Protokoll der Sitzung vom 13.09.2006

Ich stelle den Antrag in Drucksache 4/3357 der Fraktion der Linkspartei.PDS, Aussetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen, zur Abstimmung. Wer diesem Antrag folgt, den bitte

ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Der Antrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt.

Ich stelle den Entschließungsantrag in Drucksache 4/3407 der Koalitionsfraktionen zur Abstimmung. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist ohne Stimmenthaltungen bei einigen Gegenstimmen angenommen.

Damit schließe ich Tagesordnungspunkt 18 und rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Mobilitätssicherungskonzept 2010 für das Land Brandenburg

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS

Drucksache 4/3358

Die Abgeordnete Tack eröffnet die Debatte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hätte mir gewünscht, dass wir zum Thema „Mobilitätssicherung im Land Brandenburg mit öffentlichen Verkehrsmitteln“ an einem Strang und auch in die gleiche Richtung ziehen. Aber wie es den Anschein hat, steht der Koalitionsfrieden auf sehr wackligen Füßen, sodass Sie sich das nicht trauen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das bedauern wir sehr, weil es in der Sache notwendig gewesen wäre, zu reagieren.

(Schippel [SPD]: Sie haben doch gerade erlebt, wie das bei uns funktioniert!)

- Herr Schippel, weil das so ist und weil Sie noch nicht einmal in der Lage sind, einen Entschließungsantrag einzureichen, um die Sache zu befördern, gibt es jetzt Kritik von uns.

(Schippel [SPD]: Das kommt auf das Thema an!)

- Ja, genau, man muss es verstehen; das ist das Problem.

Unsere Kritik richtet sich gegen Kürzungen der Regionalisierungsmittel im Zusammenhang mit der Umsetzung des Haushaltsbegleitgesetzes. Die Landesregierung betreibt mit den Kürzungen der Regionalisierungsmittel bzw. mit dem Kompensationskonzept, das in den Fraktionen verteilt wurde und leider nicht ins Parlament gegangen ist, einen Verschiebebahnhof. Das Land verschiebt die Verantwortung und die Finanzierung auf die Kreise und kreisfreien Städte und belastet damit die Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger. Das ist unsozial, Herr Minister. Damit werden Arbeitsplätze gefährdet, und es richtet sich letztendlich gegen gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen des Landes.

Die Landesregierung operiert mit falschen Ausgangszahlen. Sie tun so, als hätten Sie den Kompromiss, den Sie mit Herrn Tiefensee eingegangen sind, schon in Sack und Tüten. Den

haben Sie nicht. Es gibt kein Gesetz dafür, weder dass die 500 Millionen Euro weniger zum Ansatz kommen, noch dass es bis 2010 keine Revision gibt. Sie operieren mit 142 Millionen Euro. Gesetzlich verbrieft haben wir eine Kürzung bis zum Jahre 2010 von 188 Millionen Euro. So viel Wahrheit muss schon sein. Sie können sich darum bemühen, dass die andere Situation eintritt. Das erwarten wir von Ihnen auch.

Leider ist die Kritik noch nicht zu Ende. Die Landesregierung will die Regionalisierungsmittel - das sind Gelder vom Bund, die einer Zweckbindung für den öffentlichen Verkehr auf der Schiene und auf der Straße unterliegen - zweckentfremdet einsetzen. Das, meine Damen und Herren, verstößt gegen das Regionalisierungsgesetz.

(Minister Speer: Na, na!)

- Herr Finanzminister, die Mittel sind nämlich zweckgebunden für die Schiene und für den ÖPNV und nicht für das Stopfen Ihrer Haushaltslöcher, die ja riesengroß sind. Die kleine Summe verschwindet darin sowieso.

(Minister Speer: Alles falsch!)

- Sie geht aber dem Bahnverkehr verloren. Sie können im Regionalisierungsgesetz noch einmal nachgucken. Ich weiß auch, dass wir eine Landeshaushaltsordnung haben. Ich weiß das alles. Aber Sie geben der öffentlichen Meinung und auch der Meinung im Bundestag, wo viele ein Interesse daran haben, die Regionalisierungsmittel weiter zu kürzen, insbesondere für die ostdeutschen Länder, neue Nahrung. Sie öffnen die Tür für den Bund, zu sagen: Ihr nehmt die Mittel nicht in Anspruch, ihr setzt sie für andere Dinge ein, also werden wir weiter kürzen. Die Mittel werden zweckentfremdet, die Förderung findet nicht statt. - Das kritisieren wir sehr, dass Sie genau diesen Schritt gehen wollen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wir haben dennoch guten Willen gezeigt und Ihnen eine Alternative vorgeschlagen. Wie gesagt - ich wiederhole mich -, ich hätte es gut gefunden, wenn Sie diesen Ansatz aufgegriffen hätten. Wir wollen von der Landesregierung im Jahr 2007 ein Mobilitätssicherungskonzept für das Land Brandenburg. Wir wollen, dass es mit dem Ziel erarbeitet wird, Mobilität mit den öffentlichen Verkehrsmitteln im Rahmen der sozialen Daseinsvorsorge zur Gestaltung gleichwertiger Lebensverhältnisse und Bedingungen in allen Regionen des Landes zu gewährleisten.

(Schippel [SPD]: Sie versprechen wieder allen alles!)

- Das Mobilitätssicherungskonzept, Herr Schippel, soll die Ausgestaltung dieses Ziels einschließen und die Finanzierung bis zum Jahr 2010 aufzeigen. Wir sagen, die Landkreise, die kreisfreien Städte, die Verkehrsunternehmen und die regionalen Planungsgemeinschaften müssen in die Erarbeitung des Konzeptes einbezogen werden. Sie haben sehr viele kluge Vorschläge vor Ort unterbreitet, die bisher leider nicht zum Tragen gekommen sind. Ich erinnere nur an das eine Beispiel, an das integrierte Verkehrskonzept in der Prignitz.

Wir haben mit unserem Antrag einen zweiten Vorschlag gemacht, nämlich in Bezug auf das Haushaltbegleitgesetz des Bundes. Demnach sollen dem Land Brandenburg Mittel in

Höhe von 188 Millionen Euro gekürzt werden. Der Vorschlag zielt darauf ab, diese zu kompensieren und somit keine Kürzung der Mittel in Anwendung zu bringen. Sie wissen das; Sie alle haben schon hineingeguckt. Es gibt die Mittelabflusslisten für den Einzelplan 11. Dort ist ein Ausgaberest in Höhe von 38 Millionen Euro ausgewiesen. Dann nehmen wir die 4 Millionen Euro, die Sie im ÖPNV-Bereich kürzen wollen, und die Regionalisierungsmittel in Höhe von 30 Millionen Euro, die entsprechend dem Bundesgesetz gekürzt werden sollen.

(Bischoff [SPD]: Und morgen fragen Sie uns wieder, wa- rum wir so viele Schulden machen!)

- Das wäre ein kluger Ansatz, Herr Bischoff. Das Geld ist ausdrücklich für die Schiene und für den ÖPNV vorgesehen. Für die kommenden Jahre kann man sich darüber unterhalten, wenn das Konzept da ist. Das schließt nicht aus, dass die eine oder andere Bahnstrecke durch bessere Busverbindungen ersetzt werden kann. Das ist alles offen. Aber wir wollen gemeinsam mit den Kreisen, den kreisfreien Städten und den Verkehrsunternehmen darüber reden. Wir wollen nicht, dass das Land sozusagen vom grünen Tisch aus entscheidet, was vor Ort gefahren und bezahlt werden muss.

(Zuruf von der SPD: Ich habe keinen Abgeordneten von der PDS bei der Regionalkonferenz gesehen!)

- Das kann ja sein. Wir hatten aber vorher Diskussionspartner in der Fraktion.

Wir denken, es ist der richtige Ansatz, mit dem Mobilitätssicherungskonzept eine Basis dafür zu schaffen und vor allem Planungssicherheit für die Kommunen, für die Bürgerinnen und Bürger und für die Landkreise herzustellen. Bisher - Sie alle wissen das - wurde diesen vorgeschlagenen Streichungen im Jahr 2007 der Ansatz zugrunde gelegt, wie viele Fahrgäste sich in den Zügen befinden. Sie wurden gezählt und für zu wenig befunden. Deshalb gibt es den Vorschlag für Abbestellungen.

Wir sagen, das ist zu wenig. Wir nehmen die Landesregierung beim Wort und sagen: Schwerpunkte für dieses Mobilitätssicherungskonzept müssen die Sicherstellung der ÖPNV- und der SPNV-Anbindungen der regionalen Wachstumskerne sein, meine Damen und Herren. Wenn Sie sich die Abstellliste jetzt ansehen, dann stellen Sie fest, dass acht der 15 regionalen Wachstumskerne, die Sie als Regierung beschlossen haben, davon betroffen sind.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS - Sarrach [Die Linkspar- tei.PDS]: Was soll das?)

Wir sagen: Das Zentrale-Orte-System ist möglicherweise ein kluger Vorschlag im Entwurf, aber er hat einen Hauptmangel, nämlich die Erreichbarkeit der Mittelzentren wird dort mit dem Pkw ausgewiesen. Dazu sagen wir: Das ist ein Paradigmenwechsel. Die geltende gesetzliche Regelung weist die Erreichbarkeit mit dem ÖPNV aus. Nur so kann die Grundlage in Brandenburg aussehen; kluge zukunftsweisende Lösungen mit dem ÖPNV und dem SPNV und nichts anderes. Alles andere geht zulasten der Umwelt, der Menschen und der Lebensqualität in Brandenburg.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS - Zuruf des Abgeordne- ten Sarrach [Die Linkspartei.PDS])

- Genau. Über ihr Leitbild reden sie nicht gern. Wir sind möglicherweise die Einzigen, die darüber reden.

(Zuruf von der Regierungsbank: Dann sind wir schon zwei!)

- Herr Minister, wir wollen, dass die Sicherstellung des Schülerverkehrs mit öffentlichen Mitteln, mit dem SPNV auf der Schiene und mit dem Bus eine Rolle spielt. Wir wollen, dass gemeinsam mit der Bahn bessere Anbindungen des Regionalverkehrs an den Fernverkehr gestaltet werden. Ich denke, da gibt es eine Menge Reserven, die aufzuarbeiten sind. Wir wollen eine kluge Anbindung - das war heute Morgen schon ein Thema - des Flughafens in Schönefeld, egal, in welcher Art und Weise er möglicherweise entsteht.

Wir wollen, dass nicht nur der Regionalverkehr in Schönefeld hält, sondern auch der Fernverkehr. Deshalb haben wir Herrn Mehdorn aufgefordert, aktiv zu werden. Wir wollen, dass mit dem öffentlichen Verkehr grenzüberschreitender Verkehr gewährleistet wird. Wir wollen auch, dass vor allem eine touristische Entwicklung im Land Brandenburg dahin gehend Unterstützung erfährt, dass es sehr kluge und verknüpfte Verbindungen mit Bussen und Bahnen gibt.

Das wollen wir in Zukunft. Ich denke, da befinden wir uns in einer breiten Gemeinsamkeit. Nur in der Frage, wer was finanziert, haben Sie sich festgelegt. Das finde ich etwas voreilig, weil Sie ohne jede Not handeln.

Wir haben am Montagabend zur Beratung unseres Antrags, den wir eingebracht hatten, Vertreter von Verkehrsunternehmen, von Landkreisen, vom Verkehrsverbund, vom Bahnkundenverband und viele andere eingeladen. Wir haben von allen Kolleginnen und Kollegen die Unterstützung für unseren Antrag bekommen, weil wir genau die Intentionen aufgegriffen haben, die landesweit erwartet werden. Erst sollte ein Konzept auf dem Tisch liegen, um Busse und Bahnen in der Verknüpfung zu zeigen, mit einer Planungssicherheit bis zum Jahr 2010. Erst dann kann man weiter entscheiden.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Klocksin [SPD])

- Ja, Herr Dr. Klocksin, jetzt wird es schwer; denn Sie sind auch ein Vorkämpfer für eine weitere neue Bahn im Land Brandenburg. Auch die muss, wenn sie denn kommt, bestellt und bezahlt werden. Unsere Unterstützung haben Sie.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Klocksin [SPD])

Aber wir verstehen überhaupt nicht, warum Sie sich jetzt ohne jede Not für die kurzfristige Kürzung der Mittel für 2007 einsetzen. Das ist ein Widerspruch, den nicht einmal Sie auflösen können.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

So, die Zeit ist um, sehr verehrte Kollegen. Sie können ganz sicher sein - das erwarten Sie auch von uns -, dass wir das Thema im Verkehrsausschuss erneut auf die Tagesordnung setzen. Wenn Sie heute nicht bereit sind, unseren Antrag zu überweisen oder darüber direkt abzustimmen, dann kann ich nur die Bitte bzw. die Erwartung an die Landesregierung formulieren, die Regionalisierungsmittel nicht zweckentfremdet einzusetzen,