Protokoll der Sitzung vom 17.05.2006

vergangenen Landtagssitzungen abgelehnt, unseren Anträgen zum gleichen Sachverhalt in den Kreistagen jedoch zugestimmt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Machen Sie es sich leichter und stimmen Sie auch im Landtag zu! - Vielen Dank.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank. - Nun erhält der Abgeordnete Dr. Klocksin das Wort. Er spricht für die SPD- und die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, zu dieser späten Stunde vor einem zahlreich versammelten Hause noch ein paar Gedanken äußern zu dürfen, die wir sicherlich ebenso wie die vorhergehende Rede interessiert dem Protokoll entnehmen und der heute leider nicht mehr anwesenden Öffentlichkeit

(Signalton)

- vielen Dank für diese Ermunterung - dann auch zur Kenntnis geben können.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Sie gestatten, Frau Vorrednerin, eine kurze Eingangsbemerkung. Dies ist jetzt der siebente Punkt zum Thema Föderalismusreform, das wir hier sozusagen wie ein universitäres Hauptseminar abhandeln. Das Amüsante oder vielleicht Dramatische, wenn Sie so wollen, daran ist, dass diese Anträge aus einer Zeit stammen - ich erinnere an den Tag der Ausgabe, nämlich den 23. März - bzw. an einem Tag kamen, an dem die Entwicklungen der beiden letzten Monate noch nicht haben aufgenommen werden können.

(Zuruf des Abgeordneten Hammer [Die Links- partei.PDS])

Das liegt in der Natur der Sache. Während wir hier miteinander plauschen, Herr Kollege Hammer, sitzt im Bundestag unter tätiger Mitwirkung Ihrer Fraktion ein erlauchter Kreis von Sachverständigen, die sich gerade zu diesem Zeitpunkt mit Fragen der Justiz auseinander setzen. Ich hätte mich gefreut, wenn wir das, was wir hier diskutieren, eingedenk der Erkenntnisse, die dort gewonnen werden, hätten diskutieren können. Dies ist leider nicht möglich und hat insofern auch ein gewisses Maß an Abstraktion.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS)

- Ihr Zuruf verlängert meine Redezeit; stehen Sie ruhig auf!

(Vereinzelt Heiterkeit)

Aber kommen wir doch zu dem Thema, das hier angesprochen ist: „Mitfinanzierung des Bundes für die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden erhalten“. - Wer heute die

„Süddeutsche Zeitung“ gelesen hat, sah die Überschrift „Es fährt ein Zug nach nirgendwo“. In diesem schönen Artikel wird über den Streit und den Kampf der Landesverkehrsminister um die bessere Verteilung oder Nichtkürzung der Regionalisierungsmittel berichtet. Es wird der CDU-Verkehrsminister Oliver Wittke aus Nordrhein-Westfalen zitiert, der da sagt, Art und Ausmaß der beabsichtigten Kürzung seien nicht in Ordnung, im Übrigen eine Auffassung - um der Legendenbildung etwas entgegenzutreten -, die auch von dieser Landesregierung und diesem Parlament, von dieser Koalition sehr wohl vertreten wird. Wir wissen sehr wohl, was es bedeutet, Regionalisierungsmittel zu haben oder nicht zu haben, brauchen wir sie doch, um die Grundstruktur des schienengebundenen öffentlichen Nahverkehrs im Land Brandenburg sicherzustellen.

Was nun das von Ihnen, Frau Kollegin Steinmetzer, angesprochene Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz anbelangt, befindet sich der Antrag, wie er hier vorliegt - deshalb habe ich die Vorbemerkung gemacht, die Zeit der Erstellung liege etwas zurück -, in zwei Punkten nicht auf dem Stand der Zeit. Der erste Satz zum ersten Punkt lautet:

„Der Landtag stellt fest: Im Rahmen der Föderalismusreform ist geplant, die Mitfinanzierung des Bundes für die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden abzuschaffen.“

Das ist eine gewagte Aussage, denn nach dem Entwurf des Föderalismusbegleitgesetzes ist geplant, den Bereich der bisherigen Finanzhilfe der Gemeindeverkehrsfinanzierung auf die Länder übergehen zu lassen. Dafür sollen die Länder aus den bisherigen Bundesanteilen Kompensationen erhalten, die ab 2007 und zunächst bis 2013 mit einer Zweckbindung und investiven Bindung versehen sind.

Der zweite Absatz eröffnet mit der Feststellung:

„Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich in den Verhandlungen mit dem Bund und den anderen Bundesländern dafür einzusetzen, dass die Mitfinanzierung des Bundes für die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden erhalten bleibt.“

Genau das tun wir und genau das soll in jenem zweiten Schritt, wie ich Ihnen darstellen kann, auch geschehen. Nämlich im Jahre 2013 sollen Bund und Länder überprüfen, ob diese Finanzierungsmittel noch angemessen und erforderlich sind. Danach bleibt die investive Zweckbindung erhalten. Das ist der Sachverhalt in der schlichten Darstellung.

Im Übrigen gilt, dass das so genannte Bundesprogramm des GVFG in Höhe von 300 Millionen Euro pro Jahr weiterhin besteht. Also: Die Abschaffung des GVFG ist keine Schließung dieses Fördertopfes, sondern dessen Übertragung auf die Länder.

Ob es tatsächlich zu einer Weiterausfinanzierung durch den Bund kommt, werden wir nach 2013 entscheiden. Das ist zumindest der Sachverhalt für jetzt und heute. Ich bin gespannt, was die Anhörung des Bundestages in dieser Woche erbringt. Ich denke, dass wir da einige neue Erkenntnisse gewinnen können.

Vor dem Hintergrund des Gesagten werden wir als Koalition dem Antrag nicht zustimmen können. - Danke schön.

(Beifall bei SPD und CDU)

Herzlichen Dank, Herr Dr. Klocksin. - Die DVU-Fraktion und die Landesregierung haben Redeverzicht angezeigt. Wir kommen demzufolge zur Abstimmung.

Wer dem Antrag in Drucksache 4/2690 - Föderalismusreform: Mitfinanzierung des Bundes für die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden erhalten - zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt gegen diesen Antrag? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt. Tagesordnungspunkt 14 ist damit geschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Maßnahmen für eine unbürokratische und mittelstandsfreundliche Auftragsvergabe

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU

Drucksache 4/2690

Ich eröffne die Aussprache. Herr Abgeordneter Müller, Sie erhalten das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Öffentliche Aufträge sind in diesem Hause schon oft diskutiert worden, weil sie insbesondere, was den Baubereich angeht, natürlich immer noch außerordentlich wichtig für die Brandenburger Unternehmen sind. Spannend dabei ist nicht nur, was für Aufträge das sind, sondern letztendlich auch, wie man zu den Aufträgen kommt und wie viel Aufwand man betreiben muss, um einen Auftrag zu bekommen. Oft wird zum Schluss die Frage gestellt: Wer hat den Auftrag eigentlich bekommen? Hat ihn jemand bekommen, der in der Region ansässig ist, oder wer?

Es gibt da sehr viele Vorwürfe, mit denen sich jeder Landtagsabgeordnete mehr oder weniger häufig auseinander setzten muss, zum Beispiel mit dem Vorwurf, dass immer der Billigste den Zuschlag bekommt, dass die Bürokratie bei der Auftragsvergabe zu groß ist, dass der Zeitaufwand, insbesondere für die, die den Auftrag nicht bekommen haben, zu groß war, dass die regionalen Kreisläufe in der Region unzureichend damit stimuliert werden, dass auch Arbeitsplätze verloren gehen, weil die Aufträge nicht in der Region bleiben.

Sucht man nach Lösungen, wird man sehr schnell feststellen: Es gibt keine Patentlösungen, weil alles, was man irgendwie regelt, immer Vor- und Nachteile hat. Man muss bei den Regelungen natürlich auch zu wichten versuchen. Wenn man weiß, dass es immer Vor- und Nachteile gibt, muss man irgendetwas suchen, bei dem die Vorteile die Nachteile deutlich überwiegen. Wir haben uns umgeschaut und sind auf eine Regelung gestoßen, die im Jahre 2005 in Bayern eingeführt worden ist. Im Rahmen der öffentlichen Vergabe wurden dort die Wertgrenzen für so genannte beschränkte Ausschreibungen und freihändige Vergaben deutlich erhöht. Außerdem haben die Bayern eine relativ neue Sache eingeführt, nämlich so genannte Wertungspauschalen.

Was bringt die Erhöhung von Wertgrenzen? Die Erhöhung der Wertgrenzen erreicht und macht möglich, dass gezielt stärker als bisher regionale Unternehmen in die Auftragsvergaben einbezogen werden können. Es bringt aber auch die Möglichkeit, Dumpinganbieter von den Auftragsvergaben auszuschließen. Es bringt die Möglichkeit, schneller zu reagieren und die regionalen Kreisläufe positiv zu stimulieren.

Was bringen die Wertungspauschalen? Die Wertungspauschalen gehen gerade auf das Problem ein, dass immer der Billigste den Zuschlag bekommt, weil es nämlich außerordentlich schwer zu beweisen ist, dass jemand, der vom Preis her ungünstiger ist, trotzdem wirtschaftlicher ist und damit den Zuschlag bekommen müsste. Die Wertungspauschalen machen das insofern einfacher, als man nicht mehr in Euro und Cent beweisen muss, was da tatsächlich an positivem Effekt herauskommt, sondern dies im Rahmen einer Höchstgrenze - drei Prozent in Bayern - mit einer entsprechenden Begründung ansetzen kann. Damit wird es rechtssicherer und auch für die Vergabestellen einfacher zu handeln. Das Ergebnis, das man damit - hoffentlich - erreichen kann, ist, dass nicht mehr der Billigste den Zuschlag bekommt, sondern tatsächlich der Wirtschaftlichste.

Natürlich - ich habe das angesprochen, habe Vorteile erwähnt gibt es auch Nachteile. Sie liegen insbesondere im Bereich des möglichen Missbrauchs einer solchen Regelung. Es ist klar: Wenn Unternehmen gezielter einbezogen werden und sich andere nicht an der Ausschreibung beteiligen können, gibt es auch ein größeres Missbrauchspotenzial dieser Macht, die man damit hat. Deshalb muss zwingend das, was wir auf den Weg bringen, auch mit einer klaren Regelung zur Transparenz verbunden werden. Das heißt, diese Auftragsvergabe, die dann in höheren Wertgrenzen einen kleineren Bereich von Unternehmen einbezieht, muss umso transparenter sein, damit die, die nicht einbezogen werden können, auch entsprechend reagieren können. Zum Beispiel kann man, wenn immer nur dieselben einbezogen werden, deutlich machen: Das kann so nicht sein, sondern es müssen auch andere Unternehmen einbezogen werden. Transparenzregeln können uns helfen.

Wie ist die Reaktion der betroffenen Kreise - Wirtschaft auf der einen, Vergabestellen auf der anderen Seite -? Wir haben dazu Rücksprache gehalten. Der Städte- und Gemeindebund sagt ganz klar: Macht es! Das ist eine vernünftige Regelung. Die Unternehmensverbände, mit denen wir Diskussionen geführt haben, sagen durchweg: Wenn es euch gelingt, für Transparenz zu sorgen, ist das eine gute Sache, die der regionalen Wirtschaft wirklich helfen wird.

Demgegenüber ist die Landesregierung dagegen, wie die Diskussion im Vorfeld deutlich gemacht hat. Genau das bereitet mir momentan Bauchschmerzen, nicht etwa, weil die Ministerien dagegen sind - das ist öfter der Fall -, sondern weil ich befürchte, dass ein ähnlicher Effekt wie in der Vergangenheit eintreten wird: Die Ministerien untersuchen zunächst, ob es aus ihrer Sicht sinnvoll ist. Wenn die Ministerien sagen, dass es nicht sinnvoll ist, gibt es Probleme in der Umsetzung. Das Beispiel Ladenschluss haben wir gerade heute behandelt. Es gab einen klaren Auftrag, der mit durchaus fragwürdigen Begründungen nicht umgesetzt wurde, beispielsweise mit der Begründung, wir hätten keinen „Spielort“. Wir wissen aber, dass andere Bundesländer auch keinen „Spielort“ und trotzdem eine landesweite Regelung eingeführt haben. Das geht.

Deswegen - das geht auch in Richtung Linkspartei.PDS - wollen wir keine Überweisung. Wir versprechen aber, genau das, was jetzt umgesetzt werden soll, im Wirtschaftsausschuss zu begleiten und uns dort berichten zu lassen. Wir werden genau darauf achten, dass das, was wir auf den Weg bringen, aus Sicht des Wirtschaftsausschusses des Landtages möglichst sinnvoll umgesetzt wird. Dabei wird es nicht ganz so wichtig sein, ob die Landesregierung das für genauso sinnvoll hält, wie wir, der Gesetzgeber, der diesen Auftrag auslöst. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Recht herzlichen Dank. Das Wort geht an Herrn Abgeordneten Christoffers, der sicherlich gleich begründen wird, was es mit dem Überweisungsauftrag auf sich hat.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Müller, die Debatte über untergesetzliche Regelungen bei Vergaben führen wir seit Jahren. Wenn wir uns offen und ehrlich in die Augen schauen, stellen wir fest: Das Parlament ist selbst schuld. Die politische Zustimmung, dass so etwas notwendig ist, gab es von allen Fraktionen. Seit Jahren gibt es Gesetzentwürfe und Vorschläge, das umzusetzen. Seit Jahren wird es aber nicht umgesetzt. Man muss deutlich sagen, dass das Problem schon lange hätte erledigt sein können, wenn wir als Gesetzgeber die politischen Aussagen der Parteien und Fraktionen umgesetzt hätten.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich hoffe sehr, dass die im Sonderausschuss für Bürokratieabbau definierte Zeitspanne bis Juli eingehalten und das Ministerium für Wirtschaft in Abstimmung mit den anderen Häusern beauftragt wird, ein Vergabegesetz Brandenburger Art vorzulegen, das dann tatsächlich umgesetzt wird.

Die Erhöhung von Wertgrenzen bei freihändiger Vergabe und beschränkter Ausschreibung ist zwingend notwendig. Zwischen den Fraktionen bestehen darüber keine unterschiedlichen Auffassungen. Das Problem ist jedoch Folgendes: Die Länder, die Sie erwähnt haben - Bayern wie auch andere -, haben die Möglichkeit, eine derartige Verordnung zu schaffen, weil es ein Vergabegesetz des Landes gibt. Wenn wir das in Brandenburg untergesetzlich regeln, machen wir es natürlich angreifbar. Eine freihändige Vergabe, die nur auf der Grundlage einer Verordnung erfolgt, kann in Zweifel gezogen werden, wenn die harten vergaberechtlichen Kriterien zum Maßstab genommen werden, welche die Europäische Union selbst definiert hat.

Die Diskussion über die Anhebung der Wertgrenzen ist notwendig und richtig. Wenn Sie zusagen, dass wir das im Wirtschaftsausschuss tatsächlich begleiten wollen, werden wir bezüglich der Wertgrenzen eine Regelung für freihändige Vergaben und beschränkte Ausschreibungen in Verbindung mit dem notwendigen Überbau einer gesetzlichen Regelung zur Vergabe im Land Brandenburg unterhalb der Schwellenwerte der Europäischen Union hinbekommen. Ich bin davon überzeugt, dass wir all denjenigen, die sich dafür aussprechen, einen Bärendienst erweisen. Ich bitte Sie, die letzten Entscheidungen des

Europäischen Gerichtshofs zu Dienstleistungskonzessionen hinsichtlich des Anforderungsprofils an Transparenz nachzulesen und zu bedenken, dass Dienstleistungskonzessionen Sachverhalte sind, die noch nicht einmal vergeben werden müssen. Ich bitte, diesen Zusammenhang in den Fokus der weiteren Diskussion einzubeziehen.