Protokoll der Sitzung vom 26.01.2006

Die Aufstellung der Operationellen Programme ist die Aufgabe der vollziehenden Gewalt. Ich gehe davon aus, dass Ihnen dies voll bewusst war. Falls nicht, so hat es Ihnen der Staatssekretär erklärt. Anders kann ich mir zumindest nicht erklären, dass Sie keine politischen Forderungen aufmachen, sondern die Landesregierung um etwas ersuchen. Mit der Formulierung machen Sie deutlich, dass es keine verfassungsmäßige Grundlage für diesen Teil Ihres Antrags gibt. Es gehört zur guten Tradition, dass solche Vorschläge, wie Sie sie vorgelegt haben, in den Arbeitsgremien diskutiert werden. So hätten Sie es auch in diesem Fall tun können. Was dann in den Ausschüssen mit Ihrem Katalog geschieht, bleibt abzuwarten. Der Staatssekretär hat die Weiterleitung Ihrer Vorschläge ja schon zugesagt.

Ich halte an dieser Stelle fest: Weder in der Sache noch unter dem zeitlichen Aspekt erleiden Sie durch die Ablehnung dieses Abschnittes Ihres Antrags einen Nachteil. Ich habe zwar ein gewisses Verständnis für den Wunsch der Opposition, auf diese Weise ein wenig mitzuregieren, und erkenne auch gern an, dass Sie sich Gedanken zum Thema gemacht haben; jedoch ist das, was Sie hier vorgelegt haben, aus Sicht meiner Fraktion kein geeigneter Gegenstand für einen Beschluss des Landtags.

Bitte kommen Sie zum Schluss Ihres Beitrages!

Frau Präsidentin, ich komme zum Ende.

Wir lehnen daher den Antrag ab. Einer Überweisung würden wir ebenfalls nicht zustimmen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort geht an den Abgeordneten Nonninger. Bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Den vorliegenden Bericht hätten Sie sich sparen können. Dies sage ich mit vollem Ernst, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, so wichtig und geradezu existenznotwendig das Thema der Vorbereitung der neuen Strukturförderungsperiode für Brandenburg ist. Was Sie uns jedoch vorgelegt haben, ist bestenfalls ein Stochern im Nebel. Es ist sehr löblich, dass Sie eingedenk der Tatsache, dass die Ausgestaltung der Operationellen Programme und der sie finanzierenden Fonds - namentlich EFRE, Kohäsionsfonds, ESF sowie der neue Landwirtschaftsfonds ELA - konkrete Zeitschienen und Terminpläne bis zur Verabschiedung entworfen und vorlegt haben.

Das Problem liegt allerdings darin, dass Sie damit buchstäblich das Pferd von hinten aufzäumen; denn bisher wurde weder über die Grundverordnung noch über die EFRE- oder ESFVerordnung die geringste Einigkeit erzielt. Noch nicht einmal das finanzielle Volumen der neuen Förderperiode steht fest. So wurde im Dezember letzten Jahres zwischen den EU-Mitgliedsstaaten zwar ein Finanzkompromiss zum EU-Haushalt in Höhe von 862 Milliarden Euro erzielt, jedoch hat das Europaparlament den Haushaltsentwurf für die Finanzperiode 2007 bis 2013 am Mittwoch letzter Woche bekanntlich nicht abgesegnet, sondern verworfen.

Ob es im März oder Juni gelingt, den Haushalt doch noch durch das Parlament zu bringen, oder ob man ab 2007 erst einmal mit Einzeljahreshaushalten wird wirtschaften müssen, steht in den Sternen. Bezüglich der Verteilung auf die Strukturfonds sowie innerhalb des neuen Ziel-3-Gebietes herrscht ebenfalls immer noch Unklarheit.

Streitpunkte sind vor allem die Höhe der EU-Ausgaben und der Mitgliedsbeiträge der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten. Die Beiträge der einzelnen Mitgliedsstaaten zum EU-Budget entsprechen in der Regel ihrer Wirtschaftskraft. Länder mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten, einem ineffizienten Agrarbereich und schwacher Infrastruktur erhalten mehr Mittel aus den EU-Kassen als die anderen Staaten. Nach einem neuen Budgetentwurf sollen auch die neu hinzugekommenen EU-Mitgliedsstaaten Nettoempfänger der EU werden. Spanien, Griechenland, Portugal und Irland haben bisher den größten Anteil am EU-Kuchen erhalten. Dagegen trägt Deutschland als größter Nettozahler allein 23,2 % des gesamten EU-Budgets; sein Bruttobeitrag erhöhte sich von knapp 17 Milliarden Euro im Jahre 2003 auf weit über 21 Milliarden Euro im Jahre 2005. Wären diese Mittel nur zur Hälfte statt nach Brüssel in unsere eigenen deutschen Kassen und insbesondere in die neuen Bundesländer geflossen, hätten wir heute vermutlich wirklich blühende Landschaften statt Industriebrachen und Verödung in vielen Regionen.

(Beifall bei der DVU)

Es ist davon auszugehen, dass mit dem Übergang zur neuen Förderperiode erhebliche Veränderungen in Bezug auf den Umfang der EU-Finanzhilfen für Brandenburg die inhaltlichen Schwerpunkte der Förderpolitik und die beihilferechtlichen Regelungen verbunden sein werden. Für die neuen Bundesländer wären das fortan rund 4 Milliarden Euro weniger aus den Strukturfonds als in der vergangenen Finanzperiode 2000 bis 2006, davon allein für Brandenburg rund 700 Millionen Euro

weniger. Verschärft wird dies in Brandenburg noch durch die unseligen so genannten neuen Leitlinien der Landesregierung und die Fokussierung der Förderung nur mehr auf so genannte Wachstumskerne und Schlüsselbranchen.

Doch muss wirksame Förderpolitik nicht nur auf die richtigen Handlungsfelder gerichtet sein, sondern es bedarf auch der Transparenz und Effizienz der Verfahren. Hier sehen wir als DVU-Fraktion - gelinde gesagt - große Defizite. Wenn es darum geht, für den Einsatz der EU-Strukturfonds in Brandenburg ab 2007 eine wachstumsorientierte Strategie zu entwickeln und umzusetzen, müssen unserer Ansicht nach die Bedarfe und Möglichkeiten insbesondere der mittelständischen brandenburgischen Unternehmen im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen und angepasst werden.

Dies erfordert eine umfassende und vor allem flächendeckende Einbindung unserer brandenburgischen Wirtschaft in allen Formen und auf allen Ebenen - von der Ausarbeitung der Programme bis zur Ausgestaltung der Förderinstrumente und Verfahren. Daher fordern wir als DVU-Fraktion: Produzieren Sie nicht ständig bedrucktes Papier aus der Sicht von Ministerialbürokraten und irgendwelchen so genannten Experten, sondern sorgen Sie dafür, dass die in Brandenburg ansässigen Wirtschaftsverbände und Kammern in die Erarbeitung und Vorbereitung der Operationellen Programme des Landes einbezogen werden!

Kommen Sie bitte zum Schluss!

Noch einen Satz.

Die Vertreter und Akteure der Wirtschaft verstehen mehr davon als hoch bezahlte Bürokraten. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Nun spricht die Abgeordnete Richstein für die CDU-Fraktion. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es hat sich schon in der Aktuellen Stunde heute Morgen abgezeichnet, dass wir einmal über einige Grundsätzlichkeiten sprechen sollten, was exekutives und legislatives Handeln anbelangt. Ich muss mich ein bisschen wundern, wenn Frau Osten die Landesregierung dahin gehend kritisiert, dass wir keine Ergänzung bzw. keine Fortschreibung des Berichts erhalten hätten.

Der Bericht ist dem Landtag schon am 1. Dezember zugegangen. Es lag an uns selbst - aus welchen Gründen auch immer -, dass die Diskussion über den Bericht nicht auf die Tagesordnung im Dezember-Plenum gesetzt wurde. Wir haben die Landesregierung in der Folge nicht dazu aufgefordert, eine Fortschreibung durchzuführen. Man stellt sich also die Frage: Warum sollte die Regierung einen Bericht fortschreiben, den wir schon als solchen nicht zur Kenntnis genommen haben?

Außerdem - das haben Sie löblicherweise gemacht - konnten wir uns mit diesem Bericht vor der Behandlung im Landtag schon in den Ausschüssen befassen.

Frau Abgeordnete Richstein, möchten Sie eine Zwischenfrage beantworten?

Bitte sehr.

Frau Richstein, das ist nicht der Hauptpunkt unserer Auseinandersetzung. Ich habe Herrn Staatssekretär Dr. Krüger ja ausdrücklich dafür gedankt, dass er uns das heute erläutert hat. Wir haben doch nur zum Ausdruck bringen wollen, dass wir dann, wenn in dem Sachstandsbericht Terminleisten von Januar 2006 zu finden sind, zumindest erfahren sollten, ob das vielleicht schon abgearbeitet ist. Das ist ja nicht ein endgültiger Bericht, sondern nur ein Sachstandsbericht zu dem Zeitpunkt Oktober gewesen. Wenn wir also jetzt, im Januar, darüber reden, dann kann die Landesregierung doch sagen, wie weit sie jetzt ist, sodass wir das einbeziehen können. Das war im Übrigen keine Forderung, sondern nur ein Wunsch.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS: Eine Frage!)

Das hat sich aber schon wie eine Forderung angehört und Sie müssen doch wohl zugeben, dass es widersinnig ist, eine Fortschreibung zu einem Bericht zu fordern, den wir im Rahmen einer Beratung im Plenum noch gar nicht zur Kenntnis genommen haben.

Damit komme ich zu Ihrer Aussage, dass Sie dadurch, dass Sie den Bericht auf die Tagesordnung der Sitzung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen am 19. Januar genommen hätten, die Landesregierung gezwungen hätten, hier Stellung zu nehmen. Dazu frage ich mich, welches Verständnis Sie eigentlich von der Arbeit des Parlaments haben. Wir erstellen die Tagesordnung und bitten die Landesregierung um Stellungnahmen. Wir zwingen die Landesregierung also nicht dazu. Die Landesregierung ist auch nicht in der Position, von sich aus jeweils Stellung zu nehmen, es sei denn, es handelt sich um eine Unterrichtungspflicht. Sie müssen einmal die richtige Perspektive einnehmen.

Zu dem Bericht ist zu sagen, dass es aufgrund der Abläufe in Brüssel Fortschritte gegeben hat. Dass sich etwas überholt hat, liegt also nicht an dem Bericht, sondern an dem, was in Brüssel inzwischen geschehen ist. Die einzelnen Teile des zukünftigen Rahmens sind jetzt weitgehend bekannt. Die Bedingungen, mit denen wir es jetzt zu tun haben, sind besser, als es nach dem Luxemburger Vorschlag zu erwarten war. Die neue Situation bringt allerdings auch neue Herausforderungen mit sich.

Ich meine also, wir sollten hier die Stellungnahme des Europäischen Parlaments und die Kritik an dem Kompromiss, der in der Debatte von heute Morgen schon angesprochen worden ist, auf jeden Fall berücksichtigen.

Bei dem Antrag der Fraktion der PDS wundert es mich, dass wir damit, genauso wie bei der Debatte heute Vormittag, wieder über eine Selbstverständlichkeit diskutieren. In Punkt 1 Ihres Antrags beschreiben Sie lediglich Selbstverständlichkeiten und ich gehe davon aus, dass diese Dinge auf jeden Fall im neuen Programm Berücksichtigung finden werden.

Auch in Punkt 2 geht es wieder um die Problematik von Exekutive und Legislative. Meines Erachtens ist die Erarbeitung des Operationellen Programms nicht eine Angelegenheit des Landtags als Legislative, sondern eine solche der Exekutive.

Ihre Forderung nach Regionalfonds lehnen wir ab. Hier ist doch die Frage, warum wir die Finanzhoheit über die Beträge, die Sie immerhin selbst auf 2,7 Milliarden Euro beziffert haben, abgeben sollten, um sie dann in Regionalfonds zu verteilen.

Fast schon niedlich finde ich, dass die Fraktion der PDS versucht, den Katalog der Forderungen, die Bestandteil ihres Programms zur Bundestagswahl waren, über das Operationelle Programm quasi zur Programmatik der Landesregierung zu machen. So geht es aber nicht, weil wir die politischen Wünsche der PDS natürlich nicht zu unseren eigenen Wünschen machen werden. Es ist aber anerkennenswert, dass der Staatssekretär angeboten hat, Ihre Vorschläge zumindest den Gutachtern vorzulegen.

Wir sollten uns klar machen, dass die Fördermittel, die wir von der Europäischen Union bekommen, kein Allheilmittel sind.

(Vietze [Die Linkspartei.PDS]: Richtig!)

Vielmehr geht es darum, dass wir diese Mittel zielgerichtet einsetzen.

(Vietze [Die Linkspartei.PDS]: Richtig!)

So etwas kann ich aus Ihren Vorschlägen aber nicht herauslesen.

Vor allem müssen wir in Zukunft - auch das fehlt bei Ihnen - eine stärkere Kopplung mit den Lissabon-Zielen vornehmen.

(Vietze [Die Linkspartei.PDS]: Darüber habe ich doch extra geredet!)

- Wir sind jetzt aber nicht mehr bei der Aktuellen Stunde, sondern beim Tagesordnungspunkt 3.

(Vietze [Die Linkspartei.PDS]: Sie hören mir nicht zu!)

Ihr Antrag ist vor allem deshalb abzulehnen, weil Dinge, die in das Operationelle Programm gehören, nicht per Katalog an die Landesregierung gegeben werden können.

In den Fachausschüssen werden wir sicherlich genug Gelegenheit haben, hierüber zu diskutieren. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Richstein. - Jetzt spricht der Abgeordnete Otto. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Unser Beschlussantrag hat sich auf jeden Fall insofern gelohnt, als über das Thema hier im Parlament eine umfangreiche Diskussion geführt wird und Staatssekretär Dr. Krüger zugesichert hat, diesen Beschlussantrag in die Erarbeitung der Operationellen Programme einzubeziehen. Damit hat sich unser Antrag schon gelohnt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)