Die Mehrwertsteuer hat gegenwärtig ein Aufkommen von 140 Milliarden Euro. Eine 2%ige Erhöhung der Mehrwertsteuer würde niemals die Summen erbringen, die Sie in Ansatz bringen, um die Lohnnebenkosten tatsächlich zu entlasten.
Aber kommen wir zur Situation in Brandenburg und sprechen wir über das Konzept, das der Wirtschaftsminister vorgelegt hat.
Das Erste: Was die besonderen Förderschwerpunkte im KMUBereich betrifft, Herr Wirtschaftsminister, bin ich mit Ihnen völlig in Übereinstimmung. Wir haben einen Dissens, einen unterschiedlichen Punkt in den politischen Konzepten und dieser betrifft die Eigenkapitalsituation.
Meine Damen und Herren! Seit Jahren reden wir hier im Landtag Brandenburg davon, dass ohne eine Verbesserung der Eigenkapitalsituation bestehender Unternehmen der Zugang zum Kreditmarkt nicht eröffnet wird. Wir wissen alle, dass die Kreditmarktprogramme des Bundes einen Teil der Branchen herausfallen lassen. Tourismus, Hotellerie und andere, die für uns wichtig sind, bekommen auch über diesen Weg keine Kredite mehr. Ich sage ganz deutlich: Wenn wir nicht über eine Veränderung der ordnungspolitischen Funktion auch der ILB, über eine Veränderung der Landeshaushaltsordnung dazu kommen, dass bestehende Unternehmen zur Substanzpflege wieder Zugang zum privaten und öffentlichen Kapitalmarkt erhalten, wenn keine Bereitstellung von Krediten erfolgt, die Substanzpflege tatsächlich ermöglichen, werden wir eine Substanzstärkung des KMU-Bereichs und damit eine Sicherung von Wertschöpfung und Beschäftigung nicht erreichen. Das ist eine zentrale Aufgabe, weniger - auch das will ich deutlich sagen - die Höhe der Fördersätze, über die jetzt immer wieder debattiert wird.
Um auch das ganz klar zu sagen: Ich bin dafür, dass wir die Möglichkeit gemäß dem Vorschlag der Europäischen Kommission zur Strukturfondsverordnung ab 2007 massiv in poli
tische Wirklichkeit umsetzen. Ein Vorschlag ist, darüber zu debattieren, dass eine Gruppenfreistellung, dass heißt eine Befreiung von beihilferechtlichen Vorschriften, im KMU-Bereich möglich wird. Wir hätten damit die Möglichkeit, alle KMU - das ist die Masse der Betriebe hier in Brandenburg unabhängig von ihrem Standort bis zu einer Höchstsumme von 50 % zu fördern. Ich glaube, das ist die Antwort, die wir brauchen, um eine Entwicklung der KMU auch über die Förderhöhe zu realisieren.
Das Zweite in diesem Bereich: Ich bin sehr für eine Konzentration der Fördermittel. Wir wissen alle, dass wir weniger Geld haben werden. Es wird höchste Zeit, eine Neukonzentration vorzunehmen.
Aber, Herr Wirtschaftsminister, ich will eines auch deutlich sagen: Gegenwärtig sind 17 Branchen im Gespräch, die Höchstfördersätze bekommen sollen. Gestern habe ich zur Kenntnis genommen, dass die SPD-Fraktion den Bereich Mikroelektronik ebenfalls auf die Liste setzen will. Dazu sage ich Ihnen Folgendes: Wenn Sie 17 Branchen mit Höchstfördersätzen unterlegen, wird es keine Konzentration von Mitteln geben.
Die Frage, die steht, ist weniger eine Debatte um die Höhe der Fördersätze, denn wir wissen alle, dass die Höhe der Fördersätze nur ein Teil der Entscheidung für einen Investitionsstandort ist. Es geht immer um die Einheit von harten und weichen Standortfaktoren, wenn eine Firma sich ansiedeln will. Wir haben es bei BMW erlebt. Wenn aber die Einheit von harten und weichen Standortfaktoren der entscheidende Grund ist, warum Unternehmen sich ansiedeln wollen, dann sage ich: Das Konzept, das Sie vorgelegt haben, muss dringend mit der Regionalplanung und der Landesplanung verbunden werden, muss letztlich in ein Zusammengehen von Infrastrukturförderung und Wirtschaftsförderung münden. Ansonsten werden Standorte zum Teil am Bedarf vorbei organisiert.
Wir werden auch darüber zu sprechen haben, dass wir die Neuorganisation der Förderinstrumente tatsächlich zu einem Schwerpunkt machen müssen. Ich bin sehr dafür, dass der Vorschlag, den wir in den Haushaltsberatungen debattiert haben, einen EFRE-Risikokapitalfonds zu bilden, endlich Realität wird. Über die Einführung revolvierender Fonds sprechen wir seit zwei bis drei Jahren, aber es ist bis jetzt politisch nichts passiert.
Zur Entwicklung von Regionalfonds: Wenn wir regionale Verantwortung ernst nehmen und nicht abgeflossene EU-Mittel haben - nach dem Bericht der Hauptkasse waren es im Februar dieses Jahres 62 Millionen Euro -, sollten wir diese Mittel zusammenfassen und zur Unterstützung von wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Projekten in die Regionen geben. Ich glaube, das wäre eine gezielte Unterstützung von strukturschwachen Regionen in Brandenburg. Wir würden damit die Förderpalette so ergänzen können, dass Eigenverantwortung in den Regionen, Wettbewerb, Wertschöpfung und Beschäftigung realisiert werden.
Herr Minister, ich glaube, wir müssen uns auch darüber unterhalten, dass sich die Branchen in Brandenburg in einer völlig unterschiedlichen Situation befinden. Wir haben Branchen, die an einem Standort konzentriert sind. Eisenhüttenstadt ist solch ein Beispiel. Eisenhüttenstadt braucht als Region die Vorausschau, was mit der Eisen- und Stahlindustrie in fünf bis sechs Jahren passieren wird und wie der Standort verifiziert werden kann. Wir erleben doch in Hennigsdorf, was passiert, wenn eine Stadt von einem Unternehmensstandort abhängig ist.
Wir haben auch Standorte, an denen es eine Vielzahl von Branchen gibt, wie zum Beispiel Eberswalde. Wir haben Branchen wie den Bereich Chemie, der im Wesentlichen an zwei Standorten konzentriert ist. Was ich zum Ausdruck bringen will, ist, dass die Branchen in ihrer Standortqualität sehr unterschiedlich sind und dass die Zusammenführung von Infrastruktur- und Wirtschaftsförderung - ich sage es noch einmal - eine zentrale Herausforderung ist und bleibt.
Wir haben Branchennetzwerke, mit denen wir noch viel mehr in der Öffentlichkeit operieren müssen. Kaum jemand weiß, dass Brandenburg im Bereich der Luft- und Raumfahrttechnik mittlerweile die zweitgrößte Region Deutschlands ist. Das ist ein riesiges Pfund. Diese Branche ist logischerweise nicht an einem Standort, sondern an mehreren Standorten konzentriert. Das heißt, Netzwerke müssen anders unterstützt werden. Jeden Ansatz dazu finde ich richtig und er sollte unterstützt werden.
Wir haben Branchen wie den Bereich der Medienwirtschaft, die immerhin, je nach Statistik, zum zweit- oder drittgrößten Branchenkompetenzfeld in Deutschland geworden sind. Wir haben den Bereich Optik - das ist mehr als die Brille aus Rathenow. Das reicht vom Geoforschungsinstitut in Potsdam bis hin zur Medizintechnik. Es ist mittlerweile das größte Branchennetzwerk, das überhaupt in Deutschland existiert.
Wenn wir also tatsächlich darüber reden wollen - ich bin sehr dafür -, das Förderkonzept zu verändern und Branchen zu einem Schwerpunkt zu machen, dann lassen Sie mich zusammenfassen:
Erstens: Konzentrieren wir uns auf Branchen, bei denen bereits ein hohes Wertschöpfungspotenzial vorhanden ist und mit denen wir national und international konkurrenzfähig sind.
Zweitens: Verwechseln wir nicht Branchenförderung mit einer normalen politischen Aufgabe zur Unterstützung von Wirtschaftsansiedlung und Substanzpflege hier im Land Brandenburg, was alle anderen Länder auch tun.
Drittens: Erschöpfen wir uns nicht in der Höhe der Fördersätze, sondern führen wir die verschiedenen Politikansätze zur Sicherung von Wertschöpfung und Beschäftigung sowie zur Stabilisierung des KMU-Bereichs zusammen.
Ich glaube, dann werden wir auch Erfolg haben. Ich wünsche uns nach dem 18. September dafür gutes Gelingen. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion hat diese Aktuelle Stunde unter die Überschrift „Stagnation der deutschen Wirtschaft - Brandenburger Firmen brauchen Vertrauen und mehr unternehmerischen Freiraum“ gestellt. Ich möchte ein Zitat dagegensetzen:
„Brandenburg ist ein hochattraktiver Investitionsstandort. Qualifizierte Arbeitskräfte, flexible Arbeitszeiten, eine ausgeprägte Wissenschafts-, Forschungs- und Technologietransferlandschaft und die moderne Infrastruktur sind nur einige Beispiele für die Argumente, die für den Standort Brandenburg sprechen.“
Wissen Sie, woher das stammt? Es stammt vom Wirtschaftsminister und beschreibt ganz ordentlich, was wir hier an Potenzial bieten. Deshalb möchte ich einmal deutlich machen,
dass es nicht so günstig ist, den Spagat in dieser Art auszuführen. Denn wir wissen, Wirtschaft ist Psychologie. Wir wissen, dass man Standorte sehr schnell schlechtreden kann. Das sollten wir in Wahlkampfzeiten nicht so tun, wie es von einem Kollegen angedeutet wurde, der versuchte, über diesen Weg noch ein wenig Öffentlichkeit zu erreichen.
Wir sollten wirklich überlegen, was für ein Potenzial wir hier haben. Denn eines ist doch auch festzustellen, und ich gehe zunächst aus der Position der Innenansicht heran: Es gab in den letzten Jahren eine Reihe von mutigen Reformen. Dabei sind wir selbst etwas im Zwiespalt; denn sie waren zwar schmerzlich, aber notwendig.
Wie sehen das andere? Wurde damit tatsächlich eine Wirkung erzielt? Ist die Wirkung, die gebraucht wird, auch erreicht worden? Dabei muss man über den Tellerrand hinausgucken. Dabei kann man mit statistischen Angaben beginnen. Es gab im Jahr 2004 1,7 % Wirtschaftswachstum in Deutschland. Das ist keine Stagnation, sondern durchaus ein deutliches Zeichen dafür, dass hier etwas passiert ist. In Brandenburg war das Wachstum mit 0,9 % etwas geringer, aber es war besser als in den Vorjahren.
Ich möchte noch etwas weiter gehen und etwas aus dem politischen Bereich herauskommen. Die Beraterfirma Ernst & Young hat 670 internationale Unternehmen gefragt, welche Investitionsstandorte sie positiv einschätzen, und ein Ranking erstellt. Dabei steht Deutschland auf dem 5. Platz, und zwar vor Ländern wie Frankreich, Großbritannien, Japan, den Niederlanden, Schweden und Finnland. Das muss irgendetwas zu bedeuten haben. Wenn man sich den Konjunkturindex des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim ansieht, stellt man fest, dass dieser Index zum dritten Mal hintereinander gestiegen ist. Der jetzige Konjunkturindex liegt
deutlich über dem langjährigen Mittel. Der „Economist“ äußert sich in einem Artikel „Deutschlands überraschende Wirtschaft“ über die gestiegene Wettbewerbsfähigkeit und verweist darauf, dass die politischen Reformen greifen, dass sie tatsächlich das bringen, was damit erreicht werden sollte, und dass Deutschland mittlerweile niedrigere Lohnstückkosten hat als zum Beispiel Frankreich, Großbritannien oder die Niederlande. Es ist also tatsächlich etwas passiert und das sollte man auch in den Mittelpunkt der politischen Argumentation stellen.
Kritisiert wird allerdings die geplante Mehrwertsteuererhöhung, weil diese kontraproduktiv wirken wird. Schauen Sie doch einmal über Ihren eigenen Parteikreis hinaus und fragen Sie internationale Experten, wie sie das sehen. Sie alle werden Ihnen bestätigen, dass die Binnenkonjunktur in Deutschland ein Problem ist. Deswegen ist eine Mehrwertsteuererhöhung Gift für die weitere Entwicklung.
Wenn man sich Brandenburg anschaut, kann man über alle möglichen Effekte reden. Aber eines bleibt Fakt: Die Arbeitslosigkeit hat sich, wie wir heute in der Zeitung lesen konnten, gegenüber dem Vormonat um 6 800 Stellen vermindert. Man könnte sagen, dies sei jahreszeitlich bedingt. Wenn man aber den Vergleich mit dem Vorjahr heranzieht, stellt man fest, dass es 14 100 Arbeitslose weniger sind. Das macht deutlich, dass auch strukturell etwas verändert worden ist, was man nicht mit der Jahreszeit erklären kann. Hier ist tatsächlich etwas greifbar, hier funktioniert etwas ganz ordentlich, was aber nicht heißt, dass wir zufrieden sein können.
Eines ist auch richtig: Das Potenzial und die Chancen, die wir haben, nutzen wir noch nicht in ausreichender Intensität. Deswegen muss man überlegen, wo unsere Schwächen liegen. Es ist allgemein bekannt - Herr Christoffers hat es noch einmal aufgezählt -, wo die Probleme unserer kleinteiligen Wirtschaft liegen. Insofern muss man sich darum kümmern.
Vor allem aber müssen wir uns an unsere Stärken erinnern. Durch die Nutzung dieser Stärken kann man einen Standort international in einen Bereich bringen, der als erfolgreich einzustufen ist. Diese Stärken werden jetzt gerade identifiziert. Das ist gar nicht so einfach, weil man oftmals einen Mikrokosmosblick hat. Deshalb hilft es auch manchmal, über die Grenzen hinauszuschauen und einmal zu gucken, wie andere dieses Land Brandenburg sehen. Wir haben erhebliche Potenziale, Dinge, die auch europaweit gar nicht so oft wiederzufinden sind. Die Wissenschaftslandschaft in Berlin-Brandenburg zum Beispiel ist einzigartig. In Forschung und Wissenschaft haben wir ein Potenzial, um das uns viele Regionen beneiden. Daraus muss man etwas machen. Wir haben eine Industrie, die zwar noch klein ist, die sich aber dynamisch entwickelt. Auch dieser Punkt ist deutlich hervorzuheben. Wir haben den ländlichen Raum, der zwar manchmal Probleme bereitet, aber im Tourismusbereich ein Potenzial darstellt. Wenn man sich dann noch die Wechselwirkung mit den Wachstumskernen ansieht, sind auch hier Erfolge zu verzeichnen oder noch zu erreichen.
Die Frage ist: Wie geht man heran, diese Chancen zu nutzen, diese Potenziale zu erschließen? Wie können wir daraus das Bestmögliche machen? Das Erste, was ich dabei in den Mittel
punkt meiner Rede rücken will, ist die Zusammenarbeit mit Berlin. Denn die Nachbarschaft von Berlin ist ein Riesenstandortvorteil für uns. Die Wechselwirkung mit Berlin, das Potenzial, das darin liegt, die Dienstleistungsnachfrage, die Handwerksnachfrage usw., all das sind Punkte, um die uns andere Länder beneiden. Aber wir sind manchmal eher geneigt, Neiddiskussionen miteinander zu führen, was mich immer heftig ärgert.
Wir müssen Prioritäten setzen, wir müssen konzentrieren - völlig richtig. Die Frage, die man in den Raum stellen kann, lautet: Ist das, was wir jetzt machen, schon konsequent genug? Aber darüber, dass es ein Schritt in die richtige Richtung ist, sind wir uns alle in diesem Hause einig.