Protokoll der Sitzung vom 18.05.2006

Die Landesregierung hat bereits resümiert, dass die Ziele einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft mit dieser Art der Bewirtschaftung nicht zu erreichen sind. Die Holzerntemaßnahmen entsprechen nicht der nachhaltigen und umweltgerechten Bewirtschaftung des Waldes. Demnach besteht Handlungsbedarf.

In unserem Antrag hielten wir uns bewusst nicht an eine konkrete gesetzliche Regelung, sondern wollten für die Diskussionen mit Verbänden und auch im Ausschuss alle Möglichkeiten offen halten, um eine fachpolitische Entscheidung zu treffen.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Das Wiederaufforstungsgebot wurde in Beantwortung einer Kleinen Anfrage vom Fachressort bereits positiv bewertet. Diesbezüglich sehe ich in Ihrem Entschließungsantrag kein Problem. Ich möchte jedoch auf Folgendes hinweisen: In Diskussionen auch mit Praktikern vor Ort wurde der Eindruck vermittelt, dass ein Aufforstungsgebot nicht genüge, wenn nicht gleichzeitig eine wirksame Abstandsregelung getroffen werde; so ist der gegenwärtige Diskussionsstand.

Ein Zurück zur gehabten Genehmigungspraxis wollen wir nicht. Bürokratieabbau ist meiner Fraktion dabei durchaus wichtig und kann auch gelingen. Selbst in Zeiten größerer Kahlschläge wurde auf einen Bestandsaufbau mit dem Ziel eines ausgeglichenen Altersklassenverhältnisses geachtet. Dieses war zwar durch die großen Reparationshiebe im Nachkriegsdeutschland gestört, konnte jedoch aufgrund der einheitlichen Bewirtschaftung des Staatswaldes zielgerichtet beeinflusst werden.

Die veränderten Besitzverhältnisse nach der Wende - bezogen auf den Gesamtwald - lassen ein solches planmäßiges Handeln schwerlich zu. Im unorganisierten kleinen Privatwald geht das nahezu gar nicht. Die Besitzer größerer Waldflächen bzw. die forstlichen Zusammenschlüsse wissen, dass das Geld auf der Bank schneller wächst. Die Versuchung, einen hohen Einschlag zu realisieren, ist also gerade unter den sich gegenwärtig günstig entwickelnden Holzmarktbedingungen ganz real. Brandenburgs Wälder - das wissen Sie wie ich - sind keine Schnellwuchsplantagen. Sie sollen laut Landeswaldgesetz alle Waldfunktionen umfassen, sollen die Schutz-, die Nutz- und die Erholungsfunktion auf ganzer Fläche erfüllen.

Wir müssen den Wald also über Eigentumsgrenzen hinweg als Nachhalteinheit betrachten und danach handeln. Bezogen auf

ein Umtriebsalter von 90 Jahren würde sich rein rechnerisch ein Außenabstand von ca. 280 Metern zwischen zwei Hektar großen Kahlschlägen ergeben. Welcher Abstand nun praktikabel und vertretbar im Sinne des Erhalts der Waldfunktion ist gegebenenfalls auch ein geringerer -, muss diskutiert werden. Ihr Entschließungsantrag bietet auch die Möglichkeit der Diskussion im Fachausschuss dazu.

Deshalb auch im Sinne einer fachlichen Entscheidungsfindung die Bitte an dieser Stelle, dass Sie sich in einer Fachausschussdiskussion diesem Problemkreis nicht verschließen.

Das Aufforstungsgebot ergibt sich unseres Erachtens bereits aus dem Bundeswaldgesetz. Dort heißt es in § 11:

„Durch Landesgesetz ist mindestens die Verpflichtung für alle Waldbesitzer zu regeln, kahl geschlagene Waldflächen oder verlichtete Waldbestände in angemessener Frist 1. wieder aufzuforsten oder 2. zu ergänzen, soweit die natürliche Wiederbestockung unvollständig bleibt...“

Die gewollte und zulässige Naturverjüngung ist - abgesehen von den Zaunbaukosten - sehr kostengünstig. Zuweilen wird ja argumentiert, ein Wiederaufforstungsgebot würde den Kahlschlag abschrecken. Kalkuliert man die geringen Kosten der Naturverjüngung, also gegebenenfalls leichte Bodenbearbeitung, Zaunbau und Nachpflanzung, überzeugt dieses Argument nicht.

Auch Ihr zweiter Beschlusspunkt im Entschließungsantrag hilft, weil es eine reale Gesetzeslücke gibt, nicht unbedingt weiter. Ich meine die Kooperation mit der BVVG. Ich gehe davon aus, dass sie per se gegeben sein müsste, abgesehen davon, dass sich die Problematik BVVG-Flächen auch nur auf BVVG-Erwerber bezöge, was dann die Wald- und Forstproblematik in Gänze unterbewerten würde.

Zusammengefasst halten wir eine Gesetzesänderung für erforderlich, die die Nachbarflächen in die Betrachtung einschließt und die vom Bundesgesetzgeber vorgesehene Wiederaufforstung auch im Landeswaldgesetz konsequent umsetzt, damit diese Lücke für - wie die „Lausitzer Rundschau“ schrieb skrupellose Holzvermarkter geschlossen wird.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion setzt der Abgeordnete Helm die Debatte fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Wehlan, Ihre Fraktion hat hier einen Antrag formuliert, der einen Sachverhalt thematisiert, der im Widerspruch zur ordnungsgemäßen Forstwirtschaft und zur Gesetzlichkeit steht und der natürlich auch Konsequenzen haben muss. Da sind wir uns völlig einig. Aber Ihr Antrag geht uns nicht weit genug. Er ist in einigen Formulierungen auch etwas missverständlich, denn Sie sprechen hier von einer Praxis der kleinflächigen Kahlschläge. Das könnte man auch so interpretieren, dass dies gängige Praxis sei. Das ist es nicht. Es sind immer noch Einzelfälle, die wir hier haben.

Die Überschrift „Kahlschläge verhindern“ ist auch unterschiedlich zu interpretieren. Das hieße ja, dass Sie eventuell verlangen könnten, sämtliche Kahlschläge zu verhindern.

(Zuruf der Abgeordneten Wehlan [Die Linkspartei.PDS])

- Sie haben es dann zwar anders formuliert, darauf wollte ich jedoch einmal hinweisen.

Bei der Novellierung des Waldgesetzes vor zwei Jahren hat die Kahlschlagsproblematik eine nicht unbedeutende Rolle gespielt. Die ursprüngliche Fassung sah ein Kahlschlagsverbot und in Ausnahmen die Regelung vor, eine Fläche von nur 0,5 Hektar einzuschlagen. Diese Regelung hatte damals den großen Protest der Forstfachleute hervorgerufen. Ich möchte nur an einige erinnern. Prof. Wagenknecht, der Nestor der Eberswalder Forstwissenschaft, hat hierzu klar und deutlich formuliert:

„Ein Kahlschlagsverbot bedeutet das Ende der Kiefernwirtschaft im Land Brandenburg.“

Landesforstmeister Peter Allrig hat formuliert:

„Wenn man wissenschaftliche Ergebnisse und praktische Erfahrungen des letzten Jahrhunderts nicht negieren will, dann ist ein generelles Kahlschlagsverbot zumindest bei der Baumart Kiefer kategorisch abzulehnen. Das gilt besonders für die trockenen und armen Standorte Brandenburgs.“

Ich möchte daran erinnern, dass 80 % der Waldfläche Brandenburgs Kiefernbestände sind.

Im Ergebnis der Diskussion ist damals die 2-Hektar-Regelung ins Gesetz aufgenommen worden. Für eine ökonomische wie auch ökologische Form der Bewirtschaftung der Baumart Kiefer ist der Kahlschlag demzufolge unerlässlich, wenn dem Kahlschlag die ordnungsgemäße Wiederaufforstung nachfolgt; hier sind wir uns wieder einig.

Die Regelungen des Landeswaldgesetzes sind in dieser Frage nach wie vor richtig; dazu stehe ich, schließlich habe ich damals mit um diese Regelung gerungen. Das Gesetz bietet der Forstbehörde ausreichend Grundlage zum Handeln.

Ob überhaupt eine Gesetzesänderung notwendig ist, ist zu prüfen, weil das Gesetz die hier jetzt festgestellte Handlungsweise eigentlich untersagt. Wir haben im § 4 - Ordnungsgemäße Forstwirtschaft - eindeutig formuliert, was man nicht machen darf und was ordnungsgemäße Forstwirtschaft bedeutet. Demzufolge wurde auch eindeutig gegen § 4 verstoßen. In § 10 des Waldgesetzes ist klar formuliert:

„Bei der Flächengröße nach Satz 3 sind benachbarte Flächen zu berücksichtigen.“

Das heißt: zu addieren. - Auch das wurde hier nicht eingehalten und es bestünde die Möglichkeit, klar und deutlich darauf zu reagieren.

Etwas missverständlich im Gesetz ist § 11 - Die Verjüngung nach Kahlschlag - formuliert. Hier besteht sicherlich Handlungsbedarf, besonders die Anforderungen an eine wirksame

Naturverjüngung etwas konkreter zu fassen. Es ist tatsächlich so, dass in dem hier beklagten und festgestellten Fall eine Naturverjüngung oder eine Methode der Naturverjüngung überhaupt nicht greift und überhaupt nicht realisiert werden kann, weil in diesem Bestand keine Samenbäume mehr da sind, um eine Naturansamung zu erreichen, und der vorherrschende Biotop zwischen der Kiefer und dem so genannten Landreitgras - Calamagrostis genannt - zerstört ist und das Gras in Zukunft dort als Bestandsbildner bleiben wird. Es entsteht auf dieser Fläche nicht wieder Wald im Sinne des Gesetzes, sondern eine Buschsavanne mit Gras- und Straucharten, Vogelbeere, Faulbaum und Birke. Das heißt, der Gesetzesintention wird hier nicht entsprochen, das widerspricht § 4 des Waldgesetzes - Ordnungsgemäße Forstwirtschaft.

So gesehen gibt es also genügend Möglichkeiten, hier zu intervenieren. Es ist nicht nur so, dass hier eine Gesetzesverletzung hinsichtlich des Waldgesetzes vorliegt, sondern der Eigentümer hat auch sich selbst gravierend geschadet, denn er hat in Bestände eingegriffen, die normalerweise den höchsten Zuwachs im Bestand haben und in diesem Alter, nämlich zwischen 50 und 80 Jahren, eine höhere Wertbildung als das Geld auf der Bank bringen. Das könnte uns im Prinzip egal sein, aber hier ist auch die gesellschaftliche Funktion des Waldes verletzt. Deshalb müssen wir reagieren.

Ich denke schon, dass wir mit unserem Entschließungsantrag genügend Raum haben, das ausführlich zu diskutieren und auch den Auftrag an das Ministerium auszulösen, uns eventuell Formulierungs- oder Änderungsvorschläge zuzureichen, damit das, was wir festgestellt haben, nicht Gemeingut wird oder bleibt, sondern wir im Sinne der Gesetzlichkeit konkret handeln und die Maßnahmen entsprechend abstimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Der Abgeordnete Schulze spricht für die DVU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Kahlschläge verhindern“ - prinzipiell ein für jedermann verständliches Anliegen. Aber, meine Damen und Herren, wollen wir jetzt zu jedem Gesetz Regelungen schaffen, die Zuwiderhandlungen oder ein Unterlaufen verbindlicher Vorschriften verhindern? Wir von der DVU-Fraktion sind der Auffassung, dass solche Regelungen ganz klar eine Absage an den so heiß diskutierten Bürokratieabbau wären. § 10 Abs. 1 des Landeswaldgesetzes besagt unter anderem:

„Kahlschläge sind alle Holzerntemaßnahmen, die freilandähnliche Verhältnisse bewirken und damit mindestens zeitweilig zum Verlust von Schutzfunktionen des Waldes führen.“

Dieser eine Satz sagt eigentlich schon das Wesentliche zur Sache.

Der PDS-Antrag ist im Grunde genommen ein Bezweifeln der Kompetenz der Forstbehörden, deren Aufgaben und Verantwortung doch sehr eindeutig in den §§ 32 bis 35 des Landeswaldgesetzes festgeschrieben sind.

Was nun die Flächen unter zwei Hektar betrifft, so geht der PDS-Antrag davon aus, dass die Frage der Abstandsregelung zwischen verschiedenen Kleinflächen nicht eindeutig definiert ist und einer Konkretisierung bedarf. Hier könnte man tatsächlich zu der Auffassung gelangen, dass ein Unterlaufen oder Nichtbeachten der Kahlschlagsregelung möglich ist. Unsere Fraktion ist jedoch der Überzeugung, dass entsprechende Anleitungen der Forstbehörden durch das Ministerium selbstverständlich sein dürften. Ganz konkret in dieser Hinsicht wurde am 6. Dezember 2004 von Minister Dr. Woidke eine Verordnung über die Zusammensetzung der Forstausschüsse erlassen. Die Aufgabe der Forstausschüsse besteht gemäß Kapitel 1 § 1 in der Beratung der Forstbehörden bei der Durchführung des Brandenburgischen Waldgesetzes und in Fragen von grundsätzlicher Bedeutung. § 2 definiert dann eindeutig die Zusammensetzung der Forstausschüsse. Darin sind grundsätzlich alle im Zusammenhang mit der Forstwirtschaft und dem Naturschutz anerkannten Gremien vertreten. Dem ist also nichts mehr hinzuzufügen. Eine gesonderte Regelung, wie von der PDS-Fraktion gefordert, halte ich persönlich daher für überflüssig. Doch man sollte bedenken, dass Naturschutz nicht ohne Bürokratie auskommen wird, wenn wir Missbrauch verhindern wollen. Aus diesem Grunde findet der vorliegende Entschließungsantrag unsere Zustimmung.

(Beifall bei der DVU)

Frau Abgeordnete Lieske setzt für die SPD-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Kollegen des Ausschusses für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz! Wir haben zu dem Thema des Antrags, aber auch zum Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen eine sachliche Debatte geführt. Ich erspare es mir, die Sachargumente zu wiederholen. Nicht nur mein Fraktionskollege Wolfgang Klein wird mir dankbar dafür sein; denn wir alle können die eingesparte Zeit für unsere Freizeit gut gebrauchen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Frau Wehlan ist in ihrer Argumentation dankenswerterweise auf unseren Entschließungsantrag eingegangen. Wir sollten an dieser Stelle die gute fachliche Praxis unseres Ausschusses fortsetzen, im Sinne der Sache im September über das Thema debattieren und dann daraus ableiten, ob gesetzliche Änderungen erforderlich sind. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Ich rufe Minister Dr. Woidke auf.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jutta Lieske hat mir ihre verbleibende Redezeit nicht übertragen. Also keine Angst! Ich werde versuchen, in

dem kompakten Stil fortzufahren; einige Bemerkungen möchte ich mir dennoch nicht ersparen.

Ich bin sehr froh darüber, dass die Vorredner - damit meine ich sowohl Herrn Helm als auch Frau Wehlan - festgestellt haben, dass es sich nur um einige Fälle handelt. Ebenso bin ich froh über den Hinweis von Frau Wehlan, dass sich der Berufsstand von solchem nicht fach- und sachgerechten Verhalten eindeutig distanziert hat. Trotz allem fügt dieses Fehlverhalten - so möchte ich es noch einmal nennen - der gesamten Forstwirtschaft im Land Brandenburg und ihrem Ansehen großen Schaden zu.