Berichte in den Medien über gewaltsame Übergriffe zwischen Schülern oder anhaltendes Mobbing gegenüber Mitschülern nehmen zu. Jeder dritte Schüler hat Angst, auf dem Schulhof angegriffen zu werden. Jeder fünfte Schüler wurde bereits zum Opfer auf dem Schulgelände. - So eine aktuelle Studie.
Auch in Brandenburg sind Mobbing und Gewalt an den Schulen Alltag. Statistisch gesehen gibt es in Brandenburg rund 13 000 Opfer, die regelmäßig von Gewalt und Ausgrenzung betroffen sind.
Leider sieht sich die Landesregierung bisher nicht in der Lage, eine konkrete Aufstellung darüber zu liefern, in welchem Maße unsere Schülerinnen und Schüler, aber auch Lehrerinnen und Lehrer sowie Eltern mit diesem Problem konfrontiert sind.
Immerhin gibt es Angebote zur Fortbildung von Pädagogen, um Mobbing und versteckte Gewalt zu erkennen und Methoden dafür zu trainieren, wie man mit den eigenen Schülern in einer solchen Situation umgeht. Leider weiß die Landesregierung jedoch nicht, ob diese Fortbildungsmaßnahmen von den Lehrkräften angenommen werden.
Drehen wir das also einmal um und fragen danach, was die Landesregierung eigentlich schon weiß. Die Landesregierung weiß, dass es im Lande 33 Schulpsychologen gibt. Sie weiß auch, dass es rund 330 000 Schüler gibt. Daher könnte die Landesregierung wissen, dass es einen Schulpsychologen für 10 000 Schüler gibt. Die Landesregierung geht davon aus, dass dies ausreichend ist.
Die Landesregierung weiß, dass es 139 Schulsozialarbeiter gibt, die über das Personalkostenprogramm gefördert werden. Sie weiß auch, dass es im Lande 1 000 Schulen gibt. Also hat jede siebente Schule die Möglichkeit, einen Schulsozialarbeiter aus diesem Programm einzustellen. Für die Landesregierung geht dieses Verhältnis in Ordnung.
Vor einigen Wochen haben wir im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport die Zusammenarbeit der Polizei mit den Schulen ausgewertet. Zwei Kritikpunkte sind dabei besonders deutlich geworden. Zum einen wurde dieser Ansatz als zu pauschal bewertet; auf konkrete Probleme der einzelnen Schulen wird nicht eingegangen. Zum anderen sieht die Vereinbarung gar nicht vor, den Bereich Mobbing zu bearbeiten.
Wir von der Linkspartei.PDS möchten keine Panikmache, keine Schwarzmalerei und auch keine Verunsicherung. Wir von der Linkspartei.PDS möchten aber wissen, wie es um die Gewaltsituation an unseren Schulen bestellt ist. Erst anhand einer solchen Evaluation kann man einschätzen, wie viele Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen das Land benötigt, und auch erst danach kann man Instrumente der Kooperation mit der Polizei und mit Jugendämtern entwickeln und anwenden. Nur dann, wenn man eine solche Evaluation regelmäßig durchführt, weiß man, ob die Mittel gut gewählt und richtig eingesetzt sind.
Zurzeit kann niemand sagen, ob wir zwingend an jeder Schule oder vielleicht nur an jeder zweiten Schule einen Schulsozialarbeiter brauchen. Vielleicht brauchen wir aber an jeder fünften Schule zwei, drei oder noch mehr Schulsozialarbeiter. Wir können es nicht wissen, aber wir sollten es wissen.
Wir möchten unsere Entscheidungen, die gerade in der anstehenden Haushaltsaufstellung Niederschlag finden werden, nicht auf gefühlte Einschätzungen stützen, sondern auf einer soliden Datenbasis aufbauen. Wir möchten nachvollziehbare Politik machen, und diesen Anspruch haben wir auch an Sie, meine Damen und Herren von der Landesregierung.
Auch das aktuelle Schulgesetz, worüber wir gerade diskutieren - ich greife nur einmal den Punkt der Zuführung heraus -, ist ungeeignet, diese Problematik anzugehen.
Ich sage noch einmal: Es wird Zeit, dass wir uns mit dieser Situation an unseren Schulen auseinander setzen. Deshalb möchte ich um Zustimmung für unseren Antrag werben. - Vielen Dank.
Herzlichen Dank. - Das Wort erhält jetzt die Abgeordnete Siebke. Sie spricht für die Koalitionsfraktionen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Das Thema, das die PDS-Fraktion mit ihrem Antrag aufgreift, ist ernst. Aber die Aussage, es werde endlich Zeit, dass sich der Landtag mit dieser Problematik befasse, geht wohl ins Leere. Ich kann mich daran erinnern, dass wir in der
letzten Legislaturperiode und auch schon in der Zeit davor hier im Landtag des Öfteren über das Thema „Gewalt an Schulen“ haben reden müssen. Meist waren die Auslöser dafür Vorfälle wie etwa der in Thüringen oder auch ein Vorfall an einer Schule hier in Brandenburg.
Ich habe schon damals gesagt und wiederhole das heute, ich könne mir nicht vorstellen, dass es für diese Problematik dann unbedingt eine Lösung gibt, wenn wir ein Konzept erarbeiten. Damit rede ich davon, dass die „gewaltfreie Schule“ ein grundlegender Bildungs- und Erziehungsauftrag auch von Schule selbst ist, soweit Schule das leisten kann. Schule kann das nicht allein leisten, aber das blenden wir jetzt einmal aus; denn wir reden ja in diesem Zusammenhang von Schule.
Schule hat ein Klima zu schaffen, das es zulässt, dass Schüler mit anderen Schülern, die einer anderen sozialen Schicht angehören, die andere Auffassungen haben, die anders aussehen, auskommen.
Ich weiß, wie schwer das durchzusetzen ist, und bezweifle, dass sich diese grundsätzliche Frage durch den Einsatz von noch mehr Schulpsychologen oder Schulsozialarbeitern lösen lässt. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin ein Befürworter des Einsatzes von mehr Psychologen und Schulsozialarbeitern im Land Brandenburg, bezweifle aber, dass dadurch dieses Problem gelöst würde.
Wenn wir von Gewalt reden - auch das war damals ein Thema -, reden wir von unterschiedlichen Dingen. Wir reden von körperlicher, psychischer oder struktureller Gewalt. Man muss auch wissen bzw. betonen, dass Gewalt in dieser Form auch manchmal von Lehrern ausgeht. In Schulen, in denen kein Klima eines vertrauensvollen Umgangs miteinander herrscht, werden solche Phänomene wie Mobbing schwer zu bekämpfen sein, weil an solchen Schulen natürlich niemand, auch wenn man noch so große Strukturen schafft, hinzuschauen und dieses Problem zu erkennen gewillt ist.
Es geht darum, in den Schulen die Aufmerksamkeit für dieses Problem zunächst bei den Lehrern zu erringen. Sie müssen das Problem erkennen und Möglichkeiten finden, damit umzugehen. Ich bin der Meinung, dass das nur durch Fortbildungsmaßnahmen erreicht werden kann. Wir können kontrollieren, wie viel Lehrer daran teilnehmen, aber davon haben wir noch nichts. Wichtig ist, dass an den Schulen Akzeptanz geschaffen wird. Nun haben die Schulleitungen mehr Kompetenzen, zu sagen, dass an ihrer Schule ein Problem besteht und dass Leute benötigt werden, die damit umgehen können und zeigen, wie es letztendlich gelöst werden kann. Es geht um die Sensibilisierung in den Schulen.
Es wäre auch wenig hilfreich, die Zusammenarbeit zwischen Schule, Jugendhilfe und Polizei neu regeln zu wollen, denn das ist geregelt. Trotzdem ist es im Land Brandenburg ganz unterschiedlich, weil die Bereitschaft der Beteiligten eine Rolle spielt und es auch um Verständnis und Vertrauen untereinander geht. Es geht darum, ob eine Schule Angst vor Stigmatisierung hat, wenn sie der Polizei irgendetwas sagt. Die Frage ist auch, ob man beispielsweise zur Jugendhilfe ein gutes Verhältnis hat, dass man bei Auftreten eines Problems dieses benennt und gemeinsam nach einer Lösung sucht. Das funktioniert an manchen Stellen sehr gut und an anderen Stellen gar nicht. Das hat auch Folgen. Ich denke, dass dieses Problem nicht gesetzlich
geregelt werden kann. Wir alle, die wir auch vor Ort daran arbeiten, sind aufgefordert, zu versuchen, diesen Prozess zu befördern.
Noch ein Gedanke dazu: Wir haben Projekte im Land Brandenburg, von denen ich nur einige nennen möchte. Wir haben die Fortbildungsmöglichkeit und Konfliktbewältigungsprojekte. Hier ist es aber so, dass nicht alle Schulen ihre Probleme erkennen und auf solche Dinge zurückgreifen. An vielen Schulämtern gibt es ja derartige Möglichkeiten.
Ich fasse zusammen: Ich bin dafür, dass wir bezüglich dieser Problematik eine Sensibilisierung erreichen, dass wir dafür werben, die in den Schulen des Landes Brandenburg, in den Jugendämtern und bei der Polizei vorhandenen Möglichkeiten zu nutzen, um gemeinsam zu Erfolgen zu kommen. Konzepte können gut sein, ich denke aber, dass sie uns diesbezüglich nicht weiterhelfen. Ich bin ziemlich davon überzeugt, dass ich in der nächsten Zeit kein Konzept in dieser Richtung fordern werde. - Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass sich ausgerechnet die linken Genossen für Gewaltfreiheit einsetzen, wundert mich doch schon. Die PDS versucht mit diesem Antrag wieder einmal die Menschen zu linken. Deshalb heißt es auch Die Linke.PDS.
Dass Gewalt ein Thema ist, welches leider immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist nicht zu leugnen. Doch dass sich ausgerechnet die linken Genossen hier lautstark zu Wort melden, ist verwunderlich. Schon die Vergangenheit Ihrer Ideologie liegt ja in Gewalt gebettet. Noch nie hat die politische Linke ohne Gewalt ihre Interessen durchsetzen können. Das fing mit den Terroristen Luxemburg und Liebknecht an und zieht sich wie ein roter Faden in Ihrer Parteigeschichte fort.
Schon die Begründer Ihrer faschistoiden Ideologie, Marx und Engels, forderten zum revolutionären Terrorismus auf. Also Gewalt, werte Genossen von der PDS, war doch schon immer ein ganz legitimes Mittel zur Durchsetzung Ihrer Interessen,
und leider nicht nur bei Ihnen. Denken wir nur an die zahlreichen Kriege, initiiert und geleitet vom Weltpolizisten Amerika.
Gewalt ist doch für viele Politiker schon ein ganz legitimes Mittel zur Durchsetzung ihrer Interessen. Wie will man Kindern und Jugendlichen klar machen, dass Gewalt kein Mittel zur Lösung von Konflikten ist, wenn selbst Erwachsene ganz legal Gewalt zur Lösung von Konflikten einsetzen?
Werte Genossen der PDS, Sie sprechen in Ihrem Antrag von Gewalt. Aber wo fängt die Gewalt bei Ihnen an? Gibt es gute Gewalt? Gibt es schlechte Gewalt an Schulen? Sie akzeptieren doch Gewalt als Mittel zur Lösung von Konflikten. Erinnern möchte ich nur an den 17. Juni 1953 oder an den 4. Juni 1989, als das chinesische Militär ein Blutbad auf dem Platz des Himmlischen Friedens anrichtete. Da war es doch Ihre Partei, Frau Große, damals noch unter dem Namen SED, die das Massaker als Niederschlagung einer Konterrevolution bezeichnete und ausdrücklich billigte.
Aber das hätte ja alles Schnee von gestern sein können und schließlich konnte sich Saulus auch zum Paulus wandeln. Doch die Gegenwart sieht leider anders aus. Was zum Beispiel sollen wir von den PDS-nahen, zum Teil gewaltbereiten Antifa-Gruppen halten, die auch an Schulen agieren? Erinnern möchte ich an die Krawalle während des EU-Gipfels in Göteborg im Juni 2001. Mehrere Hundert gewalttätige autonome Jugendliche demolierten Geschäfte und Autos. Zwei der Festgenommenen gehörten einer Splittergruppe der antifaschistischen Jugend Königs Wusterhausen an. Diese Organisation, die sich nicht klar von politisch motivierter Gewalt distanziert, soll nach Presseberichten in den Räumen des PDS-Kreisverbandes Königs Wusterhausen die Göteborg-Reise vorbereitet haben. Stefan Ludwig, der damalige stellvertretende PDS-Landeschef, musste einräumen, dass es durchaus möglich ist, dass diese Leute den Schlüssel für das Büro von befreundeten Antifa-Mitgliedern erhalten haben.
Selbst Ihr Parteigenosse Sarrach hat zumindest insoweit Kontakte zur gewaltbereiten Antifa-Szene, als dass er straffällig gewordene Personen aus diesen Kreisen vielfach anwaltlich vertritt.
Frau Abgeordnete, ich bitte Sie jetzt, zum Thema zu sprechen. Es geht um das Konzept für gewaltfreie Schulen im Land Brandenburg.
Es obliegt normalerweise dem Abgeordneten, wie er sich mit diesem Thema auseinander setzt. Ich finde, man sollte auch diese Seite der PDS zeigen, um darzustellen, wie unehrlich ihr Antrag ist.
Wir reden hier von Gewalt unter Schülern, unter Kindern und Jugendlichen. Dazu gehört auch der PDS-nahe Jugendverband 'solid. Regelrecht euphorisch wird indessen in Publikationen über militante Einsätze berichtet.
Meine Damen und Herren! Werte Genossen der PDS, Sie stellen sich heute hier hin und möchten eine gewaltfreie Schule haben. Sie möchten ein Konzept für eine gewaltfreie Schule. Warum fordern Sie nicht ein Konzept für eine gewaltfreie Politik?