leistungen zu bringen.
Ich sage ganz deutlich: In Brandenburg wird es das nicht mehr geben, dass mit der Note 6 in mehreren Fächern versetzt werden darf, etwas, was - auf Deutschland bezogen - bisher einzig in Brandenburg möglich war. Wir haben uns hier auf ein Leistungsniveau begeben, das deutschlandweit betrachtet das richtige ist.
Oberschule ist deshalb ein Erfolg, weil es zukünftig keine Benachteiligung einzelner Oberschulen bezüglich der Lehrstellenzuweisung geben wird, egal, welche Unterrichtsform gewählt wurde. Es herrscht Gleichberechtigung. Egal, ob in Erkner, Ortrand oder anderswo in diesem Land - es wird die gleiche Lehrerstellenzuweisung für alle Oberschulen Brandenburgs geben.
Diese Schule ist auch deshalb ein Gewinn, weil sie eine chancengerechte - dies betone ich - Oberschule ist, die eine zu jedem Zeitpunkt durchlässige Schulform darstellt. Aber - auch das muss klar sein - diese Durchlässigkeit ist an Leistungen und Fähigkeiten des Schülers und nicht an verordnete Quoten gebunden, die Sie in diesem Bereich gern hätten. Wir als CDU und SPD können stolz auf diese Oberschule sein. Spaltversuche seitens der PDS gehen mit Sicherheit ins Leere und werden nicht das Ziel, welches Sie vielleicht wünschen, erreichen.
Meine Damen und Herren, in Brandenburg sind ca. 8 % der Schüler in Leistungsprofilklassen, welche die beste Form sind, leistungsstarke Schüler zu fördern.
Gleichzeitig verlassen aber über 9 % unserer Schülerinnen und Schüler die Schule ohne Abschluss. Das sind pro Jahr über 3 000 Schülerinnen und Schüler. Deshalb ist es für uns als CDU-Fraktion ebenso wichtig, in diesem Bereich die Starken zu fordern wie die Schwächeren zu fördern. Das ist keine Frage der Ideologie, sondern des Menschenverstandes, den wir auch im Bildungsbereich einsetzen wollen.
Diese Förderung kann mittels praktischer Angebote in der Oberschule stattfinden. Diese sollten das schulische Lernen mit den praktischen Erfahrungen, die für das Berufsleben gesammelt werden müssen, verbinden und somit einen konkreten und motivierenden Beitrag in Bezug auf die Ausbildung ermöglichen.
Auch stellt sich die Frage, was wir anschließend tun müssen. Es geht darum, klare Bildungs- und Erziehungsaufträge - angefangen von der Kita bis zum Schulabschluss in Brandenburg zu erteilen. Daran werden die Fraktionen von SPD und CDU gemeinsam arbeiten.
Ich möchte einige aus diesen vor uns liegenden Aufgaben zitieren. Wir haben zunächst einmal die klare Ansage, den Bildungsauftrag der Kitas weiterzuentwickeln. Wir führen demnächst eine Anhörung durch, in der es auch darum gehen wird, wie wir es mittels einer guten Angebotsstruktur schaffen, in Brandenburg beim Übergang von der Kita in die Grundschule eine gute Qualitätsstruktur zu erreichen. Die Sprachstandserhebung kann eine Möglichkeit sein, in diesem Bereich intensiver zu arbeiten.
Wir brauchen in der Grundschule, aber auch in der Sek I im Bereich der Kernfächer Deutsch und Mathematik eine erhöhte Stundentafel. Es kann nicht sein, dass die Schüler in Brandenburg von Klasse 1 bis 9 im Vergleich zu Bayern ca. 800 Unterrichtsstunden weniger haben. Diesbezüglich müssen wir mit Sicherheit gemeinsam etwas unternehmen. Ich denke, wir sind gewillt, diesen Weg gemeinsam zu gehen.
Es ist ebenfalls gesagt worden, dass wir uns bei der Einführung der Oberschule zu viel Zeit gelassen haben; wir hatten die Erkenntnisse schließlich seit vielen Jahren. Das heißt, wir hatten ein Umsetzungsproblem, Frau Große, kein Erkenntnisproblem. Deshalb können wir in Brandenburg auch zeitnah die Schulzeitverkürzung - Abitur nach zwölf Jahren - einführen. Das ist auch von den Menschen in Brandenburg so gewollt.
Was das Gymnasium angeht, möchte ich noch sagen, dass wir keine Quoten verordnen können. Deswegen ist es auch richtig, Leistungsaufnahmekriterien für Gymnasien einzuführen. Das können das Grundschulgutachten, der Notendurchschnitt, aber auch ein zentraler Test in Klasse 6 sein. Diese drei Punkte können klare Aussagen darüber treffen, ob das Kind in der Lage und damit berechtigt ist, das Abitur abzulegen.
Frau Große, Sie haben nicht gesagt, dass die Abiturquote in Brandenburg bei knapp 40 % liegt, aber zu der Zeit, in der Sie noch regieren durften, weit unter 20 % lag. Sie machen den Leuten etwas vor, wenn Sie hier erzählen, dass Sie damals die richtigen Ideen hatten.