Heiko Müller
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit dem Positiven anfangen. Brandenburg erzielt seit Jahren einen Ausfuhrrekord nach dem anderen. Zum Beispiel waren es von Januar bis April 2007 Ausfuhren im Wert von 3,5 Milliarden Euro. Das waren gegenüber dem Vorjahreszeitraum 1,2 Milliarden Euro mehr. Auch die Exportquote hat sich in den letzten Jahren erheblich verbessert, und zwar von 2 % im Jahre 1996 auf 8 % im Jahre 2005. Im verarbeitenden Gewerbe stellt sich das noch ein bisschen besser dar. Dort waren es vor einigen Jahren 8 %, und jetzt liegen wir bei 25 %. Das sind eigentlich ganz ordentliche Zahlen.
Wenn man diese Zahlen mit denen in den westlichen Bundesländern vergleicht, stellt man allerdings fest, dass wir noch weit dahinter zurückliegen. Die Exportquote in Westdeutschland insgesamt liegt bei 20 %. Das ist mehr als doppelt so viel
wie bei uns. Im verarbeitenden Gewerbe sieht es ähnlich aus. Hier ist mit 39 % der Abstand zu unseren entsprechenden Zahlen sehr groß.
Wenn man die Ursachen zu ermitteln versucht, wird man relativ schnell fündig. Die Wirtschaftsstruktur in Brandenburg ist eben anders als die in den meisten westdeutschen Bundesländern. Bei uns ist der Anteil an sehr kleinen Unternehmen viel höher. Wenn man sich dann die Unternehmen in den Größenklassen anschaut, kommt man sehr schnell zu dem Ergebnis, dass sich insbesondere die kleinen Unternehmen beim Export in der Regel schwerer tun als große Unternehmen. Das ist auch in Brandenburg so. Im Bereich der großen Exporteure findet man hier etwa Rolls-Royce, PCK Schwedt und ähnliche Unternehmen, die eigentlich Global Player sind und nicht etwa zu den Kleinstunternehmen zählen.
Insofern muss sich das, was wir im Hinblick auf die Erschließung von Märkten außerhalb Brandenburgs an Förderung machen wollen, auch sehr stark an der hiesigen Wirtschaftsstruktur orientieren. Wir müssen also versuchen, Konzepte zu entwickeln, mit denen wir insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen unterstützen können. Wir müssen den Mittelstand stärken und können damit auch erreichen, dass die Erschließung von Auslandsmärkten für diese Unternehmen einfacher wird.
Diese Überlegungen sind natürlich nicht neu. Was ich beschrieben habe, ist ein Phänomen, das es seit vielen Jahren gibt. Auch schon in den 90er Jahren war uns klar, dass hier ein Problem liegt. Insofern gab es Ende der 90er Jahre, genau genommen im Jahr 2000, die Überlegung, eine neue Variante dafür zu finden, wie man die Unternehmen dabei unterstützen könnte, mit ihren Produkten im Ausland Fuß zu fassen. Ergebnis dieser Überlegung waren die Auslandsplattformen, die Minister Fürniß damals eingerichtet hat. Es wurden finanziell sehr gut ausgestattete Einrichtungen in Dubai, Detroit, Moskau und Singapur geschaffen. Hinzu kam ein Wirtschaftsbüro im lettischen Riga, das mit der Handwerkskammer zusammen aufgebaut worden ist.
In diese Auslandsplattformen wurde tatsächlich eine ganze Menge Gewicht gepackt, wobei „Gewicht“ in diesem Fall auch „Geld“ heißt. Um das Jahr 2004 herum wurden diese Auslandsplattformen evaluiert. Das war also ziemlich genau zur Zeit der letzten Landtagswahl. Insofern haben wir die Evaluierungsergebnisse auch, kurz nachdem damals der neue Landtag seine Arbeit aufgenommen hat, zur Kenntnis genommen.
Die damalige Evaluierung hat erbracht, dass es kaum Effekte bei der Ansiedlung von ausländischen Unternehmen in Brandenburg gegeben hat und dass auch die Effekte durch die Unterstützung unserer Unternehmen an den Standorten der Auslandsplattformen überschaubar gewesen sind, wie ich es einmal formulieren möchte. Deshalb gab es dort eine erste Konsequenz, indem ab dem Jahr 2004 die Auslandsplattformen nicht mehr als Auslandsplattformen, sondern als Auslandsrepräsentanzen weitergeführt worden sind. Sie wurden also umbenannt. Ich habe das einmal „Auslandsplattformen light“ genannt.
Das Ganze ging einher mit der Schließung der Auslandsplattform in Detroit. In der Zwischenzeit gibt es auch die Einrichtung in Singapur nicht mehr. Die Auslandsplattform in Moskau
und nach meinem Kenntnisstand auch die in Dubai soll es noch geben.
Die Aufgabe der Auslandsrepräsentanzen wurde verändert. Sie sollten eben nicht mehr der große Ansiedler in Brandenburg sein, sondern es ging vor allem um die Unterstützung der hiesigen Unternehmen bei der Erschließung der Märkte an den Standorten der Repräsentanzen.
Wenn man sich das jetzt, einige Jahre danach, wieder anschaut, dann muss man wohl feststellen, dass die Erfolge kaum messbar sind. Dazu kommt noch, dass die Konzentration dieser Strategie auf zwei Zielgebiete nicht die Interessen der Brandenburger Wirtschaft widerspiegelt, die viel weiter gestreut sind. Zielgebiete wie Polen, Tschechien, Irland können dabei eben nicht vernünftig betreut werden, weil das dort wegen nicht angesiedelter Repräsentanzen nicht funktioniert.
Man muss daraus eigentlich das Resümee ziehen, dass die Auslandsrepräsentanzen bei allem Engagement der Mitarbeiter, wobei ich hier insbesondere die Repräsentanz in Moskau erwähnen möchte, ein ungeeignetes Instrument für eine außenwirtschaftliche Strategie des Landes Brandenburg sind. Genau deshalb wollen wir mit dem vorliegenden Antrag versuchen, das zu begleiten, was an Veränderung hier notwendig ist. Wir brauchen eine strategische Neuorientierung bei der Marktzugangs- und Außenwirtschaftsförderung. Das soll durch unseren Antrag mit begleitet und auch ein Stück weit initiiert werden.
Ich möchte einige Eckpunkte ansprechen, die aus unserer Sicht dabei eine Bedeutung haben müssen.
Wir sollten versuchen, in stärkerem Maße vorhandene Strukturen zu nutzen. Wir wissen, dass es an verschiedensten Standorten in Europa, aber auch darüber hinaus bereits Einrichtungen gibt, die sich genau mit dem Thema der Markterschließung beschäftigen. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur die Auslandshandelskammern nennen, die von der IHK initiiert worden und an sehr vielen Standorten auch sehr stark in die Wirtschaftsgeflechte eingebunden sind.
Wir wollen weiterhin, dass der Marktzugang im Verbund möglich ist, das heißt, dass auch Unternehmensgruppen gemeinsam auftreten können, weil gerade die kleinen Unternehmen in der Gruppe häufig stärker sind, als wenn sie allein auftreten.
Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Außenwirtschaftskompetenz gerade in kleinen Unternehmen gestärkt wird. Große Unternehmen haben dafür eine eigene Abteilung, was in kleinen Unternehmen in der Regel nicht der Fall ist. Deswegen muss der Aufbau von Kompetenzen hier im stärkeren Maße unterstützt werden.
Wir halten es für sinnvoll, die Projektförderung statt der Büroförderung in den Vordergrund zu stellen. „Projektförderung“ heißt ganz schlicht, dass derjenige, der wirklich irgendwo Fuß zu fassen versucht, bei dem Projekt, das er dort hat, unterstützt wird, und zwar vergleichweise unabhängig von dem Standort seiner Aktivität; denn wir können ja wohl kaum vorschreiben, wo genau im Ausland unsere Unternehmen erfolgreich sein können.
Das bedeutet, dass wir im Gegenzug eine Zurückhaltung bei der geografischen Prioritätensetzung brauchen, will heißen,
dass etwa die Festlegung, dass es zwei Standorte gibt, die gut für Brandenburg sind, nicht hilft, wenn man sich die Realität bei den Unternehmen anschaut, deren Aktivitäten viel breiter gestreut sind. Wir müssen also erreichen, dass die anderen interessanten Zielgebiete, was die Betreuung unserer Unternehmen angeht, genauso gut versorgt werden können.
Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Kooperation mit Berlin. Zwar ist es schon lange so, dass wir von einem gemeinsamen Wirtschaftsraum sprechen, dass es auch - das muss man an der Stelle ebenfalls hervorheben - bei der Messeförderung eine gute Zusammenarbeit gibt. Das gilt allerdings nicht für die Projektförderung, obwohl die Unternehmen gerade in Berlin-Brandenburg häufig versuchen, gemeinsam Projekte im Ausland auf den Weg zu bringen. Wir brauchen also eine bessere Abstimmung mit Berlin, damit solche Unernehmensgruppen, die gemeinsam auftreten wollen, auch nach einem geschlossenen Förderkonzept unterstützt werden können, damit wir das, was wir im Wirtschaftsraum Berlin-Brandenburg an Potenzial haben, auch bei der Erschließung von Märkten außerhalb Deutschlands entsprechend gut nutzen können. Wenn uns das gelingt, haben wir unseren Beitrag geleistet. Wir können das, was die Unternehmen im Ausland machen, natürlich nicht ersetzen, aber wir können die Hürden, die unsere Unternehmen bei der Erschließung neuer Märkte zu überwinden haben, niedriger machen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Am 12. Mai fand in Brandenburg erstmals der „Tag des offenen Unternehmens“ statt. In den Medien ist inzwischen zu lesen, dass diese Veranstaltung wegen des großen Erfolgs im nächsten Jahr wiederholt werden soll.
Ich frage die Landesregierung: Gibt es tatsächlich Vorbereitungen für einen weiteren „Tag des offenen Unternehmens“?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Christoffers, natürlich standen, als im Jahr 2005 die Neuorientierung der Wirtschaftsförderung und der Förderpolitik in Brandenburg auf den Weg gebracht worden ist, eine ganze Menge Befürchtungen und Fragen im Raum. Es gab auch die Befürchtung, dass es zu einer Entsiedlung im ländlichen Raum, zur Abkopplung des ländlichen Raums kommen würde. Aber ich glaube, dass das, was wir momentan aus dem Bericht herauslesen können, deutlich macht, dass manche Befürchtungen ein Stück zu weit gegangen sind. Die werden sich im Ergebnis in der Realität nicht wiederfinden.
Woran liegt das? Wenn man sich Brandenburg mit den 15 Wachstumskernen anschaut, dann weiß man, dass man von jedem Ort in Brandenburg relativ kurze Wege zu einem dieser Wachstumskerne hat. Genau genommen spiegelt die Förderlandschaft damit das wider, was im strukturierten Leben von Brandenburg stattfindet: die Bezüge auf die größeren Städte, die im Förderbereich enthalten sind, sodass viele in den ländlichen Regionen von der Förderung in den Wachstumskernen profitieren, weil dort ihre Arbeitsplätze sind, weil dort die Infrastruktur geschaffen wird, die sie selber mit nutzen. Insofern entspannt sich die Lage ein bisschen. Es bezieht sich eben nicht nur auf die 35 % der Bevölkerung, die in diesem Wachstumskernen wohnt, sondern es profitieren davon weit mehr, nämlich all die, die im Einzugsgebiet der Wachstumskerne leben. Das sind sehr viele.
Wir haben im Jahr 2005 nicht nur das Modell der 15 Regionalen Wachstumskerne auf den Weg gebracht, sondern auch das der 17 Branchenkompetenzfelder - ich zähle einmal den Tourismus und die Mikroelektronik dazu - und der über 60 Branchenschwerpunktorte.
Hinzu kommen weitere Elemente, die man nicht vergessen sollte. So wurde auch das Mittelstandsprogramm in diesem Gesamtrahmen auf den Weg gebracht. Es umfasst - unabhängig von den Wachstumskernen - Investitionen bis 2,5 Millionen Euro. Nach meinem heutigen Kenntnisstand reichen die vorhandenen Mittel völlig aus, den Bedarf zu decken.
Das dritte wesentliche Element sind landesweite Netzwerke, die in den Branchen entstehen sollen. Zwischenzeitlich entwickeln diese Netzwerke Branchenstrategien und kümmern sich auch um den Technologietransfer.
Es gab viele Fragen; einige konnten bis heute nicht endgültig beantwortet werden, zum Beispiel: Sind 17 Schwerpunktbranchen für Brandenburg, das de facto ein kleines Land ist, nicht zu viel? Hier findet ein Prozess statt. Man wird abwarten müssen, was herauskommt.
Wir haben im Wirtschaftsausschuss festgestellt, dass bei der Festlegung der Wachstumskerne einiges recht merkwürdig gelaufen ist. Noch heute liegen nicht alle Argumente auf dem Tisch, die ausschlaggebend dafür waren, eine Region zum Wachstumskern zu ernennen, eine andere aber nicht. Da gibt es ein paar Sachen, die bis heute nicht ganz klar sind.
Insbesondere fehlt noch immer ein Konzept, wie wir mit den Wachstumschancen im Umland Berlins umgehen sollen. In diesem Punkt sind andere Metropolen weiter. Der Wirtschaftsausschuss hat sich in Warschau über die Zusammenarbeit zwischen der Stadt und dem Umland informiert und festgestellt, dass sich dort alles viel unverkrampfter als bei uns vollzieht. Wir verspielen hier einige Chancen, weil wir noch kein entsprechendes Konzept haben.
Dennoch muss man feststellen, dass die Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung völlig in Ordnung ist. Sie hat schon zu einigen messbaren Ergebnissen geführt, unter anderem zu einer Imageverbesserung des gesamten Wirtschaftsstandortes.
Wir wissen, dass sich in diesem gesamten Prozess in den Regionen etwas entwickelt hat. Erinnern wir uns: Vor einigen Jahren hat man in den Regionen argumentiert: Wir brauchen Fördermittel, weil die Lage hier ganz schlecht ist und vieles nicht funktioniert. - Das hat sich geändert. Heute wird nicht mehr mit den Schwächen, sondern mit den Stärken argumentiert. Das hat sehr viele positive Nebeneffekte. Wer über seine Stärken redet, wird selbstbewusst. Wer selbstbewusst ist, gibt ein attraktives Bild ab, das wesentlich erfolgreicher vermarktet werden kann. Auch ist die Außenwirkung eine wesentlich bessere, als wenn man mit Schwächen argumentiert. Da ist eine ganze Menge an Positivem passiert.
Als weiteren wesentlichen Punkt muss man herausstreichen, dass sich die Kommunikation innerhalb der Branchennetzwerke deutlich verbessert hat. Die Unternehmen reden mehr miteinander und überlegen, wie sie gemeinsam Ziele erreichen können.
Aber auch die Kommunikation zwischen den Wachstumskernen und der Landesregierung hat sich verbessert, weil jetzt wirklich an Konzepten gearbeitet wird. Man überlegt gemeinsam, was die Region bzw. den Wachstumskern weiterbringt
Auch findet zwischen den Wachstumskernen ein intensiverer Austausch statt. Es wird darauf geachtet, wie die anderen vorgehen und was man übernehmen kann. Dabei wird klar, welche Konzepte funktionieren und welche nicht funktionieren. Die Verbesserung der Kommunikation ist ein sehr wichtiges Ergebnis.
Der Bericht, der uns vorgelegt worden ist, fasst im Grunde das zusammen, was zwischenzeitlich passiert ist: 550 Millionen Euro sind, was die Förderrichtung angeht, stärker auf die Regionalen Wachstumskerne konzentriert worden.
Aus dem Bericht ist ferner herauszulesen, dass tatsächlich eine konzertierte Aktion stattfindet. Es kommt nicht mehr zu Situationen, die früher manchmal eingetreten sind: Ein Förderministerium fördert exakt das Gegenteil von dem, was ein anderes Förderministerium fördert. Jetzt geht alles in eine Richtung. Das funktioniert recht gut.
Was man nicht nachweisen kann - ich glaube, mit dem Bericht wird das auch gar nicht versucht -, sind wirtschaftliche Effekte. Diese sind aus der Veränderung der Wirtschaftsförderung heute noch nicht ableitbar. Das ist ein längerer Weg. Man wird erst später feststellen können, ob die wirtschaftlichen Effekte, die wir erwartet haben, eingetreten sind.
Wie geht es weiter? Die Regionalen Wachstumskerne müssen
die schriftlich niedergelegten Konzepte konsequent umsetzen; denn das beste Konzept nützt überhaupt nichts, wenn es nicht umgesetzt wird.
Wir werden nicht nur die Wirtschaftsförderung insgesamt - dazu gehört, wie wir unsere Programme ausrichten -, sondern auch die Arbeit der Regionalen Wachstumskerne evaluieren müssen. In diesem Zusammenhang ist die Frage zu beantworten: Meinen die dort Verantwortlichen wirklich ernst, was sie einmal erklärt haben, und setzen sie das Konzept um?
Ein Weiteres mahne ich immer wieder an: Wir brauchen ein Konzept zum Umgang mit dem engeren Verflechtungsraum. Dort findet Wachstum statt, auch wenn sich das in den Wachstumskernen nicht widerspiegelt. Wahrscheinlich werden wir im engeren Verflechtungsraum das höchste Wachstum erleben. Wir haben die Frage zu beantworten, wie wir die dort vorhandenen Chancen optimal nutzen können, damit sich positive Effekte für das gesamte Land, für die gesamte Wirtschaftsregion dazu zähle ich Berlin - ergeben und wir das Potenzial wirklich erschließen können. Insoweit fehlt uns nach wie vor ein vernünftiger Handlungsrahmen. Die Diskussionen der letzten Monate machen mir ein bisschen Angst, weil ich befürchte, dass wir ein bisschen auf dem Weg zurück zu alten Egoismen sind. Das hilft mit Sicherheit niemandem: nicht der Politik, aber vor allem nicht den Menschen in der Region; der Wirtschaft hilft es sowieso nicht. Deswegen müssen wir versuchen, uns wieder mit mehr Gemeinsamkeit auf den Weg in die Zukunft zu machen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die flächendeckende Verfügbarkeit schneller Internetverbindungen ist sicherlich ein zentrales Thema auf dem Weg in die Informationsgesellschaft. Das hat eine ganze Reihe von Gründen, aber natürlich vor allen Dingen den Grund, dass ein schnelles Internet ein ganz stark wachsender Markt ist. Es gibt neue Geschäftsmodelle, die hierauf beruhen. Es verbessert natürlich auch die Effizienz in der vorhandenen Wirtschaftsstruktur, weil Kommunikation vereinfacht wird.
Insofern ist es tatsächlich so, dass die Infrastruktur des 21. Jahrhunderts eben eher in diesem Bereich zu suchen ist, letztlich auch die Defizite in diesem Bereich zu suchen sind, als zum Beispiel im Bereich von Straßen, die ja herkömmlich immer als wesentlichste Infrastruktur angesehen worden sind.
Die Bundesregierung ist da vergleichsweise optimistisch. Sie sagt nämlich, dass bis zum Jahr 2008 ungefähr 98 % der Haushalte in der Bundesrepublik Deutschland einen breitbandigen Internetzugang haben könnten.
Das Problem, das wir so ein bisschen haben, ist, dass es letztlich immer so ein klein wenig an den Kabeln und an der Technik, die verwendet wird, festgemacht wird. Wenn gerade gesagt worden ist, dass wir dort ein Stück hinterherhinken, muss man sich einmal fünf oder sechs Jahre rückerinnern. Da waren wir, was Infrastruktur im Telekommunikationsbereich angeht, ganz weit vorn. Da hatten wir nämlich ein hochmodernes Glasfasernetz, und alle haben uns darum beneidet. Heute spricht keiner mehr darüber, weil nämlich das Glasfasernetz längst wieder überholt ist. Das macht deutlich, wie schnell sich Technik gerade in diesem Bereich verändert, wie schnell sich Prioritäten verändern.
Deswegen müssen wir, wenn wir über DSL nachdenken, über mehr als nur Telefonkabel nachdenken, nämlich zum Beispiel
über TV-Kabel, die verwendet werden können, über Satelliten, über UMTS, über ViMax, über Stromkabel. Alles das sind Möglichkeiten, die wir haben. Deswegen ist es eben richtig, die Problemlösungen zu fördern. Aber es wird nicht sinnvoll sein, sich auf eines dieser Problemlösungsmodelle festzulegen. Das wird uns nicht weiterhelfen.
Insofern sollten wir auch nicht versuchen, auf Vorrat Infrastruktur zu schaffen, schon gar nicht über einen der Anbieter, sondern wir müssen anders herangehen. Ein sinnvolles Modell hat sich im Landkreis Osterholz-Schambeck durchgesetzt. Dort gibt es ein Breitbandkompetenzzentrum, wo man sich ganz genau auf den einzelnen Bedarf hin anguckt, was da die sinnvollste Lösung ist, und letztlich wird dann versucht, genau die über Förderung oder auch nur über die Information - oft fehlen einfach nur die Informationen, welche andere Lösungsmöglichkeit gesucht werden kann - zu unterstützen.
Insofern ist das - so glaube ich - genau die Zielrichtung, die sich auch in unserem Antrag wiederfindet. Wir müssen effiziente Lösungen finden, wir müssen die Erschließung hinbekommen. Dabei spielt natürlich auch die Wirtschaftlichkeit eine Rolle, denn wir müssen Fördermittel sinnvoll, wirtschaftlich vernünftig einsetzen.
Auch dieses Thema steht natürlich im Wettbewerb mit dem Thema Infrastruktur Straße, mit dem Thema Infrastruktur Schiene, mit der Schaffung von Arbeitsplätzen. Deswegen muss man damit verantwortlich umgehen. Aber ich bin davon überzeugt, dass die Landesregierung es mit dem, was bis zum Herbst dieses Jahres aufgeschrieben werden wird, hinbekommen wird, einen vernünftigen Lösungsansatz für Brandenburg zu entwickeln. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben allen Grund, optimistisch zu sein. Ich bin seit fast 13 Jahren Mitglied des Landtages. Ungefähr zehn Jahre davon haben wir über steigende Arbeitslosigkeit, Steuerausfälle und ähnliche Themen, die gewöhnlich nicht sonderlich viel Spaß machen, debattiert.
Heute ist festzustellen: Die Arbeitslosenzahlen sinken. Die Steuereinnahmen steigen - sogar über das Maß hinaus, das wir alle erwartet hatten.
Das Wichtigste daran ist: Es handelt sich nicht um eine Eintagsfliege. Es wird deutlich, dass sich dieser Prozess verstetigt.
Das erkennt man auf der Bundesebene unter anderem daran, dass die Bundesregierung ein Wirtschaftswachstum von 2,3 % und eine um 750 000 Fälle zurückgehende Arbeitslosigkeit
prognostiziert. Aber auch im Baugewerbe - seit vielen Jahren unser Problembereich - verzeichnen wir eine Zunahme der Stellen um 100 000. Die Zahl der offenen Stellen in der Bundesrepublik übersteigt inzwischen die Marke von 900 000.
Das Wichtige für uns ist, dass diese Entwicklung nicht bloß in den westlichen Bundesländern stattfindet, sondern sich auch im Osten widerspiegelt. Das Institut für Wirtschaftsforschung in Halle hat für 2007 eine Prognose herausgegeben, wonach das Wirtschaftswachstum in den ostdeutschen Bundesländern 3 % erreicht. Das ist mehr als in den alten Bundesländern. Das ist für uns deshalb so wichtig, weil die Prognosen und auch die Realität in Ostdeutschland über mehrere Jahre ungünstiger waren als im Westen. Das heißt, die Schere ging nicht mehr zu, sondern eher wieder auf. Hier hat sich etwas verändert.
Diese Entwicklung widerspiegelt sich auch in Brandenburg. Wenn man sich die Zahlen des Jahres 2007 ansieht, dann stellt man fest: Bei uns ist etwas in Bewegung. Wir verzeichnen mit 30 000 neuen Stellen den bundesweit höchsten Zuwachs an sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen, deren Zahl jetzt 711 000 erreicht.
Unsere Industrie verbuchte im I. Quartal einen Umsatzzuwachs um 14,3 %.
Wir haben im Jahr 2007 Steuermehreinnahmen - Sie kennen die Zahlen - von 229 Millionen Euro. Für die Folgejahre liegt die Prognose mit 400 bis 500 Millionen Euro sogar deutlich darüber.
Natürlich muss man überlegen, warum die Entwicklung so verläuft. Die Ursachen sind zu analysieren, damit man weiß, an welchen Baustellen man am sinnvollsten weiterbaut.
Man stellt zunächst fest, dass eine wesentliche Ursache das Wachstum der Weltwirtschaft ist. Das will man vielleicht nicht so gern hören, weil dieser Einfluss von außen kommt. Dennoch ist das Wachstum der Weltwirtschaft ein Fakt, der bei uns eine wesentliche Rolle spielt.
Es gibt allerdings keinen Automatismus dahin gehend, dass ein gutes Wachstum der Weltwirtschaft zu einem guten Wachstum in Deutschland, speziell in Ostdeutschland, führt. Das haben wir über mehrere Jahre feststellen können, in denen die Schere relativ weit auseinanderklaffte. Es muss mehr sein als das hohe Wachstum der Weltwirtschaft.
An dieser Stelle kann man die Ursachen im Inland, in Deutschland, in Brandenburg zu identifizieren versuchen. Das will ich im nächsten Abschnitt tun. Es ist festzustellen, dass auf Bundesebene seit Jahren eine zielgerichtete Politik verfolgt wird. Begonnen hat es mit den Arbeitsmarktreformen unter Bundeskanzler Schröder. Damit die Kollegen von der CDU nicht anfangen zu murren, will ich gleich fortsetzen: Die jetzige Bundesregierung setzt diesen Prozess fort; ich verweise auf das Investitionsprogramm 2006.
Es kommt hinzu - auch das ist für die Wirtschaft wichtig -, dass in der Steuerpolitik Kontinuität herrscht, auch bei der Unternehmenssteuerreform; denn es muss Verlässlichkeit entstehen.
Obwohl sich in diesem Punkt die Emotionen splitten, will ich auch erwähnen, dass die über viele Jahre betriebene moderate
Lohnpolitik ein wesentlicher Grund für die jetzige positive Entwicklung ist. Sie hat dazu geführt, dass die Unternehmen ein Stück weit stärker geworden sind.
Unter dem Strich kann man feststellen: Im Zuge der Globalisierung in den Jahren nach 1990 bzw. 1995 hatte die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland abgenommen. Das war allerorten zu erkennen. Die Situation hat sich deutlich geändert. Deutschland ist als Wirtschaftsstandort wieder attraktiver geworden. Genau aus diesem Grund profitieren wir nun auch wieder von der Entwicklung bzw. vom Wachstum der Weltwirtschaft. Das, was dort geschieht, trägt auch bei uns Früchte.
Natürlich ist nicht nur die Politik auf Bundesebene für das, was sich derzeit bei uns entwickelt, entscheidend. Es hat seine Ursachen auch in den von uns in Brandenburg vorgenommenen Weichenstellungen. Ich möchte einen Punkt ansprechen, der einem möglicherweise nicht sofort in den Sinn kommt: die Sicherung der industriellen Kerne. Sehr lange wurde darüber diskutiert, ob dies der richtige Weg sei. Diesbezüglich erinnere ich nur an Frankfurt (Oder) bzw. an das, was in den letzten Monaten dort geschehen ist. Noch vor zwei Jahren konnte sich niemand vorstellen, welcher Boom - auch hinsichtlich der Arbeitsplätze - dort entsteht. Aus einem Überangebot an Fachkräften wurde auf einmal ein Unterangebot. Dort wird händeringend nach Fachkräften gesucht. Es müssen Fachkräfte aus anderen Regionen nach Frankfurt (Oder) geholt werden, damit diese Stellen besetzt und ausgefüllt werden. Ich glaube, das verdeutlicht, wie wichtig es war, an den dort existierenden Strukturen über einen langen Zeitraum festzuhalten.
Die Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung ist auch ein wesentlicher Punkt. In Brandenburg wurde ein Stimmungswandel erreicht. Erinnert man sich zwei, drei oder vier Jahre zurück, wird man feststellen müssen, dass in einigen Regionen häufig argumentiert wurde: Wir brauchen Fördermittel, weil es uns so schlecht geht. - Diese Einstellung hat sich grundlegend geändert. Heute werden Fördermittel beantragt mit dem klaren Hinweis darauf: Wir brauchen Fördermittel, weil wir stark sind und die Stärken weiter ausbauen wollen. - Das ist ein Stimmungswandel, es verdeutlicht Selbstbewusstsein. Unternehmen orientieren sich bei ihrer Suche nach einem Standort für eine Ansiedlung auch an dem ausgeprägten Selbstbewusstsein einer Region. Eine positive Stimmung ist außerordentlich wichtig. Diese positive Stimmung herrscht mittlerweile in sehr vielen Regionen des Landes Brandenburg.
Ein weiterer Punkt ist die Bürokratie. Bürokratie ist ein Thema, das uns in Diskussionen immer wieder erwischt. Seit Jahren verfolgen wir die Strategie, unnötige Bürokratie abzubauen. Dazu wurde der von Tina Fischer geleitete Sonderausschuss eingerichtet. An dieser Stelle möchte ich die vom Ausschuss geleistete hervorragende Arbeit hervorheben. Sie verdeutlicht auch nach außen hin: Bürokratie ist kein Selbstzweck, in bestimmten Bereichen ist sie erforderlich, und das wird auch so bleiben, aber an Stellen, an denen sie nicht nötig ist, wird sie abgebaut. Diesbezüglich sind wir auf einem hervorragenden Weg.
Insofern möchte ich darunter einen kurzen Zwischenstrich ziehen. Wir haben tatsächlich Grund, optimistisch zu sein. Allerdings dürfen wir uns auf dem, was wir erreicht haben und was derzeit positiv verläuft, nicht ausruhen. Das wäre die
völlig falsche Schlussfolgerung; denn die Herausforderungen, vor denen wir stehen, werden nicht kleiner, sondern eventuell sogar größer. Insofern muss man sich mit diesen Herausforderungen auch beschäftigen.
Die größte Herausforderung ist, glaube ich, die Fachkräfteproblematik, und zwar nicht nur im Bereich der Angestellten, sondern auch im Bereich der Führungskräfte, die zum Teil vergessen wird. Aufgrund des Überschusses an qualifizierten Fachkräften, die Arbeit suchten, gab es in vielen Unternehmen keine systematische Rekrutierungs- und Personalentwicklungsstrategie. Das rächt sich derzeit etwas, weil der sich relativ schnell vollziehende Umbruch dazu führt, dass die Unternehmen nicht gut aufgestellt sind. Insofern müssen die Unternehmen ihren Beitrag leisten. Aber auch wir können unseren Beitrag leisten, indem wir solche Strategien mit ESF-Mitteln unterstützen.
Im Handwerksbereich, vor allem bei kleinen Unternehmen, besteht ein erhebliches Problem bei der Nachfolge. Es gibt viele Unternehmen, die relativ gut am Markt aufgestellt sind, denen es jedoch nicht gelingt, einen Nachfolger zu finden. An dieser Stelle sind die Kammern stark gefragt. Jedoch müssen auch wir versuchen, diese Anstrengungen zu flankieren.
Im Bereich Ausbildung gibt es nach wie vor einen hohen staatlichen Anteil. Doch auch hier ist der Umbruch zu erkennen. Immer mehr Unternehmen suchen Auszubildende, finden jedoch keine geeigneten Bewerber, sodass Ausbildungsstellen nicht besetzt werden. Diesbezüglich müssen wir unseren Beitrag leisten und insbesondere bei den Schulen ansetzen; denn wir können die Lehrer mit der Vorbereitung von Schülerinnen und Schülern auf das Berufsleben nicht allein lassen. Inzwischen wissen wir, dass das nicht funktioniert. An dieser Stelle ist das Land gefragt. Vieles organisieren wir über unsere Aktivitäten hinsichtlich der Kooperation von Wirtschaft und Schule. Jedoch sind auch die Unternehmen gefordert, stärker auf die Schulen zuzugehen, um Schranken abzubauen, Wege zu öffnen und klarzumachen, worum es geht.
Eine weitere Herausforderung ist die Langzeitarbeitslosigkeit. Wir wissen, es geschieht im Bereich der Arbeitslosigkeit viel. Die Zahl der Arbeitslosen insgesamt geht zwar zurück, die Zahl der Langzeitarbeitslosen bleibt jedoch relativ konstant. Das ist sehr schlimm. Dabei geht es nicht nur um die Hartz-IVEmpfänger, sondern auch um die Aufstocker. Auch an dieser Stelle müssen wir von dem Sockel herunterkommen. Es müssen Maßnahmen angewandt werden, die bisher noch nicht funktionierten - unter anderem Kombilohn in bestimmten Zielgruppen, Mindestlöhne in Branchen, in denen sich die Tarifpartner darauf verständigen, sowie gezielte individuelle Beratung und Förderung.
Die politische Handlungsfähigkeit wird eine nächste Herausforderung sein. Derzeit verbuchen wir Mehreinnahmen. Diese Situation kann dazu führen, dass man das Geld wieder mit vollen Händen ausgibt. Diesen Fehler dürfen wir nicht machen. Es gibt Prozesse, die wir nicht aufhalten können - unter anderem die Verminderung von Zuweisungen des Bundes und der EU auf der Einnahmeseite und Ausgabesteigerungen sowohl bei Zinsen als auch im Bereich von Pensionslasten - und die uns dazu veranlassen, mit dem Geld hauszuhalten.
Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft die Situation in Berlin-Brandenburg. Aufgrund der derzeit vorherr
schenden Situation befürchte ich ein wenig, dass das Verhältnis zwischen Berlin und Brandenburg vor allem im Wirtschaftssegment eher problematischer als besser wird. Das ist für mich eine recht bedrohliche Situation, weil wir nur gemeinsam eine Chance haben, die Potenziale in der Gesamtregion zu heben. Darüber zu diskutieren, dass man bestimmte Aufgaben nicht mehr gemeinsam erledigen möchte - auch die IHK Berlin schlug kürzlich solche Töne an -, ist der falsche Weg. Wir sind eine Arbeitsmarkt- und eine Wirtschaftsregion. Nur gemeinsam haben wir die Chance, das im Grunde vorhandene Potenzial zu erschließen. Dies gelingt uns nicht so gut, wie es sein müsste. Sieht man sich andere Regionen an, ist festzustellen, dass es bei denen zum Teil besser funktioniert.
Nichtsdestotrotz: Herausforderungen und Probleme, die man erkannt hat, kann man lösen. Damit hat man den ersten Schritt getan. Insofern bleibt zum Abschluss festzustellen: Wir haben allen Grund, optimistisch zu sein. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Kunststoffkompetenznetzwerk Brandenburg hat anlässlich eines Projekttages im Oktober 2006 in Guben Schülerinnen und Schüler zu ihren Gedanken zum Thema Beruf befragt. Dabei ist einiges zutage getreten, was durchaus interessant ist, nämlich: 10 % der Mädchen und 20 % der Jungen sehen gute Berufschancen in ihrer Region. Allerdings sind über 80 % der Schüler bereit, für die Realisierung ihrer beruflichen Ziele in andere Bundesländer zu ziehen.
Auf der anderen Seite haben die Schüler zum großen Teil gesagt, dass sie gar keine Betriebe in der Region kennen. 4 % der Mädchen und 14 % der Jungen möchten in der Industrie arbeiten, was im Umkehrschluss heißt, dass das für den Rest nicht zutrifft, obwohl wir alle wissen, dass die Industrie in Brandenburg derzeit der Wachstumsmotor überhaupt ist und im Kunststoffbereich sehr viel passiert.
Das ist ein Alarmsignal, weil das für die Zukunft Brandenburgs
natürlich Fragen aufwirft, etwa die Frage, wie wir den Fachkräftebedarf, den wir zukünftig im Lande haben werden, tatsächlich befriedigen können. Wie erreichen wir, dass das, was an guten, vernünftigen Arbeitsstellen im Lande entsteht, auch mit Fachkräften aus dem Lande besetzt werden kann?
Wie können wir das erreichen, wenn die Jugendlichen die Betriebe in ihrer Region überhaupt nicht kennen, wenn sie nicht wissen, welche Berufsmöglichkeiten sie dort haben, und sie, weil die Diskussion in der Region vielleicht nicht so günstig läuft, nur in die anderen Bundesländer schauen? Hieran muss sich etwas ändern.
Wenn man zusammenfasst, was wir in den letzten Jahren in Brandenburg getan haben und was die Prognosen für Brandenburg aussagen, muss man sehr deutlich erkennen: Alle Schüler, die einen vernünftigen Abschluss in Brandenburg machen, haben auch die Möglichkeit, hier einen guten Arbeitsplatz zu bekommen - wenn die Schüler denn in der Lage sind, erstens einen Ausbildungsplatz zu finden, und zweitens den Anforderungen dieses Ausbildungsplatzes gewachsen sind.
Die 200 000 Fachkräfte, die uns in wenigen Jahren in Brandenburg fehlen werden, werden ein wirtschaftliches und damit ein strukturelles Problem in Brandenburg darstellen. Ich glaube, die Unternehmen haben das inzwischen gut erkannt. Sie erkennen, dass es in einigen Jahren einen harten Wettbewerb um Fachkräfte geben wird, und sie beginnen, sich darauf einzustellen.
Das Kunststoffkompetenznetzwerk Brandenburg ist eines dieser Unternehmensverbünde, die genau diese Anforderungen erkannt haben, sich darauf einstellen und diese Herausforderung auch mit den Schulen gemeinsam anzugehen versuchen. Sie machen Dinge, die ganz wichtig sind. Sie beginnen in der Grundschule, auf die Schülerinnen und Schüler zuzugehen. In dem Falle haben sie chemische Experimentierkoffer in die Schulen gebracht. Das ist eine Möglichkeit, dass die Schülerinnen und Schüler schon ganz früh erkennen, dass Chemie auch Spaß machen kann, also nicht nur irgendein Unterrichtsfach sein muss. Sie machen Projekte über die gesamte Schulzeit, in vielen Klassenstufen, sodass die Schülerinnen und Schüler im Unternehmen an einer interessanten Aufgabe lernen können, was man beruflich später vielleicht machen kann.
Eine ganz neue Form sind Sommercamps. Das heißt, auch außerhalb des normalen Schulbetriebs, außerhalb dessen, was von den Schülern üblicherweise als Stress angesehen wird, werden Dinge getan, die Abenteuercharakter haben. Damit wird ein Bereich angesprochen, der von Schule manchmal nicht so gut abgedeckt wird.
Die Initiative in diesem Bereich ist nur eine von vielen. Wir wissen, dass in Brandenburg inzwischen eine Menge passiert. Ich glaube sogar, sagen zu können, dass Brandenburg unterdessen Vorreiter bei den Projekten ist, die Schule und Wirtschaft zusammenführen. Es gibt zahlreiche regionale Netzwerke, die Schulen und Unternehmen zusammenbringen wollen und das auch schaffen.
Wir haben die Internetseite „Netzwerk Zukunft“, die 19 solcher regionalen Arbeitskreise auflistet. Es gibt diverse Ausbildungsmessen. Die gibt es in den Schulen, außerhalb der Schulen, wo Schüler und Unternehmen zusammengebracht werden
können. Auch der „Zukunftstag“, der, wenn ich es richtig im Blick habe, heute stattfindet, ist ein solches Projekt, bei dem Schülerinnen und Schüler in ein Unternehmen gehen können, um es einmal von innen kennenzulernen; denn was man von innen kennt, ist vielleicht zukünftig bei dem, was man bei Berufen insgesamt betrachtet, interessant.
Ein weiteres Projekt, das ich für sehr wichtig halte, ist das Modellprojekt „Praxislernen“. Das hat das Bildungsministerium vor einiger Zeit eingeführt und damit letztendlich etwas aufgenommen, was viele von uns aus der DDR-Zeit kennen, nämlich UTP und PA, also permanent und dauerhaft mit Unternehmen verbunden zu sein, um ein bisschen tiefer in das, was dort an Anforderungen besteht, eindringen zu können.
Obwohl man erkennen kann, dass eine Menge passiert ist, muss man feststellen: Eine zentrale Herausforderung haben wir noch nicht lösen können; denn das, was dort angeboten wird, was an Initiativen in Brandenburg stattfindet, ist regional sehr unterschiedlich verteilt. Es gibt Bereiche, in denen das hervorragend klappt. Das hängt oftmals mit Unternehmen und Initiativen zusammen, die dort gestartet worden sind. Es gibt andere Schulen und Bereiche, in denen das überhaupt nicht klappt. Das dürfen wir nicht so im Raum stehen lassen, sondern müssen Antworten geben: Wie erreichen wir, dass die Berufsvorbereitung, die Studienvorbereitung nicht nur partiell, sondern möglichst flächendeckend funktioniert?
Ich will anhand einiger Beispiele verdeutlichen, was mich immer wieder erschreckt, wenn ich in Projekten bin, die sich mit dem Bewerben um Ausbildungsplätze beschäftigen. Ich mache selbst ein solches Projekt im Havelland. Wenn man mitbekommt, dass von 15 ausgeschriebenen Ausbildungsstellen im Landkreis Havelland bei 250 Bewerbern zum Schluss nur 10 Ausbildungsstellen vergeben werden, muss man sich die Frage stellen: Was ist da passiert? Es gab doch genug Interessenten. Warum sind die Ausbildungsstellen nicht besetzt worden? Wenn man nachfragt und erfährt, dass die Bewerber im Bewerbungsgespräch nicht wussten, was ein Landrat oder ein Kreistag ist oder wie die Kreisstadt heißt, in der sie sich gerade beworben haben - was nicht wirklich schwierig ist -, dann ist das schlicht erschreckend und macht deutlich: Sie waren nicht vorbereitet.
Oder wenn ich von einem Unternehmen höre - vorige Woche haben dort Bewerbungsgespräche stattgefunden -, dass da die Mutti mit in den Raum zu dem Bewerbungsgespräch kam und sagte: „Mein Sohn ist immer so schüchtern, und deshalb muss ich jetzt einmal erklären, warum er so gut ist!“, dann weiß man: Das funktioniert nicht.
Oder - was ich bei einem Bewerbungsgespräch selbst erlebt habe -: Da kommt ein Junge herein, bei dem man grübelt, ob er sich wirklich um eine Ausbildung bewerben will. Er kommt herein und sagt: Ich bin der Timo. - Dann fragt man: Was führt Sie hierher? - Mein Onkel Ralf hat gesagt, ich soll einmal hierhergehen! - Das Ganze macht er in kurzen Hosen. Da weiß man: Das geht nicht.
Es gibt also schon Anhaltspunkte, die erkennen lassen: Sie sind nicht vorbereitet gewesen. Sie wussten nicht, worum es geht. Sie haben nicht erkannt: Es ist nicht mehr Schule, ist nicht mehr Spaß, sondern ich komme hier in die Arbeitswelt, wo andere Regeln gelten.
Wie erreichen wir es also - das ist die Frage, die wir uns stellen müssen -, dass das, was partiell funktioniert, möglichst flächendeckend funktioniert? Dazu muss man versuchen, das Ganze systematischer zu machen.
Man muss eine systematische Berufs- und Studienvorbereitung hinbekommen. „Systematisch“ heißt in diesem Zusammenhang, dass das in allen Schulen so funktioniert, dass damit bestimmte Standards erreicht werden. Das heißt: Wenn eine Schülerin oder ein Schüler zu einem Bewerbungsgespräch geht, dann muss sie bzw. er vorher ein bestimmtes Rüstzeug mit auf den Weg bekommen haben. Das kann - natürlich in Verbindung mit den Eltern - nur durch die Schulen geleistet werden, wobei diese bereit sein müssen, mit den Unternehmen zusammenzuarbeiten.
Ein weiterer Punkt ist in diesem Zusammenhang wichtig. Allein die Vorbereitung durch die Schule wird nicht reichen. Wir müssen es auch erreichen, dass sich die Unternehmen noch stärker öffnen, als das bisher schon der Fall ist. Partiell ist das schon relativ gut, es gibt aber auch Bereiche, in denen das überhaupt nicht funktioniert. Die Schülerinnen und Schüler müssen, bevor sie zu einem Bewerbungsgespräch gehen, die Möglichkeit haben, in die Betriebe sozusagen hineinzuriechen, um zum Beispiel zu wissen, dass man in einem Unternehmen nicht mit kurzen Hosen herumläuft, dass also etwa in einem Bereich, der zur Unternehmensführung gehört, bestimmte Mindeststandards zu erfüllen sind.
Damit dies auf den Weg gebracht werden kann, haben wir einen Antrag formuliert, der für heute Nachmittag auf der Tagesordnung steht. Durch die Umsetzung dieses Antrags soll genau das, was ich bereits beschrieben habe, erreicht werden, dass also zum Beispiel das Praxislernen ab 2010/11 möglichst flächendeckend durchgeführt wird. Dieses Praxislernen soll es den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, eine starke und langfristige Beziehung zu Unternehmen aufzubauen, damit sie eben nicht nur einmal in einen Betrieb hineingeschaut haben nach dem Motto „Das war ganz schön“, sondern tatsächlich auch Probleme, Anforderungen, die dort bestehen, kennenlernen.
Wir wollen erreichen, dass die weiterführenden Schulen für die Berufs- und Studienvorbereitung ein Konzept haben. Sie sollen also nicht einfach etwas machen, was vielleicht gerade zufällig funktioniert, sondern sollen ein klares Konzept dafür entwickeln, was bis zur 9. oder 10. Klasse mit den Schülerinnen und Schülern erreicht werden soll, welches die Bausteine sind, die dazu entwickelt werden und mit wem zusammen solche Bausteine entwickelt werden können.
Des Weiteren wollen wir erreichen, dass die Lehrerinnen und Lehrer verstärkt an Praktika in Unternehmen teilnehmen. Für eine Lehrerin oder für einen Lehrer ist es nämlich sehr schwierig, zu erklären, was in einem Unternehmen notwendig ist, welche Probleme da auftauchen können, womit man dort unangenehm auffallen kann, wie dort ein Konflikt ausgelöst werden kann, der gar nicht notwendig ist, wenn sie so etwas nicht auch einmal selbst erlebt haben. Wir brauchen also mehr Praktika für Lehrkräfte, und das möglichst flächendeckend.
Ich bin davon überzeugt, dass es im Falle einer systematischen Berufs- und Studienvorbereitung für die Unternehmen einfacher wird, das zu bekommen, was sie brauchen, nämlich er
stens Ansprechpartner in den Schulen und zweitens dann später die für sie passenden Bewerberinnen und Bewerber.
Wir müssen es aber auch erreichen, dass die Schulen lernen, sozusagen aktiver auf die Unternehmen zuzugehen.
Letztlich ist das Geheimnis einer besseren Berufs- und Studienvorbereitung eigentlich Folgendes: Miteinander zu kooperieren ist besser als übereinander zu reden - im Interesse unserer Kinder, im Interesse der Zukunft unseres Landes. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Dieses Mal werde ich richtig hinschauen, wer hinter mir sitzt, damit mir nicht wieder ein Fehler unterläuft.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Christoffers, wir sind uns relativ häufig relativ einig. Aber es gibt auch Punkte, bei denen wir uns überhaupt nicht einig sind. Das ist jetzt so ein Punkt. Es gibt Grenzen von Politik, es gibt Punkte, bei denen die Politik nicht mehr sinnvoll eingreifen kann bzw. erst eine andere Situation abwarten muss, ehe sie eingreifen kann. Das ist hier der Fall.
Wenn man sich anschaut, was bei der Telekom in den letzten Jahren passiert ist, dann bemerkt man eine dramatische Veränderung. Diese dramatische Veränderung bei der Telekom hängt damit zusammen, das sich der gesamte Markt um Telefonieren, DSL und Internet in den letzten fünf, sechs, sieben Jahren so dramatisch verändert hat, dass üblicherweise gerade große Unternehmen in Probleme geraten. Bei der Telekom liegt die Zahl der im vorigen Jahr verloren gegangenen Kunden - wenn die Zahlen in den Zeitungen richtig sind - in der Größenordnung von 2 Millionen, im I. Quartal sind es wieder 600 000. Das sind Gründe, zu reagieren. Wer dort nicht reagiert, der wird am Markt nicht bestehen können. Deswegen kann man nur akzeptieren, dass überlegt wird, wie man damit umgeht.
Das Ganze fällt in eine Zeit, in der die gesamtwirtschaftliche Konjunktur relativ gut aussieht, was die Sache umso bedeutsamer macht. In den letzten Monaten hat man Standorte definiert, und man hat auch miteinander zu verhandeln versucht. Das ist das, was üblicherweise in einem Unternehmen in Deutschland passiert. Wenn sich eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit ergibt, muss man miteinander verhandeln und versuchen, einen Weg zu finden, der sowohl für die Aktionäre, die Arbeitgeber - wie auch immer -, als auch für die Mitarbeiter erträglich ist. Es ist völlig klar, dass das, was ansteht, ein Spagat sein wird. Die Zahl der Mitarbeiter abzubauen, sie auszulagern, schlechter zu bezahlen oder länger arbeiten zu lassen ist für den einzelnen Mitarbeiter nicht unbedingt motivierend. Ob das mit Servicequalität zusammenpasst, ist eine Frage, die man mit Nein beantworten muss. Indem man es unterlässt, kommt man allerdings auch nicht weiter. Wir wissen, dass das Problem bei der Telekom nicht nur eine Frage des Services ist, sondern natürlich auch eine Frage der Preise am Markt. Es gibt viele Unternehmen, die einfach günstiger sind. Aus dem Grunde lau
fen die Kunden weg. Das ist ganz trivial und hängt mit dem Service nur am Rande zusammen. Man kann das Problem durch besseren Service etwas abfedern, jedoch nicht lösen. Also muss dort entsprechend reagiert werden.
Die Telekom ist nicht nur ein großes Unternehmen, das bei Veränderungen in der Regel schlechter zu steuern ist. Die Telekom hat auch eine besondere Struktur, weil das Unternehmen einmal ein Monopol gehabt hat - davon ist es inzwischen meilenwert entfernt - und das hat die Probleme letztendlich ausgelöst. Dass es kein Monopol mehr hat, ist eine politische Entscheidung gewesen. Hinzu kommt, dass es durch die Beamten ein besonderes Monopol war. Man hat eine Arbeitnehmerschaft, die sich in zwei Gruppen aufteilt, die im Westen und im Osten auch noch unterschiedlich verteilt sind, was die Flexibilität beim Reagieren auf wirtschaftliche Notwendigkeiten noch einmal deutlich verschlechtert. Damit steht der Vorstand der Telekom letztendlich vor der Quadratur des Kreises. Einen Monopolkonzern in so kurzer Zeit in einen marktwirtschaftlich orientierten Konzern umzubauen ist nicht ohne Schmerzen hinzubekommen. Man muss es dann aber eben so machen, dass alle damit leben können.
Im Übrigen wird bei uns eine gegenläufige Problematik relevant. Auf der einen Seite haben wir wesentlich weniger Beamte, was ein Problem ist, weil die Beamten den sichereren Arbeitsplatz haben, auf der anderen Seite sind die Kostenstrukturen im Osten ein wenig günstiger, was wiederum ein Vorteil für unseren Standort sein könnte. Mit Ihrem Antrag suggerieren Sie, dass es sich bei der Telekom noch immer um ein Staatsunternehmen handelte und man insofern als Staat eingreifen könne oder müsse. Das geht nicht. Der Staat hat ca. 32 % der Anteile, der Rest befindet sich im Streubesitz. Die anderen Investoren, die sich zum Teil schon mächtig darüber geärgert haben, Aktien zu haben, wollen, dass das, was sie angelegt haben, gesichert bleibt, und haben damit einen erheblichen Einfluss auf das, was in der Telekom passiert. Wenn die Telekom auf den dadurch entstehenden Druck nicht reagiert, dann werden sich andere ins Fäustchen lachen, und wir hätten nichts gekonnt. Das kann nicht Ziel unseres Vorgehens sein.
Es gibt andere Dinge, die wir als Politik gestalten können. Wir können Grenzen einziehen. Damit sind wir wieder beim Thema „Mindestlohn“. Was muss man zum Beispiel im Call-Center mindestens verdienen? Wie weit kann man die Bedingungen der Mitarbeiter drücken? Was kann man ihnen abverlangen? Was liegt unterhalb der Schmerzgrenze und darf ihnen demzufolge nicht abverlangt werden? - Ich habe allerdings noch immer die Hoffnung, dass auch nach den Veränderungen im Telekombereich die Bedingungen oberhalb dessen liegen, was wir unter dem Begriff „Mindestlohn“ für notwendig halten.
Man darf einen weiteren Aspekt nicht vergessen: Wir stehen zur Tarifautonomie. Es ist nicht unsere Aufgabe, in den Verhandlungsauftrag der Gewerkschaften einzugreifen. Sie haben die Verhandlungen zu führen. Die Politik hat nicht die Aufgabe, an die Stelle der Gewerkschaften zu treten. Insofern bleibt uns als Konsequenz nur, auf den Antrag mit Ablehnung zu reagieren.
Ungeachtet dessen werden wir weiterhin - auch auf politischer Ebene - versuchen, auf die Telekom Einfluss in dem Sinne zu nehmen, dass die Standorte in Brandenburg erhalten bleiben und dass ein zukunftsfähiges - weil mit der Mitarbeiterschaft
abgestimmtes - Konzept entwickelt wird. Wir werden uns also nicht völlig heraushalten. Aber Ihr Antrag hilft uns nicht weiter. Deswegen lehnen wir ihn ab. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann mir durchaus vorstellen, mir noch andere Dinge zum Geburtstag zu wünschen, als hier reden zu dürfen, aber nichtsdestotrotz möchte ich das natürlich gern tun.
Im November 2005 tagten der Hauptausschuss unseres Landtages und der zuständige Berliner Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien, Berlin-Brandenburg zum ersten Mal seit Beginn dieser Legislaturperiode gemeinsam. Im Mittelpunkt dieser Tagung stand die Verabredung, dass beide Landesregierungen beauftragt werden, einen gemeinsamen Fortschrittsbericht vorzulegen, und zwar jährlich. Dieser Bericht liegt uns jetzt vor, und wir haben ihn jetzt auf der Tagesordnung, um darüber zu diskutieren.
Zunächst möchte ich sagen: Es ist zu begrüßen, dass er vorliegt, weil er Dinge zusammenfasst, die viele wissen, aber nicht ohne weiteres auf einen Punkt bringen können. Im Übrigen wird im Februar wohl die nächste Veranstaltung der beiden Ausschüsse stattfinden, auf denen der Bericht dann auch diskutiert wird, sodass unsere Diskussion hier ein Startschuss ist. Sie wird weitergehen.
Wenn man über Berlin-Brandenburg nachdenkt, fällt einem immer zuerst das Thema Fusion - Fusion ja oder nein - ein. Schwarz und Weiß lässt sich immer gut handhaben, widerspiegelt aber nicht immer das Leben. Auch in diesem Fall ist an dem Bericht sehr gut erkennbar, dass die Wahrheit eben zwischen Schwarz und Weiß liegt und deswegen die Frage ja oder nein auch das Problem etwas zu sehr verkürzt; denn der Bericht zeigt, was unterdessen auf den Weg gebracht worden ist und dass vieles auch gut funktioniert - unter anderem das neue Leitbild, der neue Landesentwicklungsplan, der gemeinsam auf den Weg gebracht wird -, aber eben auch zum Beispiel die Außenbeziehung zu Polen, wo man gemeinsam aufzutreten und die regionalen Verbindungen weiter auszubauen versucht. Auch im Bereich der Wirtschaftsförderung - das ist eben angesprochen worden - ist eine ganze Menge getan worden. Insbesondere versucht man jetzt, wirklich gemeinsam aufzutreten und das in einer einheitlichen Wirtschaftsförderung für die Gesamtregion dann auch gemeinsam zu organisieren. Niemand außerhalb Berlin-Brandenburgs versteht, warum die Haupt
stadtregion zu häufig noch mit zwei Zungen spricht. Diese Verbindung in der Wirtschaftsförderung, in einer Institution, wird uns helfen, das geschlossene Bild weiterzuentwickeln.
Ich will an der Stelle neben diesen relativ bekannten Geschichten noch auf ein paar Dinge hinweisen, die vielen nicht sofort einfallen würden, wenn es um Berlin und Brandenburg geht, zum Beispiel das gemeinsame Luftfahrtamt, das gemeinsame Eichamt, das gemeinsame Amt für Statistik oder aber, dass Bergbauvorhaben sowie Energie- und Produktleitungen inzwischen von einer gemeinsamen Behörde betreut werden. Das gemeinsame juristische Prüfungsamt hat seine Arbeit aufgenommen. Die obersten Gerichte sind schon angesprochen worden. Seit Januar 2006 existiert auch ein gemeinsames Institut für Schulqualität.
All diese Beispiele und noch viele mehr - man kann nicht alles innerhalb dieser Rede vortragen - zeigen: Wir arbeiten so stark zusammen wie nie zuvor. Das wissen wir. Was man jedoch noch einmal unterstreichen muss: Wir arbeiten viel stärker mit Berlin zusammen, als das anderswo in der Bundesrepublik zwischen Ländern passiert. Allerdings muss man feststellen, dass wir mit der besten Kooperation die Fusion nicht ersetzen können. Aber wir haben vieles von dem erreicht, was letztendlich im Rahmen einer Fusion auf den Weg zu bringen ist.
Es gibt Dinge, die müssen wir weiterentwickeln, zum Beispiel die Hochschullandschaft. Wir wissen, dass sich die Entwicklung der Studienanfänger unterschiedlich vollzieht. In den ostdeutschen Ländern sind es weniger, in den westdeutschen Ländern zwischenzeitlich mehr. Das bedeutet für uns: Wir müssen reagieren. Wir müssen gemeinsam versuchen, Studienanfänger aus der Region, aber auch außerhalb von Berlin und Brandenburg sowie aus den osteuropäischen Ländern für unsere Hochschulen und Universitäten zu werben. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Die zweite Seite ist, dass wir auch erreichen müssen, dass die Studienabgänger dann hier bleiben, weil das für die Wirtschaft ganz wichtig ist. Auf der anderen Seite ist es für die Studienabgänger wichtig, hier attraktive Arbeitsplätze zu finden. Das gehört letztendlich zusammen.
Was die Infrastruktur angeht, ist das größte gemeinsame Vorhaben der Flughafen Berlin Brandenburg International. Wir haben hier seit einigen Monaten, seit September, Rechtssicherheit. Dies ist auch zu erkennen. Die Bagger rollen, die Kräne drehen sich, und es ist, glaube ich, jetzt schon zu erkennen, dass der BBI das Symbol für das Zusammenwachsen der beiden Länder zu einer gemeinsamen Infrastruktur- und Wirtschaftsregion ist; denn es ist eben nicht bloß das wichtigste Infrastrukturprojekt in Berlin-Brandenburg, sondern gleichzeitig auch das wichtigste Wirtschaftsprojekt. Das ist nicht voneinander zu trennen. Wenn es uns gelingt, dass der BBI das wird, was wir uns erhoffen, nämlich das Tor der Hauptstadtregion nach außen, sozusagen in die weite Welt, werden wir auch erreichen, dass der BBI mit all den Effekten, die damit verbunden sind, zum Jobmotor der Region wird.
Natürlich ist nicht alles so, wie wir es uns gewünscht hätten. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Oktober 2006 hat Grenzen der Zusammenarbeit aufgezeigt. Mich hat die Klarheit dieses Urteiles schon ein wenig überrascht, insbesondere wenn man bedenkt, dass die schwierige finanzielle Situation Berlins zu großen Teilen auch als Folge der deutschen Teilung entstanden ist und auch mit den Aufgaben als Bundes
hauptstadt zusammenhängt, die eben nicht so ohne weiteres zu finanzieren sind. Insofern müssen wir auch gemeinsam dafür werben, dass hier die Verantwortung des Bundes erhalten bleibt.
Das Urteil hat - jetzt kommt das Aber - trotzdem eine Wirkung. Dass die 60 Milliarden Euro an Krediten irgendwann zurückzuzahlen sind, dass dafür die Zinsen zu zahlen sind, ist der Brandenburger Bevölkerung de facto nicht vermittelbar. Es ist ihr nicht zu vermitteln, dass wir dafür mit aufkommen, das entsprechend zurückzahlen müssen. Das ist eine Hürde, die man nicht übersehen darf. Die kann man nicht übersehen; sie ist ein tatsächliches Problem.
Insofern stelle ich einerseits fest: Wir müssen die Zusammenarbeit ausdehnen und sie noch professioneller gestalten. Andererseits müssen wir die Fusion, die ich mir immer noch wünsche, realistisch betrachten. Daraus ergibt sich: Eine Volksabstimmung im Jahr 2009 wäre ein hohes Risiko, denn mit einem Nein bei dieser Volksabstimmung wäre anschließend die Fusion beider Länder auf Jahrzehnte nicht mehr realisierbar.
Rückblickend muss man Folgendes sagen: Wir haben Diskussionen geführt. 1996, als wir zu erklären versuchten, was die Fusion eigentlich erreichen solle, wurde immer gesagt, es würden 100 Staatsverträge notwendig, wenn es nicht zu einer Fusion komme.
- 100, aber es ist egal. Jedenfalls wissen wir, dass zwischenzeitlich schon 23 Staatsverträge fertiggestellt sind und sie ein sehr großes Spektrum der Zusammenarbeit sinnvoll abdecken. Insofern muss man auch feststellen, dass ein großer Teil der Fusionsrendite, die wir uns damals aufgrund der Fusion versprachen, inzwischen tatsächlich eingestrichen werden konnte.
Das neue Leitbild für die Region entsteht in einer umfangreichen Diskussion in Brandenburg und in Berlin. Zum ersten Mal haben wir uns darin aus vollem Herzen für Berlin entschieden und es als unsere Mitte anerkannt. Das halte ich für einen neuen Akzent. Berlin und sein Umland sind das Kraftzentrum einer ganzen Region, und sie werden ein Kraftraum werden, der über die Ländergrenzen hinaus strahlt. Lassen Sie uns deshalb weiter auf dem Weg der Zusammenarbeit gehen, damit Brandenburg und Berlin zu einer erfolgreichen Metropolregion mitten in Europa wird. Dieser Weg bringt Brandenburg und bringt Berlin voran. Wenn dies Brandenburg und Berlin voranbringt, dann bringt es uns auch als gemeinsame Region voran. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kaiser, dass Sie zu dem Ergebnis kommen, wir würden weitere Jahre verschenken, liegt daran, dass Sie die Dimension der im vorigen und in diesem Jahr auf den Weg gebrachten Veränderung nicht verstanden haben. Um sie zu verstehen, muss man zurückblicken und die Frage beantworten, was in den Jahren nach 1990 passiert ist und wie wir darauf reagiert haben.
Das erste Ergebnis des Rückblicks lautet: Der Umbau der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft war eine Herausforderung ohne Beispiel in der Geschichte Deutschlands, Europas und darüber hinaus. Er ging mit Arbeitsplatzverlusten insbesondere in der Industrie und der Forschung einher.
Ferner mussten nicht nur wir in Brandenburg oder nur die neuen Bundesländer, sondern auch die damalige Bundesregierung und die EU feststellen, dass es erheblichen Nachholbedarf in der gesamten Wirtschaft, insbesondere in der Infrastruktur, gab. Im Ergebnis wurden zwei große Förderinstrumente entwickelt, die uns bis heute zur Verfügung stehen: die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ - GA - und der Europäische Fonds für regionale Entwicklung - EFRE. Mit diesen uns an die Hand gegebenen Instrumenten mussten wir irgendwie umgehen.
Zunächst, beginnend 1991, wurde fast alles gefördert. Das hat man sehr schnell korrigiert und eine Abstufung zwischen dem Umland von Berlin, dem engeren Verflechtungsraum, und dem
Rest des Landes vorgenommen, dies wiederum so extrem, dass im Umland fast gar nicht mehr gefördert wurde. Einige Jahre später, beginnend 1995, nahm man erneut eine Veränderung vor, weil man erkannt hatte, dass man sonst Investitionen verlieren würde. Es gab danach zwar immer noch eine Abstufung, aber nur noch eine moderate.
Das zu jener Zeit entwickelte Motto „Dezentrale Konzentration“ hatte einen Ausgleich zwischen dem Berliner Umland und den anderen Regionen Brandenburgs zum Ziel. Es ging offensichtlich auch ein Stück weit darum, Investoren zu steuern. Mit unterschiedlichen Investitionsanreizen wollte man erreichen, Unternehmen, die ursprünglich eher im Berliner Umland investiert hätten, dazu zu bewegen, in anderen Regionen Brandenburgs zu investieren. Bis zu einem gewissen Grade sollte es allen recht gemacht werden. In dem Papier des Wirtschaftsministeriums liest man in diesem Zusammenhang immer wieder das Wort Gießkanne.
Das Interessante ist, dass Frau Kaiser und die PDS damit weitermachen wollen, obwohl sich gezeigt hat, dass die bisherige Förderstrategie nicht zu den Ergebnissen führt, die wir gemeinsam brauchen. Die PDS überschätzt nach wie vor die Binnenwirkung. Rathenow steht nicht wirklich im Wettbewerb mit Potsdam. Die Region Berlin-Brandenburg steht im Wettbewerb mit den Regionen um München, Paris und London sowie mit Irland, um nur Beispiele zu nennen. Nur wenn wir diesen Blickwinkel an den Anfang stellen, können wir am Ende zu richtigen Entscheidungen kommen.
Eines hat die alte Förderstrategie mit sich gebracht: Die Regionen konzentrierten sich auf ihre Schwächen, nicht auf ihre Stärken. Das konnte nicht so weitergehen, sondern musste verändert werden. Die Rahmenbedingungen haben sich, was von vielen damals vielleicht nicht vorhergesehen wurde, seit 1990 massiv verändert; das Stichwort Globalisierung ist schon angesprochen worden. Hinzu kamen die EU-Osterweiterung und das Thema Demografie. Der Fachkräftemangel ist in diesem Zusammenhang zu nennen. Die verfügbaren Fördermittel gehen massiv zurück. Die Rahmenbedingungen mussten also überprüft werden. Das ist 2005 auf den Weg gebracht worden. Im Jahre 2006 sind die Rahmenbedingungen verändert worden.
Dabei geht es nicht darum, Unternehmen zu steuern, sondern darum, passgerechte Angebote zu entwickeln. Das Ausgleichsziel kann nicht aufrechterhalten werden, wenn dadurch unter Umständen Investitionen verhindert werden.
Die Neuausrichtung ist notwendig. Das Wort Konzentration ist in diesem Zusammenhang von zentraler Bedeutung. Es geht dabei sowohl um eine regionale als auch eine sektorale Konzentration. Wir haben heute schon gehört, dass es weiterhin Ausnahmetatbestände geben wird. Eine Mittelstandskomponente wird eingefügt. Die Fördersätze werden überall im Land gleich sein, auch im engeren Verflechtungsraum. Die Splittung in zwei Regionen wird, zumindest was Umland und Außenbereiche angeht, aufgehoben. Das neue Motto „Stärken stärken“ ist ohne Wenn und Aber richtig und spiegelt sich auch in den Regionen wider.
Richtig ist aber auch, dass Wirtschaftsförderung nicht allein, sondern nur im Gesamtpaket funktionieren kann. Dazu gehören Investitionsförderung und Infrastrukturförderung, aber auch Marktzugangsförderung sowie Netzwerk- und Koopera
tionsförderung. Auch die Fachkräftesicherung ist Teil der Wirtschaftsförderung. In diesem Zusammenhang ist immer wieder das Wort Bildung zu nennen. Die Region Berlin-Brandenburg ist als gemeinsamer Standort zu entwickeln und zu vermarkten. Schließlich nenne ich die Aspekte Technologie- und Wissenstransfer sowie Bürokratieabbau. All das sind Faktoren, die die Attraktivität von Standorten beschreiben und für andere erkennbar machen.
Die überministerielle Zusammenarbeit ist ein sehr wichtiger Punkt. Lange Jahre wurde darüber diskutiert. Häufig hat es nicht so funktioniert, wie es eigentlich gewollt war. Es kann ein Qualitätssprung erreicht werden, wenn die Ziele aller Ministerien aufeinander abgestimmt werden. Um das greifbar zu machen, gibt es das neue Medium des Wachstumskerns. Der Wachstumskern macht die Zusammenarbeit an einem Ort erkennbar. Hier gibt es einen bestimmten Bereich, der eine bestimmte Aufgabe umsetzen will.
Im November 2005 wurden 15 Wachstumskerne nominiert. Zwischenzeitlich liegen die in den Wachstumskernen erstellten Entwicklungskonzepte vor. Das ist ein guter Grund, eine Zwischenbilanz zu ziehen; das tun wir im Moment.
Auch wenn Sie von der PDS ein anderes Konzept verfolgen, würden Sie interessanterweise im Osten Berlins gern einen Wachstumskern sehen. Das habe ich jedenfalls so verstanden. Das wäre neben dem Osten übrigens auch im Süden und Westen sinnvoll. Insofern sind wir nicht mehr so weit auseinander.
Wenn man eine Zwischenbilanz zieht, ist zunächst zu prüfen, was geschehen ist und was wir erreicht haben. Ich denke, es ist sowohl innerhalb als auch außerhalb des Landtags völlig unstrittig, dass es einen Imagegewinn der Region Berlin-Brandenburg, aber auch des Standortes Brandenburg selbst gegeben hat. Der Imagegewinn spiegelt sich überall in der Presse wider und ist auch in den Unternehmen zu erkennen. In vielen Orten hat man gemerkt: Mit der Umstellung der Förderpolitik hat das Land einen mutigen Schritt gemacht, obwohl das nicht nur Freude ausgelöst, sondern auch zu manchen Gegenstimmen und zu Verärgerung geführt hat. Wir haben die Umstellung vorgenommen, indem wir die Stärken in den Mittelpunkt gestellt haben. Dieser Weg ist nicht immer einfach gewesen, aber richtig. Das wird auch außerhalb dieses Hauses anerkannt.
Wenn man anhand der Entwicklungskonzepte die Zwischenbilanz ein wenig weiterführt, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass es noch ein paar korrekturbedürftige Dinge gibt. Aus meiner Sicht wird die Infrastruktur immer noch überbetont. Hier ist schon eine kleine Korrektur erfolgt; dennoch ist das nach wie vor ein Problem in den Entwicklungskonzepten, die regional aufgestellt worden sind.
Als zweites Problem sollte man im Auge behalten, dass die aus dem Fachkräftemangel resultierenden Probleme noch nicht in allen Regionen ausreichend erkannt worden sind. Es fehlt an ausreichend entwickelten Strategien. Man kann aus den Entwicklungskonzepten ein Stück weit herleiten, dass es insoweit Nachholbedarf gibt.
Wenn man eine Zwischenbilanz zieht, muss man auch feststellen: Der Aufbruch in die neue Förderpolitik vollzog sich ein
wenig holprig, ein wenig überstürzt. Das hat dazu geführt, dass in der Anfangsphase manches vielleicht nicht so optimal gelaufen ist, wie man sich das hätte vorstellen können.
Ferner ist feststellen, dass wir nach wie vor kein schlüssiges Konzept haben, wie wir die Potenziale im engeren Verflechtungsraum nutzen können. Das ist ein Problem. Das ist meines Erachtens eine Aufgabe für die Evaluierung.
Damit bin ich bei den Handlungsempfehlungen. Ich glaube, die Bedeutung der Evaluierung, die sicherlich in den nächsten zwei Jahren ansteht, wird von allen Seiten anerkannt. Aber 2008 müssen wir Ergebnisse haben. Wir können Entscheidungen nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag hinausschieben, sondern müssen das, was wir an richtigen Maßnahmen auf den Weg gebracht haben, vernünftig nachsteuern können. Dazu brauchen wir eine Evaluierung. Darin sollte der Landtag noch stärker einbezogen werden, als es bei Aufstellung der Konzeption der Fall gewesen ist. An dieser Stelle halte ich insbesondere Transparenz für ein Schlüsselwort.
Es war nicht immer klar, warum eine Region zum Wachstumskern geworden ist, eine andere dagegen nicht. Das muss transparenter gemacht werden. Nur dann wird es möglich sein, das zu erreichen, was wir perspektivisch wollen: ein dynamisches System. Vielleicht gibt es Absteiger, die ihre Entwicklungskonzepte nicht umsetzen. Es gibt aber auch die Chance für Aufsteiger, Wachstumskern zu werden, wenn sie sich gut entwickeln. Beides muss möglich ein. Dafür muss man aber wissen, wie die Auswahl funktioniert. Es muss Regeln geben; momentan gibt es sie noch nicht.
Ich meine, wir müssen noch einmal darüber nachdenken, ob es nicht zu viele Branchenkompetenzen gibt; es sind 17, wenn man die Mikroelektronik einrechnet. Möglicherweise muss an dieser Stelle nachgesteuert werden.
Im Rahmen der Evaluierung sollten wir auch darüber nachdenken, ob die gemeindegrenzenscharfe Betrachtung immer die richtige ist.
Es gibt Wirtschaftsverflechtungen, die nicht an Kommunalgrenzen Halt machen. Auch dafür muss man im Konzept Antworten haben.
Zum letzten Punkt: In Zukunft geht es darum, eine Idee zu haben, wie man die Potenziale des Umlands tatsächlich vernünftig nutzen kann, denn darin liegt eine der wesentlichen Stärken des Landes Brandenburg oder, besser gesagt, der Region Berlin-Brandenburg. Wenn wir sie ungenutzt ließen oder sie nicht ausreichend nutzten, hätten wir meines Erachtens nicht alles ganz richtig gemacht.
Zusammengefasst muss man feststellen: Die Umsteuerung der Wirtschaftsförderung und, damit verbunden, der gesamten För
dermentalität im Land Brandenburg war absolut richtig. Wir sind auf einem guten Weg; auf ihm sollten wir weitergehen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ladenöffnungszeiten haben mit vielen anderen Bereichen des Lebens zu tun. Ein wichtiger Faktor sind die Ladenöffnungszeiten etwa für Arbeitnehmer, und Ähnliches gilt für den sozialen Bereich, für die Gesundheit, für Familien und vor allem für die Wirtschaft. Insofern müssen wir einen Rahmen dafür finden. In unserer Fraktion haben wir uns mit der Kollegin Lehmann darauf verständigt, dass die Wirtschaft hierzu sprechen wird, obwohl wir erkennen, dass hier sozusagen beide Seiten gleichmäßig beleuchtet werden müssen.
Es gibt wohl nur wenige andere Gesetze, über die so oft und grundsätzlich diskutiert wird wie über den Ladenschluss bzw. über die Ladenöffnungszeiten, wie es in Zukunft heißen soll. Wir haben immer wieder erlebt, wie die einzelnen Gruppierungen, die in diesem Zusammenhang natürlich auch jeweils spezifische Interessen intensiv vertreten, mit fundamentalen Botschaften an die Politik herangetreten sind. Dabei ist deutlich geworden, dass die Politik oftmals langsamer war als die Wirklichkeit. Wir sind jetzt dabei, ein bisschen aufzuholen. Dazu war es notwendig, dass die Zuständigkeit für die Regelung des Ladenschlusses bzw. der Ladenöffnungszeiten an die Länder übertragen wurde. Das ist mit Wirkung vom 1. September dieses Jahres geschehen. Damit sind jetzt wir dafür verantwortlich, für unser Land vernünftige Regelungen zu finden. Diese Regelungen haben natürlich auch immer damit zu tun, was um einen herum sonst noch passiert. In unserem Fall ist ganz entscheidend, was in Berlin geschieht, weil viele Bereiche Brandenburgs mit Berlin eng verflochten sind. Aus diesem Grunde müssen die Regelungen zusammenpassen. Das hat die Sache für Brandenburg schwierig gemacht, weil Berlin nach der Wahl sozusagen ein bisschen arbeitsunfähig ist. Trotzdem ist es uns gelungen, einen Zeitplan zu entwickeln, nach dem das Gesetz tatsächlich schon im November verabschiedet werden und im Dezember in Kraft treten kann. Mehr konnten wir wohl wirklich nicht erreichen. Wir haben an dieser Stelle das Optimum geschafft. Dafür mein Dank an das Arbeitsministerium und speziell an die Ministerin dafür, dass sie so vorausschauend gearbeitet haben.
Gleichwohl werden wir eine Anhörung durchführen. Das ist auch sehr wichtig, weil es hierbei um grundsätzliche Fragen geht. Obwohl wir es also eilig haben, wollen wir uns die Zeit für eine Anhörung nehmen. Als Termin dafür ist der 15. November vorgesehen. Der Bereich Wirtschaft wird sich daran beteiligen. Der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie wird die Federführung übernehmen. Das ist eine ordentliche Arbeitsteilung, die dazu führen wird, dass wir die Beratungen tatsächlich Ende November abschließen können.
Zu der Anhörung werden Vertreter der wesentlichen Gruppierungen eingeladen, die in diesem Bereich Interessen vertreten. Da sind auf der einen Seite die Gewerkschaften, die Arbeitnehmerinteressen, vertreten und auf der anderen Seite die Wirtschaftsverbände. Eingeladen werden natürlich Vertreter der Kirchen, der Verbraucherverbände. Wir werden also mit einem breiten Fächer an Interessen konfrontiert, die wir bei unserer
Entscheidung berücksichtigen können. Dabei geht es darum, für die Ladenöffnungszeiten in Brandenburg eine flexible Regelung zu schaffen.
Ich glaube, damit sind alle Punkte angesprochen worden. Auch ich möchte, wie es der Kollege Christoffers schon gemacht hat, abschließend noch sagen: Die Auswirkungen des Gesetzes werden nicht so gravierend sein, wie es manche befürchten, und auch nicht so gravierend - das ist die andere Seite -, wie es manche erhoffen. Vor einiger Zeit bin ich in Schweden gewesen. Dort besteht überhaupt kein Ladenschlussgesetz. In den dortigen Einkaufszentren gibt es Ladenkomplexe, in denen die Läden bis 22 Uhr geöffnet haben, während einzelne Geschäfte, die 100 m davon entfernt liegen, bereits um 18 Uhr schließen. Das ist dort die Realität, zu der mit den Mitarbeitern Vereinbarungen zu treffen sind.
Damit bin ich bei dem letzten Punkt, den ich noch ansprechen möchte: Die Verantwortung der Arbeitgeber wird steigen, vernünftige Regelungen zu finden. Dabei bin ich optimistisch, dass die Arbeitgeber im Lande Brandenburg das hinbekommen. Familienfreundlichkeit ist ein wesentlicher Punkt. Das wird geregelt werden.
Ich meine, wir sind auf einem guten Weg. Ich wünsche uns eine gute Beratung im Rahmen der Anhörung und in den Ausschüssen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Optimismus ist gut, insbesondere dann, wenn es um die Wirtschaft geht. Allerdings bleibt Realismus Pflicht. Insofern muss ich den Optimismus von Herrn Lunacek ein klein bisschen bremsen. Wenn man glaubt, dass die Wirtschaftsentwicklung, die wir am Anfang des Jahres 2006 verzeichnet haben, ein Resultat der Politik der neuen Bundesregierung sei, dann liegt man falsch. Diese Annahme wäre zu optimistisch. Wenn es überhaupt eine Wirkung der Bundesregierungen gibt, dann ist das Wirtschaftswachstum, das wir jetzt verzeichnen, Ergebnis der rot-grünen Bundesregierung, die vorher aktiv war.
Wenn man mit Unternehmern spricht und sich die statistischen Daten ansieht, stellt man fest: Die Stimmung der Wirtschaft im Land ist besser als in den Vorjahren. So lag das Wirtschaftswachstum im verarbeitenden Gewerbe im vorigen Jahr bei 5 %. Das verarbeitende Gewerbe ist für uns besonders wichtig, weil die Wertschöpfung in der gesamten Wirtschaft ganz wesentlich davon abhängt, ob es dort funktioniert oder nicht.
Die Arbeitslosigkeit ist mit 16 % zwar immer noch zu hoch, aber so niedrig wie seit 2000 nicht mehr. Es gibt 20 000 offene Stellen im Land.
Der Bauwirtschaft, die stets das Sorgenkind der Brandenburger Wirtschaft gewesen ist, geht es besser. Man sieht jetzt positivere Zeichen und liest bessere Zahlen als in den Vorjahren.
Zahlreiche Unternehmen, auch die der Bauwirtschaft, haben volle Auftragsbücher. Der Export entwickelt sich nach wie vor positiv.
Ein leichtes Aufatmen ist also durchaus angesagt, wenn wir - das habe ich eingangs erwähnt - realistisch bleiben. Ein Großteil der Impulse stammt nicht aus dem, was wir hier selbst organisiert haben, sondern von außen. An erster Stelle ist die Weltwirtschaft zu nennen. Deutschland ist Exportweltmeister. Wenn die Weltwirtschaft funktioniert, dann gibt es immer ei
nen positiven Effekt in Deutschland und damit auch in Brandenburg. Wenn die Weltwirtschaft nicht „brummt“, fallen die Zahlen in Deutschland weniger günstig aus.
Die Mehrwertsteuererhöhung hat ohne Frage im Jahr 2006, aber vermutlich auch noch 2007 einen Einfluss. Der Raum für Spekulationen ist riesig, wenn es um die Abschätzung der Auswirkungen geht. Alle diejenigen, die jetzt sagen, sie wüssten, wie sich die Mehrwertsteuererhöhung auf die Zahlen zum Wirtschaftswachstum auswirkt, stochern im Nebel. Deswegen sollte man jetzt nicht zu viel darüber spekulieren.
Wir haben in Brandenburg einiges getan, damit es für die Wirtschaft einfacher wird. Wir agieren zielgerichteter. Die Initiative, die wir im vorigen Jahr unter dem Motto „Stärken stärken“ auf den Weg gebracht haben, hat zumindest erreicht, dass ein Ruck durch das Land gegangen ist. In Regionen, wo in der Vergangenheit immer wieder über Schwächen geklagt wurde, wird heute, im Jahr 2006, über Stärken diskutiert und mit diesen Stärken geworben. Man konzentriert sich auf das, was Zukunftsfähigkeit ausmacht, nämlich auf die Aktivitäten, in denen man gut ist.
In diesem Zusammenhang ist zu überlegen, in welchen Bereichen die positiven Effekte, die wir brauchen, erzielt werden können. Große Unternehmen sind auch für das Land Brandenburg wichtig, aber Arbeitsplätze entstehen vor allen Dingen in den kleinen und mittleren Unternehmen. Deswegen ist es umso wichtiger, dass der Optimismus, von dem wir heute alle - einige mehr, andere weniger - sprechen, tatsächlich bei den Unternehmen ankommt. Unter den kleinen und mittleren Unternehmen schaffen nämlich insbesondere diejenigen neue Arbeitsplätze, die ihre Zukunft optimistisch sehen, die wissen, dass es nach vorn geht. Der so wichtige Optimismus sollte also nicht zerredet werden.
Es gibt Grund für Optimismus. Ich nenne den BBI. Die Entscheidung ist gefallen. Das, was im Umfeld des Flughafens entsteht, wird größere Auswirkungen auf die Region haben als das, was auf dem Flughafen entsteht. Im Umfeld wird es brummen. Ich bin insoweit absolut optimistisch - mit mir ein Großteil der Brandenburger Wirtschaft.
Wir sind ein Stück weiter, was die Funktion der Metropole Berlin angeht, und wissen: Brandenburg kann sich ohne Berlin nicht vernünftig entwickeln wie auch umgekehrt Berlin nicht ohne Brandenburg. Was die Wirtschaft angeht, hat sich vieles weiterentwickelt. Diese Erkenntnis gewinnt man, wenn man Vertreter der Wirtschaft direkt fragt.
Aber auch die Randlage Brandenburgs in Bezug auf Polen entwickelt sich zum positiven Standortfaktor. Wenn man sich die Entwicklung der Exportbeziehungen zwischen Polen und Brandenburg ansieht, stellt man fest, dass wir in beiden Richtungen einer der wichtigsten Partner sind. Es ist ein gutes Zeichen, dass das aus dem Aufschwung in Polen erwachsende Potenzial auch bei uns Wirkung entfaltet.
Ich will auf Frankfurt (Oder) als weiteres positives Beispiel eingehen, weil über diese Stadt häufig negativ diskutiert worden ist. Auch entsprechende Debatten hier im Parlament waren häufig von einem negativen Zungenschlag begleitet. Seit einem Jahr sieht es ganz anders aus. Es werden permanent positive Botschaften übermittelt. Das ist ein Zeichen dafür, dass sich
eine negative Entwicklung zum Positiven wandeln kann, wenn man sich ausreichend auf die eigenen Stärken konzentriert.
Es bleiben Herausforderungen zu bewältigen. Wir wissen, dass weniger Fördermittel gewährt werden. Ab 2019 müssen wir die Investitionen, die das Land vorhat und die auch notwendig sind, aus eigener Kraft stemmen. Insofern müssen wir lernen, mit unseren eigenen Mitteln besser umzugehen. Sie sind so einzusetzen, dass der größtmögliche Effekt entsteht.
Die Förderpolitik in Brandenburg wird sich auf noch weniger Branchen spezialisieren müssen. Gegenwärtig sind 16 Branchen als Zukunftsbranchen definiert. Das kann nicht von Dauer sein. Wir werden uns weiter konzentrieren müssen.
Eines unserer größten Probleme wird der Fachkräftemangel sein. Die Gründe liegen in den niedrigen Geburtenraten, vor allem im Geburtenknick, aber auch in der Abwanderung und den Fähigkeiten und Fertigkeiten von Schulabgängern. Welche Handlungsfelder lassen sich daraus für uns identifizieren? Die Geburtenrate werden wir nur begrenzt beeinflussen können. Aber wir können eine familienfreundliche Politik gestalten. Insoweit sind wir besser als viele andere Bundesländer, insbesondere wenn man sich das Kita-Umfeld ansieht. Aber auch die Unternehmen und die Verwaltung stehen in der Verantwortung. Im täglichen Miteinander muss Familienfreundlichkeit stärker ausgeprägt werden.
Die Abwanderung werden wir dann in den Griff bekommen, wenn es in Brandenburg zukunftssichere Jobs in zukunftssicheren Unternehmen gibt. Deswegen ist die Konzentration der Wirtschaftsförderung auf die Zukunftsbranchen so wichtig.
Wir müssen auch eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen erreichen. Da gibt es ein großes Potenzial. Für Studenten ist es interessant, hier zu bleiben, wenn sie hier ihre Diplomarbeit schreiben können, hier ein Praktikum absolvieren können und hier einen Job in Aussicht haben. Schlecht wäre es, wenn das nur in Bayern möglich wäre. Die Studenten bzw. Absolventen sind dann dort schon verwurzelt und bleiben vielleicht auch dort.
Was die Bildung angeht, sind wir ein ganzes Stück weitergekommen. Insoweit ist in den letzten Jahren viel getan worden. Ich verweise auf Vergleichsarbeiten, zentrale Prüfungen, das Zentralabitur und darauf, dass den Lehrern klarere Vorgaben gemacht worden sind. Wir verzeichnen eine konsequentere Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft. Das ist sehr wichtig. Hier kann man aber noch mehr herausholen. Auch da sollten wir dranbleiben.
Es ist auch wichtig, dass Bildung tatsächlich in der Kita beginnt. Je später die Kinder damit anfangen, desto schwieriger wird es, beim Schulabschluss zu den Ergebnissen zu kommen, die wir brauchen.
Ich möchte noch einmal auf die Region Berlin-Brandenburg eingehen. Das Urteil aus Karlsruhe ist nachvollziehbar, aber dennoch nicht gut für die Region. Die Egoismen werden zunehmen. Schon jetzt hat die Argumentation der Berliner Seite häufig den Touch, nur ein Arbeitsplatz, der in Berlin entstehe, sei ein guter Arbeitsplatz. Ich befürchte, diese Tendenz wird
sich verstärken. Damit lenkt man aber von der wichtigen Erkenntnis ab, dass wir nur als gemeinsame Region stark sind. Ein Arbeitsplatz, der in Brandenburg entsteht, ist auch gut für Berlin; ein Arbeitsplatz, der in Berlin entsteht, ist auch gut für Brandenburg.
Ich glaube, das geht ein bisschen verloren. Umso mehr muss man für diesen Gedanken immer wieder werben, damit dies nicht in Vergessenheit gerät.
Wenn ich ein Fazit ziehe, so komme ich zu dem Ergebnis, dass die Herausforderungen, vor denen wir stehen, eigentlich nicht größer geworden sind. Wir haben sie aber unterdessen besser erkannt. Das ist ein positiver Effekt: Wenn man Herausforderungen erkennt, kann man auch damit umgehen.