Protokoll der Sitzung vom 24.01.2007

(Beifall bei der Linkspartei.PDS - Zuruf des Abgeordne- ten Schulze [SPD])

Vor der Föderalismusreform hatte der Bund noch zahlreiche rechtliche und vor allem finanzielle Möglichkeiten, im Hochschulbereich Einfluss zu nehmen. Trotz aller Warnungen - ich erinnere an die Debatte zur Föderalismusreform im Landtag und vor allem die Position meiner Fraktion dazu - sollten ursprünglich diese Kompetenzen im Rahmen der Reform komplett gestrichen werden. Erst kurz vor Abschluss der Reform wurde der Hochschulbereich noch einmal diskutiert. Der Bund erhielt - unter der Voraussetzung, dass alle Länder zustimmen die Möglichkeit zu gemeinsamen Programmen von Bund und Ländern. Insofern ist der Hochschulpakt nicht das Bestmögliche für die Hochschulen, sondern lediglich der kleinste gemeinsame Nenner.

Als am 13. Dezember 2006 - Herr Niekisch ist darauf eingegangen - die Regierungschefs von Bund und Ländern den Hochschulpakt 2020 unterzeichnet haben, wurde das Papier als großer Erfolg gefeiert. Ist damals bei all dem Freudentaumel jemandem aufgefallen, dass es sich um eine große Mogelpackung handelt? - Denn in dem Hochschulpakt 2020 werden eigentlich nur Absprachen bis zum Jahr 2010 getroffen. Da die Jahreszahl 2010 bereits von einem Projekt der Bundesregierung belegt war - dies auch eher negativ -, wurde wohl zu der Verlegenheitslösung 2020 gegriffen.

Zudem kann der Pakt kaum ein Ersatz für weggefallene Finanzierungs- oder Entwicklungsmöglichkeiten des Bundes im Wissenschaftsbereich sein. Die im Rahmen des Paktes vorgesehenen 565 Millionen Euro für den Bereich Lehre und die 700 Millionen Euro für den Bereich Forschung hören sich zunächst zwar gut an. Außerdem gebührt unserer Wissenschaftsministerin Wanka Anerkennung, dass sie trotz dieser Vorzeichen für Brandenburg die mögliche Summe von 4 Millionen Euro jährlich herausgehandelt hat. Dennoch bleibt festzuhalten, dass weniger Geld für die Lehre als für die Forschung veranschlagt wird.

Im Vergleich zu den 1,9 Milliarden Euro im Rahmen der Exzellenzinitiative für ebenfalls vier Jahre wirken diese Summen recht bescheiden. Mit dieser Meinung sind wir nicht allein. Sowohl der Wissenschaftsrat als auch die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, Frau Wintermantel, bezweifeln, dass die Summe aus dem Hochschulpakt ausreichend ist. Beide sprechen von einem erheblichen Mehrbedarf für die Hochschulen bis zum Jahr 2010.

Angesichts der wissenschaftspolitischen Fehlentwicklung, die mit der Föderalismusreform eingeleitet wurde, mag der Hochschulpakt ein letzter Strohhalm sein, nach dem die Länder und Hochschulen greifen. Jedoch ist es ein Strohhalm in einem selbstverschuldet gefluteten See. Darauf sollten Sie, meine Damen und Herren von der CDU und der SPD, nicht stolz sein.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Jetzt liegen die Eckpunkte des Hochschulpaktes vor, und bis auf die beiden grob umrissenen Programmpunkte ist über die Details eigentlich kaum etwas bekannt. Aber schon zu diesen beiden Eckpunkten gibt es eine Menge zu sagen. Um mit dem Positiven, dem zweiten Programmpunkt, zu beginnen: Es ist sehr zu begrüßen, dass für die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Forschungsprojekte ein zusätzlicher Teil von 20 % für Programmpauschalen zur Verfügung steht. Diese Overhead-Finanzierung muss in der Regel von den Hochschulen selbst getragen werden, sodass es mit dem Pakt zu einer Entlastung der Hochschulhaushalte kommt. Zwar soll diese Unterstützung nur bis 2010 zu 100 % vom Bund getragen werden, aber es wird in späteren Verhandlungen sicherlich noch einmal Möglichkeiten geben, dies nachzujustieren. Eine Weiterführung der vollständigen Overhead-Finanzierung ab 2011 wäre jedenfalls im Sinne der Hochschulen.

Die Bewertung des ersten Programmpunkts ist hingegen zwiespältig. Einfach gesagt verpflichten sich die Länder, bis 2010 90 000 zusätzliche Studienanfänger aufzunehmen. Dafür gewährt der Bund den Ländern über vier Jahre hinweg insgesamt 565 Millionen Euro. Wirklich gefreut habe ich mich - der Dank hierfür gilt besonders den Wissenschaftsministern der neuen

Bundesländer und damit auch Ihnen, Frau Wanka -, dass für die neuen Bundesländer eine Sonderregelung geschaffen wurde. Unter der Last der demografischen Entwicklung wäre es nahezu töricht, den neuen Bundesländern nur bei einer weiteren Steigerung der Studierendenzahlen finanzielle Unterstützung zu gewähren. Obwohl es selbstverständlich dennoch Ziel unserer Politik sein muss, die Studierendenzahlen zu steigern, ist es mit dieser Sonderregelung möglich, dass die neuen Bundesländer bereits für stabil bleibende Studienanfängerzahlen Zuschüsse erhalten.

Jetzt kommt das Aber: Der Hochschulpakt macht nicht die Zahl der geschaffenen Studienplätze zum Kriterium, Herr Kollege Niekisch, sondern die Zahl der Studienanfänger. Indem nur die Menschen gezählt werden, werden keine Anreize für eine wirklich qualitative Entwicklung gesetzt. Der Pakt orientiert auf die reine Zahl der Studienanfänger und reduziert sich damit an dem Slogan „Masse statt Klasse“. Böse Zungen sagen, dass die zusätzlichen 90 000 Studienanfänger bundesweit zu erreichen wären, ohne einen einzigen zusätzlichen Studienplatz zu schaffen. Die Konsequenz lautet: Es wird enger in den Seminaren, die Betreuung wird schlechter und die Qualität der Lehre leidet noch mehr als bisher. Ein wirklich auf qualitative Entwicklung orientierter Hochschulpakt hätte die Länder zum Ausbau oder zum Bewahren der Studienplätze verpflichtet, denn genau so ist der Hochschulpakt auch entstanden:

„Die Kosten werden mit 22 000 Euro je zusätzlichem Studienplatz, verteilt auf vier Jahre, kalkuliert.“

Die daraus folgende Rechnung ist einfach: Jeder Studienanfänger, der aufgenommen wird, ohne dass ein zusätzlicher Studienplatz geschaffen wird, bringt 22 000 Euro. Es ist allgemein bekannt, dass es besonders „billige“ und besonders „teure“ Studiengänge gibt. Zu Recht warnt die GEW in diesem Zusammenhang vor „Dumping-Studiengängen“. Meine Fraktion hätte sich an dieser Stelle einen deutlicheren Schritt in Richtung mehr Qualität gewünscht, ein Signal an die Hochschulen für weniger Masse und mehr Klasse.

Hinzu kommt, dass etliche Punkte zu dem Stichwort „Stabilität der Studienanfängerzahlen“ noch unklar sind. In den Statistiken der letzten Jahre fallen zwei Dinge auf: Erstens nimmt die Gesamtzahl der Studierenden im ersten Hochschulsemester mit Ausnahme des Jahres 2003 seit 2001 kontinuierlich ab. Zweitens nimmt die Zahl der Studierenden im ersten Hochschulsemester an den Fachhochschulen zwar zu; dies trifft allerdings nicht auf die Universitäten zu. Daher rührt das leichte Minus insgesamt.

Je nachdem, von welcher Studienanfängerzahl man ausgeht, also von denen im ersten Hochschul- oder von denen im ersten Fachsemester, kommt man in Brandenburg im entscheidenden Jahr 2005 entweder auf die Zahl 10 300 oder auf 7 500. Nur wenn Brandenburg es schafft, diese Zahl konstant zu halten, bekommen wir einen Anteil von knapp 4 Millionen Euro jährlich. Das ist - das gebe ich offen zu - eine Mammutaufgabe für die Landesregierung, um die ich weder Sie, Frau Wanka, noch Sie, Herr Rupprecht, beneide. Ich nenne bewusst Sie beide, da das Thema Studienanfänger in der Grauzone zwischen Schule und Hochschule liegt und somit die beiden Ressorts betrifft. Ich kann Ihnen jedoch für meine Fraktion eine konstruktive Zusammenarbeit anbieten.

Dass das Thema Studienanfänger vor allem unter dem Aspekt der demografischen Entwicklung kein neues Thema für die Linkspartei ist, zeigte unser Antrag im Landtag „Studierendenquote steigern - mehr Abiturientinnen und Abiturienten zum Abitur“, den wir bereits im April 2005 diskutiert haben. Die Koalition lehnte den Antrag damals ab. Ich verzichte an dieser Stelle auch mit Blick auf die Uhr darauf, unsere Vorschläge von damals zu wiederholen, aber der Hinweis auf den Antrag und auf die Debatte sei mir doch gestattet.

Fakt ist: Ein einfaches „Weiter so!“ kann es nicht geben; es wird auch nicht mehr junge Menschen zum Studium bewegen. Vielleicht lohnt es doch, den einen oder anderen unserer Vorschläge aufzugreifen und zu diskutieren. Die FH Brandenburg beispielsweise hat seit einem knappen Jahr eigene sogenannte Präsenzstellen in der Prignitz errichtet. Dort informiert sie vor Ort über Studien- und Weiterbildungsmöglichkeiten und leistet damit einen Beitrag zur Steigerung des Studieninteresses gerade in den berlinfernen Regionen. Es wäre sicherlich sinnvoll, über dieses Thema intensiver im Wissenschaftsausschuss zu diskutieren.

Zur Bewältigung unseres Demografieproblems können die 4 Millionen Euro aus dem Hochschulpakt durchaus hilfreich sein. Leider sind Lehre und Forschung die beiden einzigen Bereiche, in denen der Bund künftig den Ländern im Rahmen des Hochschulpakts Unterstützung gewähren wird; völlig weggefallen ist damit eine Förderung der Gleichstellung von Frauen in der Wissenschaft, wie sie mit dem HWP noch möglich war. Das ist nicht nur bedauerlich und gefährlich, sondern auch ein Armutszeugnis.

Ebenso ist es ein kapitaler Fehler, dass mit der Verpflichtung, 90 000 Studienanfänger zusätzlich aufzunehmen, keinerlei soziale Kriterien verbunden wurden. Immer noch nehmen zu wenige Menschen aus bildungsfernen Schichten ein Studium auf. Mit dem Hochschulpakt 2020 hätte es die Möglichkeit gegeben, für eine weitgehende Öffnung der Hochschulen zu sorgen und gerade Menschen aus einkommensschwächeren Schichten den Zugang zum Studium zu erleichtern. Dafür hätte es Bedingungen für die Aufnahme von zusätzlichen Studierenden geben können. Diese Chance ist allerdings erst einmal vertan; das war und ist ein großer Fehler.

Nur unter dem Blickwinkel der demografischen Perspektive in Brandenburg kann der Hochschulpakt 2020 positive Auswirkungen haben, trotz des Konstruktionsfehlers „Masse statt Klasse“, und zwar unter der Voraussetzung - das ist eine der wichtigen Bedingungen -, dass die Landesregierung hierzu eigenes Geld und eigene Ideen einbringt. Als bundesweites wissenschaftspolitisches Instrument ist der Hochschulpakt insgesamt betrachtet allerdings zu unverbindlich und ohne qualitative und soziale Aspekte; er ist somit nichts weiter als ein großer Ballon, der leicht zerplatzt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Es spricht die Abgeordnete Dr. Münch. - Bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Jürgens, es drängt mich, auf den von Ihnen zitierten Hans im

Glück nochmals einzugehen; das ist ein wunderschönes Märchen, das zu meinen Lieblingsmärchen gehört. Sie haben das Beispiel in der Hinsicht gebraucht, dass das Gold verloren gegangen sei. Aber überlegen Sie einmal, was in diesem Märchen passiert: Hans im Glück ist ein glücklicher Mensch. Im Grunde genommen hat er über diesen Entwicklungsprozess gelernt, dass das Kapital, das man in der Hand hat, sehr viel weniger wert ist als das im Kopf. Insofern entspricht dies genau der Zielrichtung unserer Bildungsoffensive.

(Beifall bei SPD und CDU)

Am 13. Dezember 2006 haben die Regierungschefs von Bund und Ländern den Bericht der Wissenschaftsminister und -ministerinnen über den Hochschulpakt 2020 zustimmend zur Kenntnis genommen. Dieser Bericht enthält Eckpunkte für eine noch zu schließende Bund-Länder-Vereinbarung, die Mitte des Jahres 2007 vertraglich festgelegt werden soll. Der Hochschulpakt, den die Wissenschaftsminister aller Bundesländer in zähen Verhandlungen zusammengeschmiedet haben, war die erste Nagelprobe für die nach Verabschiedung der Föderalismusreform dringend notwendige Kooperation der Länder im Bereich Bildung. Natürlich könnte man sich immer noch mehr wünschen; aber der Kompromiss war schwer genug zu finden, und letztlich zählt am Ende das Ergebnis, und das kann sich sehen lassen.

Die Verhandlungen um den Hochschulpakt 2020 haben einmal mehr die Probleme des deutschen Bildungssystems deutlich gemacht. Warum wurde der Hochschulpakt überhaupt notwendig? - Schon heute sind aufgrund der jahrzehntelangen Unterfinanzierung der deutschen Hochschulen nicht genügend ausfinanzierte Studienplätze vorhanden, um den Studierenden gute Studienbedingungen zu bieten. Verschärft wird die Situation dadurch, dass in den nächsten Jahren aufgrund der demografischen Entwicklung und des weitgehend flächendeckend eingeführten verkürzten Abiturs mit einem zusätzlichen Aufwuchs der Zahl der Studienanfänger bis zum Jahr 2010 auf über 90 000 gerechnet werden muss; meine Vorredner sind bereits darauf eingegangen. Dieselbe Prognose sagt für die Jahre 2011 bis 2013 jährlich rund 40 000 zusätzliche Studienanfänger voraus, und im Jahre 2020 werden es über 2 Millionen Studierende an Deutschlands Hochschulen sein. Diese deutliche Erhöhung der Studierendenzahl ist eine außerordentlich erfreuliche Entwicklung. Das ist etwas, was wir alle wollen. Mittlerweile hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass für die Arbeitsplätze der Zukunft hochqualifizierte junge Menschen gebraucht werden.

Deutschland hinkt mit seiner Studierquote im OECD-Vergleich hinterher. Das erklärte Ziel ist es, die Studierquote eines Jahrgangs von derzeit 37 % auf wenigstens 40 % zu heben. Dieser prognostizierte Anstieg der Studierwilligen in unserem Land ist eine einmalige Chance und eine positive Entwicklung. Der Strukturwandel der deutschen Volkswirtschaft bringt eine stetig wachsende Nachfrage nach Hochschulabsolventen auf dem Arbeitsmarkt mit sich. Nur durch eine ausreichende Zahl an wissenschaftlichen Fachkräften kann die Innovationskraft Deutschlands, also auch Brandenburgs gestärkt und gesichert werden.

Wir alle kennen die berechtigten Klagen des Verbandes der Ingenieure, der bereits heute einen jährlichen Fehlbedarf von 20 000 Ingenieuren festgestellt hat. Die brandenburgische Fachkräftestudie geht davon aus, dass derzeit 20 % der Arbeitneh

mer einen Hochschulabschluss benötigen, um die Wirtschaftskraft aufrechtzuerhalten. In Wachstumsbranchen wird die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer mit akademischem Abschluss noch weit höher liegen. Es ist sogar davon auszugehen, dass im nächsten Jahrzehnt annähernd 80 % der neu geschaffenen Arbeitsplätze nur mit Hochqualifizierten zu besetzen sein werden. In der Stellungnahme des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kultur zum Demografiebericht steht deshalb:

„Durch eine bestmögliche Nutzung des derzeitigen Anstiegs der Studierendenzahlen kann der demografischen Mangelsituation der künftigen Jahre vorgebeugt werden. Hierbei handelt es sich um eine einmalige historische Chance, noch einmal für einen kräftigen Schub an Hochqualifizierten zu sorgen.“

So zukunftsweisend dieses Vorhaben auch ist, sind doch selbst die reichsten Bundesländer damit überfordert, aus eigener Kraft die dafür notwendigen Studienplätze zu stemmen. Der Hochschulpakt ist daher der dringend erforderliche Lösungsansatz, um diese Studierendenzahlen bewältigen zu können.

Die Eckpunkte des Hochschulpakts wird Ministerin Wanka, die ja maßgeblich an den Verhandlungen beteiligt war, noch fachkundig erläutern. Es freut mich sehr, Herr Jürgens, dass auch Ihre Fraktion die Leistungen unserer Ministerin hierbei schätzt. Wir schätzten sie nämlich auch sehr.

(Beifall bei SPD und CDU)

Wichtig sind die Ergebnisse dieses Hochschulpakts für Brandenburg. Insgesamt 16,2 Millionen Euro werden wir für die Jahre 2007 bis 2010 voraussichtlich für die Verbesserung der Hochschullehre erhalten. Dieses Geld muss klug eingesetzt werden. Es muss uns gelingen, die Hochschulen so auszustatten, dass sie den gestiegenen Anforderungen gerecht werden. Sie müssen auch attraktiver werden, damit wir ausreichend Studierende in Brandenburg halten bzw. junge Menschen aus dem Westen unseres Landes oder aus dem Ausland gewinnen können. Daher müssen wir in Brandenburg mehrere Ziele erreichen:

Erstens: Wir müssen die Zuwanderung von Studierwilligen aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland an Brandenburgs Hochschulen durch attraktive Studien-, Freizeit- und Wohnangebote stärken.

Zweitens muss die Abwanderungsquote, insbesondere die von jungen Studentinnen, verringert werden. Wir alle wissen, dass leider gerade die klugen und besten Frauen dazu neigen, unser Land zu verlassen. Dazu brauchen wir - auch ohne HWP - eine spezielle Frauenförderung. Wir brauchen Kinderbetreuung und gesicherte Familienperspektiven.

(Zurufe von der Linkspartei.PDS)

Auch da sind wir in einem guten und konstruktiven Dialog. Auch innerhalb des Ausschusses haben wir uns berichten lassen, dass im Land Brandenburg diese Aktivitäten verstärkt und fortgesetzt werden.

Drittens müssen wir die sogenannten Haltefaktoren für Studierende und vor allem für Hochschulabsolventen stärken. Dazu gehören attraktive Arbeitsangebote, ein familienfreundliches

soziokulturelles Wohnumfeld und ein offenes und tolerantes Klima. Hochschule und Studienort müssen zum Lebensmittelpunkt werden, wo Berufsqualifikation und Alltagskompetenz erworben werden. Toleranz ist dabei eine Hauptaufgabe. Denn nur ein tolerantes Klima zieht kluge Köpfe von überall her an und sorgt dafür, dass sich Kreativität entfalten kann. Ich möchte nur an die drei T erinnern: Technologie, Toleranz und Talente, die zusammenwirken müssen, damit ein Land Innovationen hervorbringen kann und zukunftsfähig gerüstet ist.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und CDU)

Doch neben den gerade aufgeführten demografierelevanten Faktoren muss vor allem das Lehrangebot der Hochschulen ständig verbessert und dem Fachkräftebedarf angepasst werden. Besonders wichtig ist dabei - Herr Jürgens hat auch zu Recht darauf hingewiesen -, die Studienabbrecherquoten, die abhängig vom jeweiligen Unterrichtsfach erschreckend hoch sind, zu vermindern. Wir brauchen auch eine bessere Analyse der Ursachen dafür, warum so viele Menschen ein Studium beginnen und es schon nach kurzer Zeit wieder beenden.

Bereits im Koalitionsvertrag wurde festgelegt, die Qualität und Attraktivität von Lehre und Studium zu erhöhen. Alle Anstrengungen, um den Studieneingang und -verlauf für die Studierenden zu verbessern, müssen daher dauerhaft unterstützt werden. Die sogenannte strukturierte Studieneingangsphase hat dabei eine herausragende Bedeutung. Studienanfänger müssen besondere Aufmerksamkeit und zu Beginn ihres neuen Lebensabschnitts alle denkbare Unterstützung erhalten, damit der dauerhafte Studienerfolg gewährleistet wird.

Was ist die Gegenleistung - es wird ja irgendwann abgerechnet werden müssen -, die der Bund von Brandenburg für die 16,2 Millionen Euro erwartet? Die neuen Bundesländer sollen sich verpflichten, die Studienanfängerzahlen auf der Basis des Jahres 2005 in den Folgejahren sicherzustellen. Für Brandenburg als Ganzes sehe ich da kein Problem. Unsere Hochschulen haben derzeit attraktive Studienangebote und im Gegensatz zu anderen Bundesländern auch in diesem Wintersemester wieder einen Zuwachs an Studienanfängern zu verzeichnen. Zudem exportieren wir immer noch Abiturienten als Studienanfänger auch in andere Bundesländer. Die Übergangsquote zwischen Schule und Hochschule kann durchaus gesteigert werden.

Die Entwicklung in einzelnen Regionen Brandenburgs verläuft allerdings unterschiedlich. Während alle berlinnahen Hochschulen Überlast fahren, muss sich beispielsweise die BTU Cottbus anstrengen, ihre Studienplätze auszulasten. Hier trägt das ganze Land Verantwortung, dies auch für die kommenden Jahre zu sichern. Denn die BTU Cottbus bildet für uns die Ingenieure, Techniker und Naturwissenschaftler aus, die wir für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes dringendst brauchen. Wir sollten daher nicht allzu lange warten, Unterstützungsmöglichkeiten für die Hochschulen der Lausitz zu finden. Die Fokussierung und Bündelung der Kräfte sowie die inhaltlichen und materiellen Synergien, die sich aus einer sogenannten großen Lösung ergeben können - ich habe da mindestens die mittelfristige Vision einer Universität Lausitz -, sind ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung.

Es ist absehbar, dass die Diskrepanzen zwischen dem äußeren Entwicklungs- und dem inneren Verflechtungsraum im nächs

ten Jahrzehnt zunehmen werden, und das betrifft nicht nur den Hochschulbereich. Eine gut aufgestellte, regional eng verflochtene und stabile Universität Lausitz kann viele strukturelle Schwächen ausgleichen.

Auf das Problem des immer noch existierenden Kabinettsbeschlusses aus dem Jahr 2001 hat Herr Niekisch schon hingewiesen. Diesen Kabinettsbeschluss müssen wir zurücknehmen. Denn er bedeutet den Rückbau der personalbezogenen Studienkapazitäten, den wir nicht brauchen.

Auf die zweite Säule des Hochschulpakts, was die Forschungsförderung der DFG betrifft mit dem Ziel, dass sie von der Kofinanzierung der Hochschulen unabhängiger wird, wurde bereits hingewiesen. Das ist außerordentlich zu begrüßen.

So wichtig und nötig der Hochschulpakt 2020 ist, die zeitliche Beschränkung der Finanzierungszusagen bis 2010 wird der anstehenden Herausforderung natürlich noch nicht gerecht. Der Spitzenbedarf an zusätzlichen Studienplätzen entsteht erst ab 2011. Deshalb müssen sich die Länder und der Bund frühzeitig über weitere Maßnahmen verständigen.