Protokoll der Sitzung vom 15.12.2005

Frau Fechner, Sie sorgen sich sehr - ich sagte das bereits im Ausschuss - um die Sicherstellung der ambulanten Versorgung. Wie Sie wissen, haben wir besonders in den Randregionen damit begonnen, Ärzte aus dem Ausland, die die deutsche Sprache beherrschen, einzustellen. Das betrifft sowohl den stationären als auch den ambulanten Bereich. Wie bereits ausgeführt wurde, steht es mit dem Ruf von bestimmten Regionen in unserem Land nicht zum Besten. Das liegt unter anderem und vor

allem auch an Ihrem Bündnispartner NPD, der mit rechtsradikalen Umtrieben

(Beifall bei SPD, CDU und der Linkspartei.PDS)

diese Regionen nicht so gestaltet, dass man sich dort niederlassen möchte. Ich kann Ihnen aus meinem persönlichen Umfeld mehrere Kollegen nennen, die entweder selbst ausländische Ärzte sind oder ausländische Ehepartner haben und die Erfahrungen mit rechtsradikalen Schlägertrupps machten, die nun wahrlich keine Werbung dafür sind, sich in unserem Land niederzulassen. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD, CDU, der Linkspartei.PDS und der Re- gierungsbank)

Vielen Dank. - Für die Fraktion der Linkspartei.PDS hat die Abgeordnete Kaiser das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, „Aufhören, aufhören!“, riefen die Ärzte vorhin bei der Demo Herrn Baaske zu. Ich glaube - auch wenn es ihn persönlich betraf -, sie meinten aufhören mit einer Politik, bei der nur geredet und nicht entschieden wird, wenn entschieden werden muss.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Frau Münch, ich habe Verständnis für diese koalitionsvereinbarte Rhetorik, dass es unserer Anträge nicht bedarf. Jedoch bestätigt das Eingangsdatum, dass wir unseren Antrag zuerst gestellt haben. Ihren gab es da noch nicht. Sie haben darauf reagiert, einige Dinge aufgenommen, weichgespült, wobei Sie sich mit der CDU nicht einigen konnten.

(Zuruf der Abgeordneten Dr. Münch [SPD])

Die Ärzte haben uns ihren Protest und ihre Forderungen aufgeschrieben. Die Frau Ministerin sagt, das sei berechtigt. Dann können wir heute doch auch über eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel eines Sofortprogramms entscheiden.

(Frau Dr. Münch [SPD]: Das hat die Ministerin bereits er- ledigt!)

Dann können wir doch jetzt zu helfen versuchen; denn die Zeit drängt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Die nächsten Honorarbescheide kommen im Januar. Die Ärzte gehen Pleite. Sie brauchen keine Kredite, sondern sofortige Hilfe; denn die Ursachen liegen nicht darin,

(Zuruf von Ministerin Ziegler)

dass irgendjemand nicht gerechnet hat, sondern darin, dass Sie die Folgen Ihrer Entscheidungen - zum Beispiel der zu Hartz IV im Vorfeld nicht berechnet haben.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wir legten das vorher auf den Tisch und sagten, dass die Kassen mit den derzeit vorliegenden Zahlen Einnahmeprobleme haben werden. SPD und CDU auf Bundesebene haben wider besseres Wissen und in der Hoffnung, es würde sich irgendwie regeln, die Hartz-IV-Reform beschlossen und die Landesregierung stimmte zu. Jetzt müssen wir auf die Bremse treten und dort helfen, wo die Mehrheit dieses Hauses die Probleme selbst mit verursacht hat.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS - Schippel [SPD]: Wir haben doch nicht Hartz IV veranlasst!)

Ich denke, dass die Politik der Kostendämpfung, die im Gesundheitswesen seit Jahren betrieben wird, am Ende angekommen ist. Ambulant tätige Ärzte, Patienten, Krankenhäuser - alle haben es gespürt. Man kann nun nicht mehr nur die Ausgaben begrenzen oder möglicherweise sogar verbieten, etwas zu verordnen, was verordnet werden muss, oder Ärzte belohnen,

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

wenn sie Medikamente nicht verschreiben. Das kann doch nicht sein.

Es geht um die Einnahmen. Das Geld, das die gesetzlichen Krankenkassen nicht einnehmen, kann beim Arzt oder Krankenhaus auch nicht ankommen. Wir sind der Meinung, dass die Finanzschwächen der gesetzlichen Krankenkassen nur zum geringen Teil auf hohe Verwaltungskosten zurückzuführen sind. Sie beruhen zunächst einmal auf Massenarbeitslosigkeit und Niedriglohnbeschäftigung. Dadurch brechen die Einnahmen weg und an dieser Stelle muss man etwas tun.

Die betreffende Forderung an die Pharmaindustrie gilt nicht nur für die Begrenzung der Ausgaben für Medikamente. Die Pharmaindustrie schreibt saubere Gewinne. Zum Beispiel Schering - das können Sie im DAX-Report nachlesen - hat sein Gewinnziel für das Jahr 2005 bereits nach dem III. Quartal erreicht; die Gewinne wurden um 25 % gesteigert. Deswegen sage ich: Steigern wir die Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen! Machen Sie Ihrer Bundesregierung Dampf!

(Beifall bei der Linkspartei.PDS und von der Regierungs- bank)

Es ist natürlich richtig, dass Geld falsch verteilt wurde und dass in diesem Land die Verhandlungspartner offenbar nicht miteinander geredet haben.

Frau Ministerin, meine Fraktion ist nicht gegen Gespräche. Wir halten sie nicht für sinnlos. Jedoch kann es nicht ausreichen, ohne ein Ziel und ohne ein Ergebnis zu moderieren, obwohl die Zeit drängt. Das meinten wir.

(Zuruf von Ministerin Ziegler)

Wir meinen nicht, dass Gespräche sinnlos sind, sondern wir meinen, dass wir jetzt eine Lösung finden müssen. Was Sie erreicht haben, ist nicht die Lösung, die den Ärzten das Problem jetzt abnimmt.

Ihre Rechenaufgabe kann ich nicht nachvollziehen. Wenn die Kopfpauschale für die ärztliche Gesamtvergütung anders bestimmt werden soll, was Sie uns jetzt erläutert haben, wenn der

gesetzlichen Krankenversicherung aber nur ein Betrag X aus Beitragsmitteln zur Verfügung steht, dann können wir ihn dividieren, ihn einmal hoch- und einmal herunterrechnen, aber bei einer Gegenprobe - mein Mathematiklehrer hat immer gefragt, ob ich die Gegenprobe gemacht habe - werden wir feststellen, dass sich der Betrag X nicht erhöht hat. Deshalb ist der Vorschlag aus meiner Sicht so nicht nachzuvollziehen.

Es geht nicht darum, die Verantwortung weiter wegzuschieben. Wir müssen jetzt reagieren. Ich bitte die CDU-Fraktion, bis zum Nachmittag einmal darüber nachzudenken - Frau Münch hat das hier angedeutet -, ob wir uns nicht vielleicht doch auf ein Sofortprogramm einigen können.

(Ministerin Ziegler: Das läuft seit heute!)

Wir sollten nicht verkennen: Es brennt jetzt: Es geht um die brandenburgischen Patienten. Entscheiden Sie jetzt! Stimmen Sie unserem Antrag zu! Ich denke, es gibt eine gute Variante, jetzt landespolitisch ganz klar zu sagen, dass es so nicht weiter geht, denn die Bundesregierung weiß noch nicht, in welche Richtung sie die Gesundheitsreform weiter betreibt, da sie sich zurzeit selbst blockiert. Wenn Sie hier mit Mehrheit beschließen - das fände ich gut - , dass für Brandenburg ganz klar gilt, jetzt den Forderungen der Ärzte zu folgen, ihnen sofort zu helfen, dann haben wir auch die Chance, auf der Bundesebene gehört zu werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich begrüße jetzt Gäste, und zwar die 10. Klasse des Gerberstadt-Gymnasiums Doberlug-Kirchhain. - Herzlich willkommen zu diesem spannenden Thema!

(Allgemeiner Beifall)

Wir setzen mit einer Kurzintervention des Abgeordneten Schulze, SPD, fort.

Herr Präsident! Werte Kollegen! Frau Kaiser, ich habe Ihre Ausführungen, auch die vorhin bei der Ärztedemonstration, gehört. Sie haben mich zum einen fassungslos und zum anderen wütend gemacht. Wir Ärzte haben mindestens sechs Jahre studiert, manche auch länger, und dann noch eine Facharztausbildung absolviert. Für viele von uns ist Arzt nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung.

Wir sehen, das System der Bezahlung der Ärzte ist aus dem Gleichgewicht geraten und es ist etwas faul im Staate Dänemark.

(Richtig! und Beifall bei der Linkspartei.PDS)

- Sie sollten nicht vorzeitig klatschen.

Die Kolleginnen und Kollegen Ärzte haben Existenzangst und sind wütend. Die völlig falsche Medizin in solchen Fragen ist, den Leuten Zaubermedizin zu verabreichen oder leere Versprechungen zu machen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Was Sie bei der Demonstration gemacht haben, ist so - das macht mich persönlich so wütend -, als würde man einem Patienten vorsätzlich verschweigen, welche Krankheit er hat, und ihm nach dem Munde reden. Das geht nicht. Wir müssen eine ordentliche Diagnostik durchführen und die Ursachen der Probleme feststellen. Die einen oder anderen Punkte sind klar. Aber wir hier in diesem Hause wissen auch, dass wir bestimmte Dinge nicht machen können, weil wir nicht zuständig sind und keine Mittel in der Hand haben. Deswegen finde ich es verwerflich und nicht richtig, dass Sie den Kollegen dort Dinge erzählten, die nicht einhaltbar sind. Sie wären auch nicht einhaltbar, Frau Kaiser, wenn Sie Gesundheitsministerin im Land Brandenburg wären. Dann könnten Sie nämlich nicht mehr und nicht weniger tun, als Frau Dagmar Ziegler jetzt getan hat. Dieses Sonderprogramm mit den 2 Millionen Euro gibt es bereits. Das ist verabredet. Natürlich ist das nur eine kurze Hilfe, aber sie soll erst einmal die notwendigen Dinge überbrücken.

Sie sprechen von einer Bundesratsinitiative und von vielen anderen Dingen. Jeder, der sich in diesem politischen System ein wenig auskennt, weiß, dass solche Sachen frühestens im März, April oder Mai wirksam werden könnten, wenn denn die anderen Länder überhaupt mitmachen. Das heißt, es ist gar kein Sofortprogramm. Aber Sie erzählen den Leuten, dass es eines sei.

(Beifall bei SPD und CDU)

Diese Unlauterkeit macht mich wütend. Dass den niedergelassenen Ärzten geholfen werden muss und dass es auch mit den Krankenhäusern nicht zum Besten steht, ist unbestritten. Aber mit leeren Versprechungen, falschen Parolen und Losungen ist noch nie ein Problem gelöst worden.

Mich hat im Übrigen auch nicht überrascht, was Frau Wöllert vorgetragen hat. Aber es macht mich schlicht und einfach fassungslos, weil das nämlich keine Realpolitik ist, sondern es ist das typische „Aufschäumen“ und „Aufmischen“ der Linkspartei.PDS. Das hat noch nie ein Problem gelöst.

(Beifall bei SPD und CDU)