Protokoll der Sitzung vom 22.05.2006

So leicht mache ich es Ihnen dann doch nicht.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Fraktion hat Ihren Bericht mit Interesse zur Kenntnis genommen. Wir fühlen uns erneut in unserer grundlegenden Auffassung bestätigt, dass es ohne eine konsequente Aufgabenkritik, verbunden mit dem Ziel einer Funktionalreform, also dem Festlegen, wer was macht, wer wofür verantwortlich ist und wo welche Prozesse laufen müssen, um bürgernah zu agieren, keinen konsequenten Prozess der Entbürokratisierung und der Verwaltungsmodernisierung geben kann, ja, geben wird.

Das Verwaltungsmodernisierungsgesetz schreibt strikte Grundsätze zur Aufgabenwahrnehmung mit dem Ziel fest, sich auf Kernkompetenzen staatlichen Handelns zu beschränken und die Erfüllung von Aufgaben, soweit es die Rechtsnatur zulässt, auf Dritte zu übertragen. Dazu gehört nicht zuletzt auch die Kommunalisierung einzelner Landesaufgaben.

Herr Minister, bereits 2003 hörten wir von Ihrer Vorgängerin, dass Aufgabenkritik nicht erst mit der Vorlage des Verwaltungsmodernisierungsgesetzes initiiert wurde, sondern seit einigen Jahren in vollem Gange sei.

Die im Gesetz festgeschriebene Ausgliederung von Behörden und Einrichtungen aus der Landesverwaltung, die Aufgabenbündelung innerhalb der Landesverwaltung sowie die Zusammenarbeit mit Berlin müssen auf Ergebnissen eingehender Prü

fungen im Rahmen des andauernden Prozesses der Verwaltungsoptimierung basieren.

Unbestritten ist Verwaltungsmodernisierung eine Daueraufgabe, doch bedeutet dies nicht, sich dauerhaft mit den gleichen Problemen auseinanderzusetzen. Seit drei Jahren ist dieses Gesetz in Kraft, der dritte Bericht ist im Übrigen im Vergleich zu den vorangegangenen qualitativ miserabel.

Doch die Umsetzung der selbst auferlegten Pflichten geht mehr als schleppend voran. Mal verspricht man zeitnahe Ergebnisse und begründet fehlende Umsetzung mit laufenden Untersuchungen, und wir erfahren, dass man sich mit einzelnen Aufgaben noch gar nicht auseinandergesetzt hat. Dabei haben wir natürlich nicht übersehen, dass Aufgaben des Gesetzes bereits umgesetzt wurden, aber - und dies sei genannt - von den 23 Aufgaben, die gemäß § 3 Verwaltungsmodernisierungsgesetz ganz oder teilweise ausgegliedert werden sollten, sind bisher ganze vier tatsächlich im Sinne des Gesetzes auf Dritte übertragen worden; denn die Zusammenlegung einzelner Ämter, die Eingliederung der Aufgaben aufgelöster Ämter in andere und auch die Gründung von Landesbetrieben sind wohl keine Ausgliederungen im Sinne des Gesetzes.

Wie der Ausgliederungsbericht der Landesregierung von 2004 definiert, bedeutet nämlich Ausgliederung von Aufgaben, Aufgaben aus der Aufgabenerfüllung auf ein Rechtssubjekt zu übertragen, das nicht zur unmittelbaren Landesverwaltung gehört, also nicht auf Behörden des Landes sowie Landeseinrichtungen und Landesbetriebe. Es stellt sich also die Frage, inwieweit hier tatsächlich dem Gesetz entsprochen wurde und wird.

Was der Bericht jedoch in Gänze vermissen lässt - das ist unsere Hauptkritik -, ist eine objektive Bewertung der tatsächlich ausgeführten Aufgabenkritik. Anhand des vorliegenden Berichts ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen welche Entscheidungen getroffen oder eben auch nicht getroffen wurden. Auch oder - besser - gerade weil die Durchführung der Aufgabenkritik in der Ressorthoheit liegt, obliegt es dem für Verwaltungsmodernisierung zuständigen Minister, eine kritische und zusammenfassende Einschätzung vorzunehmen. Eine solche findet sich im Bericht aber nicht.

Warum ist im Einzelfall die Aufgabenbündelung unwirtschaftlich, eine Umstrukturierung besser als eine Ausgliederung?

Ohne solche Einschätzungen und Bewertungen ist Aufgabenkritik weder transparent noch nachvollziehbar.

Wenn man einmal zu dem Ergebnis gekommen ist, dass eine Aufgabe nicht verändert werden kann oder soll, muss das dann vielleicht auch zu der Erkenntnis führen, dass eine Überarbeitung des Verwaltungsmodernisierungsgesetzes erforderlich ist. Anderenfalls wird uns die Landesregierung jedes Jahr bei der vorzunehmenden Berichterstattung an den Landtag die gleichen Fragestellungen gleich begründen. Ich denke, dazu fehlt uns allen die Zeit.

Lassen Sie uns also da weitermachen, wo es wirklich nottut. Lassen Sie uns gemeinsam schauen, welche Aufgaben das Land künftig noch wahrnehmen muss und soll und welche Aufgaben besser, effektiver und bürgerfreundlicher vor Ort geregelt werden können.

(Vereinzelt Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Denn im Ergebnis wollen wir doch alle das Gleiche - zumindest habe ich den Eindruck bei meinen Kollegen im Sonderausschuss -: mehr Bürgerservice, mehr Entscheidungskompetenzen vor Ort.

Meine Damen und Herren, es bleibt dabei: Beurteile den Menschen nicht nach seinen Worten, sondern nach seinen Handlungen! - Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Die Abgeordnete Fischer hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bericht der Landesregierung zur Aufgabenkritik, zur Verwaltungsmodernisierung liegt auf dem Tisch und ich denke, allein schon an der Überschrift sehen wir, welche dicken Bretter da zu bohren sind: Aufgabenkritik, Verwaltungsmodernisierung, Bürokratieabbau. Wir sollten dabei vor allem das Ziel nicht aus den Augen verlieren. Es geht nämlich um unsere Bürgerinnen und Bürger, es geht um unsere Wirtschaft, es geht um alle, die von der Verwaltung eine Leistung bekommen.

Diese Zielgruppe interessiert letztlich nur, was bei ihr an Erleichterungen unmittelbar ankommt. Dazu gehören die Fragen, ob die Anträge online gestellt werden können, ob seitens der Verwaltung ein Ansprechpartner da ist, der weiterhelfen kann, der bei Problemen Anregungen geben kann, wie schnell ein Antrag bearbeitet wird, wie hoch die Gebühren sind, ob die Formulare wirklich nötig sind und ob sie - wenn ja -, überhaupt verständlich sind.

Wir wollen im Sonderausschuss - ich denke, wir wollen das auch hier im Parlament - diesen Interessen nachkommen und wir wollen in der Tat, dass die Leistung der Verwaltung einfacher, schneller und günstiger wird.

Wir teilen auch die Überzeugung, dass das nicht nur notwendig - der Finanzminister hat die richtigen Stichpunkte genannt: die finanziellen Rahmenbedingungen, die demografische Entwicklung -, sondern auch möglich ist. Das Haushaltssicherungsgesetz 2003 - über den Bericht dazu diskutieren wir heute - hat zwei Ansätze miteinander verzahnt, nämlich auf der einen Seite die Verwaltung zu modernisieren und auf der anderen Seite den Haushalt zu konsolidieren, und zwar über den Weg der Aufgabenkritik. Dabei geht es nicht nur um das Ob, also ob eine Aufgabe wahrgenommen werden muss, sondern vor allem auch um das Wie, also um die Intensität der Aufgabenwahrnehmung.

Um das auf den Punkt zu bringen: Wenn wir über Verwaltungsmodernisierung reden, geht es um nicht weniger als die Handlungsfähigkeit des Landes, um die Fähigkeit, den Bürgern in der Fläche qualifizierte öffentliche Dienstleistungen zu erbringen, auf die sie auch einen Anspruch haben.

Zum Bericht selbst: Der Minister der Finanzen hat den Bericht nicht nur heute, sondern bereits letzte Woche im Sonderausschuss vorgestellt. Ich kann nur bestätigen, er hat völlig zu

Recht festgestellt: Etliches ist geschehen, über 70 Behörden und Einrichtungen wurden gebündelt bzw. aufgelöst. Ich denke, dass man die Anstrengungen und Erfolge - wir als Mitglieder dieses Sonderausschusses wissen, Frau Kollegin Mächtig, wie anstrengend das Erreichen dieser Erfolge ist - auch ausdrücklich würdigt.

Der Minister hat aber auch festgestellt, dass die Ergebnisse der Zweckkritik in den letzten Jahren nicht ausreichend waren, dass allgemein eine unzureichende Bereitschaft zur Aufgabenreduzierung besteht - das wurde gerade noch einmal bestätigt und dass das Tempo zu langsam ist. Meine Fraktion teilt diese deutliche Einschätzung. Sie entspricht auch der Situationsbeschreibung. Die Parallelen sind zur Einbringung des Haushalts 2007 noch einmal aufgezeigt worden.

Ich erinnere daran: Es war in der Debatte im letzten Monat, als der Finanzminister sagte, dass wir trotz aller Erfolge mit der Reduzierung, der Konzentration oder der effizienten Organisation der Aufgaben noch nicht den Stand erreicht haben, der uns in die Lage versetzt, zu sagen, dass das ausreichend oder genügend ist, sondern hier gilt es, auch die Geschwindigkeit zu erhöhen.

Zu den einzelnen Projekten aus dem Verwaltungsmodernisierungsgesetz gibt es noch Klärungsbedarf, und zwar nicht nur mit Blick auf die Zeitschiene. Wir haben eine zentrale Vorschrift in diesem Verwaltungsmodernisierungsgesetz, § 2, der lautet, dass alle Bereiche ständig darauf zu überprüfen sind, ob wir sie ausgliedern können bzw. ob sie zweckmäßiger oder wirtschaftlicher durch Dritte zu erfüllen sind. Das ist heute schon angesprochen worden. Das ist ein schwieriger, aber notwendiger Prozess. Das Land geht diesen Weg trotzdem.

Man muss bei dem Stichwort Ausgliederung sagen, dass die Landesregierung dem Sinn und Zweck des Gesetzes nur teilweise entspricht. Aber ich teile die günstige Einschätzung des Finanzministers, was die Aufgabenbündelung und die Zusammenarbeit mit dem Land Berlin betrifft. Ich denke, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gibt es vielleicht auch auf der Berliner Seite ein wenig mehr Entscheidungsfreudigkeit, mit uns - die Bereiche sind gerade angesprochen worden - zusammenzugehen.

Aufgabenkritik ist Daueraufgabe. Frau Kollegin Mächtig, nur eines: Wir stellen uns ihr nicht nur hier im Parlament, sondern auch die Landesregierung stellt sich ihr. Es ist allerdings nicht nur die Aufgabe des Finanzministers, sondern Aufgabe aller Fachressorts.

Für die SPD-Fraktion kann ich sagen: Wir unterstützen die Landesregierung bei ihren Anstrengungen zur Verwaltungsmodernisierung und vor allen Dingen auch - das ist ganz wichtig - zur Entwicklung von längerfristigen Perspektiven für die Verwaltungsstrukturen im Land. Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren - damit will ich enden -, Verwaltungsreform, Ausgliederung, Aufgabenkritik, das alles ist kein Selbstzweck. Eines sollte dabei immer im Mittelpunkt stehen: Was kommt bei den Bürgern, was kommt bei der Wirtschaft unmittelbar an? Solange wir uns daran orientieren und alle Kräfte danach ausrichten, sind wir auf dem richtigen Weg. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Der Abgeordnete Claus spricht für die DVU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Das Schaffen von modernen, effektiven und bürgerfreundlichen Verwaltungen ist natürlich eine ernsthafte Aufgabe. Zum Thema Verwaltungsmodernisierung liegt uns heute der Bericht des Finanzministers vor. Dies gehört natürlich in den Sonderausschuss, das ist klar.

Den Bericht habe ich mir auch zu Gemüte geführt, meine Damen und Herren. Darin ist durchgehend in Bezug auf sämtliche Ressorts die Rede von aufgabenkritischem Handeln, dezentralen aufgabenkritischen Prozessen, Optimierung von Prozessen oder Daueraufgaben sowie davon, dass mehr oder weniger ganze Gremien damit beschäftigt sind, und alle machen mit.

Wenn viele beschäftigt sind, ist das meistens gut. Wenn alle mitmachen, ist das immer gut, meine Damen und Herren. Mit ein wenig Fantasie inklusive schulischer Draufgabe, gepaart mit Allgemeinwissen, kann man sich unter den genannten Begriffen auch etwas vorstellen. Das klingt so ähnlich wie Planerfüllung, nur, die soll hier dezentral erfolgen. So weit, so gut.

Nun also zu dem, was laut Bericht aufgabenkritisch optimiert wird. Ich gehe einmal die einzelnen Ressorts durch.

Staatskanzlei: Gleichzeitig wird eingeführt. - Das ist begrüßenswert. Dazu fällt einem ein: Das sollte vielleicht auch überall dort passieren, wo es ansonsten in Behörden bei schwankenden Aufgaben unterschiedlichen Arbeitsanfall gibt. Kostenund Leistungsrechnung sowie ein Managementsystem werden eingeführt. - Prima, kann man sagen. Wenn der Bericht nun auch noch Angaben darüber enthielte, was das inzwischen für konkrete Ergebnisse zeigt, dann wäre das ebenfalls prima und besser.

Inneres: Die Schule für Brand- und Katastrophenschutz soll nicht geschlossen werden. Das meinen wir auch. Die Gründung des Landesbetriebes LDS ist abgeschlossen. Aber was hat das konkret gebracht, meine Damen und Herren? Das Ministerium für Finanzen konnte auch in der letzten Woche im Innenausschuss dazu nichts sagen. In Bezug auf die Fachhochschule der Polizei müssen die Vorstellungen erst noch mit Berlin abgestimmt werden, steht im Bericht. Da stellt sich mir die Frage: Was kostet diese Abstimmung eigentlich an Ressourcen? Wäre es vielleicht günstiger, dort räumte ein Dritter auf?

Justiz: Gemeinsame Obergerichte mit Berlin, gemeinsames Justizprüfungsamt mit Berlin, Zentrales Mahngericht mit Berlin. Auch das tragen wir als DVU-Fraktion mit.

(Dr. Klocksin [SPD]: Wunderbar!)

Bildung: Mehr Selbstständigkeit für Schulen. - Damit kann man sich eigentlich anfreunden, vorausgesetzt, es ist klar, was als Ergebnis, also Lernerfolg, dabei herauskommen soll. Ansonsten bekommen die Mitarbeiter sicherlich ihre Schulen selbst besser in den Griff als die Landesregierung.

Wissenschaft, Forschung und Kultur: Es werden gemeinsame

Verwaltungsbereiche der Hochschulen geschaffen. - Aber Angaben dazu, was es kostet, was es bringt, fehlen, etwa zur Einsparung, Vermeidung von Wasserköpfen - sage ich einmal -, Kundenfreundlichkeit.

Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie: Man macht sich dort darüber Gedanken - das ist jetzt sehr prägnant -, das Institut für Rechtsmedizin auszugliedern. Dazu kann man nur sagen: Das ist gut. Das Institut passt wohl auch besser zum Ressort Wissenschaft oder Justiz. Für mehr Gesundheit sorgt es wohl nicht. Mit Familie oder Soziales hat es tatsächlich nichts zu tun, mit Arbeit eher auch nicht, außer dass die Leute, die dort arbeiten, eigentlich Leichen sezieren. Also lässt sich erst einmal feststellen: Dort ist es tatsächlich wunderschön.

Anschließend habe ich das Ganze sacken lassen, meine Damen und Herren. Dabei überkam mich ein ungutes Gefühl. Es ist viel die Rede von der Fusion mit Berlin, von Landesbetrieben, von Zusammenführungen usw. Wie es mit Berlin aussieht, das hat der Ministerpräsident schon vorige Woche festgestellt, als das Ergebnis des Bundesverfassungsgerichts bekannt geworden ist. Aber was geschieht eigentlich konkret mit den originären Verwaltungsbehörden? Was ist dort mit den überkommenen Hierarchien, mit Aktenumläufen, mit den Wasserköpfen und mit dem unbedarften Bürger, der von Amt zu Amt, von Sachbearbeiter zu Sachbearbeiter läuft, bis er einen Zuständigen triff? Das ist doch wohl nach wie vor der Kernbereich des staatlichen Handelns gegenüber dem Bürger. Geschieht dort nichts, meine Damen und Herren? Wenn nein, dann sollten wir das schleunigst ändern, wenn ja, dann enthält der Bericht des Finanzministers gravierende Mängel und Lücken und muss schleunigst nachgebessert werden. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Den Abschluss der Debatte bestreitet der Abgeordnete Dombrowski für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja schon einiges gesagt worden, auch Kritisches, aber man muss auch einmal feststellen, dass wir auf einem richtigen und guten Weg sind. Wir haben aber noch nicht alles auf dem Weg der Verwaltungsmodernisierung und der Neubestimmung unserer Verwaltungsziele erreicht. Anderswo ist eben auch nicht alles Gold, was glänzt. Ich sage das, weil Sie gern auf andere verweisen.

Als ich kürzlich zur Beerdigung von Heinz Sielmann in Niedersachsen war, sagte mir ein niedersächsischer Kollege, als wir über Bürokratieabbau sprachen, dass es in Niedersachsen vier Rechtsverordnungen gibt, die nichts anderes regeln als die Jagdhundeausbildung an der lebenden Ente. Dass man vier Rechtsverordnungen braucht, um einen Sachverhalt zu regeln, ist schon beachtlich.