Torsten Krause
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir legen Ihnen heute nur Anträge vor, denen man eigentlich zustimmen kann. Das ist auch bei diesem Antrag so.
- Ja, Frau Melior, das erkennt man bei diesem Antrag zum Beispiel auch ganz konkret daran, dass wir gar nicht mehr Personal fordern und gar nicht über die Ausstattung diskutieren wollen, sondern dass es lediglich um den Investitionsbereich an den Jugendbildungsstätten im Rahmen des Konjunkturpakets II geht. Das ist das Ziel unseres Antrages.
Hintergrund ist die 25. Sitzung des Landesjugendhilfeausschusses am 9. Februar 2008 im Landesjugendamt in Bernau. Dort gab es einen einstimmigen Beschluss, also auch mit den Stimmen der Vertreter der anderen Fraktionen hier im Haus, diesen Weg zu gehen und die Jugendbildungsstätten in das Konjunkturpaket II, in den 65%-Bereich für Bildung, mit aufzunehmen. Die Initiative hatte damals der Unterausschuss für Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit im Landesjugendhilfeausschuss ergriffen und diesen Beschluss befördert. Der Landesjugendring trägt im Übrigen diese Forderung im Ganzen mit und hat dies auch nachdrücklich bestätigt. In einem Schreiben an
das MBJS wurde dieser Beschluss des Landesjugendhilfeausschusses bereits übermittelt. Ich gehe auch davon aus, dass Herr Rupprecht diesem Ansinnen folgen kann. Trotzdem möchten wir mit unserem Antrag dem hier noch einmal Nachdruck verleihen und Ihnen die Gelegenheit geben, sich dem anzuschließen.
Das Konjunkturprogramm II stellt 457 Millionen Euro für das Land Brandenburg zur Verfügung. Davon sollen 65 % für Bildung im investiven Bereich eingesetzt werden; das bedeutet Schulgebäude, Turnhallen, Außenanlagen, Kindertagesstätten. Aber auch die Jugendbildungsstätten im Land Brandenburg sind Bildungseinrichtungen. Deswegen sind wir der Meinung, dass sie von diesem Konjunkturpaket profitieren sollten.
Viele dieser Jugendbildungseinrichtungen sind Anfang der 1990er Jahre eingerichtet worden und haben mittlerweile einen großen Renovierungs-, Reparatur- und auch Ausbaubedarf, was ja ein Zeichen von Qualität ist, da immer mehr Jugendliche in diese Einrichtungen streben und diese Angebote wahrnehmen wollen. Sie kennen sicher viele dieser Einrichtungen im Land. Ich möchte nur einige nennen:
Wir haben das Jugendbildungszentrum in Blossin, die DGBEinrichtung in Flecken Zechlin, das Don-Bosco-Haus im Landkreis Spree-Neiße, das Evangelische Bildungszentrum in Hirschluch...
- Schön, dass Sie zuhören, Frau Melior. - Wir haben die Einrichtungen „Kurt Löwenstein“ und Schloss Trebnitz und schließlich das Haus Szczypiorski in Oberhavel.
Außerschulische Bildungsarbeit bedeutet ziemlich viel. Zum einen ist es die eigenständige Aufgabe des Bildungswesens und wird im Rahmen des KJHG noch einmal ausdrücklich definiert. Sie knüpft an die Interessen der Jugendlichen an und behandelt alterstypische Problemlagen und Konflikte. Sie stärkt die Eigenverantwortlichkeit und das gesellschaftliche Engagement der jungen Menschen. Es werden Kenntnisse und Fähigkeiten außerhalb von Schule, Beruf und Familie vermittelt. Damit bildet sich noch einmal ein extra Kreis, in dem sich Jugendliche entfalten und kennenlernen können.
Es gilt, der Vorbereitung auf die Bewältigung von persönlichen, gesellschaftlichen und politischen Anforderungen gerecht zu werden. Dies leisten unsere Jugendbildungsstätten im Land auch mit einer Vielfalt von Angeboten. Wir haben dort die Themenkreise der internationalen und interkulturellen Begegnungen, wir haben geschichtliche und politische Jugendbildung. Geschlechtsspezifische und emanzipatorische Arbeit wird dort in Workshops, Tagungen, Fortbildungen und Großveranstaltungen geleistet. Es geht um Gewaltprävention, Medienkompetenz, aber auch um die Auseinandersetzung mit der jüngeren deutschen Geschichte, wie sie in diesem Haus zu Recht immer wieder eingefordert wird. Es geht um die Zusammenarbeit mit unseren polnischen Nachbarn, aber auch zum Beispiel um die Ausbildung von Teamern im Rahmen der JuLeiKa, um sie zu befähigen, Jugendeinrichtungen zu leiten und Ferienfreizeiten selbstständig zu organisieren.
Ein weiterer Kreis ist die Kooperation mit Schule, hier im Besonderen das IOS-Programm. Die Seminare werden dort für Schulklassen aus Berlin und Brandenburg angeboten, und am Wochenende finden viele Veranstaltungen für Jugendvereine und junge
Auszubildende aus der Region statt. Es werden Diskussionen zugelassen. Junge Menschen können dort ihre Gedanken entwickeln und formulieren. Vorurteile werden hintangestellt und hoffentlich überwunden. Es werden Gemeinsamkeiten überprüft, es wird Freizeit gestaltet, und es werden Feste gefeiert.
Ich glaube, dass die Wichtigkeit der Jugendbildung hier noch einmal ganz deutlich wird. Es sind plurale Angebote, die sich an den Interessenlagen der jungen Menschen hier im Land orientieren und die ergänzend zu Schule, Familie und Beruf wirken. Es geht um das individuelle Aufwachsen und um die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung. Es geht um die Stärkung der demokratischen Gesellschaft hier bei uns und auch um die Kooperation von schulischen und außerschulischen Bildungsträgern, die die Bildungslandschaft hier bei uns stärkt und damit auch eine zentrale Chance für junge Menschen in Brandenburg bietet. Aber auch interkulturelle Kompetenzen werden schneller und nachhaltiger vermittelt. Nicht zu vernachlässigen, gerade weil es ja auch ein Konjunkturpaket ist, ist der wirtschaftliche Faktor dieser Einrichtungen, die mit knapp 120 000 Übernachtungen im Jahr ein ganz großes Potenzial haben und auch eine gesellschaftspolitische Funktion wahrnehmen.
Wir alle gemeinsam sollten diese Chance heute nicht ungenutzt verstreichen lassen und diesem Antrag zustimmen, die Jugendbildungsstätten in das Konjunkturpaket aufzunehmen, damit auch diese von den bereitgestellten finanziellen Mitteln profitieren können. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist hier gerade die Debatte der kurzen Beiträge. Ich werde mich auch kurz fassen. Ich freue mich, dass die Koalition und die Regierung unserem Antrag folgen können, auch wenn dies nicht per Handzeichen passiert. Denn wenn man sich die Zeitfolge ansieht, stellt man fest, Sie haben dies sicher in Ihr Programm aufgenommen, nachdem unser Antrag eingereicht worden war. Es ist aber in Ordnung, wenn man so verfährt. Die Jugendbildungsstätten werden es Ihnen danken. Das ist in Ordnung. 2 Millionen Euro sind eine Menge Geld, mit dem wir dort viel tun können.
Ansonsten bleibt mir nur zu sagen, dass der Beitrag von Frau Fechner noch einmal gezeigt hat, warum es wichtig ist, Jugendbildungsstätten im Land zu haben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ihnen liegt ein Antrag der Linksfraktion zur Evaluation des Personalstellenprogramms in der Jugendarbeit vor. Das Thema ist ein Dauerbrenner im Land Brandenburg, und das im Prinzip von Anfang an. Es wurde im Jahr 1996 ins Leben gerufen. Dass man sich damals für 610 Stellen entschieden hat, hatte keinen fachpolitischen Hintergrund und keine fachpolitische Begründung. Das zur Verfügung gestellte Geld hat halt für 610 Stellen gereicht. Das ist nicht schlimm, wir sind froh, dass das Programm damals eingerichtet wurde, denn es war ein großer und wichtiger Schritt.
Schon damals gab es die Ansage vonseiten des Landes, dass es sich um ein Anschubprogramm handele, und an die Kommunen war die Aufforderung gerichtet, sich verstärkt an diesem Programm zu beteiligen und diese Aufgaben zu übernehmen. Dies war damals schwierig und ist es noch heute. Trotzdem sind wir jetzt so weit, dass die Landesregierung das Programm zurückzufahren beginnt; dazu später mehr.
Neben der Freude, die damals herrschte, als das Programm aufgelegt wurde und wir 610 Sozialarbeiter in der Jugendarbeit im Land Brandenburg einsetzen konnten, gab es natürlich auch Spannungen. Besonders zum Jahreswechsel hin gab es immer heftige Diskussionen in den Landkreisen und kreisfreien Städten, wie die Stellen über den Jahreswechsel gerettet, ob die Mittel wieder bewilligt und somit Arbeitsplätze gesichert werden können. Neben der Angst um die Arbeitsplätze gab es aufseiten der Jugendlichen Unsicherheit, wie es mit den Kontakten zu ihren Sozialarbeitern weitergeht. Es gab Demonstrationen und Poteste vor Ort. Ich kann mich gut an eine „Vor Ort“-Sendung des damaligen ORB in der Prignitz erinnern, die sehr lebhaft und von heißen Diskussionen begleitet war.
Mittlerweile sind wir hinsichtlich der Programmausgestaltung ein ganzes Stück weitergekommen und können über Verpflichtungsermächtigungen über Jahre hinweg Sicherheit herstellen. Trotzdem ist es bis heute ein schwieriger Prozess geblieben, mit den Jugendverbänden zu unbefristeten Verträgen zu kommen, damit diese Sicherheiten an die Beschäftigten weitergereicht werden.
In der 4. Legislatur bzw. mit dem Amtsantritt von Minister Rupprecht fiel die Neukonzeption des Programms ein Stück weit zusammen. Es wurde festgelegt, dass es in dem Bereich zu Reduzierungen kommen wird. Mittlerweile sind wir über die Jahrestreppe nach unten bei 510 Stellen angelangt. Es sind neue Bestimmungen, über die wir damals kritisch diskutiert haben und die wir auch heute kritisch anmerken wollen, in das Programm eingeführt worden. So ist damals die Regelung eingeführt worden, dass mindestens 25 % der für das Programm zur Verfügung stehenden Mittel für Schulsozialarbeit bzw. Sozialarbeit an Schulen einzusetzen sind. Das hatte die Konsequenz, dass 145 der 610 Stellen aus der direkten Jugendarbeit herausgenommen wurden und für Sozialarbeit an Schulen verwendet wurden.
Auch den Faktor für die Berechnung der zur Verfügungstellung von Personalmitteln für den ländlichen Raum und die Grundlage für die Berechnung des Alters der betreffenden Bevölkerungsgruppe haben wir kritisiert. Nun ist es so. Das Programm wird weiterhin umgesetzt. Die Kürzungen und die genannten Bestimmungen sind vollzogen. Wir sind heute an einem Punkt, an dem man sich die Zeit nehmen und einmal schauen sollte, wie die Landkreise und die Städte mit dieser Situation umgehen; darauf zielt unser Antrag.
Unsere Erfahrung - das wird sicherlich auch die Ihre sein - ist, dass in den Landkreisen sehr unterschiedlich damit verfahren wird; denn man hat nach unterschiedlichen Wegen gesucht, wie man diese Situation abfedern kann und mit den Kürzungen und Reduzierungen zurechtkommt.
Es wurden Sozialräume neu strukturiert. In der Regel wurden sie - das verwundert nicht - größer geschnitten, weil man mit
weniger Personal zurechtkommen muss. Das bedeutet, dass es weitere Wege sind, dass es schwieriger ist, die Jugendlichen zu erreichen und Angebote zu unterbreiten.
Es gab Landkreise, die Pädagogen entlassen haben. Es gab Versetzungen, und es gab Stundenreduzierungen, um die Personalanzahl zu erhalten und gleichwohl mit den finanziellen Reduzierungen zurechtzukommen.
Egal, wie die Landkreise damit umgegangen sind, festzustellen ist, dass in vielen Fällen Vertrauensverhältnisse zu den Jugendlichen zerbrochen sind, weil Sozialpädagogen woanders eingesetzt wurden, weil sie weniger Zeit haben und weil sie sich um mehr Jugendliche und Kinder kümmern müssen. Auch Kontakte zu Bürgermeistern, Ämtern und Institutionen müssen neu aufgebaut werden, was zu einem zusätzlichen Arbeitsaufwand führt. Insoweit sind wir uns wohl einig.
Was wir nun aber nicht wissen, ist - das ist ein Grund, warum dieser Antrag diesmal eingebracht wurde -, ob es nicht auch gute Ansätze gibt, die die Landkreise gefunden haben. Es wäre für uns, aber gerade auch für andere Landkreise und kreisfreien Städte, denen dies als positives Beispiel dienen könnte, ganz gut, dies zu wissen.
Uns müsste daran gelegen sein, zu erfahren, wie mit der Mittelverwendung im Einzelnen umgegangen wird und wie dieses Programm Umsetzung findet. Wenn wir dies erst einmal erhoben haben, müsste uns daran gelegen sein zu schauen, ob man unter den jetzigen Bedingungen eine qualitativ hochwertige Jugendarbeit so leisten kann, wie es in den Jugendhilfeausschüssen auf Landesebene diskutiert wird und wie es von verschiedenen Interessengemeinschaften, zum Beispiel der AGJ, diskutiert und angeregt wird, ob die Voraussetzungen überhaupt vorhanden sind, dem gerecht zu werden, also die inhaltliche Sinnhaftigkeit dieses Programms der Untersetzung zu hinterfragen.
Dazu würden wir Sie gern auffordern, um mit Ihnen gemeinsam hier einen Sachstand zu erreichen, um gemeinsam über die Zukunft dieses Programms diskutieren zu können. Wir würden uns freuen, wenn Sie sich diesem Antrag nicht verschließen würden. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe in den letzten 15 bis 20 Minuten viele Argumente gehört. Dennoch gibt es kein einziges Argument, das tatsächlich gegen unseren Antrag spricht.
Auch wir unterstützen die kommunale Selbstverwaltung. Frau Lieske, ich freue mich, wenn es Landkreise gibt, in denen es positiv läuft. Wenn dies im Landkreis Märkisch-Oderland der Fall ist, dann freue ich mich darüber. Vielleicht liegt es daran, dass ein Dezernent unserer Partei dort für diesen Bereich zuständig ist
- vielleicht, ich weiß es nicht. Ich meine, dass hier eine ganze Reihe von Argumenten auf dem Tisch liegt, die für diesen Antrag sprechen. Frau Hartfelder, ich freue mich auch, dass Sie sich für die CDU dafür ausgesprochen haben, dieses Programm weiter zu finanzieren. Ich meine, dass wir diesem Antrag beruhigt zustimmen könnten.
Der Herr Minister hat eben gesagt, dass die Berichtsbögen vorliegen. Sie liegen zwar vor, aber wir haben sie im Ausschuss nie diskutiert. Es gibt auch keine Bewertung Ihres Hauses oder der Landesregierung insgesamt, wie Ihre Sicht auf diese Berichtsbögen, auf diese Auswertung ist. Wir haben dazu Datenmaterial, das stimmt. Aber wir müssten uns damit auch einmal ordentlich auseinandersetzen.
Ansonsten kann ich dazu nur sagen: Der Antrag - davon haben Sie gesprochen - soll keinen Eindruck hervorrufen; denn es geht hier nicht um einen Eindruck, sondern es geht hier um einen Antrag, und über den sollten wir abstimmen. Nach den Argumenten, die ausgetauscht sind, könnten wir alle dem zustimmen. - Vielen Dank.
Über den Jahreswechsel gab es in den Zeitungen Ausführungen, was den Ausbau der Bundesstraße 96 am anderen Ende des Landes Brandenburg angeht. Ich möchte versuchen, dass wir gemeinsam denselben Sachstand hinbekommen. Deshalb ganz einfache Fragen.
Erstens: Gibt es in Ihrem Ministerium aktuelle Planungen für den Ausbau der Bundesstraße 96 nördlich von Löwenberg bis hin zur Landesgrenze?
Zweitens: Wann lösen wir die Problematik in Fürstenberg?
Ich habe eine Nachfrage zum Thema Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit. Der Berliner Senat hat beschlossen, eine Abgabe für jeden Flug zu zahlen, den die Senatsmitglieder und Mitarbeiter der Landesverwaltung antreten, und das Geld in eine Umweltstiftung einzuzahlen. Können Sie sich vorstellen, Ähnliches auch für Brandenburg zu realisieren?
Herr Minister, Sie merken schon, jetzt beginnt der Run auf die 54 Millionen Euro. Ein Teil ist schon eingeplant. Sehen Sie Möglichkeiten, etwas für den Ausbau der B 96 einzusetzen, damit wir da zügiger vorankommen?
Herr Minister, Sie haben eingestanden, dass sich die Defizite bei den Eltern bzw. deren Erziehungskompetenz vergrößert haben. Darauf zielte ja auch die Frage ab. Sie haben Projekte genannt, die sozusagen als „Reparaturbetriebe“ nachwirkend an diesem Problem arbeiten. Meine Fragen an Sie lauten: Was sind - erstens - die Gründe, die zu der Situation führen, dass Eltern Schwierigkeiten haben, ihre Kinder großzuziehen, und zweitens - wie können wir diese Ursachen von Anfang an bekämpfen, anstatt immer über Projekte zu reden, die im Nachhinein zu reparieren versuchen?
Herr Präsident! Werte Kollegen! Meine Damen und Herren! Dem Thema „Ernährung in Kita und Schule“ kommt wahrlich Gewicht zu, nicht ohne Grund, denn es gibt eine ganze Reihe von Fehlentwicklungen in unserem Land, die uns dazu bewegen, darüber zu debattieren, Berichte anzufertigen und entsprechende Maßnahmen anzukurbeln. Wir haben übergewichtige Kinder wegen Fehlernährung, aber wir haben auch untergewichtige Kinder wegen Fehlernährung. Gründe sind unter anderem unregelmäßige Mahlzeiteneinnahmen zu Hause und der verstärkte Konsum zum Beispiel von Fastfood bei den entsprechenden Anbietern. Aber auch Bewegungsmangel ist ein wichtiger Grund, weil Fernseher ja wichtiger sind als der Spielplatz und weil man vor dem Computer mehr Zeit verbringt als gemeinsam mit Freunden.
Wegen all dieser Fehlentwicklungen gibt es nun also einen Bericht, in dem die Landesregierung ihre Maßnahmen vorstellt und versucht, Wege aufzuzeigen, wie man da gegensteuern kann. Zahlreiche Maßnahmen und Aktionen werden dort aufgelistet. Diese gilt es hier zu beleuchten. Der Minister hat bedauert, dass er nicht so viel Zeit hatte, alle anzusprechen. Ich habe mir ein paar herausgepickt, die wir uns einmal anschauen wollen, um festzustellen, ob das, was hier passiert, zielführend ist.
Im Land Brandenburg gibt es zum Beispiel vier KonsultationsKitas Gesundheit, vier Kindertagesstätten, die sich diesem Thema widmen, vier von 1 000. Das sind 4 Promille. Sicherlich gibt es um diese Konsultations-Kitas herum noch ein Netzwerk, in dem ein Austausch stattfindet, wo Verständigung mit Kollegen in anderen Einrichtungen funktioniert. Dennoch sind 4 Promille von Kindertagesstätten, die sich diesem Thema widmen, natürlich deutlich zu wenig.
In dem Bericht wird auf die sogenannte Bewegungsbaustelle hingewiesen, die man beim Kita-Museum in Potsdam ausleihen kann. Das ist ein Klettergarten, den man aufbauen kann, wo man über Wippen balanciert und verschiedene Übungen macht. Es steht aber gar nichts darüber im Bericht, ob der Klettergarten genug beworben wird, wie oft er ausgeliehen wird, wie er in Anwendung kommt, ob das Projekt überhaupt genutzt wird.
Dann gibt es den Förderpreis „Emmi - Eltern machen mit“. Das ist gut und schön. Ein Teil der Kinder wird sich wahrscheinlich an dem Wettbewerb beteiligen. Wie viel davon in der Fläche ankommt, ist aber nicht bekannt.
Sie haben es angesprochen: Es gibt den Internetmarktplatz. Da ist auch eine Menge los. Im Internet passiert sowieso ganz viel. Erinnert sei an „Pfiffikus durch Bewegungsfluss“. Diese Projekte haben immer ganz lustige Namen, sie machen auch Spaß. Das ist aber alles virtuell, und zwischen virtuell und real ist immer noch ein Unterschied; denn Kinder sind in echt dick oder dünn und nicht virtuell.
Es gibt Fortbildungen für Erzieher. Da ist das Angebot über Jahre hinweg sehr groß. Ob das, was da angeboten wird, aber angenommen wird, ob Erzieher hinfahren und ob das in der Praxis Anwendung findet, darüber steht in dem Bericht leider nichts.
Des Weiteren gibt es eine sehr prominente Aktion, über die die Medien jedes Jahr berichten, nämlich die „Biobrotbox-Aktion“. Das ist toll für diesen einen Tag, toll für die Kinder, die davon profitieren. Aber die Aktion findet nur an einem einzigen Tag im Schuljahr statt und ist - mit Verlaub - eine PR-Aktion, weil einem Viertel der Kids bereits am nächsten Tag wieder bewusst wird, dass es sich ihre Eltern nicht leisten können, ihnen ausreichend Obst und Gemüse oder andere gesunde Kost mitzugeben.
Es gibt den „Haushaltsführerschein“, der an verschiedenen Einrichtungen angeboten wird. In den vergangenen Jahren wurden nur 218 Teilnehmer gezählt; dabei könnten Tausende Kinder im Land erreicht werden.
Für Bewegung an der Schule wird - wie innovativ! - der Sportunterricht angeführt. Ich finde, da hätte man durchaus etwas kreativer sein und dann in diesem Bericht dazu Ausführungen machen können.
Wir haben also eine ganze Menge Kritik an dem Bericht, weil es sich um ein Sammelsurium an Maßnahmen handelt, von denen wir nicht wissen, ob sie wirken und angenommen werden. Sie sind nur punktuell und nicht flächendeckend. Sie sind nicht ausfinanziert und nur unzureichend mit Personal untersetzt. Insofern sind die Maßnahmen aus unserer Sicht nicht zielführend, und der Bericht ist oberflächlich.
Wenn man sich vor Augen führt, an wie vielen Schulen es Cola-Automaten gibt, an denen man sich zuckerhaltige Getränke besorgen kann; wenn man Geschichten hört, dass Kita-Erzieher Schokolade oder andere Süßigkeiten in der Kita ausreichen, obwohl die Eltern das nicht möchten, weil sie zu Hause einen anderen Weg gefunden haben, dann erhalten wir, glaube ich, ein Bild, das der Realität ein Stück weit näher kommt. Alles zusammen beschreibt die Situation bei uns im Land wahrscheinlich ein Stück weit besser.
Unsere Forderungen, unsere Wünsche an Sie sind: Statten Sie Kitas und Schulen personell und sächlich besser aus. Geben Sie mehr Raum für Fortbildung. Verstärken Sie die Angebote, die man im Ganztagsbetrieb sicherlich erschließen kann, und nehmen Sie - darüber ist derzeit in der Presse zu lesen - den Vorschlag der EU auf und bieten Sie Obst und Gemüse kostenlos an Schulen an. Die EU möchte das finanzieren. Ich glaube, das ist ein gangbarer Weg. Denn dann gibt es eben nicht nur einmal im Jahr den Apfel, sondern jeden Tag. - Vielen Dank.
Herr Baaske! Meine Damen und Herren! Verehrte Gäste! Der Jugendarbeitsschutz und unsere Initiative gegen den Abbau der Standards in dem betreffenden Gesetz stehen auf der Tagesordnung. Man könnte sich zu Recht fragen: Warum eigentlich schon wieder?
Wir haben erst vor ein paar Monaten darüber gesprochen.
Frau Ziegler und Frau Lehmann, ich werde es Ihnen erläutern. Vielleicht sind Sie nicht auf dem neuesten Stand. Dann bekommen wir das jetzt gemeinsam hin und können auch gemeinsam handeln.
Damals hatten wir Anlass, hier einen Antrag einzubringen, weil es eine Bundesratsinitiative aus dem Saarland gab, das Jugendarbeitsschutzgesetz zu novellieren. Damals wurde die Vereinbarung getroffen, eine Kommission einzusetzen, die eine Evaluierung durchführen sollte, um die Situation, insbesondere die Arbeitswirklichkeit für jugendliche Auszubildende, zu erfassen. Man wollte damit insgeheim das Thema über das Ende der Legislaturperiode hinaus vertagen. Das ist in Ordnung und kein Problem. Man wollte sich halt einen Überblick verschaffen.
Die genannte Vereinbarung wurde gebrochen, und zwar vom Saarland und von Hessen, meines Erachtens auch von BadenWürttemberg. Es gibt jetzt eine neue Initiative der südlichen Bundesländer, die Novellierung doch noch vor Abschluss der Evaluation durchzuführen. Das ist genau der Knackpunkt, warum wir hier noch einmal die Beratung mit Ihnen suchen, um einen gemeinsamen Weg zu finden, da gegenzusteuern. Die Beratungen dazu im Bundesrat stehen demnächst an. Wir möchten Sie noch einmal mit ein paar Argumenten füttern, damit Sie für die dortige Auseinandersetzung gewappnet sind und gemeinsam mit uns handeln können.
Einsteigen möchte ich gerne mit einem Zitat aus dem Ausbildungsreport des DGB. Darin heißt es:
„Das Resultat zeigt: Wem es gelang, auf dem engen Ausbildungsmarkt eine Stelle zu bekommen, dem ist noch keine Ausbildung garantiert, denn oftmals gibt es eklatante Mängel. In vielen Fällen bedeutet das konkret: ausbleibende Ausbildungsvergütungen, fehlende Ausbildungsinhalte, mangelnde fachliche Anleitung, dauerhafte Überstunden oder Verstöße gegen das Jugendarbeitsschutzund Berufsbildungsgesetz. Hinzu kommt, dass sich junge Auszubildende, die gerade ihren Einstieg ins Berufsleben vollziehen, häufig kaum gegen Missstände wehren können und Angst haben, durch Beschwerden ihren Ausbildungsplatz aufs Spiel zu setzen.“
Genau das ist das Dilemma, in dem sich junge Menschen befinden; denn sie stehen in einem Abhängigkeitsverhältnis, wie jeder andere Arbeitnehmer auch. Das Jugendarbeitsschutzgesetz hat die Aufgabe, sie zu schützen, ihnen den Druck in diesem Abhängigkeitsverhältnis ein Stück weit zu nehmen.
Dieser Schutzgedanke aber, den das Gesetz formuliert, soll nun durch die Novellierung ausgehöhlt werden. Angedacht ist zum Beispiel die Ausdehnung des Endes der Arbeitszeiten von jetzt 20 auf 22 Uhr, im Gastgewerbe sogar auf 23 Uhr. Die Begrenzung in der Landwirtschaft soll für die Azubis komplett wegfallen, und in Bäckereien soll es statt um 5 Uhr am Morgen bereits um 4 Uhr losgehen.
Das sind ein paar Punkte, bei denen wir sagen: Das ist mit uns nicht zu machen, wenn es darum geht, die Höchstarbeitszeiten für die jüngsten Arbeitnehmer in unserer Gesellschaft auszudehnen, Beschäftigungsverbote fallen zu lassen, Nachtarbeit möglich zu machen und Arbeit an Samstagen und Sonntagen
zuzulassen. Das lehnen wir ab. Ich denke, Sie tun sich nicht schwer damit, das mit uns gemeinsam abzulehnen.
Wir sind also strikt dagegen, dass die Nachtruhe eingeschränkt wird, dass Pausen verkürzt werden und dass sich Erholungszeiten de facto reduzieren, weil diese Zeiten gerade für junge Menschen wichtig sind, um sich zu regenerieren, weil sie sich noch in der Entwicklung befinden und weil diese Zeiten gebraucht werden, um die klassischen Ausbildungseinheiten nachzubereiten, zu lernen, auf Prüfungen hinzuarbeiten, um den Stoff, der vermittelt wurde, zu verinnerlichen und zu festigen.
Nein, danke. Frau Fechner hat in der Debatte Gelegenheit, dazu zu reden.
- Das ist wohl wahr, aber Sie sind trotzdem hier, um Anliegen zu vertreten. Auch wenn Ihre Zeit knapp ist, Herr Schulze, sollten wir uns die Zeit für dieses wichtige Thema nehmen.
- Ja, das tue ich mit einem weiteren Zitat aus dem Ausbildungsreport. Darin heißt es:
„Große Probleme stellen für viele Auszubildende die Bedingungen im Hotel- und Gaststättenbereich dar. Harte Arbeit, permanent viele Überstunden, ein oftmals rauer Ton und das Gefühl, ausgenutzt zu werden, hinterlassen bei vielen Auszubildenden in dieser Branche ein Gefühl der Enttäuschung. Der enorme Druck von Ausbildern und Kunden bei wenig Lehrinhalten aber hoher Arbeitsintensität mündet dabei oftmals in Erschöpfungszuständen.“
- Ja, das kann man bedauern; das ist richtig. Gerade wir haben es auch nicht leicht, aber wir werden ganz anders entschädigt. Vielleicht könnten wir uns gemeinsam auch dafür einsetzen, dass die Entlohnung der Azubis ein wenig erhöht wird.
Das soeben von mir Zitierte ist für mich ein weiterer Beweis dafür, dass wir gemeinsam gegen die Aushöhlung der Schutzrechte kämpfen sollten. Sie haben die Möglichkeit, unserem Antrag zuzustimmen. Staatssekretär Alber hat in der damaligen Debatte gesagt: „Sie rennen hier offene Türen ein.“ Er hat damit für die Landesregierung gesprochen. In diesem Sinne sollte es Ihnen möglich sein, unserem Antrag im Interesse der jungen Menschen zuzustimmen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kinderarbeit ist der Gipfel der Ausbeutung zur Gewinnmaximierung. Daher lehnt die LINKE Kinderarbeit überall auf der Welt ab. Ich gehe davon aus - Herr Dombrowski hat das gerade auch bestätigt -, dass es da eine Übereinstimmung zwischen den demokratischen Parteien in diesem Haus gibt. Umso aberwitziger ist es, dass dieser Vorschlag ausgerechnet von der DVU-Fraktion im Landtag eingebracht wird, von rechts außen. Wir brauchen nur einen Blick in Ihr Parteiprogramm zu werfen, um zu sehen, dass das alles sehr durchsichtig ist, was Sie hier praktizieren. Dort heißt es zum Beispiel:
„Die Bundesrepublik Deutschland hat die Pflicht, deutschen Volksgruppen Schutz und Fürsorge zu gewährleisten.“
Weiterhin heißt es dort:
„Sie treten ein für eine familien- und kinderfreundliche Politik mit großzügigen staatlichen Hilfen für deutsche Familien und Mütter.“
Über ausländische Mitbürger und andere Bevölkerungsgruppen sagen Sie nichts aus. Sie sagen nichts davon, wie Sie es heute hier tun, dass Sie sich im positiven Sinne einsetzen wollen. Deswegen ist dies mehr als durchsichtig.
In Ihrer Begründung führen Sie ausgerechnet das „Tolerante Brandenburg“ als Handlungskonzept an, das sich diesem Thema widmen sollte. Aber jedes Jahr schlagen Sie in den Haushaltsberatungen im Ausschuss vor, dieses „Tolerante Brandenburg“ abzuschaffen und die Gelder dafür zu streichen. Es ist eine aberwitzige Veranstaltung, die Sie heute hier liefern, und deswegen ist diesem Antrag nicht zuzustimmen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen mein Abstimmungsverhalten hierzu erklären - ich habe zu diesem Antrag mit Nein gestimmt - und meine Enttäuschung über das Verfahren und über das Ergebnis dieser Abstimmung zum Ausdruck bringen.
Es gab einen Antrag vom Mai 2005, in dem wir eine Verfahrensgrundlage festgelegt haben. Dieser Antrag ist nach der Plattner-Spende von 20 Millionen Euro hinfällig geworden, die an Bedingungen geknüpft ist. Nur deswegen kam es heute zu einem Änderungsantrag zu der damaligen Bestimmung. Wir haben also heute darüber abgestimmt, ob sich Herr Plattner ein Schloss kaufen kann oder nicht.
Ihre Abstimmung zeigt, dass er kann. All diejenigen, die sich hier zu diesem Geschäft haben hinreißen lassen, haben dies bewiesen.
Ich melde hiermit Zweifel an der Souveränität dieses Parlaments an und prophezeie Ihnen, dass, je mehr Schloss unten entstehen wird, desto größer der Schaden für diese Demokratie sein wird.
Das Schloss auf dem Alten Markt wird stehen, weil es Herr Plattner wollte und durch Sie konnte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Guten Abend! Ich nutze die Chance - Sie werden es mir verzeihen -, ein Zitat vorzutragen, das Frau Große in ihrem zweiten Redeblock anbringen wollte. Es lautet wie folgt:
„Lernen ist wie Rudern gegen den Strom. Sobald man aufhört, treibt man zurück.“
Dies noch zur vorangegangenen Debatte.
Nun zu unserem Antrag: Qualität in der Jugendarbeit soll gesichert werden. Darauf zielt unser Antrag ab. Wir greifen damit auf Unterlagen zurück, die uns vor wenigen Wochen im Landesjugendhilfeausschuss vorgestellt worden sind. Dort hat das Landesjugendamt Zahlen vorgestellt, die aus den Ergebnissen der Sachberichtsbefragung der Kollegen im Personalstellenprogramm fließen. Wir begrenzen uns hier mit unserem Anliegen auf einen ganz kleinen Bereich dieser Umfrage, nämlich auf das Arbeitsumfeld der Kolleginnen und Kollegen.
Wir haben uns vier Punkte ausgesucht, auf die wir uns hier konzentrieren möchten, die auch beschreiben, warum wir verschiedene Maßnahmen vorschlagen, die wir gern ergreifen würden. Dafür bitten wir Sie um Ihre Unterstützung.
Zum einen geht es uns um das Qualifikationsniveau der Kollegen, um den Arbeitsumfang, die Schwierigkeiten, die von den Kollegen im Arbeitsfeld beschrieben werden, und zum anderen um die personelle Unterstützung, die diese Kollegen erhalten.
Vorweg möchte ich sagen, dass es gerade bei dem Punkt des Qualifikationsniveaus durchaus um positive Erscheinungen geht. So stellen wir fest, dass seit der letzten Befragung 16 % mehr Kollegen mit einem Diplom arbeiten, also wirklich als Sozialpädagogen ausgebildete Kollegen in diesem Bereich tätig sind. Das ist sehr gut, das unterstützt die fachliche Arbeit und bringt uns voran.
Auch positiv zu bewerten ist, dass der Anteil der staatlich anerkannten Erzieher - auch eine pädagogische Berufsgruppe gleichgeblieben ist. Ebenfalls positiv in diesem Bereich ist zu erwähnen, dass der Anteil der Kollegen, die eine arbeitsfeldfremde Ausbildung haben, zurückgeht. Das heißt, dass wir hier
eine gute Grundlage haben und dass die Fachlichkeit im Prinzip vorhanden ist. Wir müssen jetzt aber dahin kommen, das auch zu nutzen und die Ressourcen zur Verfügung zu stellen, sodass wir damit etwas anfangen können. Die Ausgangsposition ist also ganz gut. Das heißt, wir haben hier eine Basis, auf der man aufbauen kann.
Jetzt kommt aber dazu, dass diese gute Ausgangsbasis nicht wirklich genutzt wird. Das ist unser Dilemma an dieser Stelle. Darum liegt dieser Antrag vor.
Schaut man sich zum Beispiel den Arbeitsumfang an, dann sieht man, dass es hier einen deutlichen Anstieg der Teilzeitbeschäftigung gibt, nämlich von 16 auf 36 %. Das ist ein Fakt, der von uns so nicht hinnehmbar ist.
Es stellt sich natürlich die Frage: Wie kann das sein? - Schauen wir uns das Personalstellenprogramm im Land an, sehen wir, dass wir von 580 Stellen im Jahr 2006 über 540 Stellen im Jahr 2007 bei mittlerweile nur noch 510 Stellen im Jahr 2008 angekommen sind. Tatsächlich arbeiten trotzdem rund 700 Kolleginnen und Kollegen in der Jugend- und Jugendsozialarbeit. Das ist nur damit zu erklären, dass der Stundenumfang für diese Kollegen gekürzt wurde, dass sie also von 40 auf 30 oder gar auf 25 Stunden heruntergestuft worden sind. Damit haben sie natürlich Einbußen beim Verdienst. Trotzdem müssen sie dasselbe Arbeitsfeld beackern, haben denselben Arbeitsumfang, dieselben Wege, es handelt sich um dieselben Jugendlichen. Wir haben es hier also mit einer Ungerechtigkeit zu tun, denn de facto wurde den Kolleginnen und Kollegen Geld weggenommen, obwohl sie arbeiten und dieselbe Leistung wie zuvor bringen.
Der dritte Punkt, den ich gern ansprechen möchte, betrifft die Schwierigkeiten im Arbeitsfeld, die von den Kolleginnen und Kollegen benannt werden. Hier dreht es sich um zeitliche Probleme. Wenn wir von dem ausgehen, was ich zuvor gesagt habe, erschließt sich das natürlich auch. Sie arbeiten jetzt formal 25, 30 Stunden, haben dieselben Wege, den Aufwand im bürokratischen Bereich, müssen organisatorische Fragen klären und natürlich den Jugendklub offenhalten. Am Freitagnachmittag um 15 Uhr fragt kein Jugendlicher danach, dass das Stundenkontingent erschöpft ist, sondern dann wird natürlich die Forderung erhoben, die Jugendeinrichtung offenzuhalten. Das ist auch richtig so. Deswegen müssen wir dafür sorgen, dass diese zeitlichen Probleme abgebaut werden und wir hier zu Vollzeitstellen kommen.
Ein zweiter Knackpunkt, der unter „Schwierigkeiten im Arbeitsfeld“ angesprochen wird, sind die finanziellen Probleme. Die Kreise sind für die Ausstattung der Jugendarbeit zuständig. Diese Aufgabe wird in unterschiedlichem Maße wahrgenommen. Die Spanne reicht von 0,3 % des Haushalts bis hin zu 1 %. Das ist in Ordnung. An dieser Spanne wird die unterschiedliche Handhabung deutlich. Das wirkt sich zum Beispiel in Ostprignitz-Ruppin mittlerweile so aus, dass es zwar genehmigte Personalstellen gibt, für diese aber keine finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, um Maßnahmen durchzuführen, die Jugendliche ansprechen. Es ist kein Geld vorhanden, um das Arbeitsfeld zu gestalten und Einkäufe zu tätigen.
Ein weiterer Punkt, der diesem Feld zuzurechnen ist, ist die Stellenunsicherheit. Das ist ein psychologischer Faktor, der gerade im letzten Quartal eines jeden Jahres mächtig zu Buche
schlägt. Es ist für die Kolleginnen und Kollegen natürlich schwierig, eine motivierte Arbeit hinzulegen, die Jugendlichen für bestimmte Sachen zu begeistern, wenn sie selbst nicht wissen, ob sie am 1. Januar noch einen Job haben und immer in dem Konflikt stehen: Bewerbe ich mich jetzt? Gehe ich zum Arbeitsamt? Oder nutze ich die Zeit und beschäftige mich mit den Jugendlichen, wie es vorgesehen ist?
Das alles sind keine idealen Voraussetzungen, um im Bereich der Jugend- und Jugendsozialarbeit gute Arbeit zu leisten.
Auch andere Zahlen stellen große Fragezeichen in den Raum. So geben zum Beispiel 331 Kolleginnen und Kollegen an, dass sie personelle Unterstützung durch ehrenamtlich tätige Jugendliche erhalten. Das ist in Ordnung für die 331, die es betrifft. Das heißt aber im Umkehrschluss, dass über die Hälfte, nämlich 370 Kolleginnen und Kollegen, keine Unterstützung durch ehrenamtlich Tätige erhalten. Das ist immerhin jeder zweite Sozialarbeiter bei uns im Lande.
Im Gegensatz dazu stellen wir fest, dass der Einsatz von Beschäftigten über MAE deutlich gestiegen ist. Wir haben mittlerweile 326 Kolleginnen und Kollegen, nämlich genau die Hälfte, die keine Unterstützung durch ehrenamtlich Tätige erfährt, die über MAE unterstützt werden. Hier stellt sich ziemlich deutlich die Frage nach Zusätzlichkeit und nach Dauerhaftigkeit. Wie kann die Kontinuität der Arbeit abgesichert werden? Das zeigt auch, dass wir zeitgleich in dem Bereich, in dem seitens des Landes die hauptamtlichen Stellen zurückgefahren werden, einen deutlichen Anstieg der MAE-Kräfte haben. Das beweist, dass hier vonseiten des Landes der Bedarf nicht gedeckt wird - sonst hätten wir den Ausgleich über MAE nicht -, und das beweist, dass wir hier mit 610 Stellen sehr gut fahren könnten und diese auch benötigt werden.
Nur 32 Kolleginnen und Kollegen im ganzen Land werden über Zivildienststellen unterstützt. Wir haben hier einen großen Bereich, in dem wir Jugendverbände in die Lage versetzen können, mehr zu tun. Dasselbe gilt natürlich für die Freiwilligendienste wie Freiwilliges Soziales Jahr und Freiwilliges Ökologisches Jahr. Über neue Möglichkeiten der Kombination bzw. Verlängerung dieser Dienste sollte man nachdenken.
Aus den hier beschriebenen Problemen leiten sich die Forderungen, die wir stellen, ab. Wir möchten auf den Stand von 610 ausfinanzierten Vollzeitstellen zurück.
Die Förderung der Personalstellen über fünf Jahre ist sicherzustellen. Damit soll die Stellenunsicherheit im letzten Quartal eines jeden Jahres unterbunden werden.
Wir möchten die Unterstützung der Träger bei der Förderung des Ehrenamtes und beim Einsatz von Zivildienstleistenden. Nötig sind der Ausbau der Freiwilligendienste sowie die Sicherstellung der materiellen Arbeitsmittel.
Ich habe hier vorgetragen, welche Gründe uns zu dem Antrag führen. Die Zahlen sind die des Landesjugendamtes bzw. der Regierung. Man kann uns an dieser Stelle nicht vorwerfen, dass wir tricksen würden. Die Konsequenzen leiten sich logisch daraus ab. Wer wirklich für die jungen Menschen hier im
Land etwas tun möchte, sollte sich unserem Antrag nicht verschließen. - Vielen Dank.
Unser Landtag und auch die Parlamente anderer Bundesländer haben in den vergangenen Jahren Gesetze verabschiedet, mit denen das Rauchen in der Öffentlichkeit geregelt wird, und zwar immer mit der Intention des Nichtraucherschutzes. Am 2. Januar gab es auf „radio eins“ des RBB ein Interview mit Betreibern von gastronomischen Einrichtungen in PotsdamBabelsberg, die unabhängig voneinander geäußert haben, dass sie das Gesetz bis zum Sommer dieses Jahres nicht umsetzen werden, weil ihnen keine Strafen drohen.
Deshalb meine Frage: Wie stellt die Landesregierung sicher, dass das Gesetz umgesetzt wird?
So, wie sich das in dem Interview und auch in verschiedenen Zeitungsberichten anhörte bzw. las, geht es aber nicht darum, dass die Gastwirte die Chance nutzen wollen, sich darauf einzustellen; vielmehr sagen diese klipp und klar, dass sie das Gesetz bis zum 1. Juli dieses Jahres nicht anwenden wollen. Das ist in meinen Augen etwas anderes als das, was Sie gesagt haben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich zunächst in aller Form bei Ihnen zu entschuldigen. Die Beratungen sind ein bisschen schneller vorangeschritten, als laut Zeitplan erwartet. Ich habe es verpasst; das tut mir leid. Nichtsdestotrotz gibt es Gründe, die für diesen Antrag sprechen. Diese würde ich Ihnen jetzt gern darlegen.
Frau Lieske, Sie haben gesagt, Sie wüssten nicht, wieso der Antrag aktuell sei. Auch Frau Fechner hat nicht ganz verstanden, was wir erreichen wollen. Deswegen ist es ungünstig, dass ich erst an dritter Position rede. Aber das ist meine Schuld; deshalb ist es so in Ordnung. Vielen Dank dafür, dass ich den Antrag noch begründen darf.
Wir bringen den Antrag „Kinderschutz sichern - bewährte Jugendhilfestrukturen erhalten“ heute in den Landtag ein, weil uns zwei Punkte besonders am Herzen liegen.
Zum einen soll die heutige Zweigliedrigkeit im Landesjugendamt erhalten bleiben. Der Begriff „Zweigliedrigkeit“ bezieht sich darauf, dass das Landesjugendamt aus der Verwaltung und dem Jugendhilfeausschuss besteht. Der Jugendhilfeausschuss Sie wissen es - ist nicht nur ein politisches Gremium; er wird ergänzt durch Vertreter von Vereinen, Initiativen und Verbänden und macht damit den fachlichen Charakter dieser Einrichtung aus.
Der zweite Punkt, um den es uns mit dem Antrag geht, ist ganz konkret die Stärkung des Jugendamtes als fachliche Anlaufstelle für den Kinderschutz.
Meine Damen und Herren, Sie alle wissen, dass die Föderalismusreform, die im Jahr 2006 verabschiedet worden ist, eine Ausdifferenzierung des Kinder- und Jugendhilferechts ermöglicht. Länder und Kommunen haben nun nahezu alle Freiheiten, die Strukturen der Jugendhilfe beliebig zu gestalten.
Wir verzeichnen in den Bundesländern erste Tendenzen, dass Jugendhilfeausschüsse und Landesjugendämter abgeschafft bzw. in Ministerien zurückgeholt und dort eingegliedert werden. Solche Tendenzen können uns von der Linken nicht gefallen. Das ist der konkrete aktuelle Bezug, warum dieser Antrag heute hier eingebracht wird.
Wir, das Land Brandenburg, sollten mit gutem Beispiel vorangehen, die jetzigen Strukturen erhalten und uns dafür auch in Bundesgremien einsetzen; Herr Minister, Sie hatten gerade den Vorsitz der Jugendministerkonferenz inne. Überall, wohin wir kommen, sollten wir den zuständigen Kollegen sagen, dass die Beseitigung der Strukturen der falsche Weg und mit Brandenburg nicht zu machen ist.
Ein weiterer Bezug zu unserem Antrag wurde uns erst gestern hier im Parlament beschert. Die Koalition hat das Ausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz in 2. Lesung verabschiedet. Ich meine, in der Formulierung von § 4 einen ersten Schritt zur Aushöhlung des Jugendhilfeausschusses zu
erkennen. Wir ziehen sozusagen den ersten Stein aus dem Fundament. Ich weiß aber, dass wir insoweit einen Dissens haben. Die gestrige Debatte ist mir so begegnet, als ob es da noch Missverständnisse gibt. Auch der Minister hat nach meiner Erinnerung erklärt, dass er noch nicht ganz versteht, worum es eigentlich geht.
In der aktuellen Situation haben die Jugendhilfeausschüsse Beratungsrechte. Dass sie Beschlussrechte haben, die dann von Gremien wie Stadtverordnetenversammlung oder Kreistag überstimmt werden müssen, ist ein Kennzeichen von Demokratie. Diese Debatte findet statt. Wir brauchen diesen Prozess, um die Debatten öffentlich zu machen und Fachlichkeit zu demonstrieren.
Nach der Gesetzesänderung können die Gremien durch Beschlussfassung den Jugendhilfeausschüssen Beratungsgegenstände vorenthalten. Das heißt, die Fachlichkeit wird ausgeklammert. Den Kollegen wird sozusagen ein Maulkorb verpasst; sie dürfen über bestimmte Themen nicht mehr reden. Es wird nur noch politisch entschieden. Das ist ein Fehler. Damit wird auch im Land Brandenburg der erste Stein aus dem Fundament gezogen. Jugendhilfestrukturen werden kaputtgemacht. Auf die erfolgreichen Beteiligungsstrukturen, die wir haben, kommt es aber an. Wir brauchen verbindliche Standards als Voraussetzung und als Schlüssel für die Verbesserung der Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen.
Verlässliche Strukturen und Verfahren, wie wir sie haben, sind unverzichtbar für den Kinderschutz. Das Jugendamt als Instanz ist bekannt und anerkannt. Den dort tätigen Kollegen wird vertraut. Sie von der Koalition fangen jetzt auch hier in Brandenburg mit der Zerschlagung dieser Einheit an. Sie verändern das Jugendamt und in einem nächsten Schritt das Verwaltungsverfahren. Damit verhindern sie effektiven Kinder- und Jugendschutz. Deswegen würden wir gern drei Forderungen an Sie richten: Bekennen wir uns gemeinsam hier im Landtag zum Erhalt des Landesjugendamtes und zum Landesjugendhilfeausschuss. Bekennen wir uns dazu, dass das Jugendamt im Rahmen aller Initiativen zum Jugendschutz als erste Koordinierungsinstanz und als fachliche Anlaufstelle erhalten und gestärkt wird. Bekennen wir uns dazu, dafür Sorge zu tragen, bundesweit ein einheitliches Angebot in der Kinder- und Jugendhilfe zu realisieren und die Umsetzung zentraler Verfahrensregelungen im SGB VIII beizubehalten. Ich habe es bereits angesprochen, Herr Minister, die Jugendministerkonferenz wäre die geeignete Stelle.
Ich sage einmal ganz konkret in einem einzigen Satz, was der gestern verabschiedete § 4 bedeutet: Wer das Jugendamt schwächt, schwächt den Kinderschutz. Das sollte mit Brandenburg nicht zu machen sein. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Minister Rupprecht. Sie haben gerade gesagt, dass Sie diese Position in der JFMK vertreten würden, sobald es zu Diskussionen kommen würde. Können Sie sich vorstellen, diese Diskussion als Vorsitzender anzuregen und den Im
puls zu senden, dass diese Strukturen bundesweit einheitlich erhalten bleiben sollen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir debattieren heute in 2. Lesung das Ausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz. Wir haben in der vorangegangenen Debatte jene Punkte kenntlich gemacht, die uns gefallen und die in die richtige Richtung gehen. Darauf möchte ich heute nicht weiter eingehen, doch seien sie kurz noch einmal erwähnt: die Absenkung auf 14 Jahre für die Beteiligten im Kinder- und Jugendhilfebereich und die Aufnahme weiterer Mitglieder in die Jugendhilfeausschüsse. Diese Punkte wurden in der ersten Debatte benannt; das kann nachgelesen werden.
Meine Fraktion sieht in diesem Gesetz einige Knackpunkte. Sie wurden in persönlichen Gesprächen erörtert und im Ausschuss debattiert, haben aber noch nicht ausreichend Berücksichtigung gefunden. Die drei wichtigsten Knackpunkte haben wir in unseren Änderungsanträgen aufgegriffen; das sind die §§ 4, 17 und 18.
§ 4 regelt die Kompetenzen des Jugendhilfeausschusses. Der Entwurf des Gesetzes sieht einen Einschub in diesen Paragrafen vor, der da lauten soll: „ … soweit sich nicht zuvor der Kreistag oder die Stadtverordnetenversammlung die Beschlussfassung vorbehalten hat“. - Unserer Meinung nach hat dieser Einschub eine verheerende Wirkung auf die Kompetenzen des Ausschusses Einschränkung der Arbeit im Jugendhilfeausschuss, Entwertung von Fachwissen, Schwächung von Kompetenzen - und gehört deswegen gestrichen. Dies ist mit uns nicht zu machen.
Im Unterschied zu anderen Fachausschüssen handelt es sich beim Jugendhilfeausschuss um einen Ausschuss, der nicht nur politisch besetzt ist, sondern in dem auch Vertreter von Vereinen und Verbänden Stellung nehmen; die politische Kompetenz wird also durch fachliche Kompetenz ergänzt. Bereits heute wird so verfahren, dass vom Jugendhilfeausschuss gefasste Beschlüsse vom Kreistag oder von der Stadtverordnetenver
sammlung überstimmt werden können; das Votum kann also aufgehoben werden. Kommt es zu der von Ihnen vorgeschlagenen Gesetzesänderung, entmachten wir den Jugendhilfeausschuss. Eine Debatte, eine fachliche Bewertung fände nicht statt, sondern der Jugendhilfeausschuss würde von den Gremien bevormundet. Das Ganze reduzierte sich auf eine politische Entscheidung, und das halten wir für falsch.
Im zweiten Änderungsantrag geht es um den § 17, die Mitbestimmung. Die bisher gefundenen Formulierungen sind uns zu unverbindlich, zu allgemein und zu vage. Wir alle fordern ein, dass Kindern und Jugendlichen mehr Mitbestimmung zugestanden wird und sie Mitspracherechte erhalten. In der Antwort auf die Große Anfrage „Perspektiven für Jugendliche“ steht es geschrieben: Die Landesregierung will es. Die Koalition will es. Wir wollen es. - Also sollten wir es realisieren. Nur sieht der vorliegende Gesetzentwurf dies so nicht vor.
Wir möchten in § 17 die Heimbeiräte stärker verankern und die Teilnahme von Jugendlichen in den Heimbeiräten festschreiben, damit es eine stärkere Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen in allen sie betreffenden Angelegenheiten gibt. Das bezieht sich auf Unterkunft, Verpflegung, Betreuung, Heimordnung und Freizeitgestaltung. Wir sehen nicht ein, warum an dieser Stelle auf die Stimme der Kinder und Jugendlichen verzichtet werden sollte. Ich glaube, dass unser Änderungsantrag eine gute Grundlage ist, diesem Gedanken Rechnung zu tragen und ihn in das Gesetz aufzunehmen.
Der dritte von uns vorgelegte Änderungsantrag bezieht sich auf § 18, die Erlaubnis zur Kindertagespflege. Wir alle sind uns darin einig, dass die Anforderungen in diesem Bereich wachsen. Das Kindeswohl soll im Mittelpunkt stehen, Kinderschutz gewährleistet werden. Vor diesem Hintergrund sehen wir es nicht als glücklich an, dass die Erlaubnis zur Kindertagespflege blanko - also für vier, fünf, sechs oder sieben Kinder - ausgestellt wird, sondern wir würden mit unserem Änderungsantrag gern erreichen, dass die Erlaubnis zur Kindertagespflege für jedes Kind individuell beantragt und bestätigt werden muss. Wir sind der Meinung, dass man dem Kinderschutz mit dieser Blanko-Erlaubnis nicht Rechnung trägt.
An einigen Punkten geht das Gesetz in die richtige Richtung, an entscheidenden Punkten jedoch nicht weit genug. Diesen Punkten könnte dadurch Rechnung getragen werden, dass unsere Änderungsanträge eine Mehrheit finden; unter dieser Voraussetzung wäre das Gesetz zustimmungsfähig. Andernfalls werden wir uns der Stimme enthalten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Lieske, dass Sie meine Zwischenfrage zulassen; das kommt ja nicht sehr oft vor. Wie möchten Sie in Zukunft sicherstellen, dass sich der Jugendhilfeausschuss mit allen ihn betreffenden Themen beschäftigen kann, wenn den Gremien die Möglichkeit gegeben wird, sich die Beschlussfassung vorzubehalten?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute soll es um die Perspektiven von jungen Menschen in Brandenburg gehen. Unsere Fraktion hat dazu im vergangenen Jahr eine Große Anfrage gestellt; die Antwort darauf wollen wir heute debattieren.
In den vorangegangenen Legislaturperioden gab es regelmäßig einen Kinder- und Jugendbericht, der hier im Parlament zur Diskussion stand. Damit hat die Landesregierung dokumentiert, wie sie Entwicklung, Tendenzen und aktuelle Stände in Bezug auf die Lebenssituation von jungen Menschen wahrnimmt und welchen Handlungsbedarf sie sieht. Dass dieser als nicht allzu groß eingeschätzt wurde, ist bereits durch die Abschaffung des entsprechenden Berichts dokumentiert worden. Sie, meine Damen und Herren von der Landesregierung, wollen nicht mehr über das Wohl und Wehe der heranwachsenden Generation unseres Landes sprechen. Sie haben die Augen vor den Entwicklungen verschlossen und waren nicht mehr bereit, sich Gedanken über die Perspektiven der jungen Generation zu machen. Eigentlich ist es auch ganz bequem so: Dann muss man die Missstände nicht mehr zur Kenntnis nehmen, da wird über Probleme nicht mehr diskutiert, da könnte man auf die Idee kommen, alles sei in Ordnung. Aber so einfach ist es nicht.
Ich möchte keineswegs den Anspruch erheben, dass unsere Große Anfrage einen Kinder- und Jugendbericht ersetzen könnte. Aber sie macht eines deutlich: Es gibt Probleme, es existieren Missstände und es wird Zeit, zu handeln. Steigen wir also direkt in die Antwort auf unsere Fragen ein.
Gerade im ersten Komplex, in dem es vorwiegend um die Bereiche Ausbildung und Studium geht, treten Defizite der statistischen Erfassung zutage. Sie sind nicht darüber informiert, welchen Bildungs- und Qualifizierungsgrad die jungen Menschen haben, die unser Land verlassen. Sie wissen nicht, ob Jugendliche nach erfolgreichem Abschluss ihres Studiums oder ihrer Ausbildung nach Brandenburg zurückkommen. Sie beklagen seit Monaten den Fachkräftemangel und warten jetzt, bis die demografische Entwicklung dieses Problem löst. Sie schreiben, „dass von den Jugendlichen oftmals eine Ausbildung gewählt wird, die in einer Sackgasse mündet, weil weder die Übernahmequote in Arbeit noch die Karrierechancen stimmen.“ Sie bemerken, sie stellen fest, sie analysieren, aber sie handeln nicht. Sie hoffen, dass die Zeit ihnen helfen wird, doch oftmals ist schon viel zu viel davon vergangen, bevor sie gemerkt haben, wo der Schuh drückt.
Was werden Sie unternehmen, um junge Menschen davor zu bewahren, eine Ausbildung zu beginnen, mit deren Abschluss sie realistischerweise keine Chancen haben werden, wie Sie kritisieren. Es reicht auch nicht, zu beklagen, dass es diesen Zustand gibt. Aber es fällt natürlich auch schwer, zu handeln, wenn man keine Daten hat, auf denen man eine ordentliche Analyse aufbauen könnte. Sie wissen die absolute Zahl der ausbildenden Betriebe nicht. Sie wissen nicht, wie viele Ausbildungsplätze vorhanden sind. Sie haben keine Daten darüber und beklagen, dass sich die Jugendlichen für wenig zukunftsträchtige Berufe entscheiden. Ich frage Sie: Woher sollen es denn die Mädchen und Jungen wissen, wenn es noch nicht einmal die Landesregierung weiß?
Fest steht, dass es zu wenig Ausbildungsplätze gibt. Klar ist, dass der Ausbildungspakt nicht funktioniert. Sie schreiben, dass nur 26 % der brandenburgischen Betriebe ausbilden. Nur jeder vierte Betrieb in Brandenburg bildet also aus. Wen wundert es da, dass alljährlich Jugendliche in Größenordnungen in unserem Lande keinen Ausbildungsplatz finden?
Die Zahl der Jugendlichen, die nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in Arbeit übernommen werden, sinkt. Während im Jahr 2004 noch 40 % der jungen Menschen übernommen wurden, waren es im Jahr 2005 nur noch 34 %. Das ist ein Verlust von 6 Prozentpunkten bei der Übernahmequote in nur einem Jahr. Die Arbeitslosenquote bei den Unter-25-Jährigen liegt bei rund 19 %. Bereits 8 % der Schülerinnen und Schüler verlassen die Schule ohne Abschluss. Welche Perspektive haben diese jungen Menschen bei uns? Was unternimmt die Landesregierung, um diesen jungen Menschen zu helfen?
Die Betriebe und Handwerkskammern jammern über die Ausbildungsunfähigkeit der Schulabgänger und fordern mehr Fleiß und Disziplin. Was fällt der Landesregierung dazu ein? - Kopfnoten! Hätten Sie die lange Zeit, die Sie in die Entwicklung des neuen Bewertungssystems für das Arbeits- und Sozialverhalten gesteckt haben, dafür verwendet, mit Betrieben gemeinsam neue Ausbildungsplätze zu schaffen, dann wären wir schon ein Stück weiter gewesen. Nachdem Sie aber jahrelang mit der Wirtschaft im Chor die Ausbildungsunfähigkeit einiger Jugendlicher angeprangert haben und nicht die Kraft, die Idee oder die Vision hatten, diesem Problem zu begegnen, heißt es nun in Ihrer Antwort:
„Grundsätzlich geht die Landesregierung davon aus, dass alle jungen Menschen ausbildungsfähig sind.“
Auch so kann man sich Problemen entledigen.
24 % der Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz gefunden haben, brechen die Ausbildung vorzeitig ab. Die Hälfte der jungen Menschen orientiert sich dann auf einen anderen Beruf um. Warum? Weil die Informationen vorher zu spärlich waren? Weil sie nicht wussten, worauf sie sich einließen? Weil sie vielleicht nicht wussten, was auf sie zukommt? - An dieser Stelle ist die Landesregierung in der Verantwortung. Geben Sie den Jugendlichen mehr Informationen! Verstärken Sie die Berufsvorbereitung in Schulen! Das müsste doch eine der einfachsten Aufgaben in diesem Prozess sein. Aber gerade mit einfachen Aufgaben tut sich die SPD ja schwer. Selbst die Fraktion ist nicht in der Lage, für ein paar junge Menschen einen „Girls Day“ zu organisieren, weil parallel dazu die Landtagssitzung stattfindet. Oder woran liegt es?
- Immerhin hören Sie zu. Das ist ja schon was. - Für die öffentlich geförderte Ausbildung macht sich die Landesregierung stark. 25 000 Jugendliche befinden sich in einer solchen Ausbildung. Besser jedoch wäre es, wenn all diese Jugendlichen die Chance hätten, in einem Betrieb ausgebildet zu werden. Ob das Modell der öffentlichen Ausbildung erfolgreich ist, weiß die Landesregierung nicht. Sie finanziert das, aber sie weiß nicht, ob es etwas bringt. Zahlen dazu, ob die Auszubildenden einen Arbeitsplatz finden, nachdem sie erfolgreich den Abschluss gemacht haben, liegen der Landesregierung nämlich nicht vor.
Neben dem beruflichen Fortkommen stellt einen weiteren wesentlichen Aspekt für die Bleibewahrscheinlichkeit der Freizeitbereich dar. Studien belegen, dass die Abwanderungswünsche junger Menschen in hohem Maße von der Qualität der regionalen Freizeitangebote abhängig sind. Dies verwundert nicht. Schließlich leuchtet jedem ein, dass ein Arbeitsplatz al
lein nicht glücklich macht. Wer Geld verdient, aber am Wochenende und in der sonstigen Freizeit nicht konsumieren kann, dem fehlt etwas. Wer mit seiner Jugend das Vermissen eines Jugendklubs, eines Kinos oder einer Schwimmhalle verbindet, der hat vermutlich keinen Grund, an diesen Ort zurückzukehren.
Im Umkehrschluss wird also deutlich, dass wir ein Interesse daran haben müssen, der jungen Generation Angebote hier bei uns im Lande zu unterbreiten. Die jungen Leute brauchen Orte, an denen sie sich treffen können, wo sie ihre Freizeit verbringen und wo sie am Wochenende etwas erleben können. Wer ein ausgefülltes Freizeitleben hat, der bleibt mit höherer Wahrscheinlichkeit bzw. kommt eher zurück.
Leider tut sich in diesem Bereich viel zu wenig. In den vergangenen Jahren sind die Leistungen für die Jugendarbeit beständig zurückgegangen. Der Landesjugendplan wurde um Millionen gekürzt. Jugendsozialarbeiter wurden entlassen. 130 Jugendeinrichtungen sind geschlossen worden. Die Zahl der Anlaufstellen, wo Jugendliche ihre Freizeit verbringen oder mit Pädagogen Probleme beraten können, werden weniger, sie sind weiter weg und schlechter zu erreichen. Heimatgefühl baut man so nicht auf, meine Damen und Herren. Genau dieses benötigen wir aber, um junge Menschen hier zu halten.
Sie stellen in Ihren Ausführungen fest: Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit brauchen hauptamtliches Personal. - Ja, richtig. Aber was tun Sie? Sie kürzen genau an dieser sensiblen Stelle.
Im Bereich der Mitbestimmung und Beteiligung junger Brandenburgerinnen und Brandenburger bei der Gestaltung ihres eigenen Lebensumfeldes vor Ort sieht es derweil nicht besser aus. Sie heben zwar die Bedeutung von Kinder- und Jugendparlamenten hervor, haben jedoch keine Ahnung, wie stark ehrenamtliches Jugendengagement eigentlich ausgeprägt ist.
Sie fördern das Freiwillige Soziale Jahr und das Freiwillige Ökologische Jahr, dies jedoch weiterhin unterhalb des Bedarfs, der besteht. Da funktioniert einmal etwas, Frau Lieske, da sind Jugendliche mit Lust und Laune ein Jahr lang aktiv, da bescheinigen uns Auswertungen, dass für Jugendliche, die ein solches freiwilliges Jahr absolviert haben, die Wahrscheinlichkeit, in Ausbildungsprogrammen Erfolg zu haben, deutlich höher ist, und die Landesregierung hat nur die Kraft, 33 solcher Plätze im Jahr zu finanzieren. 33 Plätze im Freiwilligen Sozialen Jahr - das ist ein Armutszeugnis, meine Damen und Herren.
Sie verändern das Ausführungsgesetz zum KJHG und wollen Jugendlichen dort die Möglichkeit geben, in den Jugendhilfeausschüssen bereits ab dem 14. Lebensjahr mitzuwirken. Das ist toll. Das begrüßen und unterstützen wir. Aber gleichzeitig schränken Sie die Kompetenzen des genannten Gremiums ein und entziehen ihm damit wichtige Gestaltungsmittel. Da stellt sich dann schon die Frage, wie ernst Sie es mit der Mitbestimmung durch junge Menschen nehmen.
Über die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre haben Sie gar nicht vor, weiter nachzudenken, obwohl sich Bundespolitiker nahezu aller Parteien für dieses Vorhaben aussprechen.
Auch bei den Aktivitäten der Landesregierung sieht es mau aus. Sie kürzen Unternehmen die Zuschüsse, sofern diese nicht ausbilden. Na ja, sie reduzieren die Fördersumme zumindest um einen kleinen Teil, nämlich um 5 %. Wenn ein Unternehmer 1 Million Euro bekommt, aber keinen Ausbildungsplatz einrichtet, dann erhält er eben eine Förderung von nur noch 950 000 Euro bzw. muss von 1 Millionen Euro 50 000 Euro zurückzahlen. Was für eine Strafe! Da lacht sich der Unternehmer doch ins Fäustchen nach dem Motto: Wieso muss ich bei einer solchen Fördersumme auch nur einen einzigen Ausbildungsplatz schaffen? - Ich denke, wir haben an dieser Stelle noch etwas Spielraum, den es zugunsten unserer Jugendlichen zu nutzen gilt.
Der Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe stehen Sie ablehnend gegenüber und tragen damit aktiv zur Verhinderung von Perspektivenbildung bei. Sie geben damit ein Mittel aus der Hand, durch welches Ausbildungsplätze in unserem Land geschaffen werden könnten.
Sie schreiben, dass Ihr Beitrag an die Jugend ist, ihr keine Schulden für die Zukunft aufzubürden. So weit, so gut. Wenn dies aber im Umkehrschluss bedeutet, den Jugendlichen heute die Einrichtungen vor der Nase zu schließen, ihnen keinen Platz im Freiwilligen Sozialen Jahr zu finanzieren und Jugendsozialarbeiter zu entlassen, dann werden Ihnen die Jugendlichen das danken, indem sie sich ihre Perspektiven woanders suchen. - Vielen Dank.
Frau Hartfelder, Sie stimmen Frau Lieske zu. Sie hat ausgeführt, was das Land Brandenburg alles tut und dass die Jugendlichen dankbar sein müssten.
Was, glauben Sie, kommt bei den Jugendlichen an, wenn man 3 Millionen Euro im Landesjugendplan kürzt, wenn man 130 Jugendeinrichtungen schließt, wenn man die Mittel für außerschulische Bildung streicht und dann sagt, man müsse auch außerhalb der Schule Bildung praktizieren? Was, glauben Sie, kommt von der Jugendpolitik dieser Koalition bei den Jugendlichen an?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch die vor kurzem in Kraft getretenen Veränderungen des Achten Sozialgesetzbuches - der Minister hat es soeben ausgeführt - durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz und dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe ist eine Novellierung des Ausführungsgesetzes zum Kinder- und Jugendhilfegesetz notwendig geworden.
Dieser Handlungsbedarf wurde von der Regierung erkannt, und erste Schritte wurden gegangen. Bereits im August des vergangenen Jahres lag der Entwurf des zu novellierenden Gesetzes den beteiligten Gremien vor. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich positiv hervorheben, dass die außerparlamentarischen Gremien frühzeitig in diesen Prozess einbezogen worden sind. Ich bin auch froh, dass wir fachkundlich an diesem Gremium beteiligt sind; denn dadurch - nur dadurch - hatten wir die Möglichkeit, frühzeitig an diesem Verfahren teilzuhaben.
Unsere Fraktion begrüßt insbesondere die Stärkung des Kinderschutzgedankens in § 2 des Gesetzentwurfs. Es ist ein richtiger und wichtiger Schritt, dass das Jugendamt Leistungen und Hilfe anzubieten hat, sofern es von Tatsachen Kenntnis erhält, dass die Entwicklung eines Kindes oder Jugendlichen gefähr
det erscheint, auch wenn ein Anspruch auf diese Leistungen nicht beantragt oder geltend gemacht worden ist.
Auch die Einbeziehung von Akteuren der schulischen Strukturen in die Arbeit der Jugendhilfe und der entsprechenden Gremien zeugt von der Umsetzung des Gedankens der Vernetzung. Dies ist für das gegenseitige Verständnis von Schule und Jugendhilfe, die verstärkte Zusammenarbeit und das noch zu schaffende Gleichgewicht von großer Bedeutung. Auch die erweiterten Beteiligungsmöglichkeiten der Mitarbeit von Jugendlichen ab dem vollendeten 14. Lebensjahr in den Jugendhilfeausschüssen auf kommunaler und Landesebene - was Sie gerade angesprochen haben - sind ein deutliches Signal an die ehrenamtlich engagierten Jugendlichen, sich noch stärker in die Arbeit einzubringen, und zeugen von dem Willen, junge Menschen zu den sie betreffenden Angelegenheiten nicht nur zu Wort kommen zu lassen, sondern sie zu beteiligen. Unserer Meinung nach ist das der richtige Ansatz, Jugendliche an Demokratie teilhaben zu lassen, sie einzubinden und dadurch ihre Partizipation zu stärken.
Doch gerade weil dieser gute Vorschlag von der Landesregierung kommt, wundert es mich schon, dass Sie in der Antwort auf unsere Große Anfrage zu den Perspektiven von jungen Menschen in Brandenburg auf die Frage nach einem Wahlrecht ab 16 Jahre lediglich geantwortet haben, dass Sie darauf warten wollen, bis sich irgendetwas ändert. Wenn Sie es, wie Sie mit dem vorliegenden Gesetzentwurf dokumentieren, für wichtig erachten, dass Jugendliche partizipieren, stelle ich die Frage: Warum wollen Sie dann beim Wahlrecht ab 16 Jahre warten, warum gehen Sie dann nicht auch an dieser Stelle diesen Schritt und handeln entsprechend?
Die Veränderung des § 10, dass künftig auch Bürgermeister neben den bereits jetzt schon vertretenen Amtsleitern und Dezernenten das Recht erhalten können, an der Arbeit des Jugendhilfeausschusses teilzunehmen, entspricht den Gegebenheiten der täglichen Praxis und ist daher nicht zu beanstanden.
Kritisch sehen wir jedoch die Änderung des § 18 Abs. 1, nach dem Tagespflegepersonen, die wöchentlich nicht mehr als 15 Stunden Tagespflege anbieten wollen, keine Pflegeerlaubnis mehr benötigen. Das mag zwar als ein Abbau einengender Standards gesehen werden, kann aber unter Umständen auch auf Kosten der Qualität von Betreuung gehen; denn die entsprechenden Tagespflegepersonen müssen in keiner Weise mehr nachweisen, über welche pädagogische Befähigung sie verfügen.
Grundlegende Kritik übt unsere Fraktion an der geplanten Änderung des § 4, auf den Sie leider nicht eingegangen sind. Dort soll im Absatz 5 die Regelung verankert werden, dass der Kreistag oder die Stadtverordnetenversammlung sich einen Beschluss vorbehalten kann. Wir sehen darin eine große Gefahr, die Arbeit der Jugendhilfeausschüsse und damit seine Kompetenzen einzugrenzen. Während die Liga und der Städte- und Gemeindebund unsere Ansicht diesbezüglich stützen, haben die Leiterinnen und Leiter der Jugendämter dazu keine einheitliche Position gefunden. Dies unterstreicht die Unsicherheit, die diese zukünftige Regelung hervorruft.
Mit dem erwähnten Einschub entsteht der Eindruck, dass sich
zukünftig Stadtverordnetenversammlungen und Kreistage unliebsame Entscheidungen der Jugendhilfeausschüsse vorher auf den Tisch ziehen können und damit die Fachlichkeit dieses Gremiums ausgehebelt werden kann.
Auch die überarbeitete Begründung zu diesem Paragraphen kann diese Vermutung nicht abmildern. Allein der Verweis in der Begründung, die Sie nach Gesprächen mit Ihrem Haus geändert haben, dass sich die Jugendhilfeausschüsse gegen eine pauschale Entmündigung gerichtlich zur Wehr setzen können, zeugt zumindest an diesem Punkt von Praxisferne.
Unserer Meinung nach sollte das Gesetz an dieser Stelle nicht verändert werden. Auch heute ist es bereits möglich, dass Stadtverordnetenversammlungen und Kreistage Beschlüsse von Jugendhilfeausschüssen überstimmen und somit verändern können. Dies kann aktuell aber nur im Nachhinein geschehen. Wenn also die Jugendhilfeausschüsse Entscheidungen getroffen haben, die dem übergeordneten Gremium missfallen, müssen diese durch Abstimmung revidiert werden. Dies ist vielleicht der aufwendigere Weg, auf jeden Fall jedoch einer, der die Demokratie stützt und stärkt;
denn nur auf diesem Wege ist eine Auseinandersetzung zwischen den Fachpersonen und den Abgeordneten möglich, können Entscheidungen diskutiert und getroffen werden.
Nach der neuen Regelung, die Sie anstreben, wird dem Fachpersonal untersagt, bestimmte Entscheidungen überhaupt zu diskutieren, geschweige denn zu beschließen.
Im Sinne des Mehr an Partizipation und Beteiligung, welchem Sie an den anderen Punkten des Gesetzes Rechnung tragen und die wir begrüßen, sollten Sie jedoch überlegen, wie viel Sinn es macht, wenn man in derselben Novelle die Kompetenzen derart einschränkt. - Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kinderarmut ist ein wichtiges Thema. Leider ist sie - schlicht und schlecht - Grundlage für diese Debatte. Fragen, die die DVU-Fraktion gestellt hat, und leider auch die Qualität der Antworten des Ministeriums geben keine gute Basis für diese Diskussion ab.
Auch die Intention der DVU-Fraktion ist in der Debatte gerade noch einmal deutlich geworden. Sie würden gern die deutschen Kinder von den Spielkonsolen abholen und zum Kuscheln nehmen; andere Kinder sind Ihnen egal. Gerade deshalb ist die Debatte heute hier nicht zielführend. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Ich habe diesem Anliegen zugestimmt. Ausschlaggebend für mich war die Debatte. Ich hätte mir gewünscht, dass Ihr Antrag ähnlich differenziert und qualifiziert gewesen wäre. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die UN-Konvention über die Rechte des Kindes ist das am häufigsten ratifizierte völkerrechtliche Übereinkommen. Bis auf zwei Staaten - die USA und Somalia - haben es alle Länder anerkannt. In Deutschland trat die Konvention vor 15 Jahren, am 5. April 1992, in Kraft. Allerdings hat Deutschland bei der Unterzeichnung Vorbehalte geäußert, die bis heute ihre vollständige Umsetzung behindern oder einschränken.
Vor wenigen Wochen, im November 2006, hat sich die Kinderkommission des Deutschen Bundestages eindeutig dafür ausgesprochen, dass Kinderrechte ins Grundgesetz gehören. Parteiübergreifend sind die Mitglieder dieser Kommission der Meinung, dass eine solche Grundgesetzänderung die Bedingungen, unter denen Kinder in Deutschland aufwachsen, positiv verändern könnte.
Festgestellt wurde, dass Eltern, resultierend aus Artikel 6 des Grundgesetztes, ein sehr starkes Elternrecht innehaben. Kinder haben solche starken Rechte nicht. Sie sind im Zweifelsfall ihren Eltern gegenüber benachteiligt. Das hat zum Beispiel die Folge, dass Kinder keinen Anspruch auf bestmögliche Förderung haben. Kinder müssen überforderte oder desinteressierte Eltern, die sich nicht um ihre Entwicklungschancen kümmern, hinnehmen. Eltern werden so zu ihrem Schicksal. Traurige Folge dessen ist unter anderem, dass in keinem anderen Land die Herkunft eines Kindes den Bildungserfolg so sehr bestimmt wie bei uns. Damit sollten Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, endlich Schluss machen!
Wir wollen gleiche Chancen und bestmögliche Förderung von Anfang an durch Eltern, Kindertagesstätten und Schulen. Hierbei kann eine Grundrechtsänderung helfen.
Außerdem erwarten wir positive Folgen für den Schutz der Kinder. Der Staat müsste sein Wächteramt noch ernster nehmen. Den Jugendämtern kommt dabei die entscheidende Rolle zu. Der Schutzauftrag des Staates müsste stärker präventiv begriffen und ausgefüllt werden. Weitere Personalkürzungen in diesem Bereich würden sich verbieten.
Spektakuläre Fälle von Misshandlung und Vernachlässigung haben eine richtige und wichtige Debatte um eine Stärkung des Kinderschutzes in der Bundesrepublik angestoßen. Schnell wurden Rufe nach mehr Kontrolle von wirklichen oder vermeintlichen Risikofamilien laut. Laut fordern vor allem konservative Politikerinnen und Politiker sanktionsbewehrte Verpflichtungen für Eltern ein. Eine Verengung der Debatte auf die Verantwortung von Eltern, wie sie gegenwärtig mit vermeintlichen Patentrezepten geführt wird, verstellt aber den Blick auf die eigentlich zentralen Ursachen der nicht zu leugnenden Defizite des Kinderschutzes. In diesem Zusammenhang ist vor allem von einem beschleunigten Sozialabbau zu reden, der sich gerade für Kinder und Jugendliche auf vielen Feldern besonders drastisch ausdrückt. Dazu haben wir heute in der Aktuellen Stunde von Frau Kaiser schon einiges gehört.
Jedoch hat die Bundesrepublik nicht in erster Linie ein Problem mit der mangelnden Kontrolle von sogenannten Risikoeltern. Von den in der Vergangenheit thematisierten Fällen war das Jugendamt in der Regel informiert. Ein zentrales Merkmal der modernen Kinder- und Jugendhilfe ist, dass sie im Interesse des Kindeswohls frühzeitige Angebote der Beratung und Unterstützung macht, aber nicht in erster Linie kontrolliert und sanktioniert. Die aktuell gebündelt auftretenden und spektakulären Fälle von Kindesvernachlässigung bzw. Kindesmisshandlungen dürfen nicht ohne Weiteres in den Kontext einer allgemeinen Vernachlässigungsdebatte gestellt werden, die Eltern ohne oder mit geringem Einkommen pauschal eine Neigung zur Vernachlässigung des Wohls ihrer Kinder unterstellt. Kindeswohlgefährdung ist ein schichtenübergreifendes Problem!
Für die unzureichende Beaufsichtigung und Vernachlässigung ist eine Vielzahl von Risikofaktoren verantwortlich, die aber nur zum geringsten Teil in den Familien selbst zu suchen sind. Ausschlaggebend dafür sind vor allen Dingen die gesellschaftlichen Verunsicherungsprozesse. Gerade deshalb muss es Hauptaufgabe zur Verbesserung des Kinderschutzes sein, die Bereiche Prävention und Aufklärung zu verbessern und insbesondere Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Situation von Kindern zu stärken.
Wir sollten uns mit der Verankerung der Kinderrechte in der deutschen Verfassung dazu bekennen, dass die Verantwortung für den Schutz und das Wohl unserer Kinder in der öffentlichen Hand liegt. Leitbild des Kinderschutzes muss ein vorsorgender und dienstleistender Sozialstaat sein. Kinder sind als eigenständige Persönlichkeiten zu betrachten.
In Übereinstimmung mit der UN-Kinderrechtskonvention und dem Kinder- und Jugendhilfegesetz halten wir es für ein verpflichtendes Gebot, dass alle Kinder das Recht auf eine umfassende Förderung haben. Sie sollten an Bildung und Erziehung in Gemeinschaft mit anderen Kindern auf freiwilliger Grundlage teilhaben können. Das gesicherte Aufwachsen ist ein Menschenrecht, das unabhängig vom Geldbeutel der Eltern und unabhängig von deren Möglichkeiten, Betreuung, Bildung und Erziehung selbst umfassend zu gewährleisten, realisiert werden muss. Notfalls müssen die Rechte von Kindern gegen den Willen der Eltern durchgesetzt werden können.
Wir wollen einen Sozialstaat, der gegenüber Familien und Kindern mit möglichst wenig Sanktionsdrohungen und Pflichten auskommt, der stattdessen durch bedarfsgerechte Sozialleistungen sowie durch zuverlässige und beitragsfreie Infrastrukturangebote das Kindeswohl sichert. Dazu gehört unter anderem der uneingeschränkte Rechtsanspruch für alle Kinder auf einen Platz in der Kindertagesstätte.
Die brandenburgische Landesverfassung - erarbeitet in einem Konsens der demokratischen Parteien, dem sogenannten Brandenburger Weg - bietet mit ihrem Artikel 27 für den Schutz und die Erziehung von Kindern und Jugendlichen eine solide Grundlage, auf der es bundesweit aufzubauen gilt.
Die Anerkennung von Kindern als eigenständige Personen, die Zusicherung des Schutzes durch Staat und Gesellschaft vor
körperlicher und seelischer Vernachlässigung und Misshandlung sowie die Verpflichtung, Kindertagesstätten und Jugendfreizeiteinrichtungen zu fördern, sind Kernaussagen von Artikel 27.
Mit dem vorliegenden Antrag fordern wir die Landesregierung auf, sich im Bundesrat für die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz einzusetzen. Mit unserer Landesverfassung und dem darin enthaltenen starken Artikel 27 im Rücken sollte uns dies nicht schwerfallen. - Vielen Dank.
Herr Holzschuher, Sie sind auf dem Holzweg, wenn Sie sagen, niemand diskutiere über diese Änderung des Grundgesetzes.
Es gibt einen parteiübergreifenden Konsens im Bundestag dazu. Die Bundeskanzlerin, die Bundesminister, ehemalige Bundespräsidenten - alle wollen das. Wer aber glaubt, dass trotz dieser breiten Zustimmung der Bundestag das allein hinbekommt, ohne dass die Länder anschieben müssten, der glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten.
Die eigentliche Enttäuschung ist, meine Damen und Herren von der SPD, dass Sie diesem Thema nicht fachlich begegnen, sondern es lediglich juristisch abhandeln. Wir haben diesen Beschlusstext wissentlich allgemein formuliert, um eine Grundlage hinzubekommen, der Sie zustimmen könnten, damit wir Raum für Diskussionen im Ausschuss haben. Dafür müssten Sie sich dieser Diskussion aber auch stellen.