Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gestern die 14. Sitzung unterbrochen und setzen sie heute mit der weiteren Behandlung des Tagesordnungspunktes 2 fort:
Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Landes Brandenburg für die Haushaltsjahre 2005 und 2006 (Haushaltsgesetz 2005/2006 - HG 2005/2006)
Der Haushaltsplan des Wirtschaftsministeriums ist einer der wichtigen und verdient Ihre volle Aufmerksamkeit, die Sie am besten im Sitzen zum Ausdruck bringen können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Friede, Freude, Eierkuchen! Leider ist Frau Schulz, für deren Ohren das bestimmt war, heute nicht hier. Sie hat sich ja gestern darüber aufgeregt, dass die DVU-Fraktion in der Haushaltsdebatte über Katastrophen und Desaster spricht. Aber Friede, Freude, Eierkuchen, verehrte Damen und Herren, das ist nicht unser Part, sondern Ihr Part. Deshalb bleibt es dabei: Auch der Einzelplan 08 ist eine Katastrophe.
Anders, Herr Wirtschaftsministers Junghanns und meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, kann man Ihre Wirtschaftspolitik oder das, was Sie so nennen, wahrlich nicht bezeichnen.
Daher möchte ich, bevor ich zu den Zahlen des Einzelplans 08 sowie zu unseren Änderungsanträgen komme, auf die derzeitige Wirtschaftssituation in Brandenburg eingehen. Brandenburg bleibt ein Bundesland mit geringer wirtschaftlicher Dynamik. Im Vergleich zum Vorjahr ist das Land laut einer Studie der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft von Platz 13 auf Platz 14 abgerutscht. Es liegt damit vor Berlin an vorletzter Stelle im Bundesvergleich.
Wegen der Fehlentscheidung der Landesregierung, insbesondere von Ihnen selbst, Herr Ministerpräsident, und Ihrer damaligen Finanzministerin, Frau Ziegler, verliert Brandenburg aller Voraussicht nach in Zukunft rund 350 Millionen Euro an EUFörderung. Denn Sie haben es zu verantworten, dass Brandenburg in einen angeblich armen Nordosten und einen angeblich reichen Südwesten aufgeteilt wurde, obwohl gerade in diesem Südwesten extrem strukturschwache Gebiete liegen.
Ohne Zweiteilung - so erklärten Sie damals - würde ganz Brandenburg ab 2006 die Höchstförderung verlieren. Inzwischen hat sich aber klar und deutlich herausgestellt, dass ohne künstliche Zweiteilung das gesamte Land weiter die maximale EUFörderung als so genanntes Ziel-1-Gebiet bekommen würde, die durch Ihre voreilige Entscheidung jetzt nur für den Norden gesichert ist.
Jetzt kommen Sie, Herr Lunacek, der das Ganze damals unter anderem als Mitglied des Finanzausschusses stillschweigend mitgetragen hat. Sie erklären jetzt - natürlich zu Recht -, die damalige Entscheidung sei ein Fehler gewesen, da hier keine konkreten Daten zugrunde lagen, und daher müsse man jetzt quasi einen Canossagang nach Brüssel antreten und bei der EU-Kommission um eine Ausnahmeregelung betteln.
Wie verlogen, meine Damen und Herren von der CDU! Hätten Sie doch damals als Koalitionspartner die Fehlentscheidung des Ministerpräsidenten verhindern können, statt heute „Haltet den Dieb!“ zu rufen.
In der Folge drohen den betroffenen Regionen weniger Fördermittel und geringere Fördersätze. So ist im Gespräch, in der Übergangszeit zunächst noch 85 % zu zahlen, die dann auf 60 % absinken.
Bedenkt man dann noch, dass in den Haushaltsjahren 2000 bis 2004 von 1,2 Milliarden Euro gerade einmal 871 Millionen Euro abgeflossen sind, während die Wahnsinnssumme von 340 Millionen Euro zugesagter und genehmigter Fördermittel mangels Kofinanzierung voraussichtlich wieder nach Brüssel zurückfließt, kann man erkennen, welche Wirtschaftsvernichtungspolitik seitens dieser Landesregierung in Wahrheit betrieben wird.
Nun soll ausgehend von Herrn Platzecks Katastrophenleitbild der Förderdschungel für Unternehmen und Investoren gelichtet werden. Es soll nur noch zwei Fördersätze für Unternehmen geben: eine Basisförderung im ganzen Land und eine spezielle Höchstförderung.
Um in deren Genuss zu kommen, müssen mittelständische Firmen, die investieren, in einer der 16 so genannten Wachstumsbranchen wie Luftfahrttechnik, Medien, Automobilindustrie, Biotechnologie, Optik oder Kunststoff tätig sein. Die große Masse der mittelständischen Firmen unseres Landes, insbesondere die wirtschaftlich gebeutelte Baubranche, fällt selbstverständlich nicht darunter.
Darüber hinaus müssen selbst Firmen in diesen so genannten Wachstumsbranchen in den so genannten Branchenorten Brandenburgs investieren; anders ausgedrückt, im so genannten Berliner Speckgürtel, beispielsweise in Ludwigsfelde, um nur einen Ort zu nennen.
Will dagegen ein Unternehmen in der Prignitz oder im größten Teil der Lausitz oder der Uckermark investieren, dann heißt das fördertechnisch „keine Chance“.
Wahrhaftig, Herr Ministerpräsident und Herr Minister Junghanns, ein wirtschaftsstrukturpolitisches Meisterwerk!
Wie sieht die Lage der mittelständischen Firmen Brandenburgs derzeit aus? - Der Hauptgeschäftsführer der für ganz Westbran
„Das Konzept geht an uns vorbei. Gefördert werden nur innovative Investitionen. Die findet man in unseren kleinen Betrieben wenig. Die Kammer fordert stattdessen, einen Schwerpunkt auf Ersatzinvestitionen, also etwa auf neue Werkzeuge, zu legen. Zudem können verschiedene vorhandene Fördertöpfe in den Ressorts der Landesregierung für einen großen Wurf zusammengefasst werden.“
„Die Politik muss sich mehr für Arbeit interessieren und sie in der Region zur Verfügung stellen“, sagte daher auch Potsdams Kammerpräsident Klaus Windeck. Denn Arbeit, das heißt Aufträgen, sieht man in den rund 15 400 Betrieben mit etwa 65 000 Beschäftigten im Kammerbezirk derzeit besonders interessiert entgegen.
Dies ging aus der am 12. Mai vorgelegten Frühjahrskonjunkturumfrage unter 2 500 Brandenburger Unternehmen hervor. Nur noch jeder zehnte der etwa 500 Betriebe, die geantwortet haben, sprach von einer guten Geschäftslage; 59 % sprachen von einer schlechten Geschäftslage. Im Herbst 2004 hatten nur 36 % ihre Situation negativ beurteilt. Fast zwei Drittel der Betriebe klagen nun über Auftragseinbußen, 67 % über Umsatzrückgänge.
Besonders düster sieht es etwa beim Gesundheitsgewerbe aus, zum Beispiel bei Zahntechnikern oder Augenoptikern. Hier sehen sich laut Umfrage neun von zehn Unternehmen tief im Keller. Dazu Kammerpräsident Windeck wörtlich:
Die miese Situation schlägt sich natürlich auch auf die Beschäftigungszahlen nieder. Allein in den ersten beiden Monaten dieses Jahres sind im Brandenburger Handwerk 7 % des Personals abgebaut worden. Jeder vierte Betrieb reduzierte seine Belegschaft.
Ähnliches gilt für Investitionen. Mehr als drei Viertel der Firmen haben seit einem Jahr oder länger nicht mehr investiert. Dabei verzeichnet das Handwerk einen Gründerboom. Glaubt man der Kammer, ist er aber auch ein Teil des Problems. Allein in den ersten drei Monaten des Jahres wurden demnach 504 Betriebe neu eingetragen; ein Viertel davon waren IchAGs. Ihre Zahl beträgt nun 1 300. Meist üben sie Berufe aus, bei denen seit In-Kraft-Treten der neuen Handwerksordnung vor 17 Monaten kein Meisterbrief mehr nötig ist, wie etwa bei Fliesenlegern. Deren Zahl stieg von 225 Ende 2003 auf 897. Die Kammer sieht in dieser Entwicklung eine - so wörtlich „Dequalifizierungsspirale“ mit Minifirmen, die ansässigen Handwerkern mit Preisdumping zusätzlich das Leben schwer machen. Insbesondere in der strukturschwachen Lausitz fürchten die Handwerksbetriebe um ihren Ruf und um ihre Existenz, denn mit der Lockerung des Meisterzwangs und mit den von Ihnen als staatlich subventionierte Schwarzarbeiter abgestempelten Ich-AGs ist ihnen eine bislang ungeahnte Konkurrenz erwachsen. So wuchs im Kammerbezirk Cottbus beispielsweise die Zahl der Fliesenleger seit Anfang 2004 von 135 auf 337 Betriebe. Das bedeutet ein Plus von 150 %.
Zur Fördermisere und zum Preisdumping kommt insbesondere in den Ostbrandenburger Regionen auch noch die EU-Osterweiterung mit den damit verbundenen Risiken. Während die multinationalen Großkonzerne und die Wirtschaftsinstitute einen sprunghaft gestiegenen Handel mit den neuen EU-Mitgliedern verzeichnen und auch in den Beitrittsländern eine positive Bilanz gezogen wird, ist die Skepsis in den Brandenburger Grenzregionen inzwischen noch größer geworden. Die meisten dortigen Firmen klagen über die größer gewordene Konkurrenz. Als KMUs sind sie zu schwach, um selbst über die Grenze hinaus zu agieren.
Auch die Nichtunternehmer verhalten sich widersprüchlich. Als Verbraucher nutzen sie die billigeren Angebote aus dem Osten, als Arbeitnehmer dagegen fürchten sie um ihre Jobs. Es stellt sich also die Frage, weshalb Brandenburg weder von der Dynamik westlicher Unternehmen noch vom Elan bei den östlichen Nachbarn profitiert. Die Antwort darauf ist simpel: Bei den politisch Verantwortlichen fehlt einfach der Mut; vor allem aber fehlen Konzepte, um die ohnehin wenigen Chancen tatsächlich zu nutzen.
Die Liste der Versäumnisse ist lang. Da werden Verkehrswege wie etwa die Eisenbahn und Grenzübergänge nur schleppend gebaut. Bürokratische Hürden für deutsche Firmen werden eher auf- als abgebaut, während die polnische Konkurrenz unbürokratisch auf den deutschen Markt drängen kann; die EUDienstleistungsrichtlinie, die Millionen Polen zu Selbstständigen und bereits jetzt Hunderttausende Deutsche zu weiteren Arbeitslosen macht, tut ein Übriges.
Wir als DVU-Fraktion jedenfalls sagen zu all diesem wirtschaftspolitischen Wahnsinn konsequent Nein.
Daher fordern wir mit den von uns vorgelegten, sachlich begründeten und haushaltspolitisch gedeckten Anträgen, kleinen und mittelständischen Unternehmen mehr Unterstützung insbesondere im Bereich der Investitionen zukommen zu lassen, zum Beispiel durch eine Erhöhung der Zuschüsse für technologieorientierte Investitionen, durch eine Aufstockung der Zuschüsse für Investitionen an private Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, um die Kürzung der GA-Mittel durch Landesmittel im Sinne der Förderung kleiner und mittelständischer Betriebe auszugleichen, oder durch die Erhöhung der Zuführung aus dem Seed Capital Found Brandenburg in Höhe von 480 000 Euro. Wir fordern, gezielt Existenzgründungen und den Aufbau kleiner und mittelständischer Betriebe zu fördern, und wollen dazu mit dem von uns vorgelegten Änderungsantrag ein Existenzgründungs- und Existenzaufbauprogramm ins Leben rufen.
Darüber hinaus sollen Arbeitsplätze durch Hilfen insbesondere bei Krisen von mittleren Unternehmen gesichert und damit auch ausreichend arbeitsmarktpolitische Aktivitäten mit Blick auf die Binnennachfrage ausgelöst werden. Dem dient unter anderem unser Änderungsantrag mit dem Ziel, den Titel für Zuschüsse für Unternehmenssanierungen wieder mit 1 Million Euro auszustatten. Dagegen sehen wir keine Notwendigkeit, die Filmförderung in Babelsberg weiter finanziell zu unterstützen.
Wie aus der Antwort der Landesregierung mit der Drucksachennummer 4/1013 auf Ihre Kleine Anfrage 319, Frau Kollegin Fischer von der SPD-Fraktion, hervorgeht, wurden in den Haushaltsjahren 1999 bis 2004 Fördermittel in Höhe von 114 Millionen Euro für Filmprojekte ausgegeben, wozu außerdem über 10 Millionen Euro an Ausreichungskosten kamen. Mit der gesamten Filmförderung der letzten zehn Jahre - gehen wir also ruhig von der doppelten Fördersumme aus - wurden Filmumsätze in Höhe von knapp 500 Millionen Euro generiert. Bei einer gut geschätzten Durchschnittsrendite von 10 % oder 50 Millionen Euro Gewinn hieße das nichts anderes, als dass für einen Euro Gewinn in der Filmbranche 5 Euro an Zuschüssen gewährt wurden, wobei der Gewinn dann noch nicht einmal in Brandenburg blieb und hier versteuert wurde.
„Ist es auch Wahnsinn“, könnte man mit Goethe sagen, „so hat es doch Methode.“ Inzwischen wird selbst auf Bundesebene darüber spekuliert, ob es nicht besser wäre, die Filmförderung komplett einzustellen und sie durch Steueranreize und privates Risikokapital zu ersetzen. Da die Babelsberger Filmstudios inzwischen im Übrigen kurz vor ihrem Börsengang stehen und damit das dritte an der Börse gehandelte Brandenburger Unternehmen wären, kann in diesem Zusammenhang, Herr Kollege Heiko Müller, von finanzschwach wohl keine Rede sein. Das dürfte Ihnen, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank und von den Koalitionsfraktionen, kaum entgangen sein.
(Schulze [SPD]: Sie wissen vielleicht, wie man den Fern- seher einschaltet und Filme ansieht! Aber davon, wie Fil- me produziert werden, haben Sie keine Ahnung!)
Warum Sie trotzdem unverdrossen an der Förderung gerade dieser im Übrigen nicht arbeitsplatzstarken Branche festhalten, bleibt daher wohl Ihr Geheimnis. Gestern noch, Frau Funck, haben Sie sich eindeutig gegen Subventionen ausgesprochen. Warum handeln Sie dann nicht?
Wir jedenfalls fordern, die Zuschüsse zur Förderung des Films in Brandenburg ersatzlos zu streichen und diese Mittel stattdessen zur Deckung der anderen von uns genannten Änderungsanträge zu verwenden. Den Einzelplan 08, Wirtschaftsministerium, lehnen wir selbstverständlich ab. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Hesselbarth, eine Anmerkung: Die Studios in Babelsberg sind Dienstleister, nicht diejenigen, die die Filme selber auf den Weg bringen. Dafür, dass die deutsche Filmszene Unterstützung erhält, damit erfolgreiche Filme, wie es in der Vergangenheit bereits gelungen ist, auch in Babelsberg gedreht werden können, geben wir Unterstützung. Dies ist vernünftig. Es kann doch nicht Ihr Ziel sein, dass in unseren Kinos nur noch amerikanische Filme gezeigt werden. Daher macht es sehr viel Sinn, auch die deutsche Filmszene finanziell zu unterstützen. Sie wollen den Kahlschlag am Medienstandort; wir wollen ihn nicht. Des