Protokoll der Sitzung vom 22.02.2006

Ein wesentlicher Teil der Beschwerden und Anfragen aus dem Bereich des angeordneten Aufenthalts in Justizvollzugsanstalten könnte sich durch die sich zurzeit neu konstituierenden Gefängnisbeiräte, zu denen auch Mitglieder des Landtages gehören, klären lassen und somit orts- und zeitnah ausgeräumt werden.

Auch im Bereich des Ausländerrechts könnten, wie schon erwähnt, Petitionen vermieden werden. Die größte Zahl der diesbezüglichen Vorgänge landet deshalb beim Petitionsausschuss, weil sie in der Härtefallkommission aufgrund der Ausschlussklausel 9 nicht behandelt werden können. In dieser wird festgelegt, dass nur solche Asylbewerber vorstellig werden können, bei denen noch kein Abschiebetermin festgelegt worden ist.

Die Streichung des entsprechenden Passus hätte zur Folge, dass sich das zuständige Gremium mit der Sachlage beschäftigen könnte und nicht der Petitionsausschuss in Eil- und Sondersitzungen mit der Problemlage befasst werden müsste.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Es muss gelingen, das staatliche verwaltende Handeln so transparent zu gestalten, dass sich die Bürger immer seltener genötigt sehen, den Petitionsausschuss überhaupt anzurufen. Durch die Stärkung demokratischer Gremien, den Abbau bürokratischer Hürden, die Gestaltung verbindlicher Standards im sozialen Bereich sollten wir einen Schritt auf diesem Weg vorankommen. - Ich danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Weber. - Es spricht nun der Abgeordnete Karney.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man könnte ihn den Seismografen des Parlaments und der Landesregierung nennen; denn er spiegelt auch die Arbeit von Parlament und Landesregierung wider. Ich behaupte auch, er ist der arbeitsintensivste Ausschuss - der Petitionsausschuss des Landtages Brandenburg.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der Linkspartei.PDS)

Der Bericht des Petitionsausschusses von Beginn der laufenden Legislaturperiode bis heute liegt dem Parlament jetzt vor. Es ist der erste Jahresbericht, der dem Parlament in dieser Form vorgestellt wird. In 19 Sitzungen wurden 576 Petitionen abschließend beraten und bearbeitet - ein hartes Stück Arbeit für die Mitglieder des Ausschusses und für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Referats Petitionen beim Landtag. Da ich selbst dem Ausschuss angehöre und auch schon in der 3. Legislaturperiode dort mitgearbeitet habe, kann ich gut beurteilen, wie sich die Entwicklung in den vergangenen Jahren bei den Themen, bei den Einreichern, bei Formen und Fristen der Antragsteller vollzogen hat.

Für die Erledigung seiner Aufgaben ist der Ausschuss nach der Landesverfassung und dem Petitionsgesetz mit umfangreichen Rechten ausgestattet worden. Artikel 17 des Grundgesetzes gibt jedermann das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten und Beschwerden an die zuständigen Stellen oder an die Volksvertretung zu wenden. Es steigt aber auch die Anzahl der Petenten, die sich per E-Mail an den Petitionsausschuss des Landtags Brandenburg wenden.

Haben Bürger Probleme mit Landesbehörden, möchten sie einen Verwaltungsakt überprüfen lassen oder möchten sie sich über gerichtliche Entscheidungen beschweren, leiten sie ihre Petition dem Ausschuss zu. Zu Letzterem ist allerdings festzustellen, dass bei Beschwerden über gerichtliche Entscheidungen aufgrund der verfassungsrechtlich garantierten Unabhängigkeit der Richter der Ausschuss nicht tätig werden kann und wird. In diesem Zusammenhang müssen wir bei einer zunehmenden Anzahl von Petitionen die Petenten darauf hinweisen,

welche Aufgaben dem Ausschuss obliegen. Es obliegt dem Ausschuss beispielsweise auch nicht, privatrechtliche Streitigkeiten zu überprüfen, Rechtsauskünfte zu erteilen bzw. zivilrechtliche Forderungen zu überprüfen - eine Irritation, deretwegen so manche Petition bereits gescheitert ist. Wir verweisen die Petenten in solchen Fällen auf den gesetzlich normierten Rechtsbehelf und möglicherweise auch auf Rechtsanwälte hin, die eine richterliche Entscheidung anfechten können.

Auch sollte der Ausschuss durch seine Arbeit Schwachstellen in der Landesgesetzgebung erkennen und auf diese hinweisen.

Beeindruckt hat mich die Anzahl der Petitionen im Bereich Hartz IV. Diese sind im Jahr 2005 neu hinzugekommen.

Auch die Arbeit der fünf Landkreise, die optioniert haben, war Gegenstand von Petitionen.

Für unsere Arbeit wichtig sind die Berichterstattungen aus unseren Ministerien, die zur Auskunftserteilung zur Sach- und Rechtslage aufgefordert waren. Hierbei ist eine gute Zusammenarbeit bis zur abschließenden Beurteilung einer Petition zu verzeichnen. Die Abgabe der Stellungnahmen erfolgte zum größten Teil auch fristgerecht.

Einen Tag nach dem Tag der Muttersprache, den wir gestern begangen haben, muss auch festgehalten werden, dass man mitunter Schriftsachverständiger sein muss, um einige Petitionen überhaupt lesen zu können. Hierfür ist immer wieder Zeit, Geduld und viel Fleiß gefordert, um den Sachverhalt endlich zu erfassen und beurteilen zu können. Einige unserer Bürgerinnen und Bürger sind gelegentlich auch mit Sprücheklopfen, Schimpfworten und Ähnlichem gegenüber dem Ausschuss nicht zimperlich. Wir als Parlamentarier verwahren uns genau wie die Mitarbeiter des Referats Petitionen natürlich gegen derartige Umgangsformen.

Die Frage ist, was wir an unserer Arbeit noch besser und effizienter machen können.

Grundsätzlich müssen Petitionen schriftlich abgefasst und eigenhändig unterschrieben sein. Dies ist eine Form, die wir beibehalten sollten, die Unterschrift als ein ganz persönlicher und eigenhändiger Fingerabdruck.

Auch den persönlichen Besuch von Ausschussmitgliedern vor Ort, auch bei inhaftierten Petenten, halte ich für ein probates Mittel, eine Petition zu bearbeiten. Hierbei ist mit besonderer Sorgfalt und Fingerspitzengefühl mit den Gefangenen oder auch mit Bediensteten die Situation vor Ort zu klären. Apropos „vor Ort“: Vielleicht sollte auch unser Ausschuss einmal prüfen, ob es möglich ist, Petitionen vor Ort zu klären, wenn es gerechtfertigt ist bzw. wenn Eile geboten ist. Der Bundestag tut bereits Ähnliches.

Dass wir zum Schutz der Petenten zum Datenschutz sowie zur Vertraulichkeit verpflichtet sind, ist selbstverständlich.

Gestatten Sie mir, mich an dieser Stelle bei den Mitarbeitern des Referats Petitionen, bei meinen Kollegen im Ausschuss, mit denen eine gute Zusammenarbeit gepflegt wird, zu bedanken.

Die Brandenburgerinnen und Brandenburger möchte ich auffordern, ihr demokratisches Recht, sich an den Ausschuss zu

wenden, weiterhin und noch mehr in Anspruch zu nehmen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei CDU, SPD und der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält die Abgeordnete Fechner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit über 15 Jahren gibt es nun den Petitionsausschuss und, soweit ich informiert bin, hier im Plenum wurde nie über die Arbeit des Petitionsausschusses debattiert

(Schulze [SPD]: Das ist nicht richtig!)

- Jedenfalls in der vergangenen Legislaturperiode, die sich über fünf Jahre erstreckte, wurde darüber nicht debattiert, Herr Schulze.

(Schulze [SPD]: Das ist etwas anderes!)

Heute findet zum zweiten Mal eine Debatte dazu statt und dazu wurde die Redezeitvariante 3 vereinbart. Redezeitvariante 3 bedeutet - für die Gäste, die das nicht wissen -, dass über eine Stunde über diesen Tagesordnungspunkt debattiert wird. Normalerweise findet die Redezeitvariante 1 Anwendung, was 25 Minuten Debattenzeit bedeutet.

Nun gibt es meiner Meinung nach zwei Hauptgründe, warum man nach 15 Jahren bzw. nach zehn Jahren so ausführlich über den Bericht über die Arbeit des Petitionsausschusses debattieren möchte. Der erste Grund für die lange Redezeit könnte die dürftige Tagesordnung des heutigen und des morgigen Sitzungstages sein.

(Beifall bei der DVU)

Der zweite Grund könnte der sein, dass man nun endlich die wichtige und sinnvolle Arbeit des Petitionsausschusses würdigen und in das Blickfeld der Öffentlichkeit rücken möchte. Doch ob diese Debatte hier dazu beitragen wird, wage ich zu bezweifeln. Normalerweise werden im Plenum parteipolitische Standpunkte ausgetauscht und das fällt bei diesem Tagesordnungspunkt schwer; denn der Petitionsausschuss ist der einzige ordentliche Ausschuss im Landtag, in dem die Parteipolitik keine Rolle spielt.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS)

Die wesentliche Aufgabe des Petitionsausschusses ist es, Entscheidungen von Brandenburger Behörden und Einrichtungen des Landes Brandenburg zu überprüfen und gegebenenfalls auf Änderungen hinzuwirken. Dabei haben sich die Mitglieder des Ausschusses an die gegebenen Gesetzlichkeiten zu halten. Parteipolitik spielt hierbei also keine Rolle.

Ich bin als Berichterstatterin unter anderem für die Bereiche Schulwesen und Kitas zuständig. Sehr viele Petenten haben sich an den Petitionsausschuss gewandt und um Überprüfung der Festsetzung der Kita-Gebühren gebeten. Viele Petenten wandten sich an uns in der Hoffnung, dass wir geplante Schul

schließungen verhindern könnten. Auch die satzungsrechtliche Ausgestaltung der Beteiligung der Eltern an den Schülerbeförderungskosten war Gegenstand vieler Petitionen. Doch leider konnten wir den Anliegen der Petenten selten entsprechen, denn, wie ich bereits erwähnte, die wesentliche Aufgabe des Petitionsausschusses ist es, Entscheidungen von Brandenburger Behörden und Einrichtungen zu überprüfen und gegebenenfalls auf Änderungen hinzuwirken.

Sehr oft ließen sich die Entscheidungen Brandenburger Behörden nicht beanstanden, denn diese haben sich an die gesetzlichen Vorgaben gehalten. An uns Parlamentariern liegt es, diese mitunter unsoziale Gesetzgebung zu verändern. Doch dazu bedarf es Mehrheiten hier im Landtag.

Doch wie schwer es ist, eine sozial gerechte Gesetzgebung zu praktizieren, dürfte den meisten hier bekannt sein. Erinnern möchte ich an die vielen Anträge nicht nur meiner Fraktion zu den Themen Schülerbeförderung, Schulschließungen, Kita-Gebühren usw. Doch leider fanden diese Anträge hier im Plenum keine Mehrheiten, sodass auch künftig mit weiteren Petitionen zu rechnen ist. Denn solange hier in Brandenburg Gesetze nach rein fiskalischen Gesichtspunkten verabschiedet werden, wird sich der Petitionsausschuss über mangelnde Auslastung auch in Zukunft nicht beklagen können.

(Beifall bei der DVU)

Herzlichen Dank, Frau Abgeordnete. - Ich frage die Landesregierung, ob es ihrerseits den Wunsch gibt, dazu zu sprechen. Das scheint nicht der Fall zu sein. Der Abgeordnete Schulze hat noch um das Wort gebeten. Bitte schön.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Ausführungen der Abgeordneten der DVU-Fraktion machen es notwendig, dass ich jetzt noch einmal an das Mikrofon gehe.

Es ist unzutreffend, Frau Fechner, was Sie gesagt haben. Die Parlamentarischen Geschäftsführer haben schon vor Monaten verabredet, dass wir in dieser 4. Wahlperiode mit dem Petitionsausschuss und den Berichten zu Petitionen anders umgehen als in der 3. Wahlperiode.

(Beifall bei SPD, CDU und der Linkspartei.PDS)

Insofern sind Ihre Anwürfe einfach nicht richtig.

Es ist richtig, dass in der Vergangenheit Fehler gemacht wurden. Ich möchte jetzt keine Fehlerdiskussion entfachen. Aber das Petitionsrecht ist eines der ältesten Rechte in der Menschheit, das man über Jahrhunderte zurückverfolgen kann. Die Arbeit des Petitionsausschusses - ich war selber viele Jahre dessen Mitglied - muss hier im Plenum entsprechend gewürdigt und debattiert werden. Das ist der Anfang eines neuen Umgangs mit dem Petitionsausschuss. Dass das hier gleich wieder in Grund und Boden geredet und durch den Dreck gezogen wird, finde ich nicht in Ordnung, weil es einfach nicht der Wirklichkeit entspricht.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und CDU sowie Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank, Herr Abgeordneter. - Ich beende damit die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt.

(Zuruf der Abgeordneten Fechner [DVU])