- Nicht „oh, oh, oh“, Frau Tack; es geht um eine sehr sinnvolle Kette von Maßnahmen, wie Sie auch noch feststellen werden.
In der Begründung des Antrags ist ein Hinweis auf das Stichwort Ostercamp gegeben. Darüber haben wir schon ein wenig sprechen können. Ich sage es ganz deutlich: Die Kolleginnen und Kollegen in Bremen haben damit gute Erfolge erzielt. Sie haben in einem für die jungen Leute freiwilligen Modell erreicht, dass insgesamt zwei Drittel von ihnen, aber auch der Lehrer geäußert haben, dieses Projekt sei sinnvoll. Sie halten das Projekt auch dauerhaft für sinnvoll. 40 % haben ihre Leistungen um mindestens eine Note verbessern können. Insgesamt 50 % der jungen Leute, die vorher versetzungsgefährdet waren, haben anschließend die Versetzung in die nächste Klassenstufe erreicht. Dies zeigt: Das Modell ist auch für Brandenburg eine Möglichkeit.
Dieses Modell ist übrigens kostengünstiger als alles andere; das ist ein wichtiger Punkt für diejenigen, die sich im Hause öfter mit Finanzfragen zu befassen haben. Wenn wir junge Leute schon im Laufe des schulischen Prozesses zu Erfolgen bringen können, so ist dies auch für die Gesamtheit im Land Brandenburg kostengünstiger und damit auch sinnvoller.
Abschließend noch Folgendes: Wir wollen durch gezielte Fördermaßnahmen gerade in den Kernbereichen Deutsch, Mathematik und Fremdsprache die Motivation und die Leistungen der jungen Leute ganz gezielt erhöhen, denn es ist klar, dass es das Ziel der Großen Koalition ist und bleibt, jedes Kind zu bilden. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Senftleben. - Für die Fraktion der Linkspartei.PDS spricht nun die Abgeordnete Große.
nau so ist es oft bei Ehe- und Beziehungkrisen: Die Kinder zeigen durch ihr hyperaktives Verhalten, dass sie Zuwendung brauchen. Das ist sozusagen ein Hilfeschrei, eher nach innen, auf die Partnerschaft gerichtet. Die Kollegen Senftleben und Geywitz haben diesen Antrag kreiert und wollen also zeigen, wie handlungsfähig diese Koalition doch wäre, wenn man das Geschäft den Jüngeren überließe. Frau Kollegin Geywitz muss das Ganze heute auch noch verteidigen.
Mitten in der Haushaltsdebatte und mitten im parlamentarischen Verfahren zum Schulgesetz wuseln Sie jetzt vier Anträge zusammen, deren Ziel das Erstellen von Konzeptionen ist, die natürlich mit Haushalt und Schulgesetz zusammenhängen. Abgesehen davon bekommen wir als Opposition bei unserem Verlangen nach Konzeptionen immer reflexartig vorgehalten, wir wollten den Eindruck der Konzeptionslosigkeit erwecken.
Ich hätte nie geglaubt, dass der Aktionismus, den die Koalition seit zehn Jahren im Bildungsbereich an den Tag legt, noch zu übertreffen ist. - So irrt man sich.
„Um die Wiederholerquote in Brandenburg zu senken und dabei nicht die Qualität und die Anforderungen des Unterrichts zu beeinträchtigen, sind Fördermaßnahmen zur Vermeidung der Nichtversetzung weiter auszubauen.“
So heißt es in diesem Antrag. Da wundert sich die Deutschlehrerin und Bildungspolitikerin schon sehr. Wie könnte das Senken der Wiederholerquote die Anforderungen des Unterrichts und seine Qualität beeinträchtigen? Ist nicht ureigene Angelegenheit von Unterricht, Nichtversetzung durch individuelle Förderung zu verhindern?
Es kommt noch schlimmer: Sie fokussieren in Ihrem Antrag auf die Sekundarstufe I. Da sind aber meist Kinder schon „in den Brunnen gefallen“, weil Sie dafür gesorgt haben, dass es an den Grundschulen kaum mehr Förder- und Teilungsunterricht gibt. Zwar gibt es jetzt die individuelle Lernstandsfeststellung und die flexible Eingangsphase, aber Förder- und Teilungsunterricht eben nicht mehr. Selbst Integrationsklassen haben oft mehr als die vorgeschriebene Zahl von 23 Schülern. Gehen Sie einfach einmal an eine Oberschule in diesem Land und fragen Sie dort, wie das Angebot an zur Verfügung gestellten Förderstunden oder Hilfen bei Kindern mit besonderem Förderbedarf im gemeinsamen Unterricht bewertet wird. Machen Sie mit Ihrem Antrag einfach einmal den Praxistest!
Leisten wollen Sie das wunderbare Fördern nun unter anderem, indem den Schulen kapitalisierte Mittel zur Verfügung gestellt werden. Sie wollen es prüfen lassen; da sehe ich doch schon den Wink mit dem Zaunpfahl. Eine wirklich revolutionäre Idee ist das! Schule soll also Lehrkräfte oder Muttis oder Opis oder 1-Euro-Jobber kaufen, um die gekürzten Stellen ersetzen zu können. Ein Stück aus dem Tollhaus ist das.
Mir wird angst und bange, wenn das Ihre Vorstellung von selbstständiger Schule unter der großen Überschrift „Eigenverantwortung“ ist.
Aber auch damit noch nicht genug. Sie wollen vor allem Teilleistungsschwächen beheben und die Lernmotivation erhöhen, so das in Ihrem Antrag erklärte Ziel. In der Schulgesetznovelle wollen Sie aber gerade den Begriff der Teilleistungsstörung eliminieren. Lese-Rechtschreib-Schwäche und Dyskalkulie sollen dann nur noch unverbindlich und verwaschen als „Schwierigkeiten im Lesen und Rechnen“ bezeichnet werden. Wie ernst nehmen Sie Ihre Novelle eigentlich selbst?
Es kommt noch besser. In Ihrer Begründung steht, Sie könnten sich vorstellen, das Bremer Ostercamp-Modell zu übernehmen. Das ist eine gute Idee angesichts der Bremer PISA-Ergebnisse! Eine gute Idee ist auch, eine Lese-Rechtschreib-Schwäche und eine Dyskalkulie in einem anderthalb Wochen dauernden Ostercamp beseitigen und Chancen von Kindern mit Defiziten in diesem Bereich verbessern zu wollen. Vielleicht versuchen Sie es wirklich erst einmal mit ganz konventionellen Mitteln: Flexible Eingangsphase ausweiten, individuelle Lernstandsförderung ausbauen, Klassen verkleinern, mehr Förder- und Teilungsunterricht, Ausfinanzierung der Ganztagsbetreuung, Ausbau von produktivem Lernen und Praxislernen, Ausbau des Stützsystems und Fortbildung der Lehrkräfte im Bereich Diagnostik.
Für die Motivation der Lehrkräfte sind Sie ebenfalls zuständig. Ich erinnere an die frustrierten etwa 2 000 Lehrerinnen und Lehrer bei der heutigen Demonstration. - Vielleicht wollten Sie mit Ihrem Antrag motivierend zur Heiterkeit in den Lehrerzimmern beitragen. Aber auch das ist Ihnen leider nicht gelungen.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Große. - Für die SPD-Fraktion spricht nun Frau Siebke. Bitte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum wiederholten Male befassen wir uns mit Versetzungsregelungen und deren Folgen und Nichtfolgen. Versetzungsregelungen haben in Deutschland eine lange Tradition. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie problematisch sind. Fest steht - das haben Untersuchungen nicht nur politischer Parteien, sondern auch der Wissenschaft erwiesen -, dass es für das Schulsystem kostenintensiv ist, wenn Schüler einmal oder mehrmals ein Schuljahr oder mehrere Schuljahre wiederholen. Dazu schwirren Zahlen im Raum herum, dass es in Deutschland insgesamt 300 000 Euro koste, wenn Schüler in Größenordnungen Schuljahre wiederholten.
Aber es gibt dabei noch einen zweiten Aspekt. In den meisten Fällen - so wurde festgestellt - ist es pädagogisch wenig hilfreich, ein Schuljahr zu wiederholen, ohne bestimmte Förderungen anzusetzen, denn die Schüler sind nicht in allen Fächern gleich schlecht. Vielmehr gibt es Schwerpunkte, bei denen sie Mängel aufweisen, hinsichtlich derer sie also gefördert werden müssen. Ohne Förderung tritt selten eine Besserung ein. Außerdem bedeutet es für diese Schüler natürlich eine Stigmatisierung; dies führt nicht dazu, dass ihre Lernmotivation steigt.
Nun können Sie natürlich fragen: Warum hat die Koalition die Versetzungsregelung mit dem Schulgesetz in den letzten Jahren verschärft? - Die SPD-Fraktion hat immer dafür plädiert das wissen diejenigen, die schon länger im Hause sind -, diese Schüler entsprechend ihrem Lernstand zu fordern, aber auch zu fördern, nicht aber dafür, an Versetzungsregelungen zu basteln. Unser Koalitionspartner sah das anders und meinte, die Schüler lernten besser und kämen automatisch zu besseren Ergebnissen, wenn die Drohung im Raume stehe.
Zurzeit häufen sich in den Klassen 8 und 9 die Nichtversetzungen, beginnend auch schon in Klasse 7, aber natürlich auch in den Klassen 1 und 2. Mit dieser neuen Regelung haben wir das Problem also nicht gelöst. Deswegen stehe ich jetzt hier und freue mich über die nunmehr gereifte Einsicht, dass Förderung notwendig ist, wenn man Nichtversetzung vermeiden will. Auch wenn es ein Umweg war, so ist das Ergebnis doch sehr positiv.
Nun zu unserem Antrag insgesamt: Frau Große hat eben interpretiert, was diese Förderung heißt, ohne den Unterricht zu gefährden oder zu beeinträchtigen. Das kann man auch positiv sehen. Natürlich ist es wichtig, bestimmte Ressourcen zu haben, um Kinder individuell und integrativ fördern zu können. Das heißt nicht automatisch, diese Kinder nur außerhalb des Unterrichts fördern zu wollen. Aber ich möchte nicht bestreiten, dass es auch Formen geben kann, mit denen über den Unterricht hinaus Fördermöglichkeiten angeboten werden. Sie sprachen selbst von Ganztagsbetreuung. Ich hätte im Prinzip auch nichts dagegen, wenn dies bestimmten Gruppen in den Ferien angeboten würde. Denn Eltern, die Geld haben, schicken ihre Kinder zu Förderunterricht - und zwar auch in den Ferien -, um ihnen solche Misserfolgserlebnisse zu ersparen. Ich meine, wir sind für alle Kinder verantwortlich.
Gegenüber der Kapitalisierung von Mitteln haben Sie Ihre Befürchtungen geäußert. Ich sehe das nicht. Wenn es um die Kernfächer wie Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache geht, kann ich nicht auf Muttis, Vatis, Omas - oder wen Sie noch nannten - zurückgreifen. Vielleicht könnten auch, wenn die Schulen entsprechende Mittel zur Verfügung haben, Lehrer in ihren Freistunden, oder Lehrer, die im Ruhestand sind, zu diesem Förderunterricht herangezogen werden. Darüber, dass diese Förderung qualifiziert erfolgen muss, sind wir uns, glaube ich, durchaus einig. Ich meine, den Begriff Teilleistungsschwäche sollte man hier nicht so ernst nehmen. Ich plädiere dafür zu sagen, dass Schüler auf unterschiedlichen Gebieten Schwächen haben und diese Schüler entsprechend zu fördern sind.
Ich erwarte, dass uns das Bildungsministerium Mitte 2007 noch einmal aufgelistet zeigt, was für Möglichkeiten wir haben, wo unsere Schwächen liegen, um dann auch einmal zu sagen, was es uns kostet, mehr Schüler im System zu haben, was nicht zu sein brauchte, und ob es nicht besser wäre, diese Mittel einzusetzen, um die entsprechende Förderung anzubieten. - Danke.
den Antrag wollen die Koalitionsfraktionen vorgeblich erreichen, dass weniger Brandenburger Schüler sitzenbleiben. Dazu soll die Landesregierung aufzählen, wie sie bisher die Schüler fördert, und prüfen, ob es weitere Fördermöglichkeiten gibt. Unter anderem wird vorgeschlagen, die Lernmotivation versetzungsgefährdeter Schüler zu erhöhen. Hier liegt nach Meinung der DVU-Fraktion einer der Hauptgründe für die schlechten Leistungen etlicher Schüler. Denn - und das haben Untersuchungen ergeben - intellektuell sind nur die wenigsten nicht in der Lage, das Klassenziel zu erreichen.
Meine Damen und Herren, es ist richtig, zu viele Schüler erreichen das Klassenziel nicht und müssen die Klassenstufe wiederholen. Das ist weder für den Schüler angenehm, noch dürfte das Wiederholen von Jahrgangsstufen im gesellschaftlichen Interesse liegen; denn das alles kostet ja Geld.
Aber auch das zusätzliche Fördern dieser versetzungsgefährdeten Schüler wird nicht zum Nulltarif zu haben sein. Schön wäre es natürlich, wenn alle Kinder und ihre Eltern so motiviert wären, dass sie die Notwendigkeit einer ordentlichen Schulbildung erkennen und ihre Anstrengungen diesbezüglich verstärken würden. Viel Geld ließe sich dadurch sparen. Denn, wie jetzt auch führende SPD-Politiker erkannt haben, der Staat ist finanziell längst schon an seine Grenzen gestoßen, was die Kosten für die Reparaturarbeiten anbelangt.
Um es kurz zu machen: Wir werden diesem Antrag zustimmen, denn es kann ja nicht schaden, die Landesregierung aufzufordern, sich Gedanken darüber zu machen, wie man die Zahl der Sitzenbleiber reduziert, ohne die Unterrichtsqualität noch weiter zu verschlechtern. Schließlich kann man keinem Schüler zumuten, länger an einer Brandenburger Schule zu bleiben als unbedingt notwendig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag greift ein wichtiges und mir sehr am Herzen liegendes Anliegen auf. Mein Haus wird auftragsgemäß die bereits zahlreich existierenden Fördermaßnahmen zur Senkung der Wiederholungsquote einer kritischen Durchsicht unterziehen und Ihnen bis Mitte des nächsten Jahres das Ergebnis vorstellen. Selbstverständlich werden wir auch zusätzliche Maßnahmen, die das bestehende System gut ergänzen können, prüfen. Dazu, Herr Senftleben, werden mit Sicherheit auch die Ostercamps gehören.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang - so ist es im Antrag aber auch formuliert - eines mit aller Deutlichkeit sagen: Die Senkung der Wiederholerquote darf keinesfalls mit einer Absenkung des Anforderungsprofils bzw. mit Abstrichen an der Unterrichtsqualität verbunden sein. Ich glaube aber, an diesem Punkt sind wir uns alle einig, darüber brauchen wir uns nicht zu streiten.
zu führen, dass einzelne Schülerinnen und Schüler ein Schuljahr wiederholen müssen, vielfältig bedingt. Sie haben in dem Antrag einige der Gründe und Ursachen aufgezählt. Beim Umgang mit Teilleistungsschwächen ist in unseren Schulen schon jetzt ein differenziertes Instrumentarium vorhanden, mit dessen Hilfe beispielsweise die Lese-Rechtschreib-Schwäche bei Schülerinnen und Schülern bekämpft werden kann. Damit können vorhandene Begabungen, die durchaus mit der Schwäche im Einklang stehen können, gefördert und Schwächen behoben werden.
Für den Förderunterricht in kleinen Lerngruppen zur Überwindung besonderer Leistungsdefizite in der Sekundarstufe I hat das Ministerium im letzten Schuljahr insgesamt 2928 Lehrerwochenstunden zur Verfügung gestellt. Das entspricht immerhin 112 Vollzeitlehrerstellen. Ich würde die Zahl, Frau Große, wenn Sie es wünschen, wiederholen, weil Sie ja sagten, wir machten da nichts. Ich meine aber, das sind Zahlen, die das Gegenteil beweisen.
Mit diesen Maßnahmen bzw. Ressourcen allein lösen wir aber das Problem nicht. Deswegen wurde schon im vergangenen Jahr eine Reihe von Maßnahmen konzipiert und ergriffen, die die schulischen Leistungen gerade von Kindern mit Lernschwierigkeiten positiv beeinflussen sollen. Ich denke hierbei an die Sprachstandsfeststellung und Sprachförderung vor der Schule, deren Einführung wir gerade vorbereiten. Ich denke ebenso an die flexible Eingangsstufe oder Lernstandsanalysen in den Grundschulen, die wir schon seit Jahren praktizieren. Bereits in der Sekundarstufe I schließlich wird das Beratungsund Unterstützungssystem zukünftig stärker am Bedarf der Oberschulen ausgerichtet sein und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds ein Förderprogramm speziell für diese neue Schulform aufgelegt.
Ihr Antrag, meine Damen und Herren, ist eine deutliche Unterstützung für die Bemühungen meines Hauses, Schülerinnen und Schüler rechtzeitig und differenziert zu fördern und zu unterstützen, um einer verbesserten Chancengerechtigkeit auf den Weg zu helfen. Jeder wird in seinen individuellen Fähigkeiten und Begabungen ernst genommen und zu einem möglichst guten Abschluss geführt. Das ist unser Ziel. Unterstützung ist erwünscht. - Vielen Dank.
Wir kommen damit zur Abstimmung über den Koalitionsantrag, Drucksache 4/3662, Fördermaßnahmen für Schüler. Wer dem Antrag der Koalitionsfraktionen zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag angenommen.