Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Theel, ich hätte Angst, Ihnen die Verantwortung für die Kommunalfinanzen bzw. die kommunale Selbstverwaltung zu übergeben, denn in Ihrer Rede war überhaupt nichts von einem sich durchziehenden roten Faden erkennbar. Es war ein Sammelsurium von Zahlen, von Behauptungen, die nicht bewiesen sind.
Eine Behauptung lautete, das Land würde sich auf Kosten der Kommunen gesundsparen. Wenn das Land das vorhätte, hätten wir im FAG nicht für einen Beirat gesorgt, dem die Spitzenverbände angehören und demzufolge darauf achten können. Die Kommunen sind also dort vertreten.
Wenn wir das Land auf Kosten der Kommunen gesundsparen wollten, würden wir das Urteil von Neulietzegöricke nicht beachten. Das alles ist Populismus, es steckt nichts dahinter.
Wenn Sie „Verschuldung der Kommunen in Brandenburg“ sagen, schauen Sie sich die Zahlen an. Nach wie vor gehören
die Brandenburger Kommunen im Bundesdurchschnitt zu den am wenigsten verschuldeten - in den neuen Ländern allemal.
(Beifall bei der SPD - Frau Weber [Die Linkspartei.PDS]: Weil wir nicht so viel Zeit hatten, Schulden anzuhäufen!)
Wenn Sie sagen, das Land sei aufgrund der Finanzausstattung der Kommunen an der Abwanderung aus den äußeren Räumen schuld, haben Sie die Zeit nicht verstanden. Wir können dort noch so viel Straßen bauen, noch so viele Dinge bewerkstelligen, diese Abwanderung wird anhalten. Machen Sie den Leuten nicht vor, dass es dagegen Mittel im kommunalen Finanzausgleich gäbe. Das ist Unsinn.
(Beifall bei der SPD - Frau Stobrawa [Die Links- partei.PDS]: Sie sollten Arbeitsplätze in den Kommunen schaffen, Herr Schippel, weniger Straßen bauen!)
Betrachtet man die Begründung der Linkspartei.PDS für ihre Aktuelle Stunde, muss man sowohl die behauptete Aktualität als auch den Inhalt hinterfragen. Sie haben sich auf ein Gutachten von Anfang März bezogen. Damals lag Brandenburg noch unter einer geschlossenen Schneedecke. Schauen Sie mal hinaus, wie es jetzt aussieht und was daran aktuell ist.
Das hier genannte Gutachten bezieht sich in seiner Form und Notwendigkeit auf bereits bestehende gesetzliche Anforderungen aus § 21 FAG. Zusätzlich zu diesen Anforderungen ist das Land seit dem Neulietzegöricke-Urteil zu diesen dreijährlich zu erarbeitenden Symmetrieberichten verpflichtet. Das ist nichts Neues, aber beides zusammen ist die Voraussetzung und Grundlage für Entscheidungen für künftige FAGs und für den Landeshaushalt. Der Landeshaushalt - das wissen Sie - wird gerade aufgestellt und ich bin sicher: Der Finanzminister wird das Gutachten zu Rate ziehen - dafür ist es da - und ist für die Hinweise im Gutachten offen. Tun Sie doch nicht so, als würden diese Dinge nicht beachtet. Warten Sie doch den Landeshaushalt ab. Dann hätten Sie sich die heutige Aktuelle Stunde sparen können.
Liest man Ihre Begründung, so kommt in allen drei Absätzen der Begriff „kommunaler Finanzausgleich“ vor. Das erlaubt zumindest die Frage, ob sich bei der Linkspartei.PDS kommunale Selbstverwaltung einzig und allein auf Geld reduziert. Geld ist sicherlich sehr wichtig für die kommunale Selbstverwaltung, gerade nach 1990, seitdem es keine staatlichen Kontingente für Baumaterialien, Fahrzeuge, Ersatzteile oder Ähnliches mehr gibt, was die Kommunen bis dahin gebremst hat.
(Vereinzelt Beifall bei SPD und CDU - Frau Kaiser [Die Linkspartei.PDS]: Aber Sie regieren doch jetzt schon 15 Jahre!)
Nicht die Höhe der Finanzen ist der selig machende Gradmesser für Möglichkeiten kommunaler Selbstverwaltung, es ist vielmehr die Möglichkeit, die Prioritäten für die Entwicklung der eigenen Kommune selbst festzulegen. Zeigen Sie mir eine Kommune in Brandenburg, die noch nicht mehrere Förderprogramme in Anspruch genommen hat. Zu bestimmen, welches Programm mit welchen Eigenanteilen die Entwicklung der Kommune voranbringen soll, waren selbstverwaltete Entscheidungen.
Dass diese Mittel nicht mehr in der bisherigen Größenordnung vorhanden sind, ist nichts Neues. Mitunter sind finanzielle Zwänge auch ein gutes Regularium gegen eine Mentalität, die sich durchgesetzt hatte und die da lautete: Wenn wir die Fördermittel nicht erhalten, bekommen andere das Geld, also beantragen wir sie. - Dann wurde schnell vergessen, dass es immer um Steuermittel ging und manches Projekt wurde nach finanzieller Größe und weniger nach Sinn oder Inhalt beantragt.
Meine Damen und Herren von der Linkspartei.PDS, kommunale Selbstverwaltung hat also zumindest genauso viel mit einer korrekten, sparsamen kommunalen Haushaltsführung im Rahmen der eigenen Möglichkeiten zu tun wie mit der Höhe der Finanzmittel im kommunalen Finanzausgleich. Dazu und zu dem Gutachten wird meine Kollegin Melior noch einiges sagen.
Ich könnte jetzt den Versuch unternehmen, kommunale Selbstverwaltung anhand von Grundgesetzartikeln und Ähnlichem zu definieren.
Das nützt im praktischen Leben nur wenig, genauso wie Ihre Überschrift suggeriert, es gäbe einen normativen Anspruch und eine Wirklichkeit, die diesem Anspruch nicht gerecht wird.
Der Begriff „kommunale Selbstverwaltung“ kann in rechtlichem und in politischem Sinn interpretiert werden. Aufgrund der unbestimmten Formulierungen und Rechtsbegriffe gibt es keinen eindeutig festlegbaren Rahmen oder eine Definition für kommunale Selbstverwaltung. Hieraus folgt, dass kommunale Selbstverwaltung ein dynamisches Prinzip ist und auch sein muss. Es wird niemand bestreiten, dass dieses Prinzip ständig neuen Herausforderungen unterliegt.
Kommunale Selbstverwaltung ist ohne das Engagement vieler Ehrenamtlicher weder denkbar noch möglich. Gestatten Sie mir, dass ich die Gelegenheit nutze, mich hier und heute - auch im Namen meiner Fraktion - bei den vielen Ehrenamtlichen auf der kommunalen Ebene, bei den Mandatsträgern zu bedanken, die sich diesen Herausforderungen immer neu stellen.
Diesen Herausforderungen wird im Übrigen mit der Novellierung der Kommunalverfassung auch die Koalition im Landtag gerecht.
Die Eckpunkte dazu können die Kollegen der Linkspartei.PDS im Internet abrufen bzw. bei ihrem kommunalpolitschen Forum hinterfragen.
Änderung der Gemeinde- und Landkreisordnung in ca. 50 Punkten, Einführung der Doppik unter Berücksichtigung der Erfahrungen der Modellkommunen und -kreise, Veränderung der Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Betätigung der Kommunen aufgrund der geänderten äußeren Bedingungen, Änderung des Kommunalwahlrechts sind jene vier Komplexe, die in Brandenburg nicht nur kommunale Selbstverwaltung garantieren, sondern auch weiterentwickeln, im Übrigen ähnlich wie die Gemeindegebietsreform
die unterstützt durch die Ergebnisse der amtlichen Finanzstatistik für das Jahr 2005 richtig und notwendig war, von Ihnen aber jedes Mal blockiert und verunglimpft wurde.
Meine Damen und Herren der PDS, während Sie theoretische Normativen eines Anspruchs auf kommunale Selbstverwaltung suchen bzw. diese heute suggerieren, gestaltet die Koalition jene Wirklichkeit, die den Freiraum für kommunale Selbstverwaltung in Brandenburg erweitert.
Wir setzen die Aktuelle Stunde mit dem Beitrag der DVUFraktion fort. Es spricht der Abgeordnete Claus.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! „Kommunale Selbstverwaltung im Land Brandenburg - Anspruch und Wirklichkeit“, ein sicherlich interessantes Thema. Aber wie das Leben so spielt, meine Damen und Herren, wenn ein so im Grunde interessantes Thema von der Fraktion der Linkspartei.PDS hier aufgeworfen wird, ist sicherlich meistens irgendwo der Wurm drin. In aller Regel handelt es sich dann entweder um reinen Populismus oder um Ideologie.
Bei diesem PDS-Antrag zur Aktuellen Stunde ist nur noch nicht ganz klar, um welche Variante dieser Würmer es sich handelt. Wie Ihre politische Erbtante, meine Damen und Herren von der PDS, die ehemalige SED, in diesem Lande Freiheit und Selbstverwaltung handhabte, wissen wir ja alle, Herr Kollege Scharfenberg. So halten wir von der DVU-Fraktion die von Ihnen hier vorgetragenen Vorstellungen von kommunaler
Demokratie für abgekupfert bis scheinheilig. Sie entsprechen nicht dem historischen Wesen ausgerechnet Ihrer Partei
oder allenfalls insoweit, dass Sie diese Freiheiten auf der kommunalen Ebene nach der Art des trojanischen Pferdes letztlich zur Durchsetzung Ihrer ideologischen sozialistischen Ziele benutzen wollen.