Protokoll der Sitzung vom 25.01.2007

Das Schlusswort erhält die Landesregierung. Bitte, Herr Minister Rupprecht.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie schon erwähnt, wurde das Übereinkommen über die Rechte des Kindes 1989 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. In der Bundesrepublik Deutschland trat es am 5. April 1992 in Kraft. Dabei war auch schon zum damaligen Zeitpunkt die rechtliche Situation von Kindern in Deutschland - verglichen mit vielen anderen Ländern - sehr gut. Sie ist in den vergangenen Jahren weiter verbessert worden. Das geht auch aus dem zweiten Staatenbericht zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention hervor.

Zu den bedeutenden Fortschritten gehören solche Maßnahmen wie die Einführung eines Rechts auf gewaltfreie Erziehung, die Reform des Kindschaftsrechts, der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz, die Reform des Jugendarbeitsschutzgesetzes und die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Im Land Brandenburg ist das Anliegen, Kinderrechte durch Aufnahme in die Verfassung stärker zu betonen, bereits mit der eigenständigen Bestimmung in Artikel 27 der Landesverfassung umgesetzt, der sich mit dem Schutz und der Erziehung von Kindern und Jugendlichen befasst. Sowohl Frau Hartfelder als auch Herr Krause haben bereits darauf hingewiesen.

Auf Bundesebene wurde die Aufnahme besonderer Kinderrechte in das Grundgesetz schon im Rahmen der Verfassungsreformdiskussion Anfang der 90er Jahre erörtert. Für eine solche Änderung des Grundgesetzes spricht, dass dadurch stärker zum Ausdruck käme, dass die elterliche Erziehungsbefugnis ein Recht im Interesse des Kindes ist, deren Bedeutung sich mit abnehmender Bedürftigkeit zur Anleitung und wachsender Einsichtsfähigkeit des Kindes verringert.

Gegen die Änderung wurde vorgebracht, dass das Kind als Grundrechtsträger schon ausreichend anerkannt sei und nicht jede Gruppierung, die sich in einer Sondersituation befinde, auch gesondert ins Grundgesetz aufgenommen werden müsse.

Die gemeinsame Verfassungskommission hat sich seinerzeit nicht mit der erforderlichen Mehrheit für eine Änderung des Artikels 6 Grundgesetz ausgesprochen.

Ich denke, bei einer neuerlichen Diskussion über eine Grundgesetzänderung wären die genannten Argumente erneut zu bewerten und abzuwägen. Die Landesregierung - das kann ich hier sagen - hält grundsätzlich eine breite gesamtgesellschaftliche Diskussion zur Verbesserung der Entwicklungsbedingungen für Kinder und der Lebensverhältnisse in Familien für sinnvoll und erforderlich. Dabei kommt auch die Verbesserung der Rechtslage der Kinder in Betracht. Jedoch bin ich davon überzeugt, dass die gegenwärtige Herausforderung für uns alle eher darin besteht, die grundgesetzlich schon garantierten Rechte von Kindern und Jugendlichen zu voller Entfaltung zu bringen und beispielsweise das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit für jedes einzelne Kind in der Realität zu gewährleisten. Das ist, glaube ich, die wichtigste Aufgabe. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Herzlichen Dank an Sie, Herr Minister. - Der Abgeordnete Krause hat jetzt noch vier Minuten Zeit für seine Darlegungen.

Herr Holzschuher, Sie sind auf dem Holzweg, wenn Sie sagen, niemand diskutiere über diese Änderung des Grundgesetzes.

(Zuruf des Abgeordneten Holzschuher [SPD])

Es gibt einen parteiübergreifenden Konsens im Bundestag dazu. Die Bundeskanzlerin, die Bundesminister, ehemalige Bundespräsidenten - alle wollen das. Wer aber glaubt, dass trotz dieser breiten Zustimmung der Bundestag das allein hinbekommt, ohne dass die Länder anschieben müssten, der glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten.

(Heiterkeit bei der Linkspartei.PDS und vereinzelt bei der SPD)

Die eigentliche Enttäuschung ist, meine Damen und Herren von der SPD, dass Sie diesem Thema nicht fachlich begegnen, sondern es lediglich juristisch abhandeln. Wir haben diesen Beschlusstext wissentlich allgemein formuliert, um eine Grundlage hinzubekommen, der Sie zustimmen könnten, damit wir Raum für Diskussionen im Ausschuss haben. Dafür müssten Sie sich dieser Diskussion aber auch stellen.

Sie hätten zum Beispiel die Möglichkeit gehabt, in einem Entschließungsantrag eine Änderung dazu einzubringen. Sie haben auch noch die Möglichkeit, mit uns im Ausschuss darüber zu diskutieren.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Hätten wir ganz konkrete Formulierungsvorschläge unterbreitet, hätten Sie einen anderen Grund für Ihre Ablehnung gefunden. So ehrlich müssen wir miteinander sein.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Kinder brauchen den Verfassungsrang, um ihr Recht auf Bildung, Ausbildung und gewaltfreie Erziehung durchsetzen zu können. Ihnen sollten die bestmögliche Entwicklung, ein angemessener Lebensstandard, der Schutz vor Missbrauch und Gewalt sowie das Recht auf Beteiligung bei allen sie betreffenden Maßnahmen zugesichert werden. Kinderrechte gehören deshalb nicht nur in die Bildungs- und Lehrpläne, sondern zuallererst in unsere Verfassung, Herr Holzschuher. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung, weil wir die Aussprache soeben beendet haben. Die Fraktion der Linkspartei.PDS hat beantragt, ihren vorliegenden Antrag an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport zu überweisen. Wer diesem Antrag auf Überweisung zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Überweisung mit großer Mehrheit widersprochen worden.

Ich lasse nun über den Antrag in Drucksache 4/4060 in der Sache abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Mit Mehrheit ist gegen diesen Antrag gestimmt worden. Er ist damit abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Stopp der Forstreform

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS

Drucksache 4/4061

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält die Abgeordnete Wehlan für die Fraktion der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag meiner Fraktion ist eindeutig und unmissverständlich. Es geht um einen Stopp. Für diejenigen, die meinen, Stopp könnte bedeuten, kurz anzuhalten, nach rechts und links zu schauen und dann weiter so, möchte ich es etwas deutlicher sagen. Das, was hier zwei Minister als Fortführung einer Forstreform unter das Volk bringen wollen, hat gar nichts mit dem Reformgedanken zu tun. Es handelt sich um einen Kahlschlag, der - hier verweise ich auf unser Waldgesetz - in unserem Land nicht erlaubt ist.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS - Unruhe)

Wer handstreichartig und ohne die Betroffenen einzubeziehen, 1 000, 1 100 bis zu 1 600 Stellen streichen will und gleich noch die Drohung betriebsbedingter Kündigungen nachschiebt, handelt weder christlich noch sozial und schon gar nicht demokratisch. Er agiert angesichts um bis zu 60 % gestiegener Holzpreise und dadurch höherer Einnahmen für das Land nicht an

ders als die Deutsche Bank oder die Allianz, die trotz stattlicher Renditen gnadenlosen Personalabbau betreiben.

(Anhaltende Unruhe - Glocke der Vizepräsidentin)

Das Fehlen von jeglichem aufgabenbezogenen Herangehen lässt Befürchtungen entstehen, dass die Landesregierung noch andere Zielstellungen ins Auge fasst. Bisher sind die Aussagen zum Preußenwald und damit zur Sicherung des Landeswaldes lediglich ein Lippenbekenntnis. Eine bindende Beschlusslage, die eine Veräußerung nach dem Jahr 2009 ausschließt, gibt es nicht. Auch das Parlament ist unserem Ansinnen dazu zweimal nicht gefolgt und hat entsprechende Anträge abgelehnt.

Hü und hott erlebt man beim Minister zum Thema Strukturveränderung, Kommunalisierung und betriebsbedingte Kündigungen. Zu all diesen Fragen erwarten die Betroffenen vom Minister aber klare und verbindliche Antworten und von uns, verehrter Herr Folgart und verehrter Herr Helm, dass wir diese Antworten so, wie vor den Verbandsvertretern versprochen, von der Landesregierung abfordern.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, keiner der Beschäftigten in der Landesforstverwaltung hat mir oder Ihnen gegenüber, Herr Folgart oder Herr Helm, erkennen lassen, sich veränderten Aufgabenstellungen zu verweigern. Das, was sie verlangen, ist, von veränderten Aufgabenstellungen - wie ich zu Recht meine - Kenntnis zu erhalten und mit Ihnen über diese Auswirkungen zu sprechen.

Diesem Anliegen sind Sie, Herr Minister Woidke, in den vergangenen Monaten konsequent aus dem Weg gegangen. Stattdessen hantieren Sie mit Stellenzahlen wie auf der Holzauktion oder auf dem Basar: 1 000, 1 100, 1 600. Es handelt sich aber um Menschen mit Familien, die seit 16 Jahren ständigen Strukturveränderungen ausgesetzt sind - von ehemals 15 000 Beschäftigten in diesem Bereich auf heute 2 600 Beschäftigte. Die neuerlichen Abbaubestrebungen seien hier nur angeführt.

Die Landesforstverwaltung ist das Rückgrat der Holz- und Forstbranche im Land Brandenburg und damit ein ganz wichtiges und unverzichtbares Standbein im ländlichen Raum, besonders in den strukturschwachen peripheren ländlichen Räumen Brandenburgs. Halten Sie deshalb ein in ihrem Tun und messen Sie Ihre Eckpunkte zur Fortführung der Forstreform an Ihrem Regierungsanspruch, Stärken zu stärken.

Mit Ihrem Vorgehen konterkarieren Sie Ihr eigenes Leitbild, wonach Sie die Forst- und Holzwirtschaft als eines von zehn Branchenkompetenzfeldern im Brandenburger Land identifiziert haben. Wie soll sich dieses Branchenkompetenzfeld entwickeln, wenn zum Zeitpunkt rasant steigender Holzpreise, enormer Nachfrage nach Holz und der Errichtung holzverarbeitender Betriebe bis zu zwei Drittel derjenigen, die für die sach- und fachgerechte Realisierung dieser landespolitisch so wichtigen Entwicklung Kompetenz und Verantwortung tragen, zur Disposition gestellt werden? Wie soll der Vollzug des Waldgesetzes künftig gesichert sein? Wer achtet noch auf dessen Einhaltung? Stichworte wie Waldumbau, Waldbrandüberwachung, Rat und Anleitung für Waldbesitzer, tätige Mithilfe und forstliche Betriebsführung, Waldpädagogik, forstlicher Wegebau, Waldumwandlungen und Aufforstungen - der Wald

schadensbericht lässt grüßen - sollen an dieser Stelle genügen. Die Reihe ließe sich fortsetzen.

Das sind Aufgaben, die der Gesetzgeber formuliert hat und für die die Landesforstverwaltung einen klaren gesellschaftlichen Auftrag hat. Die Gesellschaft wird und muss die Erfüllung dieser Aufgaben einfordern, was Zuschüsse über den reinen Forstbetrieb hinaus auch zukünftig bedarf. Das Brandenburger Aktionsbündnis für unseren Wald ist dazu wieder aktiviert worden. Ich bin überzeugt, es wird sich mindestens ein ebenso großer Protest gegen das Agieren der Landesregierung entwickeln wie im Jahr 2000. Damals hatten über 140 000 Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Unterschrift bekundet, welche Erwartungen sie an eine vernünftige Umwelt- und Forstpolitik haben.

(Vereinzelt Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Damals ist es gelungen, den Prozess der Forstreform in geeignete Bahnen zu lenken. Ich gehe davon aus, dass mit den Signalen, die wir auch gestern erfahren konnten, hier noch etwas zu befördern und zu bewegen ist, wozu die Landesregierung zuvorderst aufgefordert ist.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank. - Das Wort erhält Herr Dr. Klocksin, der für die SPD-Fraktion spricht. In der Zeit, in der er zum Rednerpult geht, begrüße ich Schülerinnen und Schüler des Paul-FahlischGymnasiums aus Lübbenau und ebenso Studierende der Universität Potsdam. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich über diesen Antrag, weil er uns Gelegenheit gibt, über ein sehr ernstes Thema zu sprechen. Das, was Sie ausgeführt haben, Frau Kollegin, ist nicht von der Hand zu weisen. Wir haben einen Prozess vor uns, der schon seit einigen Jahren vonstatten geht. Sie haben sicherlich ebenso wie ich Kenntnis von der Broschüre des Ressorts zum aktuellen Stand der Reform der Landesforstverwaltung vom Dezember 2005, in der die Aufgabenstellung beschrieben wurde, die die Forstreform seit dem Jahr 2001 zu meistern hat. Sie werden der Broschüre auch entnommen haben, dass diese Forstreform, wie sie im Jahre 2001 angelegt wurde, im Jahr 2006 zu ihrem Abschluss geführt wurde.

Wenn Sie heute vom Stopp der Forstreform sprechen, mögen Sie Bezug auf eine Maßnahme der Umstrukturierung oder der Neustrukturierung nehmen, die gegenwärtig diskutiert wird, die aber mit dieser Forstreform nichts zu tun hat. Es macht Sinn, dies begrifflich zu trennen und nicht zu vermischen nicht nur für unser Gespräch hier, sondern auch für das Gespräch draußen.

Ich glaube, dass Ihr Antrag verständlicherweise darauf angelegt ist, einen Prozess der Umstrukturierung hier zu einem Haltepunkt zu bringen. Allerdings ist nicht berücksichtigt, dass dieser Prozess schon seit einiger Zeit stattfindet, nicht erst neuerdings. Ich glaube auch, dass Sie übersehen, dass Prozesse nicht

aufgehalten werden können, um bei einem Nullpunkt neu diskutiert zu werden. Man kann an einer Eisenbahn bei voller Fahrt nicht das Rad wechseln. Vor diesem Hintergrund ist es, glaube ich, nicht sachgerecht, in dieser Art und Weise zu verfahren.