Protokoll der Sitzung vom 31.08.2005

Bei der dritten Frage ging es um den Reinraum. Diese detaillierte Aussage kann ich jetzt nicht bestätigen, aber auch nicht dementieren. Ich will aber Verständnis dafür wecken, dass der Markt potenzieller Interessenten ziemlich überschaubar ist und die Profilierung des Standortes bzw. die Nutzung der Halle richtigerweise nicht auf nur eine Nutzungsrichtung eingeengt werden darf. Deshalb kann ich mir vorstellen, dass es verschiedene Variationen der Präsentation gegenüber verschiedenen Zielgruppen gibt. Aber das liegt im Ermessen des Vorstandes der Aktiengesellschaft, der sich auch gegenüber den Aktionären zu verantworten hat. Wichtig ist, dass dies im engen Miteinander der beteiligten Akteure in der Stadt Frankfurt (Oder) und in meinem Haus geschieht. Dessen können Sie sicher sein. - Danke schön.

Vielen Dank, Herr Minister Junghanns. - Nun stellt der Abgeordnete Schrey die Frage 378 (Differenz zwischen steuerlichen Einnahmeerwartungen des Landes und den tatsächlich erziel- ten Steuereinnahmen).

Die Wachstumserwartungen der Bundesregierung sind eine wichtige Grundlage für die Arbeit der Kommission Steuerschätzung beim Bundesfinanzministerium. Deren zweimal im Jahr vorgelegte Prognose ist die Grundlage für die Regionalisierung der Steuerschätzung. Aufgrund der regelmäßig zu hoch angesetzten Wachstumserwartungen der Bundesregierung werden die Einnahmeerwartungen regelmäßig nach unten korrigiert. Eine vernünftige Finanzplanung wurde für die Länder und Kommunen in den letzten Jahren extrem erschwert. Die Landesregierung geht seit einiger Zeit bei ihrer Anpassung der regionalisierten Daten von niedrigeren Wachstumserwartungen als der Bund aus.

Ich frage die Landesregierung: Auf welche Gesamtsumme belaufen sich die von 1999 bis 2004 entstandenen Mindereinnahmen, die wegen der Differenz zwischen steuerlichen Einnahmeerwartungen des Landes auf der Grundlage der für die jeweilige Haushaltsaufstellung maßgeblichen Wachstumserwartungen der Bundesregierung und den tatsächlich erzielten Steuereinnahmen für das Land Brandenburg entstanden sind?

Herr Finanzminister, bitte.

(Schippel [SPD]: Das ist aber schwierig abzulesen!)

Herr Abgeordneter Schrey, wenn ich Ihre Frage jetzt gemäß ihrem Wortlaut beantwortete, lautete die Antwort null. Denn nicht die Prognose ist das Problem, sondern die Realität. Zwischen Prognose und Realität ist, wie nicht anders zu erwarten, in der Tat von Abweichungen auszugehen.

Sie fragen nach der Größenordnung der Abweichungen zwischen der bundesweit erhobenen Steuerschätzung Mai, die wir jeweils zur Grundlage für die Haushaltsaufstellung nehmen. Dazu ist festzustellen, dass in den Jahren 1999 und 2000 insge

samt ein Mehr an Einnahmen in der Größenordnung von 220 Millionen Euro und in den Jahren 2001 bis 2004 ein Minus von 1,8 Millarden Euro gekommen ist, also bilanziert 1,6 Millarden Euro weniger.

Wie Sie ausgeführt haben, haben wir diese Annahmen noch einmal unter dem Blickwinkel der demografischen und der wirtschaftlichen Entwicklung im Land korrigiert bzw. geändert. Abweichend von diesen Prognosen kommt es im Ergebnis zu folgenden Differenzen: In den Jahren 1999 bis 2001 und im Jahr 2004 gab es im Vergleich zur Prognose Mehreinnahmen in Höhe von insgesamt 460 Millionen Euro, während es in den Jahren 2002 und 2003 Mindereinnahmen in Höhe von 780 Millionen Euro gab. Bilanziert ergibt das eine Größenordnung von 320 Millionen Euro minus.

Vielen Dank, Herr Minister. - Die Frage 379 (Wirtschaftsför- derung trotz Arbeitsplatzabbau) wird von der Abgeordneten Frau Dr. Schröder gestellt.

In Brandenburg treten immer wieder Fälle von Wirtschaftsförderung trotz Arbeitsplatzabbau auf. Erinnert sei an das Beispiel Hesco, wo Fördermittel - trotz Verstoß gegen Arbeitsplatzauflagen - bis heute nicht zurückgefordert wurden. Jüngstes Beispiel ist der Bosch-Siemens-Hausgeräte-Hersteller BSH mit Sitz in Nauen, der trotz des Abbaus zahlreicher Arbeitsplätze weitere Fördermittel beantragt hat. In der Bevölkerung entsteht der Eindruck, dass das Land - trotz Massenarbeitslosigkeit gezielt den Arbeitsplatzabbau brandenburgischer Unternehmen fördert, mindestens belohnt. Begründung des zuständigen Ministers: Ohne Förderung würden noch mehr Arbeitsplätze wegfallen.

Ich frage daher die Landesregierung: Wie gewährleistet das zuständige Ministerium aktuell und künftig über die Gestaltung von Förderrichtlinien die Erreichung des Ziels arbeitsplatzschaffender bzw. -erhaltender Wirtschaftsförderung in Brandenburg?

Zuständig ist in diesem Fall das Wirtschaftsministerium. Bitte, Herr Minister Junghanns.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete, die Kraft Ihrer Fragestellungen resultiert des Öfteren aus sehr zugespitzten Wertungen, die bei sachlicher Betrachtung der Ereignisse so nicht tragen. Dies gilt auch für den Fall Hesco. Darüber haben wir uns hier mehrere Male Rededuelle geliefert.

(Frau Dr. Schröder [SPD]: Das wird ja jetzt bei der Staatsanwaltschaft geklärt!)

- Das war Ihr Aufhänger. In diesem Fall ist festzustellen, dass es dort keinerlei förderrechtliche Verstöße gegeben hat.

(Frau Dr. Schröder [SPD]: Das klärt die Staatsanwalt- schaft zurzeit!)

- Die Staatsanwaltschaft klärt eine persönliche Verantwortung; die förderrechtliche Bewertung ist hingegen klar und das wissen Sie auch.

Erstens empfehle ich im Umgang mit dem Fall Bosch-Siemens-Hausgeräte eine differenzierte Betrachtung. In Bezug auf diese Problematik, die wir gegenwärtig diskutieren und die übrigens in Nauen etwas anders diskutiert wird als hier im Landtag, ist festzustellen, dass es sich dabei um zwei getrennte Vorgänge handelt: Die Trocknerproduktion, die Anfang der 90er Jahre die Basis für den Standort bildete, wird - das ist eine Unternehmensentscheidung - nach Polen verlagert.

Gleichzeitig hat sich Bosch-Siemens-Hausgeräte dafür entschieden, eine neue, hochwertige Anlage zur Waschmaschinenproduktion in Nauen zu platzieren. Diesen Vorgang haben wir im Einvernehmen und im Benehmen mit der Landesregierung in Berlin zu bewerten. Wir stellen erstens sicher, dass eine Förderung unter den geltenden Rahmenregelungen der Gemeinschaftsaufgabe und nach gründlicher Prüfung der Ziele und Inhalte vorgenommen wird.

Zweitens: Ich möchte hier diesen Schluss auflösen, der ein bisschen die Verkürzung des Lebens bedeutet.

(Vereinzelt Lachen bei der SPD)

Sie unterstellen mit Ihrer Frage, dass nur über einen Arbeitsplatzzuwachs letztlich eine Rechtfertigung für Förderung generiert werden kann. Frau Dr. Schröder, wir sind in einer Situation, die insbesondere durch den Wettbewerb gekennzeichnet ist, der sich in Europa und global vollzieht. In ihr ist ein hohes Maß an differenzierter Betrachtung sicherzustellen, um zu erreichen, dass Arbeitsplätze gesichert werden. Der Umgang mit der GA-Rahmenrichtlinie auch im Fall Bosch-Siemens-Hausgeräte stellt genau dies sicher. Ihre Verkürzung, dass damit im Land Geld vergeudet oder Arbeitsplatzabbau honoriert werde, ist schlichtweg eine falsche und diffamierende Darstellung. So, wie Sie darüber berichten, dass sich Bürger darüber aufregten, wir honorierten Arbeitsplatzabbau, ist das Gespräch mit den Betroffenen in Nauen und übrigens auch in Berlin nicht verlaufen. Ich empfehle, eine Zeitungsnachricht von heute zur Kenntnis zu nehmen, dass die Waschmaschinenproduktion in Berlin über den 31. Dezember 2006 hinaus erhalten bleiben soll. Dies ist ein Hinweis auf ein enges wirtschaftspolitisches und wirtschaftliches Miteinander mit einem sehr wichtigen Produzenten an unserem Standort.

Ich bitte Sie, im Interesse der richtigen Wahrnehmung unseres Landes Brandenburg im Umgang mit Investoren solche der Realität fernen Wertungen zukünftig sein zu lassen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt Nachfragebedarf von Frau Dr. Schröder.

Herr Minister, ich gehe nicht mit Investoren um, sondern mit Ihnen als dem zuständigen Minister.

(Widerspruch bei der CDU)

Ich muss das, was Sie gesagt haben, zurückweisen. Meine Fragestellung zielte auf Arbeitsplatzschaffung und -erhaltung. Vielleicht können Sie das später noch einmal nachlesen.

Zu meinen Nachfragen:

Erstens: Ist der Förderantrag bewilligt oder nicht?

Zweitens sprachen Sie von zwei Bereichen in Nauen. Wie viele Arbeitsplätze sind in dem einen Bereich weggefallen und wie viele sollen in dem neuen, jetzt womöglich geförderten Bereich entstehen oder erhalten bleiben?

Frau Abgeordnete, es gehört zur richtigen und klugen Praxis in diesem Haus, nicht über Förderfälle im Einzelnen zu sprechen und über Verfahrensstände zu berichten. Sie hatten mehrere Male Gelegenheit gehabt und genommen, sich gemäß Ihres Einsichtsrechtes differenziert zu informieren. Dieser Antrag wird gegenwärtig bearbeitet; das wissen Sie. Über das Ergebnis werde ich Sie von dieser Stelle aus nicht informieren. Darüber wird das Unternehmen garantiert selbst berichten.

Gegenwärtig wird eine Standortbetrachtung vorgenommen, übrigens nachlesbar bei rbb-Infoline. Danach waren bis dato im Jahr 2005 am Standort 346 Mitarbeiter im Bereich tätig und wird es zukünftig aufgrund der Verlagerung der von mir dargestellten Produktionslinie für Trockner und des Aufbaus der Waschmaschinenserie 234 Arbeitsplätze geben. Dieser Saldo ist bekannt, er ist Grundlage unserer Wertung. Das ist jedoch eine Bewertung, die die Kompetenz am Standort hält. Es ist ein Einzelfall, daraus folgt kein Präjudiz.

Die Herausforderung im Umgang mit solchen Fällen besteht eigentlich darin, differenziert vorzugehen und nach der Rahmenrichtlinie der GA abzuwägen. Diese Richtlinie wird vollinhaltlich berücksichtigt. Es geht an diesem Standort um eine Investition in Höhe von 99 Millionen Euro. Damit wird sichergestellt, dass der Standort Nauen ein Kompetenzstandort für die Herstellung dieser weißen Ware bleibt.

(Frau Dr. Schröder [SPD]: Schauen wir mal!)

Herr Müller stellt eine weitere Nachfrage.

Herr Minister, können Sie bestätigen, dass Bosch-Siemens in Nauen alle Auflagen, die mit dem ersten Förderplan verbunden waren, tatsächlich erfüllt hat und dass es angesichts der Gefahr, dass dort alle Arbeitsplätze verloren gehen, ein großer Erfolg ist, dass Bosch-Siemens in der Region Berlin-Brandenburg überhaupt investiert, woraus sich dann sowohl für Berlin als auch für Brandenburg ein Vorteil ableitet?

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Herr Müller, ich kann Ihnen das nur bestätigen. Das ist Grundlage unserer Bewertung. Es ist nur schlimm, dass die Fragestel

lerin mir genau diese Positionierung verübelt und den Vorwurf daraus ableitet, ich finanzierte damit einen Arbeitsplatzabbau und nicht die Sicherung des Standortes. Das ist mein Anliegen.

(Frau Dr. Schröder [SPD]: Abgeordnete dürfen auch Fra- gen stellen, oder nicht?)

- Und ich habe geantwortet, Frau Abgeordnete. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

So viel zum Selbstverständnis dieser Fragestunde, die ich hiermit für beendet erkläre. Ich schließe Tagesordnungspunkt 2 und wir kommen vor der Mittagspause dank Ihrer Disziplin noch zu weiteren Tagesordnungspunkten, die, da sie ohne Debatte behandelt werden sollen, zügig abgearbeitet werden können.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Zweites Gesetz zur Änderung der Brandenburgischen Bauordnung

Gesetzentwurf der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU

Drucksache 4/1318