Die Beurteilung der Wirksamkeit des zuletzt beschlossenen Gesetzes zum SGB II, des so genannten Hartz-IV-Gesetzes, ist derzeit in der Tat nur sehr begrenzt möglich. Ich glaube nicht, dass irgendjemand in der Lage wäre, diese große Reform wirklich abschließend zu beurteilen. Nachdem eine Reihe von Umstrukturierungen in den Kommunen geleistet wurde und die bekannten Unsicherheiten in Bezug auf Wohnraumgröße bis hin zu den Wohnkosten, die sich übrigens an den Vorgaben der Sozialhilfe orientiert haben, geklärt wurden, haben wir seit den Montagsdemos bis heute handlungsfähige und meines Erachtens auch leistungsfähige Strukturen, sodass die Sicherstellung der Leistungen für die Leistungsbezieher hergestellt ist.
Natürlich ist das allein nicht zufriedenstellend. Das gezielte Fördern muss ganz vorn in der Reihe dessen stehen, was wir an dieser Stelle tun; Frau Kollegin Schröder hat das noch einmal sehr eindrücklich gesagt. Ob aber die Förderung wirklich optimal und ausreichend ist, werden wir sicherlich nicht abschließend einschätzen können. Ich weiß nicht, ob es jemals gelingen wird, dies wirklich bis ins letzte Detail zu bewerten. Zumindest werden wir es uns immer wieder auf die Fahnen schreiben, denn wir haben dazu inzwischen landauf, landab viel zu unterschiedliche Ansätze. Das wollten wir auch so. Wir wollten, dass dies in den Regionen gemacht wird, und zwar angepasst an die regionalen Strukturen. Hierzu erinnere ich an die Regionalbudgets, die ich sehr befürworte und für die ich mich nachdrücklich einsetze.
Es wundert mich auch immer wieder, wenn hier großartige Reden geschwungen werden, die DVU zu diesen Themen im Ausschuss aber immer relativ wenig sagt.
Meine Damen und Herren von der PDS, ich würde gern mit Ihnen eine Diskussion über folgende Fragen führen: Wie bekommen wir mehr Arbeit nach Brandenburg? Wie gelingt es uns, dass mehr Arbeitslose fit gemacht werden? Welche Instrumente sind wirklich geeignet und welche sind ungeeignet? Welche Instrumente müssen verändert und welche müssen angepasst
werden? Das wollten wir im Ausschuss tun, aber anscheinend ist es Ihnen im Ausschuss bisher nicht so recht gelungen.
Weiterhin ist es mir ein Anliegen - ich habe die Regionalbudgets bereits angesprochen -, dass wir die regionalen Handlungsspielräume tatsächlich optimal nutzen und nutzbar machen - dabei ist die Verzahnung der Instrumente sehr wichtig, auch auf den unterschiedlichen Ebenen -, denn wir leisten uns in Brandenburg ein breit angelegtes Arbeitsmarktprogramm - für Erstausbildung, für Integration, für Nichtleistungsbezieher, für die Qualifizierung, für die Weiterbildung, für die Betriebe usw. Aber das alles muss in sehr enger Abstimmung mit den Akteuren vor Ort passieren. Sicherlich werden wir immer wieder über die Wirksamkeit der Instrumentarien reden, sie kritisch bewerten und selbstverständlich auch nachsteuern müssen.
- Ich habe es verstanden, Herr Präsident. Ich möchte allerdings zum Abschluss noch Folgendes sagen dürfen: Ich wünsche mir in einer Großen Anfrage zielführende Fragen und anständige Antworten darauf, denn nur Fragen um der Fragen willen sind überhaupt nicht zielführend. Außerdem hat mich ab Frage 9 die Vermutung beschlichen, dass es hierbei wieder nur darum ging, das Elend von Hartz IV zu beklagen. Das ist mir in dieser Diskussion schlicht und einfach zu wenig, denn es geht hier um die Instrumentarien. Davon gibt es viele, es wird sehr viel Geld ausgegeben; das hat Frau Dr. Schröder schon gesagt. Ich halte es für wichtig, dass diese Mittel zielorientiert eingesetzt werden, damit diejenigen, die es betrifft, auch wirklich etwas davon haben. Das ist unser Anliegen. - Herzlichen Dank.
Die antragstellende Fraktion hat noch drei Minuten Redezeit, die der Abgeordnete Görke füllen wird. - Die Abgeordnete Mächtig weise ich vorsorglich daraufhin, dass Enten und ähnliche Kuscheltiere nicht zum Handwerkszeug des Abgeordneten gehören werden, wenn sie zum nächsten Tagesordnungspunkt sprechen wird.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren der Koalition, ich freue mich, dass sich Ihre Reihen wieder füllen. Ihre Präsenz hing wahrscheinlich mit dem Thema, also damit zusammen, welche Bedeutung Sie Ihrer Arbeitsmarktreform zumessen.
Hartz IV, Frau Dr. Schröder, ist nicht die notwendige richtungweisende Reform, die bislang lediglich schlecht oder unzureichend umgesetzt wurde. Ich sage es noch einmal: Hartz IV ist ungerecht, unsozial, volkswirtschaftlich schädlich, bürokratisch und gesetzgeberisch dilettantisch gefertigt, wenn ich nur die Fortentwicklungsgesetze betrachte.
(Beifall bei der Linkspartei.PDS - Schulze [SPD]: Wenn Sie das Ganze wiederholen, wird es auch nicht wahrer!)
- Hartz IV - Herr Kollege Schulze, ich komme gleich zu Ihnen -, vor zwei Jahren als große arbeitsmarktpolitische Reform angekündigt, ist selbst zum Reformfall geworden. Das haben wir Ihnen von Anfang an gesagt. Mittlerweile wird, um die Defizite zu beseitigen, in Aktionismus verfallen. - Sehr geehrte Kollegin Schulz, die Beiboote, die Sie als CDU aussetzen, der Ruf nach Verschärfung, sind genau das, was wir nicht brauchen.
Lassen Sie sich außerdem eines sagen: Der Einzige, der mit Arbeitsmarktpolitik Probleme der Arbeitslosigkeit beseitigen wollte, war der Kollege Hartz. Ich sage noch einmal für meine Fraktion: Eine aktive Arbeitsmarktpolitik ist eine Ergänzung für die Wirtschaftspolitik; ein Weg dahin ist der öffentlich geförderte Beschäftigungssektor mit existenzsichernden Löhnen.
Lassen Sie mich noch etwas zum Regelsatz bzw. zu der Frage sagen, in welcher Situation wir uns befinden. Wenn zum Beispiel ein zwölfjähriges Mädchen in Brandenburg einen Regelsatz von 207 Euro erhält, so hat es 2,38 Euro pro Tag für Ernährung inklusive Getränke zur Verfügung; wenn die Schulspeisung schon 1,90 Euro kostet, dann verbleiben 48 Cent. Oder nehmen wir den Regelsatz für Schuhe, hochgerechnet auf ein Jahr 52,80 Euro; er steht für Winterschuhe, für Sommerschuhe, vielleicht auch einmal für ein Paar Badelatschen, Sandalen oder Sportschuhe - davon braucht man meist zwei Paar, ein Paar für die Halle und ein Paar für draußen - zur Verfügung. Angesichts dieser Zahlen wissen wir, worüber wir hier reden. Lassen Sie sich eines sagen: Wer Hartz IV verschärfen will, der schafft nicht nur eine Unterschicht, sondern der schafft wahrscheinlich noch eine Darunterschicht, wenn so weitergemacht wird.
Deshalb bitte ich Sie: Kommen Sie zur Besinnung, verlassen Sie diesen Irrweg und versuchen Sie, mit uns einen gemeinsamen Weg zu finden, der aus Armut, Isolation und vor allen Dingen aus Hoffnungslosigkeit in diesem Land herausführt! Diesbezüglich haben wir unsere Konzepte vorgelegt. Insofern bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit.
- Nein, die Möglichkeit zu persönlichen Erklärungen gibt es erst zum Abschluss des Tagesordnungspunktes.
- Eine Kurzintervention bedarf dieser berühmten Karte, die Sie offensichtlich nicht bei sich haben; das geht also nicht. - Frau Ziegler, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dieser Großen Anfrage der Linkspartei.PDS werden ganz dezidierte Auskünfte über die Ergebnisse zu den zwischen Januar 2003 und Januar 2004 in Kraft getretenen Arbeitsmarktreformen eingefordert. Die Schwierigkeit dabei ist, dass es ein Blick in die Vergangenheit ist. Wir müssen feststellen, dass der Evaluierungsbericht, wie bereits erwähnt wurde, lediglich einen Zwischenbericht der Bundesregierung darstellt. Die Landesregierung kann also nicht sagen: Das ist für uns das Endergebnis, auf dem wir unsere Analysen aufbauen. - Das geht so nicht. Auch Sie müssen fairerweise anerkennen, dass die Analyse der arbeitsmarktpolitischen Instrumente, die ganz wesentlich sind, die wir weiterentwickeln oder von denen wir uns teilweise verabschieden oder die wir anders gestalten wollen, nur bis ins Jahr 2004 reicht. Daher kann man seriöserweise nicht von einer Ausgangsbasis sprechen, von der wir heute in das Jahr 2007 und die darauf folgenden Jahre starten wollen.
Deshalb schlage ich Ihnen vor, die Diskussion auf dem Endbericht aufbauend, der für Ende dieses bzw. Anfang nächsten Jahres vorgesehen ist, weiterzuführen. Ich gehe fest davon aus, dass wir das tun werden. Dies wird gerade auf Bundesebene gestartet.
Frau Ministerin, es bleibt dennoch ein Widerspruch. Heute Morgen haben Sie, Frau Ministerin, in der Aktuellen Stunde von der Wirksamkeit der arbeitsmarktpolitischen Instrumente gesprochen, die Sie nicht kennen. Sie haben gesagt, die Arbeitsmarktpolitik in Bund und Ländern habe zu einer Entlastung der Arbeitslosenstatistik, also zu einer Verbesserung auf diesem Gebiet, geführt.
Ich möchte Sie an dieser Stelle auf den Fortschrittsbericht der Landesregierung zum Aufbau Ost hinweisen, in dem das Finanzministerium 2005 schreibt:
„Entlastet wurde der regionale Arbeitsmarkt vor allem durch die anhaltende Abwanderung von Teilen der erwerbsfähigen Bevölkerung. Dagegen wirkte die staatliche Arbeitsmarktpolitik etwa neutral.“
Das habe ich aus dem Bericht der Landesregierung zitiert. Wie kommt es zu diesem Widerspruch? Sie sprechen von einem Erfolg in der Arbeitsmarktpolitik. Das Finanzministerium sieht es anders.
stellt, wie Sie es gesagt haben. Sie gehen von dem Bericht aus, den die Bundesregierung herausgegeben hat. Sie müssen zur Kenntnis nehmen und es auch öffentlich sagen, dass es nur ein Zwischenbericht ist und dass die Bundesregierung nicht den Anspruch erhebt, dass alles, was dort festgestellt wurde, bereits das hundertprozentige Endergebnis ist. Davon gehen das Finanzministerium und die Landesregierung insgesamt nicht aus. Das, was wir aus unserem Blickwinkel sehen, stellen wir dar. Wir stellen in jeder Landtagssitzung unsere Auffassung dar. Der Punkt ist: Weil Sie sich auf die Analyse der Bundesregierung bezogen haben, muss ich auch auf diese Analyse eingehen. Das, was wir landespolitisch machen, werde ich noch sagen.
Um den Faden wieder aufzunehmen: Wir dürfen nicht den Fehler machen, in der gesellschaftlichen Diskussion, die wir gerade führen, die Arbeitsmarktpolitik als Allheilmittel oder als Wunderwaffe schlechthin zu betrachten. Sie kann nur einen Ausgleichsprozess auf dem Arbeitsmarkt unterstützen, aber nicht selbst in dieser Wirkung eintreten, auch wenn Sie von der Linkspartei.PDS dies immer unterstellen. Ich werde auf Ihre konkreten Vorschläge noch zu sprechen kommen.
Nach meiner festen Überzeugung ist es in Deutschland Konsens, die Arbeitsmarktpolitik nicht gesondert zu betrachten, sondern Finanz- und Wirtschaftspolitik daneben zu stellen und zu fragen, wie den vielen Menschen geholfen werden kann, die in Zukunft keine oder kaum eine Beschäftigung finden werden.
In diesem Rahmen werden wir sicherlich gemeinsam auch feststellen können, dass zwischen 2003 und 2005 immerhin fast 130 000 Menschen im direkten Bezug zum ersten Arbeitsmarkt gefördert worden sind. Wir legen landespolitisch besonderes Augenmerk darauf, dies zu schaffen und nicht nur solitär, wie es Ihr Ziel ist, als letzte Alternative den öffentlichen Beschäftigungssektor zu schaffen. Wir versuchen vielmehr in einem ersten Schritt den Bezug zum ersten Arbeitsmarkt herzustellen. Das betrifft die Sicherung der Erstausbildung unserer Jugendlichen und die Qualifizierung der Beschäftigten in den kleinen und mittleren Unternehmen. Natürlich setzen wir auch einen Schwerpunkt auf Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit heraus, die wir gut begleiten und mit denen wir bisher gute Erfolge erzielt haben. Rund 88 % der Arbeitsfördermittel unseres Landesprogramms wurden 2005 in Abstimmung mit der Wirtschaftsförderung für wirtschaftsnahe Förderung eingesetzt. Das ist unsere Prioritätensetzung, Sie von der PDS haben eine andere.
Etliche Fragen beziehen sich auf die Ich-AG und auf das Überbrückungsgeld. Darauf gehe ich nicht weiter ein, weil das Maßnahmen sind, die abgeschafft wurden. Wir haben das Instrument des Gründungszuschusses, bei dem die positiven Elemente verknüpft werden sollen. Allerdings wird dieses Instrument nicht so nachgefragt, wie wir es uns wünschen und vorstellen. Das muss geprüft werden. Wichtig bei dem neuen Instrument ist aber, dass wir mehr Wert darauf legen, die Eignung der Existenzgründer unter die Lupe zu nehmen und die Qualität der Existenzgründung besser zu kontrollieren, indem eine halbjährliche Kontrolle der Existenzgründungen vorgesehen ist.
Weitere Teilfragen zielen darauf ab, dass die Landesregierung für die Schaffung sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze im Allgemeinen und im gemeinwohlorientierten Bereich im
Speziellen verantwortlich gemacht werden soll. Ich wiederhole nicht noch einmal, wo wir die eigentliche Verantwortung für die Schaffung von Arbeitsplätzen sehen. Ich bestreite vehement, dass das allein Aufgabe der Politik ist. Wir wissen, dass im Bereich der Wirtschaft nach wie vor neue Arbeitsplätze geschaffen werden können. Die Spielräume unseres Handelns, des staatlichen Handelns, sind begrenzt, aber wir können natürlich die Rahmen setzen und werden dies auch tun.
In erster Linie ist hier aber der Bund zuständig. Das ist keine Ausrede, wenn ich darauf immer wieder hinweise, sondern ein Fakt, der akzeptiert werden muss. Die Regionalisierung der Arbeitsmarktpolitik ist beschlossene Sache. Die Länder haben dafür zu sorgen, dass die Gesetze umgesetzt werden und nicht an den Gesetzen vorbei gehandelt wird. Alles andere liegt in der Handlungshoheit der Regionen, dort, wo sich die Arbeitslosen befinden, dort, wo man die Bedürfnisse kennt. Das soll so bleiben und das unterstützen wir. Dazu werde ich nachher noch etwas sagen.
Wir haben heute in unserer Aktuellen Stunde etwas über die Neustrukturierung unserer Wirtschaftsförderpolitik erfahren. Es ist ein landespolitischer Schwerpunkt, die arbeitsmarktpolitischen mit den wirtschaftspolitischen Instrumenten zu verknüpfen. Wir versuchen, Wirtschaftsförderung immer mit beschäftigungswirksamen Maßnahmen und mit Qualifizierung für Neuansiedlungen zu koppeln. Das haben wir in mehreren guten Beispielen schon gemeinsam geschafft und ist auch auszubauen.
Ich möchte auf Ihr Feld, Herr Görke, zu sprechen kommen, auf die gemeinwohlorientierten Tätigkeiten. Sowohl nach SGB II als auch SGB III ist das jetzt schon möglich. Das ist ein Instrument, das mit dem Eingliederungszuschuss zum einen und mit dem Einstiegsgeld zum anderen schon existiert.
Wir haben heute mehrfach ausgeführt, dass der Bund derzeit überlegt, für schwer vermittelbare Arbeitslose Instrumente zu finden, die ihnen einen längerfristigen Verbleib in Maßnahmen erlauben. Das finde ich wirklich richtig, weil schwer vermittelbare Arbeitslose kaum oder gar keine Chancen haben, auf dem Arbeitsmarkt einen regulären Arbeitsplatz zu bekommen.
Wo immer es machbar ist - das ist ein ganz wichtiger Punkt -, sollten sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gefördert werden. Hier teile ich voll die Auffassung von Frau Schröder. 1-Euro-Jobs sind nicht das beste Mittel, aber es ist ein Instrument. Über die sinnvolle Verwendung dieses Instruments muss man in den ARGEn und in den optierenden Kommunen sehr genau nachdenken.
Ich möchte noch auf die aktuellen Aspekte eingehen. Als Ländervertreter bin ich in der Arbeitsgruppe zum SGB II. Die Ergebnisse und die Empfehlungen, die dort erarbeitet werden, werden Ende des Jahres vorliegen.