Protokoll der Sitzung vom 14.09.2006

Herr Theel, ich habe Sie ja jetzt auch schon einige Male als engagierten Kommunalpolitiker hier vorn gehört. Was Sie zum Nachtragshaushalt sagten, war eine Ihrer sehr gemäßigten Reden. Ich denke, das ist auch ein Ausdruck dafür, dass das, was hier vorgelegt wurde, eine gute Sache ist, die wir ausdrücklich unterstützen sollten.

Dieser Nachtragshaushalt macht im Gegensatz zu sonstigen eines deutlich, und zwar, dass ein Versprechen, welches den Kommunen gegeben wurde, eingehalten wird. Es geht darum, dass dann, wenn aufgrund des neuen FAG dieser Symmetriebericht, dieses Gutachten vorliegt, nachgesteuert wird. Ich finde es gut und richtig, dass die Landesregierung nach diesem DIWGutachten sagt, dass nachgesteuert und etwas getan werden muss, und zwar umgehend, und uns im gleichen Jahr diesen Nachtragshaushalt vorlegt.

Ein weiterer Punkt, den ich ausdrücklich begrüße, wo ich hoffe, dass er auch wirklich Schule macht, ist, dass man Politik, die mit Geld zu tun hat, aus den laufenden Mitteln bezahlen kann und keine neuen Kredite aufnehmen muss. Man muss dem Finanzminister nicht vorwerfen, wenn an der einen oder anderen Stelle schon einmal etwas weitsichtig vorgesorgt wird.

Es tut ja auch gut, wie wir es in diesem Fall merken. Wir brauchen nämlich genau dafür keine neuen Kredite. Es wird sich auf unseren Haushalt kostenneutral auswirken. Das ist eine sehr positive Sache.

Eine weitere positive Sache, die in den Diskussionen immer sehr kurz kommt, ist Folgendes: Das FAG bringt, wie meine Vorredner hier schon ausgeführt haben, eine Neuverteilung für die Gemeinden und Kommunen mit sich. Zwar haben wir schon einen Aufschrei von dort gehört, wo es etwas weniger Geld wird; aber zu großen Teilen wird bekanntlich so umgesteuert, dass viele Gemeinden und Kommunen wesentlich mehr Geld bekommen. Dazu hört man leider Gottes wenig. Es gehört zur Politik bzw. dazu, sich gegen Politikverdrossenheit zu wehren, deutlich zu machen, dass Politik verlässlich sein kann, dass sie Dinge, die sie angepackt hat, auch verlässlich weiterführt.

Dass das FAG bestimmten Gemeinden und Kommunen mehr Einnahmen bringt, ist die eine Sache. Die andere Sache ist, dass die Gemeinden und Kommunen durch die erhöhten Steuereinnahmen auch höhere Zuweisungen als solche haben. Im Jahre 2006 sind es 36 Millionen, und das Gleiche gilt für das Jahr 2007. Ich appelliere ausdrücklich an meine Mitstreiter hier, die auch auf kommunaler Ebene ein Amt bekleiden, deutlich zu machen, dass das Land tatsächlich ein verlässlicher Partner für die Kommunen ist. Wir sollten nicht nur daran erinnern, dass das Symmetriegutachten mit der Nachsteuerung vorgelegt worden ist, sondern auch deutlich machen, dass die Brandenburger Kommunen die am niedrigsten verschuldeten sind. Auch das ist ein Teil der Wahrheit. Übrigens, Herr Baaske, daher kamen dann auch die Zahlen zur Pro-Kopf-Verschuldung mit dem Hinweis, dass wir den zweitniedrigsten Stand haben, weil das nicht am Land liegt, sondern weil die Kommunen so gering verschuldet sind. - Ja, ich glaube, das kann man ruhig so sagen.

Herr Theel, Sie haben aus dem Gutachten zitiert. Auch ich möchte das tun; denn ich meine, wir müssen deutlich machen, dass auch von den Kommunen selbst ein Konsolidierungsbeitrag geleistet werden muss.

Wir müssen uns vor Augen führen, dass im Jahre 2019 bestimmte Glocken schlagen, dass wir dann erheblich weniger Einnahmen haben werden. Das betrifft nicht nur das Land, sondern auch die Kommunen; sie sitzen insofern in einem Boot. Aus diesem Grunde müssen sie auch die insoweit erforderlichen Anstrengungen gemeinsam unternehmen.

Bei den Pro-Kopf-Ausgaben weist Brandenburg noch immer ein überdurchschnittliches Niveau auf. Beinahe zu allen Ausgabenarten wies Brandenburg im Jahre 2004 höhere Pro-KopfWerte auf als der Durchschnitt. Niedriger waren nur die Investitionsausgaben. Genau hier können die Kommunen ihren Konsolidierungsbeitrag leisten und müssen das auch tun. Auf kommunaler Ebene muss der Weg der aufgabenkritischen Konsolidierung viel konsequenter beschritten werden, wie es auf Landesebene bereits geschieht. Es ist völlig richtig: Wir müssen eine Aufgabendiskussion führen. Deshalb haben wir auch die Standardöffnungsklausel für die Kommunen ermöglicht, um genau dort anzusetzen. Ich hoffe, das wird von vielen in Angriff genommen. Bis jetzt sind die Anträge noch sehr überschaubar, was ich schade finde. Ich erwarte, dass da noch etwas mehr kommt.

Bei aller Diskussion bin ich der Meinung, dass die Bemessungsgrundlage für das FAG und damit auch für den Nachtragshaushalt nachvollziehbar ist und sich auch auf die Aussagen des Gutachtens bezieht. Deswegen hoffe ich, dass wir in den Ausschüssen in gewohnter Weise fair und inhaltsreich darüber diskutieren werden. Wir werden natürlich empfehlen, den Nachtragshaushalt zu überweisen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herzlichen Dank. - Damit ist die Debatte zum Tagesordnungspunkt 5 beendet.

Das Präsidium empfiehlt Ihnen, die Vorlage in der Drucksache 4/3350 an den Haushaltsausschuss zu überweisen. Die Parlamentarischen Geschäftsführer empfehlen darüber hinaus die Überweisung der Vorlage an den Ausschuss für Inneres zur Mitberatung. Wer diesen Empfehlungen Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist diese Vorlage in schöner Einstimmigkeit an die Ausschüsse überwiesen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Unterrichtung des Landtages über die Fortschreibung der Personalbedarfsplanung bis 2010 (gemäß Artikel 1 § 3 Abs. 3 Haushaltssicherungsgesetz 2003)

Unterrichtung durch die Landesregierung

Drucksache 4/3298

Es wurde vereinbart, hierüber keine Debatte zu führen. - Damit haben Sie die Unterrichtung der Landesregierung zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 6 und rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Änderung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen - Teil A/Fassung 2006

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 4/3378

Die Abgeordnete Hesselbarth eröffnet die Debatte für die Fraktion der DVU.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Versetzen Sie sich einmal in die Situation eines Bauunternehmers, der an einer Ausschreibung meinetwegen zum Bau irgendeiner Schwimmhalle in Potsdam teilnimmt:

(Zuruf von der SPD: Ist das nicht die Rede von gestern?)

Sie geben das preisgünstigste Angebot ab und bieten zahlreiche Positionen des Leistungsverzeichnisses zu Einheitspreisen von 1 Cent an. Die Vergabestelle fordert Sie dann auf, Erklärungen zu den mit 1 Cent ausgepriesenen Leistungen zu geben und zu sagen, mit welchen anderen Positionen des Angebots diese Kosten abgegolten sind. Sie versichern dann, dass das Angebot auskömmlich ist und in anderen Positionen die Preise, die nur mit 1 Cent ausgewiesen sind, einkalkuliert sind. Daraufhin werden Sie von dem Vergabeverfahren ausgeschlossen, und sie müssen ein Nachprüfungsverfahren bei der zuständigen Vergabekammer anstrengen.

Sie zahlen einen erheblichen Prozesskostenvorschuss, und Sie müssen damit bis in die zweite Instanz gehen, weitere und noch höhere Verfahrenskosten verauslagen, und das Oberlandesgericht Brandenburg haut Ihnen das Verfahren um die Ohren mit der Begründung, Sie als Bieter trügen allein die Beweislast, die Vermutung für eine Mischkalkulation zu widerlegen.

Nun haben Sie zwar das günstigste Angebot abgegeben, und die Vergabestelle hätte gut daran getan, Ihnen den Auftrag zu erteilen. Aber Sie sind letztlich der Dumme, weil Sie das Verfahren in Brandenburg führen mussten und nicht etwa in Hessen; denn das OLG Frankfurt am Main hätte Ihnen Recht gegeben, und Ihnen hätte der Zuschlag erteilt werden müssen, weil das OLG Frankfurt am Main die Nachweispflicht für das Vorliegen einer Mischkalkulation bei der Vergabestelle sieht. Traurige Brandenburger Bieter!

Da hat man keine große Lust, sich in Brandenburg als kleiner Bauunternehmer oder als Angehöriger einer Branche der Baunebengewerke an öffentlichen Aufträgen zu beteiligen.

Seit der einschlägigen Entscheidung des BGH im Fall Rudower Höhe hat sich mit dieser Frage der Beweislast eine Reihe von Oberlandesgerichten mit unterschiedlichen Ergebnissen befasst. Diese Ergebnisse hat unsere Landesregierung ganz trefflich dargestellt. Ich möchte mich an dieser Stelle auch ganz herzlich beim Wirtschaftsministerium bedanken für die so aufschlussreiche Beantwortung unserer Kleinen Anfrage Nr. 1285.

Gerade die Rechtsprechungspraxis der Oberlandesgerichte von Brandenburg sowie von Dresden und Rostock stellt für die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die gerade auf die erfolgreiche Teilnahme an Vergabeverfahren angewiesen sind, einen erheblichen Schlag dar, während deren Kollegen in anderen Bundesländern aufgrund gegensätzlicher Rechtsprechung hier wesentlich besser gestellt sind. Das ist sowohl den Auftraggebern als auch den Bietern nicht länger zuzumuten.

Wir als DVU-Fraktion sind der Ansicht, dass Rechtsunsicherheit im Bereich der Auslegung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen im Teil A eine für den Wirtschaftsstandort Deutschland wie für Brandenburg schlechte Ausgangssituation ist, auf einem immer härter werdenden und grenzüberschreitenden Markt Schritt zu halten. Wir als DVU-Fraktion wollen hier einen gerechten Ausgleich schaffen. Wir wollen für Bieter und Vergabeseite dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Planbarkeit Rechnung tragen. Das geht bei Zweifeln über das Vorliegen einer Mischkalkulation aber nur, wenn einerseits der Bieter dann die interne Urkalkulation offenlegt. Bei Verbleib weiterer Unklarheiten muss dann allerdings die Vergabestelle die objektive Beweislast tragen. Das ist gerecht, entspricht den allgemeinen Beweislastregeln und muss endlich in der VOB geregelt werden.

Deshalb, meine Damen und Herren, bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der DVU)

Wir setzen mit dem Beitrag der Koalitionsfraktionen fort. Es spricht der Abgeordnete Karney.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es gleich zu Beginn zu sagen: Den vorliegenden Antrag der DVU-Fraktion auf eine Bundesratsinitiative zur Änderung der VOB wird die Regierungskoalition ablehnen. Lassen Sie mich kurz auf die Hintergründe eingehen.

Zum einen unterstützt der vorliegende Antrag nur die Interessen eines Bieters mit einer etwas fragwürdigen Gestaltung seines Angebots und ohne seinen Willen zur Aufklärung. Warum also sollten wir solche unseriösen Angebote schützen? Zum anderen würde dies einen enormen bürokratischen Aufwand bedeuten, wenn, wie in der Begründung angeführt, eine umfangreiche Zusammenstellung über die Rechnungslegung von Verwaltern zu verlangen wäre. Allein um diese vollständig verstehen zu können, ist eine Rechtsberatung durch einen Fachanwalt erforderlich.

Außerdem räumt die VOB - Teil A Ausgabe 2006 - gerade die Möglichkeit ein, bereits mit einem Angebot auch entsprechende Erläuterungen einzureichen. Damit kann schon im Vorfeld jede berechtigte Abweichung von dem örtlich kalkulierten Preis erklärt werden, die sonst dem nahe liegenden Verdacht einer Mischkalkulation ausgesetzt ist.

Zum Abschluss möchte ich auch darauf hinweisen, dass die VOB durch ein paritätisch besetztes Gremium formuliert wird, in dem auch die Spitzenverbände des Handwerks, des Handels und der Industrie vertreten sind. Somit würde eine Bundesratsinitiative keinen Sinn machen.

Um meinen Anfangssatz noch einmal aufzunehmen: Wir lehnen Ihren Antrag ab, weil wir nicht unseriöse Angebote bei der Vergabe unterstützen werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Für die Fraktion der Linkspartei.PDS spricht die Abgeordnete Böhnisch.

(Christoffers [Die Linkspartei.PDS]: Ist der Wechsel nicht angezeigt worden?)

- Somit erhält der Abgeordnete Christoffers das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch meine Fraktion wird den vorliegenden Antrag aus drei Gründen ablehnen.

Erstens möchte ich darauf verweisen, dass noch im September

ein Forum „Vergabe“ stattfinden wird, in dem das neue EURecht und das neue Bundesrecht 2007 vorgestellt werden, in dem unter anderem auch eine Lösung des beschriebenen Sachverhalts enthalten sein soll. Deshalb ist eine Bundesratsinitiative nicht notwendig.

Zweitens möchte ich darauf verweisen, dass die Forderung der DVU-Fraktion, so, wie sie vorgebracht wird, bedeuten würde, dass Vergabestellen einen Apparat benötigen, um einen Nachweis zu führen, dass eine Mischkalkulation gesetzeswidrig vorliegt, was überhaupt nicht zu leisten ist.

Drittens habe ich die große Sorge: Folgte man dem Vorschlag in dieser Form, hätte dies zur Konsequenz, dass das jeweils billigste Angebot angenommen würde. Ich dachte immer, es herrscht fraktionsübergreifend Konsens, dass nicht das billigste Angebot den Ausschlag für die Vergabe geben kann, sondern neben den wirtschaftlichen auch die regionalen Kriterien in Ansatz gebracht werden sollen. - Schönen Dank.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort erhält noch einmal die DVU-Fraktion. Frau Abgeordnete Hesselbarth, bitte.