Herr Baaske, darf ich Ihre Ausführungen zur Neudefinition des Investitionsbegriffs, die ich sehr unterstütze und die die PDS seit mehren Jahren ebenfalls so vornimmt, so verstehen, dass Sie sich einer Initiative nicht verschließen würden, das Haushaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland entsprechend den neuen Anforderungen umzugestalten, um sich dieser politischen Herausforderung tatsächlich stellen zu können?
Nun, ich will das einmal so sagen: Wenn die Investitionen dazu führen, dass die Verfassungsmäßigkeit des Haushalts infrage gestellt werden kann, dann ist das problematisch. Verstehen Sie: Wir sind bundespolitisch gerade so an der Grenze, auch unser Landeshaushalt befindet sich in dem Problem, mit mehr Investitionen - selbst getragenen Investitionen - die Verfassungsmäßigkeit des Haushalts wieder herzustellen. Das ist problematisch. Dass wir uns aber generell über diesen Investitionsbegriff „Bildung“ so verständigen, dass das Investitionen sind - eben mit den von mir genannten Grenzen -, finde ich gut. Ich sage das persönlich; bei uns in der Partei wurde darüber keine Diskussion geführt.
Die Volkswirte sagen im Übrigen auch, dass Humankapital durchaus ein Produktionsfaktor ist. Moderne Unternehmen tätigen momentan auch sehr viele Investitionen in Bildung, weil sie sonst am Markt kaum bestehen könnten.
Wie ist das in Brandenburg? In Brandenburg haben wir die Ressource Braunkohle und wir haben unsere Menschen. Wir wissen, dass die Braunkohle von Stunde zu Stunde weniger wird,
und es ist unsere Verantwortung, das, was unsere Menschen in ihren Köpfen haben, zu mehren. Wir müssen also die Ressource Bildung tatsächlich voranbringen.
Wir brauchen mehr Abiturienten, wir brauchen mehr junge Menschen, die studieren. In diesen beiden Punkten ist Brandenburg nahezu Schlusslicht. Das können wir uns nicht länger bieten lassen. Dem müssen wir Paroli bieten, um unser Land zukunftsgerecht zu gestalten.
Wir hatten gestern bei der Beratung des Einzelplans 05 ein erhebliches Hickhack zu der Frage, wo wir in Brandenburg eigentlich stehen. Wir hörten in der Diskussion, wir seien das Schlusslicht bei den Ausgaben pro Kopf; der Finanzminister und der Bildungsminister argumentierten dagegen, es liege natürlich daran, dass wir mehr Leute als andere Länder verbeamtet haben. - Alles gut und schön, alles richtig. Aber ich frage: Wie sinnvoll ist es überhaupt, dass wir unsere Bildungsausgaben mit denen anderer Bundesländer vergleichen, wenn wir doch wissen, dass Deutschland in den Ausgaben und vor allen Dingen auch in der PISA-Studie eigentlich schon weit abgeschlagen ist? Das heißt, wir müssen uns auch in unseren Bildungsausgaben mit anderen europäischen Ländern, von mir aus auch OECD-Staaten, messen, die in Fragen der Bildung führend sind.
Deshalb meine ich, dass wir schon das Richtige getan haben, als wir die Priorität auf Bildung gesetzt haben. Aber wir dürfen das in den nächsten Jahren auch nicht außer Acht lassen.
Ich sage das auch vor dem Hintergrund folgenden Erlebnisses: Ich hatte in der vorigen Woche nach langer Zeit wieder einmal das freudige Erlebnis, dass mir ein Schüler gesagt hat, er geht gern in die Schule, es macht ihm Spaß. Er hat dabei auch noch ein Lächeln auf den Lippen gehabt. Er meinte das auch ehrlich. Wie selten passiert mir das? Wie oft treffe ich auf Schülerinnen und Schüler, die sagen, Schule ist langweilig, Schule ist doof? Wie oft treffe ich auf Lehrerinnen und Lehrer, die frustriert sind, weil ihnen das eine oder andere an der Schule nicht passt?
Ich glaube, wir brauchen tatsächlich eine Schule, die Spaß macht, eine Schule, in die Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler gern gehen. Das ist ein verdammt weiter Weg, aber den müssen wir gehen. Ich glaube, es muss uns auch kein Mittel fremd sein, um das zu erreichen. Darüber müssen wir auch in den nächsten Jahren miteinander reden, damit wir Schulen bekommen, die Spaß machen. Denn das ist die Zukunftsinvestition für unser Land.
Ich möchte jetzt noch einmal zu meinen Eingangsbemerkungen zum Haushalt kommen. Ich habe gesagt, wir haben einen
Haushalt mit den und den Problemen und eine Steuerschätzung, die diese Probleme noch verschärft. In diesem Jahr sind es 120 Millionen Euro, im nächsten Jahr 130 Millionen Euro, die zur Verschärfung beitragen.
Meine Bitte und mein Appell hierzu ist insbesondere an den Finanzminister, die Priorität Bildung zu erkennen. Ich möchte ihn nicht - wie Mike Bischoff das vorgestern tat - Gott gleichsetzen oder ihn irgendwelche Gottesweisheiten vornehmen lassen, sondern meine Bitte ist ganz einfach, dass dieser Haushalt mit gesundem Menschenverstand umgesetzt wird, sodass wir die Zukunftsinvestitionen, die das Land braucht, trotz der großen Probleme tatsächlich realisieren können. - Ich danke Ihnen.
Ich danke dem Abgeordneten Baaske. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der DVU-Fraktion fort. Es spricht die Abgeordnete Hesselbarth.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lunacek, warum müssen Unternehmen Genehmigungen einholen? Wahrscheinlich, weil unter anderem auch Sie die Gesetze dazu machen. Wenn Sie es mit Ihrem Bürokratieabbau ernst meinen, haben Sie heute Nachmittag die Gelegenheit, es zu beweisen. Dann können Sie nämlich einem Antrag der DVU-Fraktion zustimmen,
der eine Änderung in der Handwerksordnung beinhaltet. Das bedeutet ganz konkreten Bürokratieabbau. Ich bin gespannt, wie Sie sich dann verhalten werden.
Meine Damen und Herren, dieser Haushalt ist ein Anschlag auf das Lebensrecht unseres Volkes. Dieser Haushalt ist nicht hinnehmbar. Ich möchte die gravierendsten Mängel dieses unsoliden Entwurfs Revue passieren lassen:
- Drastischer Stellenabbau bei der Polizei mit dem Ziel einer Kürzung von insgesamt 910 Stellen und damit das Zusammenbrechen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Brandenburg. Das befürchtet auch die Polizeigewerkschaft, das kommt also nicht nur von uns.
- Streichung von über 2 000 Lehrerstellen, drastische Absenkung der Bildungsaufgaben, eine Schulschließung nach der anderen, besonders in den berlinfernen Regionen, aber nicht nur dort. Selbst 10 km vor Berlin werden mit viel Geld gut sanierte und sehr gut ausgestattete Schulen geschlossen, wie das Beispiel Neu Zittau zeigt. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, dazu fällt mir nichts mehr ein und das macht mich absolut sprachlos.
Dazu kommt der laut Haushaltsstrukturgesetz geplante direkte Angriff auf die Existenz der Privatschulen.
- Wissenschaftsförderung mit Studiengebühren, Globalbudgets, Billigjuniorprofessuren und Mittelausreichung nach Höhe und Anzahl der Sponsorenwerbung;
- Wirtschaftsförderung nurmehr nach wenigen vermeintlichen Wachstumsbranchen und im Speckgürtel rund um Berlin; Handwerk, Einzelhandel, wirtschaftsnahe Dienstleistungen oder auch Industriebetriebe, wenn sie sich nicht in den Clusterzentren des Herrn Junghanns befinden, endgültig abgeschrieben;
- nicht zuletzt wiederum die geradezu dramatischen Kürzungen bei der Infrastruktur, insbesondere beim Straßen- und Brückenbau, in dreistelliger Millionenhöhe.
Was wird übrig bleiben von unserem Brandenburg? Sie, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank und von den Koalitionsfraktionen, haben dabei noch nicht einmal Gewissensbisse.
Auf einen Punkt möchte ich noch besonders eingehen. Ich meine die neuerlichen drastischen Einschnitte bei den Kommunen. Zu den bereits bestehenden Kürzungen in Höhe von 48 Millionen Euro kommen im Jahr 2006 weitere 50 Millionen Euro dazu. Da wundert es auch wirklich nicht, wenn in Brandenburg das Wort „Landflucht“ derzeit eine neue Bedeutung erhält. Waren und sind es bisher vor allem jugendliche Brandenburgerinnen und Brandenburger, die aus Hoffnungslosigkeit und wegen fehlender beruflicher Perspektiven dem Land den Rücken kehrten, denken inzwischen ganze Ortschaften über eine Flucht aus Brandenburg nach.
Der Grund dafür ist einfach. Ihre Ankündigung, Herr Ministerpräsident, die Förderstruktur des Landes zu verändern und künftig nurmehr den Berliner Speckgürtel zu fördern, hat bei vielen Kommunen in den Randregionen das Fass zum Überlaufen gebracht. Die Folgen für die Einwohner: Die Bibliothek, der Jugendklub, die Seniorenbetreuung und das Freibad stünden vor dem Aus. Selbst Pflichtaufgaben wie Betriebskosten für Schulen und Kitas könnten nicht mehr finanziert werden. Eigentlich müssten bei Ihnen die Alarmglocken klingeln, wenn Sie sich an Ihren Amtseid erinnern. Doch stattdessen wollen Sie, wie der vorliegende Haushaltsentwurf beweist, Ihre zerstörerische Politik munter weiter betreiben.
Überall wird der Rotstift angesetzt. Überall? Nein, einige wenige Nischen gibt es natürlich, wo Sie zugunsten Ihrer eigenen Klientel und im Interesse Ihres Machterhalts sogar noch kräftig zubuttern. Bei Verfassungsschutzspitzeln, Ausländern und Asylanten, Abgeordnetendiäten und Versorgungsleistungen wird natürlich nicht gespart. Herr Ziel, dass wir uns zum Verfassungsschutz nicht missverstehen: Herr Claus hat eindeutig gesagt, dass das auf Bundesebene geregelt werden kann; im Land brauchen wir ihn nicht.
Noch eine Bemerkung zu Frau Stark, zur Problematik Ausländer und Asylbewerber. Sie verfälschen hier die Tatsachen, noch dazu, wenn sich Schulklassen im Raum befinden. Wir haben
uns noch niemals gegen das Asylrecht ausgesprochen. In unserem Parteiprogramm steht eindeutig, dass wahrhaft politisch Verfolgte geschützt werden. Das entspricht unserer Auffassung von der Würde des Menschen.
In unseren Anträgen geht es um kriminelle Ausländer und von Rechts wegen abgelehnte Asylbewerber, um nicht mehr und nicht weniger. Mit Ihren Lügengeschichten, Frau Stark, befinden Sie sich auf ganz dünnem Eis. Sie schüren Hass, der sich jetzt schon in brutaler Gewalt äußert. Darüber sollten Sie vielleicht wirklich einmal nachdenken.
- Ich weiß nicht, ob das übelst ist. Es entspricht der Wahrheit, Herr Bischoff. Frau Stark weiß das. Sie sitzt im Innenausschuss.
Das Gerangel während der Haushaltsdebatte um die Anhebung und dann wieder Kürzung der Ministergehälter hätte kein noch so guter Kabarettist so perfekt auf die Bühne gebracht wie Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen. Hut ab, Herr Bischoff, Sie haben das Zeug zum Comedy-Showmaster!
Schließlich dürfen, wenn es um die Selbstbedienung geht, natürlich auch Ihre parteinahen Stiftungen nicht zu kurz kommen. Wie gesagt, wir sehen uns vor dem Verfassungsgericht wieder. Daran ändert auch Ihr weiterer Änderungsantrag nichts.