Protokoll der Sitzung vom 08.06.2005

Ich stelle fest, dass auch die zweite Stunde der heutigen Plenarsitzung vorüber ist, und entlasse Sie in die wohlverdiente Mittagspause. Wir sehen uns um 13 Uhr hier im Plenarsaal wieder.

(Unterbrechung der Sitzung: 12.05 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung: 13.03 Uhr)

Meine Damen und Herren! Wir setzen die Beratung fort.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Gesetz zur Zusammenführung von überörtlicher Prüfung und allgemeiner Kommunalaufsicht sowie zur Änderung des Landesrechnungshofgesetzes und anderer Gesetze

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/384

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres

Die Aussprache wird mit dem Beitrag des Abgeordneten Dr. Scharfenberg, Fraktion der PDS, eröffnet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die von der PDSFraktion beantragte Anhörung hat gezeigt, dass der Gesetzentwurf der Landesregierung in wesentlichen Punkten nicht tragfähig ist. Die kommunalen Spitzenverbände, Vertreter von Landesrechnungshöfen und andere Experten haben vernichtende Kritik an dem Entwurf geübt. Diese bezog sich vor allem auf die beabsichtigte Zusammenlegung von überörtlicher Prüfung und Kommunalaufsicht. Es ist deutlich geworden, dass die bundesweite Entwicklung genau in die andere Richtung geht. In den übrigen Ländern wird ein hohes Maß an Unabhängigkeit der überörtlichen Prüfung angestrebt, mit dem sich insbesondere die Möglichkeit für eine Verstärkung der Beratungstätigkeit der Prüfbehörde verbindet.

Selbstverständliche Voraussetzung dafür ist ein Vertrauensverhältnis zwischen den überörtlichen Prüfern und den Kommunen, das nur schwer mit den Aufgaben der Kommunalaufsicht zu vereinbaren ist. Brandenburg wäre damit auf dem Weg zu einer Insellösung, die gegenwärtig nur noch vom Saarland praktiziert wird.

Die Argumentation der Landesregierung im Gesetzentwurf wurde faktisch ad absurdum geführt. Die vorgeschlagenen Regelungen führen eben nicht zu einer Erhöhung der Qualität der überörtlichen Prüfung, sondern sind lediglich ein Ausgleich für die Verlagerung der Verantwortung für das FAG vom Innenministerium auf das Finanzministerium.

Insbesondere die kommunalen Spitzenverbände haben vor einer Verbindung der Eingriffsmöglichkeiten der Kommunalaufsicht mit den Kompetenzen der überörtlichen Prüfung nachdrücklich gewarnt. Der Städte- und Gemeindebund und der Landkreistag sehen keinen Änderungsbedarf hinsichtlich der gegenwärtigen Anbindung der überörtlichen Prüfung an den Landesrechnungshof. Damit sind klare Voraussetzungen dafür gegeben, es beim gegenwärtigen Zustand zu belassen. Genau das forderte die PDS-Fraktion mit ihrem Änderungsantrag zur Streichung der Artikel 1 bis 3, der - wie üblich - abgelehnt wurde.

Jedoch sind wir uns darüber im Klaren, dass dieser Gesetzentwurf zu einer Prestigefrage innerhalb der Koalition wurde. Die einfache Formel lautet: Änderung des Landesrechnungshofgesetzes gegen die Verlagerung der überörtlichen Prüfung. - Das ist ein klassischer Fall von Kuhhandel.

Der zwischen den Fraktionen der SPD und CDU gefundene Kompromiss zur Schaffung eines kommunalen Prüfungsamtes ist zweifellos eine Verbesserung gegenüber der bisher vorgesehenen Regelung. Allerdings wurde die konkrete organisatorische Ausgestaltung dieses neuen Amtes offen gelassen. Auf Nachfrage hieß es, dass es in Form von zwei Referaten in der Kommunalabteilung des Innenministeriums aufgestellt werden soll, was ich mir nicht vorstellen kann. Dass unter diesen Bedingungen die mit dem Koalitionsantrag beschworene Unabhängigkeit der überörtlichen Prüfung innerhalb der Kommunalabteilung gesichert werden kann, ist eher unwahrscheinlich. Deshalb muss der Innenausschuss den Prozess der Umsetzung dieses Gesetzes unmittelbar begleiten, um den Spielraum der Landesregierung im Rahmen ihrer Organisationshoheit nicht zu groß werden zu lassen.

(Bochow [SPD]: Sehr richtig!)

Eine gewisse Sicherheit bietet dabei der Zustimmungsvorbehalt für den Innenausschuss beim Erlass der Verordnung.

Da mit dem Änderungsantrag der Koalition das mit dem Gesetzentwurf verfolgte Ziel der Zusammenführung von Kommunalaufsicht und überörtlicher Prüfung infrage gestellt wird, entsteht ein Widerspruch zum derzeitigen Gesetzestitel. Er lautet:

„Gesetz zur Zusammenführung von überörtlicher Prüfung und allgemeiner Kommunalaufsicht.“

Wenn es die Koalition mit der Unabhängigkeit der überörtlichen Prüfung ernst meint und wenn die von der Landesregierung geplante feste Einbettung in die Kommunalabteilung vermieden werden soll, muss konsequenterweise der Gesetzestitel geändert werden. Ein entsprechender Änderungsantrag der PDS-Fraktion liegt Ihnen vor. Wir beantragen die folgende Bezeichnung des Gesetzes:

„Gesetz zur Einrichtung eines kommunalen Prüfungsamtes sowie zur Änderung des Landesrechnungshofgesetzes und anderer Gesetze.“

Die weiteren Änderungsanträge der PDS-Fraktion weisen auf notwendige Konsequenzen der von der Koalition vorgeschlagenen Konstruktion hin.

Erstens ist die in § 116 Abs. 2 nach wie vor enthaltene Bezugnahme auf § 90 der Landeshaushaltsordnung überflüssig, da der Landesrechnungshof mit der Einrichtung eines kommunalen Prüfungsamtes für die überörtliche Prüfung nicht mehr zuständig sein soll.

Zweitens wurde mit dem Änderungsantrag der Koalition sowohl in Absatz 2 als auch in Absatz 4 des § 116 eine Verordnungsermächtigung festgeschrieben. Diese doppelte Regelung ist nicht nur überflüssig, sondern kann sogar hinderlich sein. Deshalb sollte sie in Absatz 2 gestrichen werden.

Drittens ist die Bezugnahme auf den Landkreis in Absatz 3

überflüssig, da mit Artikel 2 des Gesetzentwurfs eine entsprechende Bestimmung in die Landkreisordnung aufgenommen werden soll.

Sowohl die PDS-Fraktion als auch die Koalitionsfraktionen haben beantragt, das in Artikel 4 Nr. 2 des Gesetzentwurfs vorgesehene ausschließliche Vorschlagsrecht der Präsidentin für die Wahl der Mitglieder des Landesrechnungshofs zu streichen. Es bleibt also bei der bisherigen Regelung, was begrüßenswert ist. Letztendlich bleibt festzustellen, dass mit diesem Gesetz niemand zufrieden sein kann. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Bevor der Abgeordnete Bochow für die SPD-Fraktion das Wort erhält, begrüße ich Gäste von der Akademie „Zweite Lebenshälfte“ in Teltow. Seien Sie herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Bitte sehr, Herr Bochow.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Scharfenberg, Ihren Änderungsantrag mit heutigem Eingangsdatum hätte ich gern etwas früher erhalten, um darüber diskutieren zu können; denn bei verschiedenen Positionen liegen wir nicht sehr weit auseinander. Da uns Ihr Änderungsantrag aber erst heute Morgen zuging, ist es leider etwas kurzfristig.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Es ist bei Ihnen gang und gäbe, dass wir Anträge auf diese Art erhalten! - Gegenruf von der CDU: Lassen Sie ihn ausreden, Frau Enkel- mann!)

- Ich darf bitte ausreden!

Über den Gesetzentwurf, der uns am 4. Januar 2005 zugeleitet wurde, haben wir sehr lange debattiert. Die vier Punkte gemäß Ihrem jetzigen Änderungsantrag hätten wir dabei auch noch diskutieren können.

Sie wollen § 90 der Haushaltsordnung streichen. Diese Vorschrift regelt jedoch - wenn ich es in der Kürze der Zeit richtig gelesen habe - den Inhalt der Prüfung. Wahrscheinlich meinen Sie § 89.

(Zurufe von der PDS)

- Wir können nachher darüber diskutieren; ich habe es vor mir liegen. - In § 89 heißt es: „Der Landesrechnungshof prüft insbesondere...“

Einen § 90 a, den Sie in der Begründung Ihres Antrags erwähnen, habe ich nicht gefunden; es gibt ihn wohl nicht.

Nun kommen wir zu dem, was zwischen dem 26.05. und dem heutigen Tag geschehen ist: Mit der Zusammenführung von überörtlicher Prüfung und allgemeiner Kommunalaufsicht verwirklichen die Koalitionsfraktionen ein Anliegen aus der Koalitionsvereinbarung. Das bestehende Nebeneinander dieser bei

den bei verschiedenen Institutionen angesiedelten Aufgabenbereiche wird durch eine - wie ich jedenfalls hoffe - effizientere Lösung ersetzt.

Dieses Vorhaben war nicht unumstritten, was sicherlich mit einigen Details des von der Landesregierung ursprünglich vorgelegten Gesetzentwurfs zusammenhing. Sie, Herr Dr. Scharfenberg, haben darauf hingewiesen.

Ich freue mich, dass wir mit dem vorliegenden Vorschlag des Ausschusses für Inneres eine Lösung gefunden haben, die dem Anliegen des Gesetzentwurfs Rechnung trägt - die Stichworte lauten „Effizienz“ und „Synergie“ - und zugleich die Unabhängigkeit der Prüfung gewährleistet.

Das war auch das zentrale Anliegen meiner Fraktion. Die kommunalen Spitzenverbände haben bereits vor geraumer Zeit klar gemacht, dass aus Ihrer Sicht die Unabhängigkeit der Prüfung in jedem Fall gewahrt sein muss. Die im Ausschuss für Inneres durchgeführte Anhörung hat ebenfalls verdeutlicht, dass der ursprünglich vom Innenministerium vorgelegte Vorschlag im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Prüfung nicht unerhebliche Defizite aufwies. Die Fraktionen von SPD und CDU haben diesem Umstand Rechnung getragen und sich auf Änderungen am ursprünglichen Entwurf verständigt, mit denen die geäußerten Bedenken ausgeräumt werden können.

Wenn dem Beschlussvorschlag des Ausschusses gefolgt wird daran zweifele ich nicht -, so wird beim Ministerium des Innern ein kommunales Prüfungsamt eingerichtet, dem die überörtliche Prüfung obliegen wird. Die Unabhängigkeit der Prüfung ist durch eine entsprechende Regelung in der Gemeindeordnung auch in Zukunft sichergestellt. Sie lautet:

„Das kommunale Prüfungsamt ist bei der Durchführung seiner Aufgaben unabhängig und an Weisungen nicht gebunden.“

Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Unabhängigkeit der Prüfung nicht nur sachlich, sondern auch organisatorisch gewährleistet werden muss. Daran darf und wird in der Praxis nicht gerüttelt werden, auch wenn die Versuchung, auf diesem Weg politisch Einfluss zu nehmen, vorhanden sein mag.

In der Sitzung des Innenausschusses am 26. Mai wurde noch einmal klargestellt, dass es innerhalb des Innenministeriums keine politische Einflussnahme auf die überörtliche Prüfung also auf das kommunale Prüfungsamt - geben darf und wird. Daher hege ich die berechtigte Hoffnung, dass die Akzeptanz der überörtlichen Prüfung seitens der Kommunen auch künftig gegeben ist und wir zugleich die erwarteten Zuwächse an Effizienz verbuchen können, was im Interesse aller Beteiligten liegt.

Die Anhörung im Ausschuss für Inneres hat zudem ergeben, dass eine zentrale Herausforderung der überörtlichen Prüfung künftig darin liegen wird, auf den neuen bzw. gewandelten Beratungsbedarf der Kommunen zu reagieren. Bekanntlich haben sich die Rahmenbedingungen für das kommunale Handeln grundlegend gewandelt. Insofern wandelt sich auch der bei den Kommunen bestehende Bedarf an Beratung. Wünschenswert, hilfreich und notwendig ist daher ein Beratungsangebot, das auf die Bedürfnisse der Kommunen eingeht. Was wir benöti