Protokoll der Sitzung vom 01.09.2005

Mit diesem Antrag wurde ein Problem aufgegriffen, das vielen Schülern, Eltern und Lehrern auf den Nägeln brennt. Dank der teilweise chaotischen Schulpolitik und der völlig verfehlten Finanzpolitik dieser Landesregierung gibt es an vielen Schulen erhebliche Unsicherheit. Von der Unzufriedenheit über diese Zustände wollen wir gar nicht reden.

Es muss schleunigst etwas unternommen werden. In dieser Hinsicht stimmen wir dem Antrag zu. Aber man kann doch nicht ausgerechnet von denen, die den ganzen Ärger verursacht haben, erwarten, dass sie ein Rezept zur Rettung der völlig versalzenen Suppe präsentieren. Da müssen die Bürger selbst tätig werden, indem sie diese unfähige Regierung abwählen. Wir brauchen in Brandenburg eine völlig neue Finanzpolitik und eine bessere Wirtschaftspolitik. Wir brauchen endlich eine Familienförderungspolitik und wir benötigen natürlich auch eine bessere Bildungs- und Schulpolitik.

Wenn wir diese Landesregierung weiter so herumwursteln lassen, dann werden noch mehr Schulen geschlossen, dann werden die Schulwege noch länger, dann müssen die Eltern bald nicht mehr nur die Schulbücher, sondern auch die Stühle und Tische für ihre Kinder selbst bezahlen, dann haben wir bald Grundschulklassen mit 40 und mehr Schülern. Das dürfte dann ungefähr den mittelfristigen schulpolitischen Vorstellung der Landesregierung entsprechen.

Meine Damen und Herren, wenn wir sicher sein könnten, dass die Landesregierung auf diesen Antrag der PDS hin ein Konzept vorlegen würde, welches sich tatsächlich an den sinnvollen und notwendigen Maßnahmen orientiert, welches die eigenen Fehler der Vergangenheit, auch der jüngsten Vergangenheit, schonungslos offen legt und welches sich ausschließlich an dem Ziel orientiert, den Brandenburger Kindern eine exzellente Schulbildung zu ermöglichen, dann könnte man diesem Antrag uneingeschränkt zustimmen. Doch so entspricht er lediglich dem Versuch, mit einem Pflaster aus dem Verbandskasten den Bruch einer Hauptwasserleitung zu flicken.

(Beifall bei der DVU)

Wir kommen zum Beitrag der CDU-Fraktion. Es spricht der Abgeordnete Senftleben.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann eigentlich nur das Papier bedauern, das letztendlich dazu herhalten musste, mit diesem Antrag der Linkspartei-Mitglieder bedruckt zu werden. Es ist ein Schaufensterantrag, der nicht einmal in einem Schaufenster eine gute Figur machen würde. Wenn Sie weiterhin hier im Landtag mit solchen Anträgen arbeiten wollen, dann könnten Sie der Bildungsreformarbeit der großen Koalition eigentlich kein besseres Zeugnis ausstellen; denn ein Antrag in dieser Form beweist, dass wir als Koalition aus Union und SPD im Bildungsbereich hier in Brandenburg auf einem guten Weg sind.

Frau Große, ich schätze Sie als eine sehr aufmerksame Kollegin und ich glaube nicht, dass dieser Antrag aus Ihrer Feder stammt. Deswegen werde ich diesen Wahlkampfantrag von Herrn Vietze in Zeiten sinkender Umfragewerte auch verzeihen.

(Gelächter bei der Linkspartei.PDS)

Wir werden Ihnen und Ihrer Fraktion, Herr Vietze, in Zukunft wohl noch mehr Protokolle des Ausschusses zur Verfügung stellen, damit Sie sich beschäftigen können, womit wir uns im Ausschuss in den letzten Wochen und Monaten beschäftigt haben.

Sie, meine Damen und Herren von der Linkspartei behaupten, es gebe Unsicherheit

(Vietze [Die Linkspartei.PDS]: Bei Ihnen!)

und Unzufriedenheit - bei mir nicht - wegen ständiger Veränderungen. Sie fordern aber zeitgleich Strukturveränderungen. Sie kommen zu spät - wieder einmal. Wir haben gehandelt. Wir haben Grundschulen mit regionalen Angeboten, wir haben zum neuen Schuljahr eine Oberschule ins Leben gerufen - sie ist ein Gewinn für alle Beteiligten - und wir haben das Gymnasium als weiterführende Schulform und werden es zukünftig so umbauen, dass man das Abitur nach zwölf Jahren ablegen kann.

(Vietze [Die Linkspartei.PDS]: Das hatten wir früher schon!)

- Herr Vietze, ich denke, das ist auch in Ihrem Sinn.

Zweitens bringen Sie zum Ausdruck, dass die Ausstattung der Schulen mit Fachkräften nicht ausreichend sei. Auch hiermit kommen Sie zu spät;

(Vietze: [Die Linkspartei.PDS]: Nein!)

denn das Ministerium hat zugesagt, dass es am 15. Oktober dieses Jahres eine Personalbedarfsplanung vorlegen wird. Also auch an der Stelle ist Ihr Antrag überholt.

Drittens fordern Sie eine Sicherung der Lehrerfort- und -weiterbildung. Auch hiermit kommen Sie zu spät; denn, wie Sie selbst wissen, es gibt einen Bericht vom April 2004 mit dem Stichwort „Lehrerfortbildung und Lehrkräftefortbildung“. Dieser Antrag, dieser Beschluss kam zustande, weil außer SPD und Union auch Ihre Fraktion den Antrag gestellt hat, diesen Bericht im Landtag zu diskutieren. Aber natürlich müssen Sie

diesen Antrag, diesen Bericht auch lesen, statt hiermit wieder neue Berichte einzufordern.

(Vietze [Die Linkspartei.PDS]: Können Sie mir den Unterschied zwischen einem Antrag und einem Bericht erläutern?)

Viertens fordern Sie, dass innere Schulabläufe und anderes neu gestaltet werden mögen. Auch hiermit kommen Sie zu spät. Es gibt nämlich einen Bericht aus dem Jahre 2000, Herr Vietze, mit dem Stichwort „Entwicklung der Schulen im ländlichen Raum“, der übrigens mit PDS-Beteiligung geschrieben und auch veröffentlicht worden ist.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS: Und was ist daraus ge- worden?)

Darin wird festgehalten, dass die Kommission empfiehlt, eine Mindestklassenfrequenz von 20 Schülern im Lande Brandenburg grundsätzlich beizubehalten. Das ist für uns ein Handlungsgrundsatz, den wir natürlich weiterhin beachten werden, wobei Ihnen bekannt ist, dass wir einer ausreichend großen Zahl von Oberschulen in Grundzentren in diesem Jahr die Gelegenheit gegeben haben, hiervon abzuweichen. Am Ende ist das aber auch eine Frage von Qualität und Quantität, bei der finanzielle und inhaltliche Vorgaben beachtet werden müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion der Linkspartei.PDS, ich hoffe, dass Sie in Zukunft mit anderen Anträgen in die bildungspolitische Debatte einsteigen. Wir als Union und SPD werden an dem Bildungsreformmotor weiterhin aktiv arbeiten, damit Brandenburg in diesem Bereich so vorankommt, wie es in anderen Feldern schon der Fall ist. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Für die Landesregierung spricht der Bildungsminister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Aufforderung, ein Konzept zur mittelfristigen Planungssicherheit im Schulbereich vorzulegen, klingt gut. Jedoch kann ich der antragstellenden Fraktion sagen, dass die Landesregierung gerade zum Herstellen einer kurz- und mittelfristigen Planungssicherheit mit ihren Beschlüssen zum Jahresende 2002 zum Schulressourcenkonzept, das Sie, Frau Große, hier schon erwähnt haben, vorausschauend eine Strategie dafür festgelegt hat, wie sie das zunehmend schwieriger werdende Spannungsverhältnis zwischen der Sicherung der Unterrichtsqualität und der Beschäftigungsansprüche der Lehrkräfte auf der einen Seite sowie der Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung auf der anderen Seite in den kommenden Jahren gestalten will. Diese Beschlüsse sind im Doppelhaushalt für die Jahre 2005 und 2006 konsequent umgesetzt worden und haben ihren Niederschlag auch in der mittelfristigen Finanzplanung gefunden. Dass die Umsetzung des Schulressourcenkonzepts funktioniert, möchte ich nur an zwei kurzen Beispielen festmachen:

Alle 7 000 angestellten Lehrkräfte haben zum Schuljahr 2005/06 das Angebot auf Vollbeschäftigung erhalten und wer

den damit erstmalig seit 1991 in dem Umfang beschäftigt, in dem sie das wollen.

Der sozialverträgliche Personalabbau wurde erfolgreich eingeleitet und wird in den kommenden Schuljahren fortgesetzt. Die hierfür bereitgestellten Mittel aus dem Personalkostenausgleichsfonds konnten für Maßnahmen wie Abfindungen oder Altersteilzeit mit Ausgleich der Rentenminderung sachgerecht eingesetzt werden.

In Ihrem Antrag gehen Sie auch auf die Weiterentwicklung der Schulstrukturen ein. Richtig ist - das kann man nur immer wieder betonen -, dass mit der Halbierung der Schülerzahlen innerhalb weniger Jahre zurzeit in der Sekundarstufe I ein Problem besteht, das wegen der gravierenden Veränderungen nicht konfliktfrei bewältigt werden kann. Sie, Frau Große, haben berechtigterweise auf einige Konflikte hingewiesen; die kann ich nur bestätigen.

Die Landesregierung hat aber auch hier bereits angemessen reagiert und mit der Einführung der Oberschule die Schulstrukturen der Sekundarstufe I an die demografische Entwicklung angepasst. Weitere schulstrukturelle Maßnahmen in der Sekundarstufe I sind weder geplant noch erforderlich.

In der Jahrgangsstufe 7, also beim Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule, ist die Talsohle der Entwicklung der Schülerzahlen erreicht. Das bedeutet - das ist nicht nur eine Hoffnung meinerseits -, dass die Schulen, die im laufenden Schuljahr 7. Klassen eingerichtet haben, in den nächsten zehn bis 15 Jahren ein stabiles Netz weiterführender Standorte im Lande Brandenburg bilden werden.

Nachdem in der Primarstufe und dann auch in der Sekundarstufe I die Anpassung des Schulnetzes an die demografische Entwicklung abgeschlossen ist, kommen wir nun auch in der Sekundarstufe I in ruhigeres Fahrwasser und werden uns dann endlich mit ganzer Kraft der weiteren Qualitätsentwicklung widmen können.

In der Sekundarstufe II - das gebe ich zu - steht uns dieser Anpassungsprozess noch bevor. Ab Schuljahr 2007/08 werden auch hier die Schülerzahlen drastisch zurückgehen. In diesem Bereich ist allerdings ein nicht ganz so schwieriger Prozess zu erwarten.

Die Angebotsstrukturen in der gymnasialen Oberstufe in den Landkreisen und kreisfreien Städten sind sehr unterschiedlich. Wir werden mit den Schulträgern abgestimmte regional angepasste Lösungen entwickeln. Hierzu wird die Landesregierung im Zusammenhang mit der geplanten Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur ohnehin Modellvorstellungen vorlegen.

Gestatten Sie mir bitte, dass ich abschließend noch auf die Ausstattung der Schulen mit qualifizierten Fachkräften eingehe.

Die letzte systematische Untersuchung zum fachgerechten Unterrichtseinsatz an den brandenburgischen Schulen stammt aus dem Jahr 2002. Damals wurde festgestellt, dass von ausgesprochenen Mangelfächern, zum Beispiel - Sie werden sich erinnern - Englisch und, noch schlimmer, Französisch, Kunst, Musik, nicht mehr gesprochen werden kann. Eine Ausnahme bildet nach wie vor das neue Fach LER, bei dem der Unter

richtsbedarf noch nicht an allen Schulen zufrieden stellend gedeckt werden kann. Darüber hinaus sind und bleiben - das ist ein ganz großes Problem - die beruflichen Fachrichtungen bundesweit, also auch in Brandenburg, Mangelfächer.

In allen anderen Fächern können wir, zumindest rein rechnerisch, auf ein ausreichendes Fachkräftepotenzial zurückgreifen. Da jede Lehrkraft im Allgemeinen mindestens zwei Ausbildungsfächer aufweist, besteht eine beträchtliche Flexibilität dadurch, dass die jeweilige Lehrkraft in ihren beiden Fächern mit unterschiedlichen Stundenzahlen, im Extremfall, was natürlich nicht gut und von mir auch nicht gewünscht ist, auch nur in einem der Fächer eingesetzt wird.

Selbstverständlich bleibt es mittelfristige Aufgabe der Lehrerfort- und -weiterbildung, die Qualifizierung von bereits tätigen Lehrkräften zu sichern. Verbleibende Ungleichgewichte bei qualifizierten Lehrkräften werden die staatlichen Schulämter allerdings in begrenzter Quantität im Rahmen des Einstellungskorridors durch gezielte Neueinstellungen beseitigen.

Die Landesregierung wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, die Schulen in Brandenburg qualitativ weiterzuentwickeln und in diesem Zusammenhang - leider ist dies notwendig - auch Lehrer dorthin umzusetzen bzw. zu versetzen, wo entsprechender Bedarf besteht. Dazu haben wir mit dem Hauptpersonalrat eine Dienstvereinbarung zur Versetzung von Lehrkräften geschlossen, um den Ausgleich von Personalüberhängen sozialverträglich zu gestalten. Diese Dienstvereinbarung hat sich mit ihren Auswahlgrundsätzen bewährt, auch wenn es Probleme gibt, auch wenn es die von Ihnen noch einmal zitierten Krankschreibungen gab, auch wenn es große psychologische Belastungen für die Beteiligten gab. Das alles unbenommen; aber das Prinzip hat sich bewährt und wir werden es in Auswertung des diesjährigen Verfahrens noch verbessern, wie ich es versprochen habe.

Die Landesregierung hat die notwendigen Konzeptionen zur mittelfristigen Planungssicherheit also bereits entwickelt und erfolgreich umgesetzt. Trotz Ihrer Skepsis, Frau Große, bleibt es dabei: Wir sind auf dem richtigen Weg. - Danke.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Damit sind wir am Ende der Debatte zum Tagesordnungspunkt 8 und ich stelle den Antrag der PDS-Fraktion in der Drucksache 4/1762 - Konzept zur mittelfristigen Planungssicherheit im Schulbereich - zur Abstimmung. Wer diesem Antrag folgt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ich sehe keine Stimmenthaltungen. Mit großer Mehrheit ist der Antrag abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Bündnis „Gesund Aufwachsen in Brandenburg“

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU

Drucksache 4/1779

Die Debatte wird mit dem Beitrag der SPD-Fraktion eröffnet und es spricht die Abgeordnete Lehmann.