Liebe Kolleginnen und Kollegen! Angesichts der Debatte mit ihren Zuspitzungen, mit der Polemik - ins Feld springen oder aus dem Feld herausspringen - würde es Spaß machen, die Polemik fortzuführen. Das will ich nicht tun, sondern mich mit drei ernsthaften Argumenten auseinander setzen.
Das erste Argument, warum wir jetzt darauf bestehen, dass der Landtag noch einmal aktiv wird, ist folgendes: Im Juni wird der Gruppenantrag von Abgeordneten der SPD, der Grünen und der beiden PDS-Abgeordneten im Bundestag verhandelt. Wenn die Entscheidung im Bundestag gefallen sein wird, das Ja oder das Nein verbindlich sein wird, dann wird das Verteidigungsministerium aktiv werden. Deswegen muss der höchste Repräsentant des Landes Brandenburg, wenn man wirklich will, dass alle Möglichkeiten genutzt werden, und wenn man dem Parlament Wertschätzung entgegenbringt, auch wenn es abends um 22 Uhr tagt,
den Abgeordneten des Deutschen Bundestags die Meinung unseres Landes, unseres Landtags direkt mitteilen, weil dies Gewicht hat. Das ist der Gegenstand unseres Antrags und das möchten wir hier klargestellt wissen.
Herr Kollege, Sie haben gerade von der Wertschätzung des Parlaments gesprochen. In diesem Zusammenhang frage ich Sie: Welche Wertschätzung bringen Sie dem deutschen Rechtswesen und der Justiz entgegen, in deren Händen sich das Verfahren zurzeit befindet?
Nein, es ist ein zweifacher Weg. Auf der politischen Ebene muss der Deutsche Bundestag entscheiden, denn er hat 1993 das Truppenübungsplatzkonzept, das auch die Kyritz-Ruppiner
Heide enthält, beschlossen. Wenn er es ändern will, muss er dies politisch tun. Ich bin dafür - das ist auch mein Rat an die Bürgerinitiative und an die Gemeinden -, den Rechtsweg unbedingt bis zum Letzten zu gehen, denn dadurch kann man auch Einfluss nehmen. Aber das ist eine politische Entscheidung, die wir nicht den Gerichten zuschieben können. - Soweit zu Ihrer Zwischenfrage. Eine politische Klärung muss erfolgen.
Meine Bitte ist, dass der Ministerpräsident, das, was er geschworen hat, nämlich im Interesse unseres Landes wirksam zu werden, zusammen mit seinen Kollegen aus MecklenburgVorpommern und Berlin direkt im Bundestag umsetzt, also von Angesicht zu Angesicht mit Leuten, die dort entscheiden.
Zum Zweiten möchte ich mich ein wenig mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Herrn Schönbohm auseinander setzen, der auch eine Vergangenheit mitbringt. Es ist interessant, dass immer nur in Bezug auf Links über die Vergangenheit diskutiert wird und in die andere Richtung die Augen geschlossen sind; aber reden wir einmal darüber.
Der verfassungsmäßige Auftrag der Bundeswehr, Artikel 87 a Abs. 1 des Grundgesetzes, besteht in dem einfachen Satz:
Ja, jetzt fügen Sie das hinzu: Was in der Verfassung steht, meinen wir heute aber gar nicht mehr so. Heute wird die deutsche Freiheit am Hindukusch verteidigt.
Laut Grundgesetz wird sie dort aber nicht verteidigt. Der Verteidigungsauftrag bezieht sich streng auf unser Land; es ist kein Auftrag zum internationalen Truppeneinsatz.
Deswegen habe ich kein Problem damit, den verfassungsmäßigen Verteidigungsauftrag gegen Sie zu verteidigen, denn Sie unterlaufen ihn. In der Kyritz-Ruppiner Heide - das sagt Herr Struck ganz offen - sollen internationale Auslandseinsätze geübt werden. Deswegen will er dieses Territorium. Dass man das angreift, tragen Sie von der CDU natürlich nicht mit. Das ist auch kein Problem.
Ich komme zum Schluss; der Präsident mahnt mich auch. - Wir haben uns immer gehütet, unsere Motive über die Motive anderer zu stellen. In der Kyritz-Ruppiner Heide treffen sehr viele unterschiedliche Motive zusammen; sie sollten nebeneinander und nicht gegeneinander stehen. Wir möchten, dass das Argument, das wir einbringen, genauso gewichtet wird. Man hat Ostern deutlich gesehen, wer die Argumente dort einbringt. - Herzlichen Dank.
Wir stimmen zuerst über den Antrag der PDS, „Für eine zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide“, Drucksache 4/961, ab. Wer dem Antrag folgt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Wir stimmen - zweitens - über den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 4/1022, ab. Wer diesem Entschließungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Entschließungsantrag angenommen worden.
Ich schließe Tagesordnungspunkt 4. Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüßen wir Schüler des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums Königs Wusterhausen. Recht herzlich willkommen!
Weiterentwicklung des Justizvollzugskonzeptes für das Land Brandenburg und Erhalt des geschlossenen Vollzuges der JVA Spremberg
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion der PDS. Das Wort hat die Abgeordnete Wöllert. Bitte.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere Gesellschaft vor Straftätern zu schützen ist Aufgabe des Strafvollzugs, eine Aufgabe, die nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Das geschieht in zweifacher Weise: einmal, indem Straftäter eingesperrt werden; zum anderen dadurch - das ist eine mindestens genauso wichtige Aufgabe -, dass sie während des Strafvollzugs in die Lage versetzt werden, nach der Haftentlassung nicht wieder straffällig zu werden. Wir sollten gemeinsam daran arbeiten, dass es mit dem geflügelten Wort „Wer in den Strafvollzug hineinkommt, der kommt meist mit noch größerer krimineller Erfahrung wieder heraus“ endlich ein Ende hat.
Der Anspruch unserer Gesellschaft auf Schutz vor Straftätern ist sehr hoch. Die Justizvollzugsentwicklungsplanung in unserem Land muss dem Rechnung tragen. Ich bin jahrelang Mitglied des Beirates der JVA Spremberg gewesen und kann das leider nicht feststellen. Die Bediensteten wurden viel zu wenig in die Planung einbezogen. Im Gegenteil, sie mussten den Eindruck gewinnen, ihre Kompetenz sei nicht gefragt. Versprechen wurden nicht eingehalten, eingereichte Konzepte nicht berücksichtigt.
Als am 1. März 2002 ein neuer Leiter die Justizvollzugsanstalt in Spremberg übernahm, sagte der damalige Staatssekretär
Herr Stange, dass nach dem Neubau der Anstalt in Duben der Standort Spremberg als reine Jugendstrafanstalt mit nur 370 Haftplätzen - zum damaligen Zeitpunkt waren es fast 500 - erhalten werde, davon 250 im geschlossenen Vollzug.
Seit Anfang 2001 gab es immer wieder Berichte über die vorbildliche Ausbildung von jugendlichen Strafgefangenen, unter anderem zu Maurern, Tischlern und Gärtnern. Das Gelände, auf dem sich die Justizvollzugsanstalt befindet, ist 27 Hektar groß und Eigentum des Landes Brandenburg.
1987/88 wurde das heutige Haus 1 errichtet und 1992 ein weiteres Hafthaus eröffnet. In den darauf folgenden Jahren kamen weitere Gebäude hinzu: der moderne offene Vollzug, eine moderne Anstaltsküche, eine dreiteilige Werkhalle, zwei Wärmeübergabestationen, die Außenmauer mit Fahrzeugschleuse, diverse Straßen und Wege. Sämtliche Versorgungsleitungen, zum Beispiel für Fernwärme, Strom, Wasser und Abwasser, wurden erneuert. Ein modernes Versorgungs- und Entsorgungsnetz ermöglicht es, die Anstalt im Notfall mehrere Tage lang unabhängig von der Außenwelt zu betreiben. Seit 1990 sind etwa 25 Millionen Euro Investitionen getätigt worden.
Nachdem die Ministerin der Justiz auf meine Anfrage zum Bestand des geschlossenen Vollzugs Kosten in Höhe von 26,3 Millionen Euro errechnet hatte, war ich auf das Baugutachten, auf das sich diese Berechnungen beziehen sollten, schon sehr gespannt. Erfreulicherweise gab es im Ministerium der Justiz sehr schnell einen Termin mit Herrn Schmid von der Abteilung Strafvollzug. Dafür noch einmal vielen Dank.
Es wurde auch ein sehr interessantes und offenes Gespräch zu den Anforderungen eines modernen Strafvollzugs einschließlich der baulichen Bedingungen geführt. Auf die Frage nach dem Baugutachten, das Grundlage der Planung sei, wurde ich an das Finanzministerium verwiesen. Auch hier gab es wieder große Bereitschaft, mich als neue Abgeordnete mit der notwendigen Sachkenntnis auszustatten. Staatssekretär Zeeb empfahl mir, mich an Herrn Siegler zu wenden. Nach meinem Anruf am 21. Januar recherchierte Herr Siegler bereitwillig nach dem aufgeführten Baugutachten. Die Recherchen ergaben, dass es dort kein Baugutachten, sondern nur interne Vorlagen des Justizministeriums gibt. Herr Siegler empfahl mir, mich doch wieder an Herrn Schmid von der Abteilung Strafvollzug zu wenden.
Sie können vielleicht verstehen, dass sich mir angesichts dessen mehrere Fragen stellten. Auf welcher Grundlage erfolgten die Berechnungen, die zur angeblich kostengünstigsten Lösung führen sollten? Abgesehen davon ist mir im Zusammenhang mit Duben schleierhaft, wieso die Unterbringung weiblicher Strafgefangener in der Anstalt mit der höchsten Sicherheitsstufe besonders kostengünstig sein soll. Ich zweifle also stark daran, dass die jetzigen Vorstellungen des Ministeriums der Justiz auf seriösen Berechnungen beruhen.
Aus all diesen Gründen sehen wir Handlungsbedarf. Dieser wird in unserem Antrag deutlich. Deshalb bitte ich Sie, ihn zu unterstützen. - Danke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass Sie alle den Antrag gelesen und noch vor Augen haben, und stelle fest, dass Ziffer 1 durchaus akzeptabel ist. Es bedarf aber keines Beschlusses des Landtages; denn wir können jederzeit von der Ministerin erläutert bekommen - das hat sie schon zweimal getan, sehr umfassend am 10. Februar -, welche konzeptionellen Überlegungen in ihrem Hause hinsichtlich eines effizienten Strafvollzugs angestellt werden. Dass in diesem Punkt gleichzeitig Abstimmungsbedarf mit anderen Ressorts besteht, kann man sich sicherlich auch vorstellen.