Protokoll der Sitzung vom 09.11.2005

In Brandenburg gibt es genügend Beispiele dafür, wie dilettantisch überörtliche Planung ausfallen kann. Allzu häufig müssen hier die Verwaltungsgerichte eklatante Versäumnisse im Urteilswege ausbügeln. Die Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bei den Planerhaltungsvorschriften hat schließlich unmittelbare strukturpolitische Relevanz, insbesondere in Brandenburg, dessen Raumordnung und Landesplanung ja bekanntlich einem ständigen Wandel unterworfen ist.

Kurz und gut: Wir werden diesem Gesetzentwurf und selbstverständlich auch der Ausschussüberweisung zustimmen. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Herzlichen Dank. Das Wort erhält der Abgeordnete Schrey. Er spricht für die CDU-Fraktion. Bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch hier stellt sich das Problem der 1. Lesung. Für eine grundlegende Debatte reicht es nicht, einen Gesetzentwurf vorliegen zu haben, sondern wir sollten dazu immer den fachlichen Rat einholen. Das wird im zuständigen Ausschuss geschehen.

Der Landesplanungsvertrag an sich regelt das Verfahren zur Aufstellung, Änderung und Fortschreibung der Raumordnungspläne der Bundesländer Brandenburg und Berlin. Durch eine missverständliche Regelung in diesem Vertragswerk gab es erhebliche Rechtsunsicherheiten. Damit hätten in der Vergangenheit landesplanerische Ziele vor Gericht angezweifelt und für ungültig erklärt werden können. Für die Entwicklung der Wirtschaft in unserem Land und für alle betroffenen Bürger müssen wir aber verlässliche Rahmenbedingungen schaffen. Das ist unsere Aufgabe und wird von der Bevölkerung des Landes Brandenburg verlangt.

Mit dem vorliegenden Staatsvertrag über die Änderung des Landesplanungsvertrages können wir helfen, diese Rechtsunsicherheit abzubauen. Im Einzelnen werden mit dieser Änderung die Voraussetzungen, unter denen Abwägungsfehler unbeachtlich sind, eindeutiger benannt. Außerdem wird dadurch die bestehende Regelung zur Planerhaltung klargestellt.

Ohne weiter ins Detail gehen zu wollen, möchte ich betonen, dass für unsere Fraktion die Änderung des Landesplanungsvertrages die Voraussetzung für eine weitergehende Rechtssicherheit der raumordnerischen Planung ist. Aus diesem Grunde befürworten wir die Überweisung in den Fachausschuss. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich bedanke mich ebenso.

Damit ist die Aussprache abgeschlossen und wir kommen zur Abstimmung. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung der Drucksache 4/2080 - Gesetz zu dem Dritten Staatsvertrag über die Änderung des Landesplanungsvertrages - an den Hauptausschuss zur federführenden Beratung und an den Ausschuss für Infrastruktur und Raumordnung. Wer sich diesem Vorschlag anschließen kann, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Es wurde einstimmig der Überweisungsempfehlung gefolgt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 13 und rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Ein Jahr EU-Osterweiterung, I. Wirtschaft

Große Anfrage 10 der Fraktion der DVU

Drucksache 4/1392

Antwort der Landesregierung

Drucksache 4/1941

Wir kommen zur Aussprache. Ich erteile der Abgeordneten Hesselbarth von der DVU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Dieser Ausspruch des antiken Philosophen Sokrates trifft in weiten Bereichen auf die Antworten der Landesregierung auf unsere Große Anfrage 10 zum Themenbereich Wirtschaft zu. Da Herr Minister Junghanns ohnehin ein Philosoph auf dem Posten des Brandenburger Wirtschaftsministers ist, wie wir seinen weitschweifigen, langwierigen und dabei nichtssagenden Ausführungen bei jeder Sitzung des Wirtschaftsausschusses entnehmen dürfen, wundert uns die vorliegende Antwort überhaupt nicht. Zunächst kommen eineinhalb Seiten Schönfärberei, dann folgen so sinnige Formulierungen wie die, dass die kilometerlangen Staus an den Grenzen der Vergangenheit angehörten oder dass sich die grenzüberschreitende Kriminalität verringert habe.

Die Wirklichkeit, meine Damen und Herren, sieht ganz anders aus. Gerade an dem Wochenende vor dem 31. Oktober haben sogar die Medien Stauwarnungen für die Grenzübergänge herausgegeben, wobei natürlich auch hier der Tanktourismus eine Rolle spielt. Laut Polizeistatistik ist die grenzüberschreitende Kriminalität deutlich angestiegen.

Triumphierend vermelden Sie, dass die Brandenburger Exporte in die mittel- und osteuropäischen neuen EU-Staaten in den Jahren 2001 bis 2004 überdurchschnittlich stark angestiegen sind. Vergleicht man jedoch die Import-Export-Statistik, in der vorliegenden Antwort detailliert in Tabellenform dargestellt, so stellt man fest, dass dem Export in Brandenburg in den Jahren 1995 bis 2004 in die zehn neuen Beitrittsländer in Höhe von etwas über 1 Milliarde Euro Importe aus diesen Ländern in Höhe von 963 Millionen Euro gegenüberstehen. Das bedeutet unter dem Strich, dass der Exportüberschuss Brandenburgs innerhalb von zehn Jahren ganze 50 Millionen Euro betrug. Oder anders ausgedrückt: Die EU-Osterweiterung hat dem Brandenburger Export, wenn man ihn in Form einer Export-ImportBilanz dem Import gegenüberstellt, faktisch nichts gebracht.

Sieht man dann auch noch unseren unmittelbaren Nachbarn Polen an, so stellt man fest, dass unsere Brandenburger Firmen im letzten Jahr Waren im Wert von 569 Millionen Euro dorthin exportierten, aber Waren im Wert von 728 Millionen Euro von dort bezogen; also ein Überschuss für die polnischen Lieferanten von knapp160 Millionen Euro. Da dürfen wir uns doch wahrlich mit der polnischen Exportwirtschaft freuen.

Der Handel der letzten zehn Jahre mit den ins Auge gefassten EU-Kandidaten Rumänien und Bulgarien ist im Übrigen so gering, dass er faktisch überhaupt nicht ins Gewicht fällt. Es finden, wie die Antworten auf die vorliegende Große Anfrage ergeben, faktisch keine Direktinvestitionen statt. So tätigten Brandenburger Firmen in den Jahren 2001 bis 2004 ganze 4 Millionen Euro an Direktinvestitionen in Polen, während in den anderen Beitrittsstaaten sowie bei den Beitrittskandidaten Rumänien und Bulgarien überhaupt keine Direktinvestitionen festzustellen waren. Umgekehrt tätigte in den genannten Jahren keiner der zehn neuen EU-Staaten oder der Kandidaten Rumänien oder Bulgarien in Brandenburg irgendwelche Investitionen.

Wenn man sich die konkreten Zahlen hinsichtlich der Fördermittel für die doch angeblich so wichtigen Markterschließungsmaßnahmen im Ausland ansieht, wird es ganz klar: Es flossen im letzten Jahr ganze 227 000 Euro an Fördermitteln zu diesem Zweck an Brandenburger Firmen ab. Das ist wahrlich ein wirtschaftspolitischer Witz.

(Beifall bei der DVU)

Was also hat die EU-Osterweiterung unserer Wirtschaft in Brandenburg real gebracht? Ich sage es Ihnen: Außer ruinösem Wettbewerb, der noch mehr Firmen in Brandenburg vernichtet, nichts, gar nichts, überhaupt nichts. Im zweiten Teil meiner Rede werde ich noch im Einzelnen darauf eingehen. - Vorerst möchte ich mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken.

(Beifall bei der DVU)

Recht herzlichen Dank. Die SPD-Fraktion hat zu diesem Tagesordnungspunkt Redeverzicht angekündigt. Deshalb spricht

jetzt der Abgeordnete Vietze von der Fraktion der Linkspartei.PDS zu uns. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die EU-Erweiterung ist ein wichtiges politisches Projekt, für die Menschen eine enorme Herausforderung. Sicherlich ist es erforderlich, dass man über die neuen Bedingungen für die wirtschaftliche, kulturelle, soziale, rechtliche Entwicklung eine intensive Diskussion führt, dass man über die sich aus diesem Prozess der Erweiterung der Europäischen Union ergebenden Chancen spricht, dass man überlegt, wie man dabei durchaus vorhandene Risiken eindämmt. Ich finde es beruhigend, dass diese Diskussion, ob nun im Hauptausschuss, im Haushaltsausschuss oder im Europaausschuss, geführt wird.

Insofern werden wir dann, wenn sich eine Fraktion veranlasst sieht, sich mit sechs Großen Anfragen zugleich an die Landesregierung zu wenden, mit einer besonders intensiven Denkleistung konfrontiert, die natürlich auch die Landesregierung zu einer besonderen Denkleistung herausfordert, auch wenn im Moment nur wenige Minister anwesend sind. Richtigerweise muss ich allerdings sagen, dass das, was hier angefragt worden ist, keine besondere Herausforderung darstellt.

(Zurufe von der DVU)

Insofern werden Sie, Frau Hesselbarth - Sie und Ihre Kollegen werden heute sicherlich noch mehrmals reden -, es mir nicht verübeln, wenn ich mir nicht die Mühe mache, mich dann ebenfalls jeweils zum Redepult zu begeben. Ich möchte Sie und uns alle jetzt aber auf ein Problem aufmerksam machen. Nur aus diesem Grunde will ich bei dieser Gelegenheit etwas sagen.

Sie füllen Papier mit einer Unmenge von Fragen nach statistischem Datenmaterial. Dazu ist nicht einmal eine philosophische Fähigkeit, sondern nur das Beherrschen eines bestimmten Handwerks erforderlich: Man könnte unter www.dsbb.de das Stichwort für das interessierende Problem eingeben und sich nach Betätigen der Suchfunktionstaste all jene Anlagen vor Augen führen, die als Ergebnis Ihrer Anfrage hier in der Antwort der Landesregierung hundertfach verteilt werden

(Beifall bei Linkspartei.PDS und SPD - Zurufe von der DVU - Unruhe)

und womit ein großer Teil von uns nichts anfangen kann. Denn was nützt es einem, wenn man weiß, dass im Jahre 2000 ein Werkvertrag mit einem ungarischen Staatsbürger abgeschlossen worden ist und seitdem keiner mehr? Möglicherweise kommen Sie damit in Schwierigkeiten, die Ausländerängste bei den deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu schüren bzw. in irgendeiner Weise wach zu halten.

Ich stelle also fest: Sie langweilen dieses Parlament mit ihrer unkonzentrierten Arbeit. Deswegen fordere ich Sie auf, ein bisschen intensiver zu arbeiten.

(Beifall bei Linkspartei.PDS und SPD - Schuldt [DVU]: Sie mit Ihrem Sozialismus-Gefasel! - Unruhe)

- Herr Schuldt, das ist doch großer Quatsch. Ich helfe Ihnen ja weiter, weil mir das ein Bedürfnis ist.

(Zurufe von der DVU)

Wenn Sie das alljährlich erscheinende statistische Jahrbuch aufschlagen, finden Sie dort all die Angaben zum Bauhauptgewerbe, zur Entwicklung des Handwerks, zur Anmeldung von Gewerbe, zu Insolvenzen, nach denen Sie sich jetzt hier im Rahmen der Großen Anfrage erkundigt haben. Wenn Sie sich Mühe geben, dann können Sie in dem genannten Dokument sogar einige Ursachen nachlesen, die für bestimmte Entwicklungen, vielleicht für besonders positive Ergebnisse Voraussetzung waren. Manchmal findet man auch eine Erklärung dafür, warum sich etwas nicht stabil hält.

Ich möchte das für unsere Gäste hier an einem Beispiel verdeutlichen: Eine Veranstaltung wie die Bundesgartenschau hat natürlich dazu geführt, dass bedeutend mehr in- und ausländische Gäste nach Potsdam gekommen sind und dass dadurch die Hotelkapazität in höherem Maße ausgelastet worden ist. Eine solche Entwicklung ist natürlich nicht in jedem Jahr gleichermaßen gegeben, weil die Bundesgartenschau hier nicht jedes Jahr stattfindet. Ich gehe davon aus, dass man so etwas als Abgeordneter dieses Hauses weiß und deshalb auch mit dem Zahlenmaterial entsprechend umgehen kann.

Wenn einem das alles noch nicht reicht - Herr Schuldt, darauf kommen wir morgen, PISA, Lesen und Schreiben; also Lesen und Schreiben muss man allerdings schon können -,

(Heiterkeit und Beifall bei der Linkspartei.PDS)

dann schlägt man im Jahreswirtschaftsbericht 2004 die Seiten auf, auf denen man die Antworten auf die Fragen, die man hat, finden kann.

Zum Beispiel erhalte ich Auskunft über Bestandsentwicklung und Investitionsförderung. Dazu schlage ich „Internationalisierung der Wirtschaft“ auf und bekomme Auskunft darüber. Dann schlage ich „EU-Osterweiterung“ und „Impulse für die Brandenburger Wirtschaft“ auf und bekomme wieder Auskunft. Alles, was dort steht, ist natürlich noch umfänglicher in Datenmaterialien erfasst. Deswegen glaube: Wenn wir als Ergebnis des Lesens dieser vorhandenen Materialien in die Situation kommen, Fragen zu stellen, die uns helfen, über die Risiken und Chancen dieses Prozesses zu reden und das abzuwägen, wofür wir hier im Landtag sitzen, nämlich im Gespräch zu vermitteln, wo wir neue Chancen sehen und wie wir mit dem bisherigen Standard umgehen, dann haben wir eine große Aufgabe zu erfüllen.

Ängste zu schüren und Fragestellungen dümmlicher Art in dieses Parlament einzubringen verweigern wir uns. Ich tue Ihnen einen großen Gefallen, damit Sie sich nicht zu sehr ereifern müssen: Bei den nächsten beiden Anfragen sehen wir keinen Handlungs- und Redebedarf. Wir haben uns dieser Sache, glaube ich, völlig angemessen geäußert. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Linkspartei.PDS, SPD und CDU)

Mir ist von der CDU-Fraktion ebenfalls Verzicht signalisiert worden. Die Landesregierung möchte sich zu diesem Tagesordnungspunkt auch nicht äußern. Deshalb erhält die Abgeordnete Hesselbarth von der DVU jetzt noch einmal das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Vietze, Sie haben ja so Recht: Diese Sache ist so wichtig, dass Sie hier wirklich der Einzigste sind, der versucht, sich zu produzieren.

(Zuruf von der SPD: „Einzigste“ gibt es nicht!)