Umso unverständlicher ist uns das Vorgehen der Hauptzollverwaltung Potsdam, die seit August dieses Jahres Gartenbaubetriebe mit einer Rückforderung belegt. Im Schreiben des Hauptzollamtes Potsdam heißt es, dass die Erstattung der Vergütung der Mineralölsteuer auf der Grundlage des Mineralölsteuergesetzes für den Zweck des Beheizens von Gewächshäusern vorbehaltlich einer beihilferechtlichen Genehmigung der Europäischen Kommission gewährt wird. Weiter ist die Hauptzollverwaltung im Gegensatz zur Bundesregierung der Auffassung, diese beihilferechtliche Genehmigung sei bislang nicht erteilt worden. Wörtlich heißt es:
„Ich habe Ihnen die Vergütung nach § 25 Abs. 1 Nr. 5... für die Menge von... Energie somit ohne Rechtsgrundlage versehentlich gewährt. Ich bitte Sie, den Betrag bis zum... in folgender Höhe... bei der Zollzahlstelle in bar einzuzahlen oder auf das genannte Konto zu überweisen.“
Dieses Schreiben des Hauptzollamtes, vor allem die Begründung dazu, und die Mitteilung der Bundesregierung an die Europäische Kommission sind nicht nur in verschiedenen Häusern gefertigt worden, sondern gehen offensichtlich von unterschiedlichen Rechtspositionen und Rechtsauffassungen zu dieser für verschiedene Betriebe existenziellen Frage der Steuerermäßigung aus.
Ich muss mich schon fragen, inwieweit eine Institution der Bundesregierung in dieser Frage eine andere Rechtsauffassung haben kann als die Bundesregierung selbst. Die Bundesregierung geht von einem Ausgleich aus und das Zollamt von einer Beihilfe. Es geht hier nicht um Peanuts, meine Damen und Herren. Der Rückforderungsbescheid, der mir hier vorliegt, beinhaltet 10 600 Euro für einen Monat. Man kann schnell hochrechnen, um wie viel Geld es in diesem Fall geht.
Meine Damen und Herren, mit unserem Antrag ergeht die eindeutige Aufforderung und die Bitte an die Landesregierung,
insbesondere an den zuständigen Minister, gemeinsam mit der Bundesregierung die Bedenken und Zweifel, die bei der Europäischen Kommission bezüglich des Verfahrens bestehen, auszuräumen, den Standpunkt der Bundesregierung in Brüssel voll zu unterstützen, innenpolitisch gesehen die Differenzen mit der Hauptzollverwaltung schnellstens auszuräumen und zu einer einheitlichen Rechtsauffassung im Handeln zu kommen, mit dem letztendlich die Existenz der Gartenbaubetriebe und der damit verbundenen Arbeitsplätze nicht gefährdet wird.
Wenn es in der EU etwas zu prüfen bzw. etwas zu ändern gibt, dann die Tatsache einer gravierenden Wettbewerbsverzerrung durch die unterschiedliche Höhe der Energiekosten bzw. deren Versteuerung. Denken Sie besonders im Vorfeld des Weihnachtsfestes auch daran, dass das Gemüse zum Festtagsmenü bzw. die Blumengebinde als Geschenk im Wesentlichen aus Brandenburger Betrieben kommen! Sorgen wir dafür, dass die 350 Betriebe in Brandenburg, die davon betroffen sind, weiter produzieren können und nicht in nächster Zeit das Licht ausgeht! - Vielen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Helm. - Es spricht die Abgeordnete Wehlan von der Fraktion der Linkspartei.PDS zu uns.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zuweilen ist das Wesen der EU nur schwer zu verstehen. Über 50 % des EU-Gesamthaushaltes entfallen auf den Agrarsektor. Kein anderer Bereich wird so umfassend, so nachhaltig und so lange von der europäischen Politik bestimmt und dennoch sind wir weit davon entfernt, im Agrarsektor das Maß an Einigung zu erzielen, das gesamtwirtschaftlich und gesamteuropäisch das Ziel dieses Bündnisses ist. Die stockenden Verhandlungen über den Finanzplan der EU machen sich auch immer wieder an den Fragen der Landwirtschaft fest, zuweilen als bizarrer Dauerkonflikt zwischen Frankreich und Großbritannien. Es ist kaum zu erklären, wie sich die von der PDS bereits im Jahr 2000 hier im Landtag geforderte Unterstützung der Gartenbaubetriebe zu einem europäischen Problemfall entwickeln konnte.
Gestatten Sie mir an dieser Stelle die Anmerkung, dass unser Antrag zur Unterstützung der Gartenbaubetriebe seinerzeit von der Koalition abgelehnt wurde. Umso mehr begrüßt meine Fraktion natürlich, dass Sie sich inzwischen dieser Sache angenommen haben.
Die Situation der Unterglasbetriebe ist auch weiterhin angespannt. Allein in den vergangenen zwei Jahren hatten wir in Brandenburg einen Rückgang der Anbaufläche um 23 % zu verzeichnen, angesichts der ständig steigenden Energiepreise und der vergleichsweise ungünstigen klimatischen Bedingungen in Deutschland eine kritische Entwicklung.
Ganz so einfach, wie Sie es sich jedoch in Ihrem Begründungstext zum Antrag machen, ist es nicht. Es handelt sich nämlich nicht um ein Problem der Energiesteuer, vielmehr wirkt der Gesamtkomplex der Steuern und der Energiepreise. In den
Niederlanden sind zum Beispiel höhere Energiesteuern auf Heizstoffe als in Deutschland fällig, jedoch ist die Mehrwertsteuer niedriger. Was uns da ab 2007 droht, auch für diese betroffene Branche, kann sich jeder ausrechnen. Auf die klimatisch ungünstigere Situation habe ich bereits verwiesen. Auch diese bewirkt höhere Heizkosten, ist jedoch niemandem vorzuwerfen.
Nicht umsonst hatten wir in unserem Antrag vorgeschlagen, die aus den drastisch gestiegenen Energiekosten resultierenden Mehreinnahmen der Mehrwertsteuer des Bundes an die Betriebe zurückzuführen. Bei einem Heizölverbrauch im deutschen Unterglasgartenbau von 348 780 000 Liter pro Jahr ergeben sich immerhin Mehrkosten von einigen hundert Millionen. Hätten Sie damals unserem Antrag auf eine Bundesratsinitiative zugestimmt und hätte die Bundesregierung den von uns vorgeschlagenen Weg beschritten, brauchten wir uns wegen eines Prüfverfahrens heute weniger Gedanken zu machen. Warum? Ein Blick nach Schweden verrät die Antwort.
Die gleiche EU-Kommission, die gegen Deutschland ein Prüfverfahren eingeleitet hat, genehmigte schon im vergangenen Jahr das Steuerbefreiungsprogramm der schwedischen Regierung. Die Steuerbefreiung - sogar bis auf null - ist in unserem nördlichen Nachbarland mit einem Energieeinsparungsprogramm verbunden. Die Befreiung von Energiesteuern kann nämlich genehmigt werden, wenn die Unternehmen einen Anreiz haben, Energie zu sparen.
In der Tat haben es sich die Steuerexperten nicht träumen lassen, dass sich die Steuereinnahmen wegen der Bindung an den Energiepreis in einen so komfortablen Geldsegen verwandeln. Die ökologische Steuerungswirkung des Ölpreises dürfte den der Abgabenpflicht überholt haben. Umso entscheidender kommt es aber darauf an, mit den finanzpolitischen Instrumenten sorgsamer umzugehen.
Die immer wieder beklagten Unterschiede bei der Energiebesteuerung innerhalb der EU sind seit In-Kraft-Treten der Energiesteuerrichtlinie im Oktober 2003 zwar hinsichtlich der Oberhöhe der Steuersätze nicht wirklich kleiner geworden, hinsichtlich der Mindestbesteuerung und Kopplung von Steuerbefreiungen an Energieeinsparungsmaßnahmen gibt es dort aber klare Festlegungen. Wenn wir den Unterglasbetrieben wirkungsvoll helfen wollen, müssen wir das mit einem Nutzen für die Umwelt verbinden, wie Schweden zeigt.
Gleichzeitig geht es darum, die Preise für fossile Brennstoffe in den Griff zu bekommen. Dazu gehört, die Macht der wenigen Konzerne durch strikte Brechung der Monopolstellungen bei den Netzen zu regulieren. Dazu gehört auch eine auf Frieden und Entspannung gerichtete internationale Politik. Das erfordert aber zuallererst, die Anteile regenerativer Energien zu erhöhen, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren bzw. die Preise der fossilen Brennstoffe unter Druck zu setzen.
Natürlich, verehrte Kolleginnen und Kollegen, hoffe und wünsche ich mir, dass das Prüfverfahren nicht zulasten unserer Betriebe ausgeht. Auch uns liegen die Schreiben, aus denen Herr Helm zitiert hat, vor. Vielleicht lässt sich die Kommission davon überzeugen, dass die Lenkungswirkung der Ökosteuer als Energieeinsparungsmaßnahme verstanden werden kann. Insbesondere muss deutlich werden, dass die objektiv bestehenden
Standortnachteile weit schwerer wiegen als der auf die Kostendämpfung der Energiepreisexplosion gerichtete Steuererlass. Wir denken auch, dass sich die real bestehenden Energieprogramme damit verknüpfen lassen.
Herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Wehlan. - Jetzt spricht Frau Abgeordnete Lieske für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 60 Millionen Euro Rückforderung drohen, wenn sich die EU-Kommission mit dem Prüfverfahren und der Rückforderung durchsetzt. Die Fortschreibung des ermäßigten Steuersatzes hatte der Bundesrat am 26. November 2004 verlängert und bis 2006 befristet. Mit der Vergünstigung sollen die Nachteile, die die deutschen Gemüse- und Zierpflanzenanbauer im Vergleich zu ihren europäischen Kollegen haben, ausgeglichen werden. Daher muss die EU-Kommission aus unserer Sicht die deutsche Beihilfe unangetastet lassen und die Gesetzesänderung endlich notifizieren.
Schließlich haben die deutschen Landwirte und Verbraucher durch die Ökosteuer auch besondere Belastungen zu tragen. Hier soll und muss die Landesregierung Druck auf die Bundesregierung ausüben, um die Ungleichbehandlung der deutschen Gartenbaubetriebe innerhalb der EU zumindest ansatzweise zu beenden. Bundestag und Bundesregierung müssen an dieser Stelle auch ein Stück ihrer Souveränität wahren, um Benachteiligungen auszugleichen. Die Landesregierung sollte dieses Bestreben aktiv unterstützen.
Die Erstattungsregelung war vorgesehen, um einen Kostenausgleich für die noch unterschiedlich hohen Energiepreise zu schaffen. Mit einer Liberalisierung der Energiemärkte sollten auch die Preisunterschiede schwinden. Dann wäre die Beihilfe tatsächlich eine ungerechtfertigte Wettbewerbsverzerrung. Noch ist dies aber nicht der Fall, auch wenn erste Fortschritte auf dem Markt der Liberalisierung erreicht sind. Vom großen Ziel ist man jedoch noch weit entfernt, wie die Preisunterschiede zum Beispiel zwischen den Niederlanden und Deutschland deutlich zeigen. In den Niederlanden bezahlen die Gartenbaubetriebe identischer Ausstattung und Größe zwischen 30 und 50 % weniger als die Brandenburger und deutschen Betriebe. Dies, meine Damen und Herren, dürfte nicht nur am Klima liegen.
Wir dürfen nicht nur den weltweiten Wettbewerb und die WTO vor Augen haben, sondern müssen auch auf EU-Ebene die Voraussetzung für Chancengleichheit schaffen. Nicht ohne Grund kommen ein großer Teil des Gemüses und knapp 90 % der Schnittblumen aus den Niederlanden. Die teilweise Steuerrückerstattung ist ein Beitrag zur Herstellung von Gerechtigkeit und Chancengleichheit. Aus unserer Sicht ist sie wegen der nach wie vor enormen Kostenunterschiede nur zu gerechtfertigt.
Die von der EU diskutierten und zum Teil bereits vollzogenen Rückforderungen gefährden das Überleben der Gartenbaubetriebe akut. Schließlich sind die Beträge, um die es hier geht,
kein Pappenstiel. Es handelt sich - wie bereits erwähnt - um insgesamt 60 Millionen Euro, also während der Laufzeit um ca. 15 Millionen Euro pro Jahr. Am Einzelbeispiel ist hier schon dargestellt worden, wie existenzbedrohend diese Rückzahlungsansprüche sein könnten.
Dabei - auch das sei hier gesagt - handelt es sich um Gelder, die bereits wieder in den Wirtschaftskreislauf geflossen sind wie ursprünglich beabsichtigt -, um zum Teil Energiesparmaßnahmen oder den Ausbau regenerativer Energien zu finanzieren. Rückforderungen sind hierbei völlig fehl am Platze. Die Summe wäre von den Betrieben nicht zu schultern.
Ich erinnere auch an den hohen Investitionsbedarf, der bereits Anfang der 90er Jahre durch Gartenbaubetriebe und Zierpflanzenanbauer geleistet worden ist und wo auch entsprechende Abläufe noch nicht beendet sind.
Eine Nichtnotifizierung des Gesetzes würde den Gemüseanbau in Deutschland und Brandenburg gefährden. Bundesweit werden 1 400 Hektar unter Glas angebaut. In Brandenburg betrifft das, wie bereits erwähnt, 350 Betriebe, von denen 120 Gartenbaubetriebe Unterglasanbau betreiben. Dabei handelt es sich um kleine und kleinste mittelständische Betriebe. Die Gemüseanbaubetriebe bewirtschaften ca. 35 Hektar und die Zierpflanzenbetriebe ca. 78 Hektar. Schwerpunkte sind hier Tomaten, Erdbeeren, Paprika und Gurken. Der Gemüse- und der Zierpflanzenanbau sichert nicht zuletzt zahlreiche Arbeits- und Ausbildungsplätze in Brandenburg. Es lohnt sich, um jeden dieser Plätze zu kämpfen.
Ich erinnere noch einmal daran: Die teilweise Steuerrückerstattung war befristet und sollte Kostennachteile der hiesigen Betriebe ausgleichen. Solange diese weiterhin bestehen, hat auch das Gesetz seine Berechtigung. Deshalb müssen die Landesund die Bundesregierung unbedingt auf eine Notifizierung des Gesetzes durch die EU drängen. Wir bitten Sie, dem Antrag von SPD und CDU zuzustimmen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Brandenburgs Unterglasanbaubetrieben drohen Rückzahlungen in Millionenhöhe. Um es gleich vorweg zu sagen: Unsere Gärtnereien sind schlichtweg nicht in der Lage, das Geld zurückzuerstatten. Zahlreiche Betriebe haben bereits die Produktion aufgegeben oder arbeiten gerade einmal kostendeckend.
In dieser kritischen wirtschaftlichen Lage hat die Europäische Kommission im Oktober ein Prüfverfahren wegen der seit 2001 bestehenden Steuerbefreiung eingeleitet. Der dringend notwendige ermäßigte Steuersatz für Heizöl, Erdgas und Flüssiggas zur Beheizung von Gewächshäusern wird also infrage gesellt. Wieder einmal war es unsere DVU-Fraktion, die als erste auf das drohende Unheil aus Brüssel schon mit der münd
lichen Anfrage am 10. November und einer weiteren Kleinen Anfrage am 24. November 2005 hingewiesen hat.
Die EU-Kommission betrachtet die Rückerstattung jetzt als unzulässige Betriebsbeihilfe, die wettbewerbsverzerrend wirken soll. Tatsache ist aber, dass die jetzige Regelung 2001 eingeführt wurde, um den Unterglasanbaubetrieben eine Wettbewerbsfähigkeit zu europäischen Konkurrenzbetrieben zu verschaffen, die mit niedrigen Energiepreisen und zu anderen Steuerbedingungen unter anderem Obst und Gemüse unter Glas anbauen können.
Gerade durch die Einführung der Ökosteuer hat sich die Situation für die deutschen Gartenbaubetriebe trotz ermäßigter Steuersätze deutlich verschärft. Allein in diesem Jahr mussten diese Unternehmen schon einen Anstieg der Heizkosten um rund 40 % hinnehmen. Der Wettbewerbsdruck wird so immer stärker. Die Einfuhr von Gemüse hat sich bereits in den letzten 20 Jahren verdoppelt.
Unsere Fraktion hält die Haltung der EU-Kommission zur Mineralölsteuerrückerstattung für völlig unverständlich. Wir fordern die Landesregierung auf, sich zusammen mit der Bundesregierung im laufenden Prüfverfahren dafür einzusetzen, dass die gewährten Steuerermäßigungen zulässig sind und somit keine wettbewerbsverzerrenden Maßnahmen darstellen.
Darüber hinaus betrachtet es unsere Fraktion als unabdingbar, die bestehende Regelung auch über das Jahr 2006 hinaus festzuschreiben, und zwar so lange, wie der deutsche Gartenbau dem ungleichen Wettbewerb Europas und darüber hinaus ausgesetzt ist.
Aufgrund der dramatischen Situation vieler Betriebe würde eine Verlängerung der Rückerstattung zu einem höheren Maß dringend notwendiger Planungssicherheit beitragen. Damit wäre eine Voraussetzung dafür geschaffen, dass unsere Betriebe dringend notwendige Investitionen auch zur Umstellung auf den Energieträger Gas tätigen können.