Der gemeinsame Antrag von CDU und SPD geht also in die völlig richtige Richtung. Seine Umsetzung wird dazu beitragen, die Arbeitsmarktreform des Bundes auch mittels des LAPRO aktiv, zügig und wirksam umzusetzen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Gibt es noch Redebedarf vonseiten der Fraktionen? - Das ist nicht der Fall.
Dann stelle ich den Antrag von SPD und CDU, Drucksache 4/107, zur Abstimmung. Wer diesem Antrag folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mehrheitlich angenommen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir kommen heute wieder einmal zu einem bekannten alten, leidigen und kostenträchtigen Problem: zu den Graffiti- Schmierereien und ihrer Ahndung.
Wir, die DVU- Fraktion, haben uns bereits in der vergangenen Legislaturperiode mehrfach dieses Themas angenommen. Je nach Lage der öffentlichen Diskussion haben wir die Landesregierung aufgefordert, Initiativen anderer Bundesländer zur Schaffung von Strafvorschriften zu unterstützen, selbst eine entsprechende Bundesratsinitiative zur Schaffung entsprechender Straftatvorschriften zu starten oder hilfsweise in das Landesrecht Vorschriften aufzunehmen, die solche Graffiti- Schmierereien mit Bußgeldern ahnden. Ich verweise auf die Anträge der DVUFraktion vom 3. April 2000, vom 2. uli 2001 und vom 1. Dezember 2003 in der letzten Legislaturperiode.
Was ist geschehen? Die Vertreter von CDU, SPD und der Landesregierung verfielen stets in hektische Aktivitäten - mit Worten, aber nicht mit Taten. Einige Beispiele gefällig? Also dann: Der Abgeordnete Homeyer am 12. April 2000 zu unserem ersten Antrag:
„Die Initiative zur bußgeldrechtlichen Ahndung von Graffiti- Schmierereien hat das Ministerium seit April dieses Jahres zügig vorangetrieben.“
Sodann Mitte November 2001, also vor rund drei Jahren, kündigte auch Innenminister Schönbohm an, notfalls im Alleingang gegen Graffiti- Sprayer vorzugehen, und erklärte:
Also: Neue Legislaturperiode - neues Glück. So ist es wieder einmal unsere Aufgabe als DVU- Fraktion, hier den offenkundigen Landes- und Bürgerinteressen Rechnung zu tragen und die Sache abermals anzuschieben. Sonst bewegt sich mit Sicherheit nichts. Deshalb also unser Antrag, den wir heute hier zu erörtern haben. Er hat zwei Teile:
Erstens: Bis zur Plenarsitzung im Januar 2005 wollen wir von der Landesregierung wissen, welchen Stand die Bemühungen auf Bundesebene erreicht haben, die Ahndung der GraffitiSchmierereien als Straftaten zu ermöglichen.
Zweitens: Zudem fordern wir die Landesregierung auf, bis zur Sitzung im Juni 2005 einen Gesetzentwurf vorzulegen, der Graffiti- Schmierereien als Ordnungswidrigkeit ahndet, falls bis dahin der Bund keine Ahndung als Straftat ermöglicht. Das ist wohl das Mindeste, was man nach all Ihren Ankündigungen erwarten darf, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank.
Dazu aber noch eine Ergänzung: Wo sich die Regierenden in Untätigkeit sonnen und die Regierten verzweifeln, wählt sich das Volk schließlich andere Wege. So plant die Gemeinde Nuthetal eine Verordnung mit Bußgeld von bis zu 1 000 Euro gegen Graffiti- Schmierereien. So stand es am 17. November 2004 in der Presse und ist vom Grundsatz her zu unterstützen.
Aus unserer Sicht bedarf es dazu aber noch folgender Überlegung: Wir waren von Anfang an der Meinung, dass ein solches Bußgeld kräftig und spürbar sein muss. Mit anderen Worten: Es muss zum Nachdenken anregen und präventiv wirken. Da fragt man sich doch: Ist eine Höchstgrenze von 1 000 Euro wirklich angemessen, da der Schaden meistens um ein Vielfaches höher liegt? Oft müssen ganze Häuserwände neu gestrichen werden. Also darf an die Höchstgrenze getrost eine Null angehängt werden. Nur so werden wir auch die gewünschte präventive Wirkung erzielen, die diesem Treiben Einhalt gebietet. - Ich bedanke mich.
Danke. - Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag des Abgeordneten Petke, der für die Koalitionsfraktionen spricht, fort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Tatsächlich hat die DVU- Fraktion in der Vergangenheit diesem Thema Aufmerksamkeit gewidmet, offensichtlich auch deswegen, weil Sie kaum andere Themen hat und uns deswegen immer mit den gleichen Argumenten hier im Landtag gegenübertritt. Aber von der Wiederholung werden diese Argumente nicht richtiger.
Lassen Sie mich zunächst einmal auf die aktuellen Zahlen in Brandenburg eingehen. Vom 01.01. bis zum 30.10.2004 hat die Polizei des Landes insgesamt 4 943 Fälle von Graffiti registriert. Zum Vergleich: Im ganzen Jahr 2003 waren es nur 4 751 Fälle. Wir haben also in diesem Jahr, in dem wir statistisch gesehen erst drei Quartale hinter uns gebracht haben, schon die gesamte Zahl von 2003 eingestellt. Es wird in diesem Jahr also eine bedeutende Steigerung der Fallzahlen geben.
Schwerpunkte bezüglich der Tatorte sind als Spitzenreiter Brandenburg an der Havel mit 744 Fällen sowie die Landeshauptstadt Potsdam mit 587 Fällen. Es folgen Eberswalde, Cottbus, Oranienburg, Frankfurt (Oder), Rathenow und Strausberg. Trotzdem ist es nicht richtig, wenn hier von der DVU behauptet wird, dass die Regierung bzw. die Koalitionsfraktionen, die die Regierung tragen, sich ausruhten.
Im gleichen Zeitraum hat unsere Polizei Hunderte von Tätern gestellt. Es ist Hunderten von Straftätern nachgewiesen worden, dass sie Straftaten begangen haben. Im gleichen Zeitraum ist es durch das Zusammenwirken von Staatsanwaltschaft, Gerichten und Polizei auch zu zahlreichen Verurteilungen gekommen. Sie haben eben am Rednerpult ein Bild gezeichnet, welches mit der Realität nichts zu tun hat; denn Sie haben so getan, als ob hier bei uns in Brandenburg Graffiti- Schmierereien straffrei seien.
Richtig ist, dass ein Teilbereich dieses Problems nicht unter das Strafgesetzbuch fällt, nämlich immer dann, wenn der aufzutragende Stoff nicht in die Substanz des Steins, des Materials eintritt, nicht unlösbar damit verbunden ist. Hier gibt es eine Lücke im Strafgesetzbuch; das ist korrekt. Aber das betrifft - das haben Sie vergessen oder Sie wollten es bewusst nicht sagen - nur einen Teilbereich, von dem wir hier reden, und nicht den gesamten Bereich der Graffiti, die natürlich und selbstverständlich unter den Straftatbestand der Sachbeschädigung fallen.
Da ich heute für die Koalition spreche, möchte ich auch erwähnen, dass wir in der Koalition ein gemeinsames Ziel haben, nämlich Graffiti zu bekämpfen, Graffiti zu verhindern und Schäden sowie Straftaten zu vermeiden. Es sind ja nicht nur die Schäden, die dabei entstehen, wenn Busse, Straßenbahnen oder Immobilien beschmiert werden, sondern es sind ja auch die damit zusammenhängenden Straftaten der Beschaffungskriminalität, wenn insbesondere Jugendliche, damit sie die Dosen mit der Farbe bekommen, Straftaten begehen. Entweder werden die Dosen dann im Baumarkt oder woanders gestohlen oder es werden andere Straftaten begangen, um sich diese Mittel zu beschaffen. Diese Straftaten wollen wir ebenso verhindern. Von daher eint uns dieses gemeinsame Ziel.
Wir haben - das gehört zu den Tatsachen - über den Weg gestritten. Wir wissen aber auch, dass wir über den Bundesrat gemeinsam Initiativen in den Bundestag eingebracht haben mit dem Ziel, das Strafgesetzbuch zu ändern. Uns bzw. der Landesregierung an dieser Stelle Untätigkeit vorzuwerfen ist also unredlich. Wir unterstützen ausdrücklich die kommunalen Initiativen, die dazu dienen sollen, Graffiti zu verhindern. Es ist richtig, dass eine Strafe eine abschreckende Wirkung haben muss. Aber ob man es sich so leicht machen kann wie die DVU, nur eine Null anzuhängen, ich glaube, daran gibt es mehr als berechtigte Zweifel. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Petke. - Wir setzen mit dem Abgeordneten Sarrach für die PDS- Fraktion fort. Bitte.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Abgeordneten vom äußersten rechten Rand beglücken uns einmal mehr mit einem Angebot aus ihrem spärlichen Repertoire zwischen ausländerfeindlicher und LawandOrder- Politik. Mit der Drucksache 4/112 wird hartnäckig an den Faden der letzten Legislaturperiode angeknüpft. Ihre Forderung lautet daher übersetzt: Keine Toleranz für Sprayer! Her mit strafrechtlicher Aufrüstung gegen Graffiti, einem, wie die Landesregierung im Juni festhielt, jugendkulturellen Ausdrucksmittel, dem präventiv wie repressiv Beachtung beizumessen und insbesondere im Bereich sozialpädagogischer Maßnahmen Rechnung zu tragen und schließlich mit Ansätzen, die die Schadenswiedergutmachung in den Mittelpunkt stellen, zu begegnen sei; Drucksache 3/7685.
Vor weiteren Ausführungen zur Sachfrage soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich der Antrag im Kielwasser großer Parteien, voran der CDU, bewegt, die im Rahmen ihrer Anstrengungen für den Erhalt von Sicherheit und Ordnung in einigen Ländern, allen voran in Sachsen- Anhalt und zuletzt
im Mai in Thüringen, schon eine Gefahrenabwehrverordnung ge- gen Graffiti auf den Weg gebracht hat, mittels derer nunmehr
Ich frage Sie: Ist es das, was uns in Brandenburg fehlt? - Sicher - keiner von uns ist über Hakenkreuzschmierereien und fremdenfeindliche Hassparolen sowie sonstige Krakeleien in den Stadtbildern erfreut, in denen sich nicht nur jugendlicher Ausdruckswunsch zeigt. Aber wie der Emeritus der Freien Universität, Rechtsprofessor Uwe Wesel, schon 1997 richtig feststellte, hat es Gründe, dass Polizei und Strafrecht im Umgang mit Graffiti lediglich geringe Erfolge feiern; denn das Sprayen hat soziale Ursachen, nicht zuletzt die allgemeine Unwirtlichkeit unserer Städte, den psychischen Vandalismus einer Betonwelt. Eine Vertiefung des Themas Ästhetik lasse ich hier aber einmal beiseite.
Weiter wusste Prof. Wesel, wie jeder Jurastudent im ersten Semester - das ist ganz auf der Linie der Schadenswiedergutmachung - , dass eine adäquate Reaktion im Rahmen des Zivilrechts schon jetzt möglich, wenn auch nicht immer ganz einfach zu erreichen ist, nämlich durch die Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB, das heißt Wiederherstellung des Urzustandes durch Beseitigung des unwillkommenen Graffiti.
Der Vollständigkeit halber muss auch Folgendes festgestellt werden: Wenn ein Eigentümer eines Sprayers nicht namentlich habhaft werden kann, um so zivilrechtlichen Ersatz zu erhalten, kann dieser Eigentümer auch bei einer Strafanzeige oder einer Ordnungswidrigkeitenanzeige diese nur gegen Unbekannt erstatten. Es verbessert sich also auch mit der Aufnahme eines Straftatbestandes in diesem Zusammenhang gar nichts. Deshalb gilt auch, dass man, wenn man der Meinung ist, im Strafgesetzbuch gebe es beim Tatbestand der Sachbeschädigung den Bedarf nach einer Ausweitung - obwohl auch bestimmtes Graffiti heute schon strafbar ist - , sodass das Beschmieren von Häuserwänden dann ausnahmslos strafbar sein soll, immer den Weg eines möglichen Systembruchs im Strafrecht gehen will.
Sie beschwören die Wiederentdeckung der Gesetzesstele von Hammurabi und geben vor, jeden Lebenssachverhalt kasuistisch hineinmeißeln zu können, obwohl Sie wissen, dass Sie Stelen dieser Größe gar nicht finden können, weil wir auch nicht mehr in Mesopotamien leben.
Solch ein Vorhaben der DVU ist dementsprechend überflüssig und gefährlich, wie die Maßnahmen in den anderen Bundesländern im Übrigen auch, die nur unnütz der Verpolizeilichung des gesellschaftlichen Lebens Vorschub leisten. - Wir lehnen Ihren Antrag ab.
Danke, Herr Sarrach. - Die Landesregierung hat auf einen Redebeitrag verzichtet. Ich frage die Vertreter der DVUFraktion, ob sie noch einmal das Wort ergreifen möchten. - Bitte sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe in den letzten Minuten getan, was man normalerweise tun sollte,
wenn in diesem hohen Hause jemand etwas zu sagen hat: Ich habe mir in aller Ruhe angehört, was meine Vorredner gegen unseren Antrag zur Begründung ihres eigenen Verhaltens vorzutragen hatten. Wie heißt es so schön? - Man lernt nie aus! Lebenslanges Lernen!