Protokoll der Sitzung vom 14.09.2006

Herr Finanzminister, ich hatte jetzt darauf gewartet, dass Sie den Satz beenden.

Ich rede immer ohne Punkt und Komma.

Eben. Aber Herr Dr. Scharfenberg möchte eine Zwischenfrage stellen. Wollen Sie die beantworten? - Bitte schön.

Herr Minister, Sie haben ausgeführt, dass in dem Vesper-Gutachten ein Nachsteuerungsbedarf in Höhe von 200 Millionen Euro ausgewiesen worden sei. Nach meiner Erinnerung - ich bin mir da sehr sicher - ist dort von 216 Millionen Euro die Rede. Mich würde interessieren, wo Sie die mal eben hingequetscht haben.

Wir können uns im Ausschuss noch im Detail über die Berechnungsmodi unterhalten. Wir haben eine Begründung zu diesem Gesetzentwurf geliefert und auch im Detail erläutert, wie wir zu dieser Einschätzung kommen.

Unter dem Strich besteht nach unserer Wahrnehmung zusätzlich zu dem, was in der Vergangenheit schon gezahlt wurde, 20 Millionen Euro, 40 Millionen Euro und 10 Millionen Euro, ein Nachsteuerungsbedarf von ca. 105 Millionen Euro. Wir schlagen vor, das bereitzustellen, ohne an die Kreditgrenze heranzugehen. Wir haben bei Aufstellung des Doppelhaushaltes unterstellt, dass es in diesem Jahr eine lineare Tarifentwicklung geben wird. Wir haben Vorsorge für eine Anpassung Ost/West getroffen. Beides ist ausgeblieben, sodass wir im Bereich der Personalmittel entsprechend absenken können. Wir müssen nicht über eine anderweitige Transaktion wie die Erhöhung der Nettokreditaufnahme diskutieren.

Insofern denke ich, dies ist ein vollständiges und faires Angebot, um das umzusetzen, was der Gutachter eingeschätzt hat, und den Kommunen dann aufgrund eines weiteren möglichst zügigen Verfahrens in der Gesetzesberatung dieses Geld im Jahr 2006 zukommen zu lassen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält der Abgeordnete Theel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich stimme Ihnen zu: Möglichst zügig sollte der Nachtragshaushalt richtiggestellt werden und so schnell wie möglich sollten die Kommunen die Ihnen zustehenden Summen erhalten. Spätestens seit Mai/Juni wussten wir, welche Zahlen zur Diskussion stehen und was das Gutachten uns dafür an Empfehlungen gibt.

Wir sollten in der Diskussion zum Nachtragshaushalt eines als Erstes tun, nämlich das Märchen, hier würden den Kommunen besonders großzügige Gesten seitens der Landesregierung zuteil, nicht mehr weitererzählen, wie es einige Mitglieder der Koalitionsfraktionen in den letzten Tagen getan haben. Richtig ist: Dieser Nachtragshaushalt ist eine Reaktion auf die sicherlich nicht so empfundene, aber doch harsche Kritik, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in seinem Gutachten der Landesregierung erteilt hat. Ich darf zitieren, weil Sie diesen Satz nie lesen, glaube ich.

„Vergleicht man die Zuweisungen an die Gemeinden in den Jahren 2000 bis 2004, so wird deutlich, dass die Zuweisungen an die brandenburgischen Gemeinden viel stärker zurückgeführt wurden, als dies in Ostdeutschland insgesamt und auch in den westdeutschen Nehmerländern der Fall war.“

Und weiter:

„Zudem ist erkennbar, dass sich in der gleichen Zeit die Einnahmen der Länder aus den Zuweisungen des Bundes weit weniger stark verringert haben.“

Von einer angemessenen Beteiligung der Kommunen spricht dieses Gutachten nicht. Das heißt, die Landesregierung Brandenburgs beteiligt seit Jahren seine Kommunen im Vergleich zu anderen ostdeutschen Ländern am schlechtesten.

Nachsteuerung ist also kein Geschenk, Nachsteuerung ist eine verfassungsmäßige Pflicht und keine Ermessensfrage.

Wir sollten möglichst schnell eine Entscheidung finden; denn der Herr Finanzminister hat gerade noch einmal dargestellt, welche Handlungsrahmen einzuhalten sind und welcher Zeitkorridor uns dafür zur Verfügung steht. Deshalb freue ich mich über Signale, die aus den Fraktionen kamen, dass wir zu einer schnellen Beschlussfassung kommen werden. Auf dem Weg dorthin werden wir unsere Kritik an einigen Punkten erneuern, zum Beispiel daran, dass das Gutachten 216 Millionen Euro sagt und der Finanzminister großzügig mit seinem Rotstift daraus 200 Millionen Euro macht. Er bekommt Beifall, und - ich habe das gestern gehört - Frau Melior sagt, unser Chef hat in Mathematik die Note Eins. Aber auch dann, wenn jemand mit der Note Eins eine falsche Zahl in eine Formel setzt, wird das Endergebnis falsch. Deshalb kommen Sie auch auf die Zahl von 105 Millionen Euro, die wir so nicht akzeptieren. Andere werden ebenfalls Einspruch erheben und andere Rechnungen aufmachen. Zum Beispiel wird „genau“ gerechnet, wenn es um die Auswirkungen der so genannten Entlastungsgesetze geht. Da werden genau 24,5 Millionen festgestellt. Kein Mensch kennt die Zahl und weiß, woher sie kommt.

Zu einem Punkt kann man etwas sagen: zur Frage des Schülertransports und der Beteiligung der Eltern. Alles andere steht in den Sternen. Jeder Kämmerer wird das, was das Gutachten feststellt, bestätigen.

Diese Schätzung ist mehr als wirklichkeitsfremd, gehört also nicht in diese Rechnung. Wenn schon mit dem Gesetz Kommunen entlastet werden sollen, dann sollte es auch geschehen und nicht eine Entlastung des Landes dadurch passieren, dass die Kommunen Einsparungen vornehmen. Wo kämen wir denn da hin? Welcher Ehrgeiz kommt in den Kommunen auf,

wenn das, was sie einsparen, vom Finanzminister zurückgeholt wird?

Das und einige andere Themen werden uns veranlassen, diese 105 Millionen Euro nicht zu akzeptieren, sondern wir werden wesentlich darüber liegen. Wir sind uns mit den Vertretern der kommunalen Ebene einig. Ich freue mich auf die Anhörung. Wir stimmen der Überweisung in die Ausschüsse zu.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält Frau Melior.

Bevor sie am Pult ist, um mit ihrer Rede zu beginnen, begrüße ich sehr herzlich Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Cottbus. Die erste Gruppe ist bei uns zu Gast. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Theel erzählt immer von einer Beratung, die wir gestern miteinander hatten. Ich glaube, ich muss Ihnen erst einmal sagen, was das war, sonst denken hier alle, wir führten eine Märchenstunde durch. Wir hatten gestern zu dritt das Vergnügen, beim RBB über den Finanzausgleich in Brandenburg zu sprechen. Ich beziehe mich jetzt auch darauf. Deshalb wollte ich einmal richtigstellen, wo das stattgefunden hat.

Ich habe nicht gesagt, es sei ein Geschenk für die Kommunen, wirklich nicht. Ich habe gesagt, es ist eine gute Nachricht für die Kommunen. Dabei bleibe ich auch, denn eine gute Nachricht kann hier in dieser Debatte auch eine gute Nachricht bleiben, weil es um die Nachzahlung für die Kommunen in Brandenburg geht. Diese Nachzahlung - das war unstrittig, Herr Theel - steht den Kommunen nach dem Symmetriebericht und dem Gutachten des DIW zu.

Wir reden jetzt über die Summe von 200 bzw. 105,7 Millionen Euro, die aktuell zur Debatte steht und im Nachtragshaushalt dann auch diskutiert werden wird. Ich glaube, die Zahl ist eindeutig nachvollziehbar. Man braucht nur die erste Seite des Nachtrags zu lesen und findet dort das sauber aufgelistet - der Finanzminister hat Abitur, habe ich gestern auch gesagt, und hatte in Mathe immer eine Eins, können wir heute dazusagen -, was im Steuerausgleich 2004/2005 passiert ist und im Steuerausgleich 2005 noch einmal verrechnet wurde. Jetzt streiten wir noch über eine Position und sind wieder beim Symmetriegutachten. Es ist Lesestoff, aus dem man viel herausholen kann.

Über die Zahl, über die wir hier heute streiten und über die wir gestern auch schon gestritten haben, können wir gern noch einmal reden. Es geht um die kommunalen Entlastungsgesetze. Sie sind hier vor meiner Zeit verabschiedet worden. Ich will sie auch nicht im Detail bewerten. Man kann sagen, dass das Finanzministerium sehr konservativ darangegangen ist und alle Dinge, die man mit Wenn und Aber versehen bzw. mit vielen Fragezeichen belegen kann - das schreiben uns nicht zuletzt die Landkreise auch immer wieder ins Stammbuch -, sehr sorgfäl

tig außen vor gelassen hat. Ich habe die Seite extra aus dem DIW-Gutachten herausgenommen, um anzuführen, was übrig geblieben ist. Sie gestatten, dass ich zitiere:

„Alles in allem summieren sich die langfristigen Einsparpotenziale in diesem Bereich auf 40 Millionen Euro, wobei allerdings 15 Millionen Euro durch die Verlagerung von Kosten...“

- darin sind die bereits genannten Elternbeiträge enthalten

„... zu veranschlagen sind.“

Diese 15 Millionen sind herausgerechnet worden. Die Summe, die jetzt noch enthalten ist, beträgt 25 Millionen Euro.

Noch einmal: Ich finde die Herangehensweise vonseiten des Finanzministers sehr konservativ, sehr klug und nachvollziehbar. Ich traue mich damit auf kommunaler Ebene in jede Debatte. Das sollten Sie sich auch zumuten und zutrauen. Ich glaube, dass wir aufrechten Ganges in diese Auseinandersetzung gehen können. Wir können den Streit gern auch bei der Anhörung fortsetzen.

Zum Schluss noch eine Bemerkung: Was die Kommunen brauchen, ist die Finanzausstattung für ihre stetige Aufgabenerfüllung. Sie brauchen nicht das, was das Land am meisten herauspulvern kann, sondern sie benötigen das Geld für die Aufgaben, die sie vor Ort gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern zu erledigen haben. Dafür müssen wir hier sorgen und nicht immer den Schwarzen Peter von der einen auf die andere Ebene schieben, sondern ganz klar sagen, wer wofür zuständig ist, die Aufgaben ernst nehmen und sie mit dem Finanzausgleichsgesetz anpacken. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Wir setzen mit dem Beitrag der DVU-Fraktion fort. Es spricht die Abgeordnete Hesselbarth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So, Frau Melior, wie Sie es gesagt haben, ist es schon korrekt. Aber wenn das Land immer mehr Aufgaben auf die Kommunen verteilt und es dann nicht durch einen finanziellen Ausgleich irgendwo wettmacht, dann weiß ich nicht, wie Sie es den Kommunen erklären wollen.

Aber kommen wir noch zu einem anderen Punkt, Herr Finanzminister, weil Sie vorhin die Begründung in Ihrem Nachtragshaushaltsgesetz, an die Sie sich nicht mehr so genau erinnern konnten, angesprochen haben. Ich kann Ihnen da vielleicht ein bisschen auf die Sprünge helfen. Es ist genau der Punkt, weshalb dieser Nachtragshaushalt notwendig wurde. Sie schreiben selbst in Ihrer Begründung:

„Infolge der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung und der hohen steuerbedingten Einnahmeausfälle standen die öffentlichen Haushalte in Brandenburg in den vergangenen Jahren unter erheblichem finanziellen Druck. Nur zum geringen Teil ist der Druck durch selbst verschuldete

strukturelle Mängel in den Haushalten von Land und Kommunen entstanden.“

- Frau Melior!

„Einsparungen der Landesausgaben werden insbesondere an den Personalausgaben und den Zuweisungen an die Gemeinden festgemacht.“

Das heißt doch nichts anderes, als dass der Finanzminister versucht hat, den Landeshaushalt auf Kosten der Kommunen gesundzusparen. Mit dem Nachtragshaushalt versucht er das jetzt zu korrigieren.

Ich kann Ihnen sagen, wir als DVU-Fraktion werden dem zustimmen, aber wir fordern Sie hier auch gleichzeitig auf, dass das so schnell und unbürokratisch wie möglich zu erfolgen hat. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Funck.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist mittlerweile unumstritten, dass der Nachtragshaushalt so schnell wie möglich gemeinsam mit dem FAG verabschiedet werden soll. Als wir den Haushalt 2005/ 2006 diskutierten, haben wir nicht ernsthaft darüber nachgedacht, einen Nachtragshaushalt machen zu müssen oder zu wollen.

Ein Nachtragshaushalt ist immer eine unangenehme Sache, denn meistens ist dann etwas in der Planung passiert. Bestimmte Dinge sind aus dem Ruder gelaufen. Man hat sich verkalkuliert. Meistens muss man neue Kredite aufnehmen. Genau das ist bei diesem Nachtragshaushalt nicht der Fall.

Herr Theel, ich habe Sie ja jetzt auch schon einige Male als engagierten Kommunalpolitiker hier vorn gehört. Was Sie zum Nachtragshaushalt sagten, war eine Ihrer sehr gemäßigten Reden. Ich denke, das ist auch ein Ausdruck dafür, dass das, was hier vorgelegt wurde, eine gute Sache ist, die wir ausdrücklich unterstützen sollten.