Die Verwaltungsvorschrift Schulbetrieb enthält dazu auch jetzt schon gute Möglichkeiten der Gestaltung. Man sollte den § 74 des Brandenburgischen Schulgesetzes auch ernst nehmen, der besagt, dass die Selbstständigkeit und das notwendige partnerschaftliche Zusammenwirken aller Beteiligten in der Bildungsund Erziehungsarbeit zu stärken sind.
Gehen wir also davon aus, dass die Schulkonferenz ein Mitwirkungsgremium ist, dem die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen am Herzen liegt und das die richtige Entscheidung trifft.
Darüber hinaus vermisse ich im Antrag der Koalitionsfraktionen tatsächliche Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen. Damit meine ich zum Beispiel den Zugang zu Zigarettenautomaten und die Kontrolle der Einhaltung des Jugendschutzgesetzes. Das ist nämlich etwas, was in der Praxis ungeheuer schwer umzusetzen zu sein scheint.
Auch die Formulierung in der Begründung des Antrages, es müsse vor allem Ziel sein, Menschen in öffentlichen Gebäuden generell vom Zigarettenkonsum abzubringen, entspricht eigentlich nicht der derzeitigen Rechtsprechung. Ich verweise auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Herzlichen Dank, Frau Wöllert. - Wir setzten die Aussprache mit dem Beitrag des Abgeordneten Senftleben von der CDUFraktion fort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Raucher! Liebe Nichtraucher! Liebe Exraucher! Rauchverbot in Brandenburg oder - sagen wir es besser - rauchfreie Schulen - das war eigentlich auch ausschlaggebend für den vorliegenden Antrag - sind ein Thema, das viele Hintergründe hat. Frau Kollegin Münch hat schon einige genannt. Ich möchte deshalb nur noch einmal auf die wichtigsten Punkte eingehen.
Alle von uns wissen, rauchen ist ungesund, und nicht umsonst ist das auf den Zigarettenpackungen von Jahr zu Jahr etwas größer zu lesen. Raucher haben ein vielfach höheres Risiko, an Krebs zu erkranken, als Nichtraucher. Neben dem Herzinfarktrisiko gibt es noch ganz andere Krankheiten, die durch Tabakkonsum hervorgerufen werden können. Diese Abwägung treffen aber diejenigen für sich, die der Meinung sind, dass sie gern rauchen und dass sie rauchen wollen.
Nichtraucher haben es letztlich für sich abgelehnt, den blauen Dunst zu genießen. Sie sind aber von dem blauen Dunst nicht befreit. Jeder von uns, der sich in Gaststätten aufhält, in Cafés oder in Diskotheken
- aber jüngere Abgeordnete gehen vielleicht noch in Diskotheken, so wie ich auch ab und zu, wenn ich dazu die Zeit habe -, weiß ganz genau, dass es zwischen den Gruppen derjenigen, die rauchen und die nicht rauchen, Probleme gibt.
In Ortrand gibt es übrigens eine Mehrzweckhalle, in der auch Veranstaltungen durchgeführt werden. Dort besteht Rauchverbot. Wenn jemand rauchen möchte, geht er hinaus. Das funktioniert auch. Ich sage das als Hinweis an Diskothekenbesucher.
Aber noch viel schlimmer ist, dass Kinder oft unfreiwillig Opfer von Rauchern werden. Ich sage es ganz deutlich: Ich habe kein Verständnis für Schwangere, die trotzdem noch dem Tabakkonsum nachgehen. Ich habe auch kein Verständnis für Männer oder Ehemänner, die im Umfeld einer Schwangeren rauchen. Erst recht habe ich kein Verständnis für junge Familien in Autos, deren Kinder man auf dem Rücksitz schlecht erkennen kann, weil der Dunst im Auto so dick ist. So etwas habe ich des Öfteren an Ampelkreuzungen oder wo auch immer im Land Brandenburg gesehen. Hier fehlt es einfach an der Wahrnehmung der Erziehungsverantwortung.
Es gibt also Anlass genug, auch im Landtag darüber nachzudenken, welche Möglichkeiten wir haben, um Einfluss darauf zu nehmen, dass es hier zu Änderungen kommt.
Auf die Studie mit den traurigen Ergebnissen ist hier schon hingewiesen worden. Das betrifft gerade auch die Verhältnisse an den brandenburgischen Schulen. Wenn 46 % unserer Jugendlichen häufige Raucher sind, dann hat das mehrere Ursachen. Wenn davon 40 % jünger als 12 Jahre waren, als sie mit dem Rauchen angefangen haben, dann haben wir ein Problem
Das Entscheidende, was ich auch festgestellt habe, ist, das zurzeit Mädchen mehr rauchen als Jungen. Das ist vielleicht auch ein Hinweis darauf, wie man Entwicklungen anders wahrnehmen kann. Das Einstiegsalter von durchschnittlich 12,4 Jahren ist ganz einfach viel zu niedrig.
Die Schule muss dem auch entgegenwirken, weil sie einen ganz klaren Bildungs- und Erziehungsauftrag hat. Wir von der CDU-Fraktion sind für rauchfreie Schulen; wir sind auch gegen „Raucherinseln“ und gegen Raucherzimmer für Lehrer in den Schulen.
Als wir in Brandenburg gemeinsam mit der SPD die Diskussion angestoßen haben, habe ich eine E-Mail von einer Schülerin aus Bernau erhalten, die berichtete, dass sich in ihrer Schule der Schulhof inmitten des Gebäudekomplexes befindet. Sie hat geschrieben, dass gerade im Sommer, wenn die Fenster und die Türen offen stehen, das ganze Schulgebäude nach Qualm stinkt, wenn die Schüler auf dem Schulhof rauchen, und man daher nicht mehr von einem vernünftigen Arbeitsklima sprechen kann. Das sind Bedingungen, die wir in Brandenburg nicht zulassen dürfen.
Des Weiteren ist schon angesprochen worden, dass wir ein Problem mit der Toleranz der Eltern gegenüber dem Tabakkonsum ihrer Kinder haben. Wenn Lehrer davon berichtet haben, dass es Schriftstücke von Eltern gibt, in denen dem eigenen Kind das Rauchen erlaubt wird, obwohl es jünger als 16 Jahre ist, dann zeigt das, dass wir auch hier innerhalb der Gesellschaft ein Riesenproblem mit diesem Thema haben. Das können wir aber nicht allein mit dem vorliegenden Antrag lösen.
Aber es geht um unsere Verantwortung für eine gesunde Lebensweise. Wenn andere Länder vorleben, rauchfreie Schulen zu haben, dann sollte das auch in unserem Land Brandenburg möglich sein.
In Bezug auf unseren Landtag weiß ich ganz genau, dass das Präsidium demnächst heftigst über die Möglichkeit beraten wird, den Antrag im Landtag Brandenburg umzusetzen. Ich freue mich schon auf diese Diskussion, zumindest auf eine rauchfreie Diskussion. - Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank. Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der DVU-Fraktion fort. Für sie spricht die Abgeordnete Fechner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde es kurz machen. Auch innerhalb unserer Fraktion gab es Für- und Gegenstimmen zu dem vorliegenden Antrag. Ich muss ehrlich sagen, dass es mir als bekennender Nichtraucherin und als gesundheitspolitischer Sprecherin meiner DVU-Fraktion nicht sonderlich schwer fiel, Argumente zu finden, die für diesen Antrag sprechen. Ich hoffe, dass ich all meine Fraktionskollegen überzeugen konnte, diesem Antrag etwas Positives abzuge
Viele Argumente, die für diesen Antrag sprechen, wurden bereits genannt, sodass ich es mir sparen kann, das alles zu wiederholen. Allerdings gibt es meinerseits eine Kleinigkeit zu bemängeln: Warum soll es erst zum 1. Januar 2007 verbindliche Regelungen geben? Aber wir wollen nicht kleinlich sein. Ich habe auch Verständnis für die Raucher, die eine gewisse Zeit brauchen, um sich das Rauchen abzugewöhnen, denn erfahrungsgemäß klappt es bei den ersten Versuchen nicht.
Ich habe noch nie geraucht. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass es trotz der ziemlich großen Raucherlobby hier im Landtag zu diesem Antrag der Koalitionäre gekommen ist. Steter Tropfen höhlt den Stein, sagt man. Ich hoffe, dass wir hiermit etwas auf den Weg bringen, was auch wirklich zum Erfolg führt, denn es geht um ein ernstes Thema.
Da eine neue Besuchergruppe der Debatte folgt, will ich die Zahlen, die Frau Dr. Münch so eindringlich dargelegt hat, noch einmal nennen; denn es sitzen auch sehr viele junge Mädchen hier. In Deutschland sterben jährlich mehr als 140 000 Menschen an den unmittelbaren Folgen des Rauchens, in Brandenburg ca. 4 000. Betroffen ist eben nicht nur die Lunge, sondern es sind auch der Kreislauf, das Herz, die Leber und der Magen. Es gibt praktisch kein Organ in uns, das durch das Rauchen nicht geschädigt würde.
Richtig ist auch Folgendes: Wenn sich die Raucher wissentlich selbst schädigen, dann ist es zunächst einmal ihr alleiniges Problem. Aber leider müssen eben andere passiv mitrauchen und können als Folge dessen ebenfalls gesundheitliche Probleme bekommen, vor allem die Kinder. Kinder, die rauchende Eltern haben, erkranken weitaus häufiger an Asthma und Bronchitis als Kinder aus Nichtraucherfamilien.
Brandenburg liegt mit seiner Raucherquote im Ländervergleich an fünfter Stelle. Das ist eine Statistik, bei der ich es gern sähe, wenn Brandenburg an letzter Stelle läge. Besonders alarmieren sollte uns die hohe Quote von Rauchern bei den Zwölf- bis Siebzehnjährigen. Im Osten ist die Quote in dieser Altersgruppe 10 % höher als im Westen. 30 % aller Jugendlichen rauchen bereits vor dem elften Lebensjahr. Jeder 20. Schüler bzw. jede 20. Schülerin raucht besonders stark.
Wir wissen, dass junge Mädchen, die rauchen, sehr häufig an Brustkrebserkrankungen leiden und oftmals nicht einmal mehr
ins gebärfähige Alter kommen, sondern schon vorher sterben. Was heute schick ist und auf dem Schulhof gut aussieht, macht sich vielleicht in zehn, 15 oder 20 Jahren an einem Sterbebett bemerkbar. Das sollte unseren Jugendlichen wirklich zu denken geben. Es kann sich in der persönlichen Wahrnehmung sehr schnell ändern: Was heute schick ist, kann morgen tödlich sein.
Die zahlreichen toxischen und Krebs erregenden Chemikalien lagern sich überall ab, nicht nur am und im Raucher selbst, sondern auch in den Teppichen, im Holz, in den Büchern und auch in den Drucksachen des Parlaments.
Der ganze Dreck wird immer wieder an die Raumluft abgegeben; deshalb ist er immer präsent. Selbst Räume, in denen längere Zeit nicht geraucht wurde, speichern diese Schadstoffe sehr lange. Sie stellten also selbst dann in Restaurants, am Arbeitsplatz und in öffentlichen Gebäuden noch jahrelang eine Gefahrenquelle für die Gesundheit dar, wenn wir jetzt sagten: Nie wieder Tabakqualm.
Es bringt nicht viel, wenn die Schulen das Rauchverbot durchsetzen. Insofern gehe ich weiter als der Antrag; als Gesundheitsministerin möge man mir das verzeihen. Natürlich ist das ein wichtiger Schritt, den ich sehr unterstütze. Aber darüber hinaus müssen wir dafür sorgen, dass auch auf öffentlichen Straßen nicht mehr geraucht werden darf.
Es macht keinen Sinn, wenn die Kinder infolge eines Rauchverbots in der Schule, dann vor der Schule, an der Bushaltestelle und auf der Parkbank rauchen. Ich werbe sehr dafür, in den nächsten Jahren einen entsprechenden gesellschaftlichen Konsens zu erreichen, denn man soll, wenn man etwas tut, logisch vorgehen. Wenn man nicht nur an den Symptomen, sondern an den Ursachen arbeitet, sollte man bis zum Ende sowohl denken als auch handeln.
Mit unserem Landesprogramm „Brandenburg rauchfrei“, das wir - initiiert von der Landessuchtkonferenz - 2003 beschlossen haben, hat sich die Landesregierung hohe Ziele gesteckt. Diese Aktion ging am diesjährigen Weltnichtrauchertag an den Start. Immerhin zehn Betriebe bewerben sich um das Gütesiegel „Rauchfreier Betrieb“. Gegenwärtig haben rund 20 % der Schulen ein generelles Rauchverbot beschlossen. Man kann nur sagen: Weiter so! - Auch in einigen Ressorts der Landesregierung wird dies heftig diskutiert. Im MASGF, in meinem Haus, gibt es seit fast zwei Jahren eine Hausverfügung zum Nichtraucherschutz.
Ich hoffe, wir diskutieren dieses Thema weiter und diskutieren es zusammen mit den Jugendlichen. Ich kann nur immer wieder dafür werben: Reden wir mit unseren Jugendlichen darüber, was das Rauchen bewirkt und warum es so viele Jugendliche gibt, die es für so wichtig und so schick halten. Tun wir unseren Kindern etwas Gutes! - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Damit ist die Rednerliste erschöpft. Damit es aber das Thema nicht ist, stellt die PDSFraktion den Antrag, den Antrag in der Drucksache 4/964 an den Hauptausschuss - federführend - und an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie - mitberatend - zu überweisen. Wer diesem Überweisungsantrag folgt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Das war die Mehrheit, sodass ich den Antrag zur Abstimmung in der Sache stelle.