Protokoll der Sitzung vom 17.05.2006

Ihnen geht es darum, dass es derzeit ein sehr gutes Strafvollzugsgesetz in Deutschland gibt. Sie befürchten - vielleicht zu Recht -, dass einige Länder bereit wären, diese vernünftigen Standards infrage zu stellen. Es ehrt uns, dass Sie dieses Gesetz als gut - es war bereits damals und ist heute immer noch ein gutes Gesetz - empfinden; schließlich entstand es in der Zeit einer sozialdemokratischen Regierung und wurde damals durch Liberale mitgetragen. Damals gab es noch Liberale im wahrsten Sinne des Wortes. Heute gibt es nur noch die FDP.

Zudem ehrt es uns, dass Sie die sozialdemokratische Bundesjustizministerin für die beste Hüterin dieses Gesetzes halten. Da wir das ähnlich sehen, kommen wir diesbezüglich zusammen. Stellen Sie sich aber einmal eine Welt vor, in der ein populistischer Bundesjustizminister - welcher politischen Couleur auch immer - an einem neuen Strafvollzugsgesetz des Bundes basteln würde. Wären da die Experten nicht der Meinung, dass es sinnvoll wäre, wenn die Länder eigene, liberalere Gesetze beschließen könnten?

(Sarrach [Die Linkspartei.PDS]: Die Wahrscheinlichkeit ist dann höher als bei einem Land!)

Es geht nicht darum, dass Strafvollzugsrecht unbedingt Bundessache sein muss, sondern darum, ein gutes und richtiges Gesetz nicht unnötig zu verändern. Dafür treten wir ein.

Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir uns jeder populistischen Neigung enthalten werden, an diesem Gesetz herumzubasteln, wenn wir denn die Kompetenz erhalten. Wir können es so belassen, wie es derzeit ist. Möglicherweise können wir es etwas verbessern, jedoch werden wir es mit Sicherheit nicht populistisch verändern. Zudem hat das Bundesverfassungsgericht das endgültige Sagen; Änderungen durchzusetzen ist also nicht einfach.

Aufgrund dessen brauchen wir keine Angst davor zu haben, wenn es so kommt, wie es derzeit im Bund diskutiert wird. Wir als Landesparlament - jedenfalls die Regierungsfraktionen werden mit der Verantwortung fertig werden. Möglicherweise zweifeln Sie daran, dass Sie es können. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei SPD und CDU)

Herzlichen Dank. - Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache angelangt und kommen zur Abstimmung.

Ich rufe den Antrag - Föderalismusreform: Einheitliche Standards im Strafvollzug sichern -, der Ihnen in der Drucksache 4/2688 vorliegt, zur Abstimmung auf. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 12 und rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Föderalismusreform: Einheitliche Standards beim Heimrecht sichern

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS

Drucksache 4/2689

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion der Linkspartei.PDS. Frau Abgeordnete Wolff-Molorciuc, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bereits Anfang der 70er Jahre wurde darauf verwiesen, dass die Qualität der Heimversorgung in den Ländern sehr unterschiedlich und oft unzureichend ist. Missstände in einzelnen Pflegeheimen sind zutage getreten. Daher wurde das Heimrecht im Jahr 1974 in die Zuständigkeit des Bundes überführt.

Ich gebe zu bedenken, dass bereits in vergangenen Jahren Versuche - unter anderem hinsichtlich der Personalausstattung, was die Betreuung enorm einschränken würde - in einzelnen Bundesländern unternommen wurden, um Heimstandards zu senken. Aus Nordrhein-Westfalen verlautete, dass eine Fachkräftequote von 33 % ausreichend sei.

Wir setzen uns dafür ein, dass die Gesetzgebungskompetenz hinsichtlich des Heimrechts vollständig beim Bund verbleibt. Stellen Sie sich bitte vor, dass ein bundesweit agierender Träger unter Umständen 16 verschiedene Gesetzgebungen zum Heimrecht kennen müsste. Auch für eine Prüfinstanz wie den Medizinischen Dienst würde sich der Aufwand enorm erhöhen. Demnach würde kein Beitrag zum Abbau von Bürokratie geleistet.

Verbraucherverbände, Seniorenvertreter und Gewerkschaften lehnen den geplanten Wechsel der Gesetzgebungszuständigkeit für das Heimrecht ab. Sie befürchten weniger Markttransparenz, eine Verschlechterung des Schutzes der Heimbewohner, die Absenkung von Qualitätsstandards und eine deutliche Zunahme des bürokratischen Aufwands.

Gegenwärtig fehlt es bereits an bundeseinheitlichen Vorgaben zur Personalbemessung. Lediglich zur Qualität der Pflegekräfte trifft die Heimpersonalverordnung Aussagen.

Sollte die Heimpersonalverordnung im Rahmen der Verlagerung des Heimgesetzes in die Verantwortung der Länder über

gehen, würden vermutlich in weiten Teilen Deutschlands die Personalanforderungen in Heimen unter dem Diktat der Kostensenkung angesichts leerer Kassen der Kommunen und Länder weiter abgesenkt.

Dass all unsere Bedenken keinesfalls theoretisch sind, möchte ich beweisen, indem ich Sie an die Auseinandersetzungen um den so genannten Brandenburger Standard erinnere. Der lag zu Zeiten von Regine Hildebrandt über dem Bundesstandard, und das hat schon damals nicht allen in diesem Hause uneingeschränkt gefallen.

Belassen wir die Zuständigkeit für das Heimrecht beim Bund. Dahin gehört sie, im Sinne der Betroffenen, ihrer Angehörigen und der in diesem Sinne Tätigen. - Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank. - Das Wort geht an die Abgeordnete Schier. Sie spricht für die Koalitionsfraktionen.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Übertragung des Heimrechts bietet keine Gewähr für hohe Standards für die Pflege und Betreuung alter und behinderter Menschen. In abgekürzter Form ist dies die Befürchtung Ihres Antrags.

Nach der Wende gab es in Brandenburg 258 Heime in mehr oder weniger schlechtem Zustand. Lediglich drei Heime entsprachen der Heimmindestbauverordnung. 1991 wurde ein Investitionsprogramm Pflege aufgelegt. In diesem Land gibt es mit Stand 2004 282 Pflegeheime, und das Fördervolumen umfasst 1,36 Milliarden Euro.

Fazit: Brandenburg hat einen sehr hohen Standard bei der Ausstattung der Pflegeheime, und zwar sowohl hinsichtlich der Qualität als auch der Quantität. Wir haben Pflegeheime mit unterschiedlichen Konzepten und Betreuungsangeboten. In einem Vermerk des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit vom Juni 2005 wurde die Entwicklung der stationären Pflege mit ganz konkreten Zielstellungen dargestellt. Wo, wenn nicht hier vor Ort, können Bedarfe und Bedürfnisse besser ermittelt und kontrolliert werden?

Ich bin der festen Überzeugung, dass es den Ländern sehr wohl gelingen wird, in diesem sensiblen Bereich Verantwortung zu übernehmen. Da das Bedingungsgefüge in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich ist, weiß man auf Landesebene sehr viel besser, was notwendig ist und was nicht. Daraus erwächst auch kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand. Die Betreuungsqualität wird ohnehin durch den MDK und die Heimaufsicht kontrolliert. Im Gegenteil: Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. sieht das neue Heimrecht sogar als Chance für die Weiterentwicklung innovativer Wohnkonzepte für ältere Menschen.

Vieles im Leben lässt sich nicht standardisieren. Was dem einen optimal erscheint, lehnt ein anderer ab. Die optimale Betreuung versucht, möglichst den individuellen Interessen und Bedürfnissen gerecht zu werden. Deshalb liegt in der Übertragung des Heimrechts auf die Länder eine große Chance.

Das Problem der PDS resultiert vielleicht noch aus der Zeit, als es noch Fünfjahrpläne und die Lenkung durch die Partei gab. Verantwortung sollte aber da übernommen werden, wo man eine große Nähe zu den Auswirkungen von Entscheidungen hat.

Die Föderalismusreform ist ein Gesamtpaket. Einigen war sie nicht weitreichend genug, anderen geht sie zu weit. Wir sollten die Verhandlungsergebnisse nicht schon wieder zerreden, sondern uns darüber Gedanken machen, wie wir zu einer sinnvollen Umsetzung im Lande kommen. Dass wir als Sozialpolitiker sehr genau hinsehen, wenn Veränderungen anstehen, die die Menschen in unserem Lande betreffen, ist doch eine Selbstverständlichkeit.

Den Antrag lehnen wir ab. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Schier. - Die DVU-Fraktion und die Landesregierung haben Redeverzicht signalisiert. Damit sind wir am Ende der Aussprache und kommen zur Abstimmung.

Ich rufe zur Abstimmung auf den Antrag „Föderalismusreform: Einheitliche Standards beim Heimrecht sichern“ Drucksache 4/2689 -, eingebracht von der Fraktion der Linkspartei.PDS. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Keine Stimmenthaltung. Damit ist dieser Antrag knapp abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 13 und rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Föderalismusreform: Mitfinanzierung des Bundes für die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden erhalten

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS

Drucksache 4/2690

Frau Abgeordnete Steinmetzer hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Studie über den Investitionsbedarf des ÖPNV in den Jahren 2003 bis 2012 beziffert den Finanzbedarf für diesen Bereich auf 15 Milliarden Euro. Ein Teil dieser Summe wird durch das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz - kurz: GVFG - abgedeckt.

Klar ist, dass der Investitionsbedarf im Wirkungsbereich des GVFG auch in den Jahren nach 2012 erheblich sein wird. Mit der Föderalismusreform plant die Bundesregierung die allmähliche Abschaffung des GVFG. Ab 2007 wird eine ca. 20-prozentige erste Kürzung wirksam. Nach 2013 werden die GVFGMittel schrittweise abgesenkt. Am 31. Dezember 2019 ist dann Schluss mit der Finanzhilfe des Bundes für die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden. Die gibt es dann nicht mehr.

Die schrittweise Reduzierung der Mittel und die Abschaffung der Finanzhilfen liegen nicht im Interesse der Länder und Gemeinden. Bereits jetzt ist absehbar, dass auch über das Jahr 2019 hinaus Mittel zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse, der Verkehrsinfrastruktur und für Verkehrsleistungen benötigt werden, um die Daseinsvorsorge vor allem im ländlichen Raum zu sichern.

Bei aller Diskussion um das Sparen blieb bisher nahezu unberücksichtigt, dass das GVFG Kernstück der Behindertengleichstellungsgesetze des Bundes ist. Voraussetzung für die bisherige GVFG-Förderung ist, dass die Vorhaben Belange von Menschen mit Behinderung berücksichtigen und den Anforderungen der Barrierefreiheit entsprechen. Das Institut für barrierefreie Gestaltung und Mobilität hat ermittelt, dass es eine solche weitreichende Regelung zur Barrierefreiheit in keinem anderen Bundes- oder Landesgesetz gibt. Eine ersatzlose Abschaffung des GVFG vernichtet das Kernstück des Behindertengleichstellungsgesetzes und ist ein herber Rückschlag für die Gewährleistung der Barrierefreiheit im Verkehrsbereich.

Wir schlagen vor, die mit der Föderalismusreform angestrebten Veränderungen bei der Gestaltung der Finanzhilfen zum Anlass für eine grundlegende Reform der Förderstrukturen für Verkehrsleistungen und Verkehrsinfrastruktur zu nehmen.

Abweichend vom Gesetzentwurf besteht unser Vorschlag darin, die Finanzhilfen in die neu zu gestaltenden Förderstrukturen zu überführen. Die Mittel sollen weiterhin einer Zweckbindung unterliegen. Sie sind nach transparenten Kriterien, die soziale, umwelt- und verkehrspolitische Anforderungen umfassend berücksichtigen, zu vergeben und langfristig stabil abzusichern. Die Mittel zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden sollen dem reformierten Finanzierungssystem zugeführt werden und über das Jahr 2019 hinaus zur Verfügung stehen.

Die vorgesehene Berichtspflicht für die Verwendung der GVFG-Mittel befürworten wir. Die Mittelverwendung zur Finanzierung von Verkehrsleistungen und -investitionen stand in den letzten Tagen und Wochen häufig in der Kritik. Mangelnde Transparenz sowie Zweckentfremdung der Mittel lautete der Vorwurf. Gleichzeitig wurden die Mittel zur Finanzierung von Verkehrsleistungen und -investitionen infrage gestellt. Die Diskussion schadet vor allem dem öffentlichen Personennahverkehr. Die im Entflechtungsgesetz geforderte Berichtspflicht schafft die nötige Transparenz und bereitet unsäglichen Auseinandersetzungen ein Ende.

Mit unserem Antrag fordern wir die Landesregierung auf, sich in den Verhandlungen mit dem Bund dafür einzusetzen, dass die Mitfinanzierung durch den Bund für die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden erhalten bleibt. Die Damen und Herren der Koalition bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag. Seien Sie mutig! Wir versichern Ihnen, dass Sie die in unserem Antrag formulierten Positionen mit gutem Gewissen auch in Ihren Kreisen und Gemeinden vertreten können; denn dort stößt die geplante Abschaffung des GVFG auf Ablehnung.

Gelegentlich müssen die Kollegen der Koalition ihre Meinung spalten. Aber das muss ja nicht so bleiben. So haben unter anderem Herr Bochow, Herr Schulze und Frau Hartfelder unseren Antrag gegen die Kürzung der Regionalisierungsmittel in den