Protokoll der Sitzung vom 13.09.2006

(Zuruf von der Linkspartei.PDS: Sind Sie ja auch! Was wahr ist, muss wahr bleiben!)

Das ist uns nämlich egal, man kann auch sagen, scheißegal.

(Beifall bei der DVU)

Mäßigen Sie sich bitte!

Das ist nur der Ausspruch, Herr Präsident, den ich vorhin zitierte.

Ihr Antrag, meine Damen und Herren von der Fraktion der PDS, beinhaltet zu unseren Zielen, welche im wohlverstandenen Interesse unseres Landes liegen, das schlichte Gegenteil, genauer gesagt: eine bessere weltweit wirkende Werbung für illegale Zuwanderung als mit einer Regelung des von Ihnen beantragten Inhalts. Das hätte sozusagen eine Magnetwirkung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schauen Sie sich doch einmal die Situation in den Ländern Europas an, die so oder ähnlich illegalen Zuwanderern umfassende Bleiberechte gewährt haben. Sie sind ein Magnet für illegale Zuwanderung geworden. Nehmen wir zum Beispiel Spanien. Dort wurde so etwas über längere Zeit

(Zuruf des Abgeordneten Baaske [SPD])

praktiziert, Herr Baaske, das wissen Sie ebenfalls. Und was sind die nahezu täglichen Folgen, meine Damen und Herren?

Nehmen wir einmal die Kanarischen Inseln. Aktuell haben diese täglich bis zu tausend neue illegale Zuwanderer zu bewältigen.

(Baaske [SPD]: Wir reden nicht von illegalen Zuwande- rern!)

Die Medien sind immer wieder voll davon, darauf muss ich nicht näher eingehen, denn das müssten Sie auch mitbekommen.

Fehler, die andere machen, wollen wir bei uns in Deutschland doch nicht wiederholen, meine Damen und Herren. Dass wir genau das verkehrt machen, was zuvor schon in Spanien schiefgelaufen ist, wäre die notwendige Folge dieses Antrags der PDS.

Den Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und CDU werden wir ebenfalls ablehnen - Herr Präsident, ich komme zum Ende -, Sie brauchen dazu nur den letzten Absatz der Begründung lesen. - Danke schön.

(Beifall bei der DVU)

Nun spricht der Abgeordnete Petke für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ja nun kein einfaches Thema. Hier geht es um Menschen, die mehr oder weniger lange in Deutschland leben, die zum großen Teil Kinder haben, die in Deutschland geboren sind, hier in den Kindergarten bzw. in die Schule gehen, hier aufgewachsen sind, die die Heimat ihrer Eltern zum Teil nicht kennen. Es ist ja klar, dass es immer dann, wenn eine Rechtssystematik die vorhergehende ablöst, zu Brüchen kommt. Wir haben mit der Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes andere Aufenthaltstitel bekommen. Wir haben schon damals im Landtag - Jörg Schönbohm hat es ausführlich begründet - bei der Debatte zum Zuwanderungsgesetz mit den Irrungen und Wirrungen, die es gegeben hat - das ist sicherlich noch in Erinnerung -, gesagt, dass natürlich Veränderungsbedarf im Zusammenhang mit der Einführung neuen Rechts besteht, denn gleichzeitig haben wir viele Menschen, denen nach altem Recht zum Beispiel eine Duldung ausgesprochen worden ist. Auch hier besteht ein Spannungsverhältnis bezüglich dessen, was der Rechtsstaat von uns verlangt. Auf der anderen Seite geht es natürlich um Fragen, die man diskutieren muss und auch diskutieren kann, zum Beispiel die Frage der Humanität. Wir diskutieren auf Bundesebene - dort gehört die Diskussion hin - die Frage, wie wir jetzt damit umgehen.

Wir hatten in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten immer wieder Diskussionen zu so genannten Altfallregelungen. Lassen Sie es mich klar und deutlich sagen: Das Wort ist, denke ich, unangemessen, denn bezüglich Altfallregelung, wenn man das einmal auf den konkreten Fall bezieht, denn hinter jedem Fall steht ein Mensch, stünde uns gut zu Gesicht, eine andere Begrifflichkeit in die Diskussion einzuführen.

Wir haben natürlich auch eine Erwartungshaltung als Rechtsstaat. Es geht um die Frage, was verlässlich ist. Trifft man

denn jeden Monat eine andere Regelung? Setzt man denn die Innenminister des Bundes und der Länder unter Druck und sagt: Dann setzt doch einfach das geltende Recht außer Kraft? Da gibt es dann verschiedene Punkte, wie wir erleben mussten. Der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Potsdam sagt einfach: Ich verhänge einen Abschiebestopp. - Wenn man dann dahinter schaut, merkt man, dass gar nichts passiert. Diese Aussage ist folgenlos geblieben. Nun kann man sich natürlich die Frage stellen: Ist das alles denn in dieser Form notwendig? Ich glaube, die Koalition hat in diesem Entschließungsantrag gut daran getan, die Landesregierung zu bitten, bei den anstehenden Verhandlungen in der nächsten Konferenz der Innenminister und -senatoren auf Bundes- und Landesebene in eine Richtung zu gehen, die vertretbar und vielleicht auch notwendig ist.

Aber wir werden in der großen Koalition in Brandenburg nicht auf Kosten der Betroffenen blanken Populismus betreiben. Es stellt sich schon die Frage, warum zum Beispiel im rot-rot regierten Berlin - diese Frage muss man einfach stellen - der dortige Innensenator Körting im Umgang mit der Härtefallkommission ein anderes Verhalten an den Tag legt, als es Jörg Schönbohm, unser Innenminister, in Brandenburg tut.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS)

Deswegen wäre meine Bitte bei all diesen Punkten, den Ball ein wenig flach zu halten

(Gelächter bei der Linkspartei.PDS)

und vielleicht einmal das zu tun, Herr Dr. Scharfenberg, was Sie immer fordern, nämlich das Menschliche in den Mittelpunkt zu stellen und nicht zu versuchen, öffentlich einen Popanz aufzubauen nach dem Motto: Nur die Innenminister sind in Deutschland diejenigen, die für unmenschliche Entscheidungen verantwortlich sind. So einfach geht es nicht. Wenn ein Innenminister, egal ob auf Bundes- oder Landesebene, geltendes Recht vollzieht, dann tut er nur seine Pflicht.

(Beifall bei der CDU)

Das muss einmal so deutlich gesagt werden, auch wenn Sie es immer wieder abstreiten.

Insofern haben wir einen Entschließungsantrag, der hoffen lässt. Wir haben Vertrauen zu den Innenministern von Bund und Ländern. Sie sind glücklicherweise in dem Gremium nicht vertreten. Darin sind nur die CDU - mehrheitlich - und die SPD. Ich denke, es wird eine Entscheidung getroffen werden, die sich sehen lassen kann. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Der Innenminister des Landes Brandenburg rundet diese Debatte ab. Bitte sehr, Herr Schönbohm.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird zurzeit auf der politischen Ebene und in der Innenminis

terkonferenz diskutiert, ob wir im Herbst dieses Jahres eine Bleiberechtsregelung für langjährig in Deutschland geduldete ausreisepflichtige Ausländer beschließen werden.

Ich möchte daran erinnern: Die Innenministerkonferenz ist das Organ, in dem einstimmig entschieden wird, weil wir sagen, die Entscheidungen müssen in Deutschland gemeinsam getragen werden. Als ich vor zehneinhalb Jahren das erste Mal Innensenator geworden war und an der Innenministerkonferenz teilnahm, haben wir dort die erste Altfallregelung verabschiedet. Kollege Ziel, Sie können sich entsinnen. Das war im Januar 1996, in Bonn noch, als es um die Frage ging, welche Auswirkungen das Friedensabkommen von Dayton hat, ob wir dann Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina wieder zurückschicken können. Es hieß: Das können wir nicht, wir wollen eine Altfallregelung haben, dass sie bleiben können. - Dann hieß es: Das ist die letzte Altfallregelung. - Ich weiß nicht, wie viele Altfallregelungen wir danach getroffen haben, weil Menschen in Not waren. Jedes Mal sind diese Altfallregelungen zwischen allen Innenministern getroffen worden. Als ich damals Innensenator war, gab es fünf CDU-Innenminister und elf von der SPD. Heute gibt es elf von der CDU, vier von der SPD und einen von der FDP.

(Dr. Klocksin [SPD]: So wird es nicht bleiben!)

- Ja, wir werden mal sehen. Vielleicht kommt von der PDS noch einer dazu, zum Beispiel aus Berlin.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wir haben bisher immer die Gemeinsamkeit der Demokraten in der Innenministerkonferenz erhalten, vielleicht, weil Sie nicht dabei waren; ich weiß es nicht.

Ich schlage vor, Sie machen sich einmal mit der Systematik vertraut, um die es geht. Wir reden über ein Bundesgesetz. Dieses Bundesgesetz gibt uns nur begrenzte Spielräume. Darum wollen wir auf Bundesebene gemeinsam eine Bleiberechtsregelung erreichen. Ich sage Ihnen: Je mehr Alleingänge von den Bundesländern kommen, desto unwahrscheinlicher ist es, dass eine gemeinsame Bleiberechtsregelung verabschiedet wird. Was Sie vorschlagen, torpediert eine gemeinsame Meinungsbildung innerhalb der Innenministerkonferenz.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Das muss man auch einmal sagen. Je mehr Vorfestlegungen getroffen werden, desto schwieriger ist es, eine Gemeinsamkeit zu erreichen.

Darum ist Ihr Antrag mit den Konsequenzen, die sich daraus ergeben, nicht richtig, und ich bedanke mich bei den Koalitionsfraktionen, dass sie noch einmal deutlich gemacht haben, worum es geht.

Herr Innenminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage vom Abgeordneten Dr. Scharfenberg?

Sehr gern, Herr Präsident.

Bitte, Herr Dr. Scharfenberg.

Herr Holzschuher hat vorhin deutlich gemacht, dass er sich von dieser Entschließung eine Wirkung für die Übergangszeit verspricht. Könnten Sie sich vorstellen, Herr Innenminister, dass dieser Entschließungsantrag, der vermutlich nachher beschlossen wird, anschließend den Ausländerbehörden des Landes zur Verfügung gestellt wird und diese ihn übernehmen?

(Schippel [SPD]: Falsch interpretiert!)

Herr Scharfenberg, Sie haben mich nicht zu Ende reden lassen. Ich wollte mich gerade bei den Ausländerbehörden bedanken. Dort sind Männer und Frauen, die unter schwierigen Bedingungen auf der Rechtsgrundlage Entscheidungen über Schicksale zu treffen haben. Unterhalten Sie sich einmal mit denen! Wenn wir einen solchen Entschließungsantrag fassen und er wird bekannt, werden die Mitarbeiter der Ausländerbehörden ihn natürlich lesen. Ich bin kein Anhänger der Ammenpädagogik, weil ich weiß, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort tüchtig genug sind, sich den Beschluss aus dem Internet herunterzuladen und nachzulesen; natürlich. Wir können darüber streiten, ob das der Fall ist. Ich bin sicher, die Ausländerbehörden können das und sie tun es auch. Sie werden auch den Ermessensspielraum ausnutzen.

Nun möchte ich Ihnen noch etwas anderes sagen: Wir haben in Bezug auf das Ausländerrecht beim letzten Mal in der Innenministerkonferenz einen Konsens zum Thema Integration erreicht, der vor einem Jahr nicht denkbar war. Wir haben ein viel besser entwickeltes Verständnis über diese Fragen. Ich bin dankbar, dass Sie das unterstützen; Sie unterstützen mich damit und ich werde die anderen unterstützen. Wir haben in der CDU-Innenministerkonferenz in Mecklenburg-Vorpommern in der vorigen Woche auch mit dem Bundesinnenminister Einvernehmen darüber erzielt, dass wir eine Bleiberechtsregelung erarbeiten wollen. Aber ich muss sagen: Die großen Länder wie Nordrhein-Westfalen und die Stadt Berlin mit sehr vielen Ausländern haben ganz andere Probleme als wir. Die werden für bestimmte Fälle besondere Regelungen haben wollen. Diese unterschiedlichen Interessen werden wir austarieren müssen. Dabei sind wir; das wird vorbereitet. Ich bin zuversichtlich, in der Landtagssitzung nach der Innenministerkonferenz berichten zu können, dass wir eine gemeinsame Bleiberechtsregelung erreicht haben. Ich werde mich dafür einsetzen, das kann ich Ihnen versprechen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Mit diesem Beitrag sind wir am Ende der Debatte zum Tagesordnungspunkt 18.

Ich stelle den Antrag in Drucksache 4/3357 der Fraktion der Linkspartei.PDS, Aussetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen, zur Abstimmung. Wer diesem Antrag folgt, den bitte