Protokoll der Sitzung vom 25.01.2007

(Beifall bei CDU und SPD)

Herr Minister Woidke spricht für die Landesregierung.

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Wehlan, ich bin Ihnen dankbar für Ihre Rede heute hier im Landtag, weil Ihre Rede Sie doch ein Stück weit demaskiert hat. In den Zeitungen wurden von Ihnen genannte Zahlen veröffentlicht. Vor einigen Tagen war zum Beispiel zu lesen, im Jahre 2008 sollten 1 600 Stellen gestrichen werden. Sie wissen sehr genau, dass wir momentan einen Sozialtarifvertrag haben, der betriebsbedingte Kündigungen ausschließt. Sie implizieren aber mit dieser Aussage, dass 1 600 Leute über Nacht de facto auf die Straße gesetzt werden. Sie spielen mit den Ängsten der Beschäftigten der Forstverwaltung und versuchen, aus diesen Ängsten politisches Kapital zu schlagen. Ich meine, dass Sie sich mit der Situation genauer vertraut machen sollten. Vor allem sollte man nicht solche ideologischen Dinge und solche Polemik in einen schwierigen Prozess innerhalb der Landesverwaltung hineintragen.

Es geht darum, die Entwicklung der Forstverwaltung, der Forstwirtschaft in Brandenburg - dabei geht es um den staatlichen Teil, nicht um die gesamte Forstwirtschaft des Landes

in Übereinstimmung mit der Entwicklung des Landeshaushalts zu bringen. Wer den Landeshaushalt oder die Eckzahlen kennt, vor denen wir in den nächsten Jahren stehen werden, kriegt das kalte Grausen. Deswegen ist jeder Bereich der Landesverwaltung, auch die Forstverwaltung, aufgefordert, konstruktiv daran mitzuwirken, dass der Landeshaushalt trotz der schwierigen Rahmenbedingungen in den nächsten Jahren konsolidiert werden kann. Das können Sie nicht außer Acht lassen. Sie können nicht einerseits den Finanzminister dafür kritisieren, dass er die Schulden zu langsam abbaut, und andererseits mehr Forstarbeiter eingestellt haben wollen.

Was mich noch geärgert hat - in dem Artikel stehen ja einige Dinge -, war zum Beispiel die Aussage über die Tätigkeit von Waldarbeitern in Wasser- und Bodenverbänden. Immerhin arbeiten derzeit 135 an der Verbesserung des Landeswasserhaushalts. Sie kritisieren also die Suche der Landesregierung nach Beschäftigungsalternativen für Landesbeschäftigte. Dann frage ich Sie: Wo sind Ihre Vorschläge? Wie soll es denn gemacht werden, auch und natürlich im Rahmen der kommenden Haushaltsentwicklung im Lande? Die von Ihnen in Aussicht gestellte Aussetzung der Forstreform ist unmöglich. Und das Schlimmste dabei ist: Sie wissen es selber.

Ich will Ihnen das auch erläutern. Bereits im Sommer vergangenen Jahres hat das Kabinett die Auflagen für die Ressorts der Landesverwaltung entschieden. In diesem Zusammenhang wurde auch eine Entscheidung für die weitere Entwicklung der Landesforstverwaltung getroffen. Im Wesentlichen ging es um zwei Beschlüsse:

Erstens um die Senkung des Zuschusses für die Landeswaldbewirtschaftung auf null bis zum Jahr 2015. Das heißt, der Vergleich mit der Deutschen Bank, den Sie gebracht haben, hinkt. Wir haben derzeit noch keine Rendite aus der Landeswaldbewirtschaftung.

Zweitens um die Senkung des Zuschusses in allen anderen Bereichen bis zum Jahr 2015 um jährlich 2,5 %.

Der erste Teil des Beschlusses hat zwei Seiten. Zum einen müssen wir natürlich als öffentlich Bedienstete genauso sehen, dass wir in wirtschaftlichen Bereichen Geld verdienen und nicht jeden Tag, jeden Monat und jedes Jahr Geld draufzahlen.

Zum anderen haben wir hier eine Beihilfeproblematik auf europäischer Ebene, weil wir unsere Waldbewirtschaftung mit Steuergeldern stützen und andere Waldbewirtschaftungen eben nicht gestützt werden. Zum Beispiel ist die Privatwaldbewirtschaftung in einer anderen Situation.

Die jährliche Kürzung um 2,5 % ist bis auf ganz wenige Ausnahmen für alle Ressorts beschlossen worden; das ist ein Gesamtbeschluss für die Landesverwaltung. Ich habe Ihnen das auch anlässlich Ihrer Anfrage zum Thema „Sparschwein Wald“ gesagt. Sie werden zugestehen, dass ich mir nach solchen Beschlüssen Gedanken über die Erfüllung mache. Wir haben die Auswirkungen auf die Personalentwicklung hochgerechnet. Es stehen derzeit 1 100 Stellen bis zum Jahre 2015 zur Disposition. Auch die Jahreszahl 2015 habe ich in Ihrer ganzen langen Rede nicht einmal vernommen.

Wir wollen - weil Herr Helm es angesprochen hat - niemandem betriebsbedingt kündigen. Wir werden weiterhin versuchen,

Leute in andere Tätigkeitsbereiche der Landesverwaltung oder auch der Privatwirtschaft zu vermitteln. Ich bin dem Kollegen Schönbohm, der gerade nicht hier ist, sehr dankbar.

(Minister Schönbohm: Doch! Sie haben mich wohl über- sehen! - Allgemeine Heiterkeit)

- Herr Schönbohm, ja! -, dass das Innenministerium bereit ist, Forstbedienstete bzw. Waldarbeiter als Polizeianwärter anzunehmen. 55 Leute haben sich für eine solche Ausbildung bereit erklärt. Momentan läuft das Auswahlverfahren. Ich habe die Zusage der Kollegin Blechinger, auch im Justizvollzug Leute aus diesem Bereich anzustellen. Wir werden weiterhin andere Tätigkeitsfelder, zum Beispiel beim Landschaftswasserhaushalt, suchen, um den Landeshaushalt zu entlasten und den Beschäftigten vernünftige berufliche Perspektiven zu geben.

Ich möchte kurz zusammenfassen, was beschlossen wurde. Jetzt läuft mir die Zeit weg. - Damit es keine Irrtümer gibt, Frau Wehlan - Sie schreiben fleißig mit; Sie können nachher auch mein Protokoll bekommen -:

(Allgemeine Heiterkeit)

Punkt 1: Die vorhandene Gemeinschaftsforstverwaltung bleibt in Brandenburg erhalten. - Sie lesen sicherlich die Brandenburgischen Forstnachrichten oder die BDF-Nachrichten und Ähnliches mehr: Es ist keine Selbstverständlichkeit in Deutschland, dass ein Forstminister dies sagen kann.

Punkt 2: Das Landesforstvermögen bleibt erhalten.

Punkt 3: Es findet keine Kommunalisierung statt. - Darüber habe ich immer nur von Ihnen etwas gehört, ich weiß nicht, woher Sie diese Information haben. Sie war niemals in der Diskussion, auch nicht mit dem Finanzministerium. - Allerdings gibt es folgende Maßgaben:

Erstens: Der Zuschuss für die Bewirtschaftung des Landeswaldes muss bis zum Jahre 2014 abgeschafft sein. Danach, im Jahre 2014 oder möglichst früher, wollen wir mit dem Brandenburger Landeswald und seiner Bewirtschaftung Geld verdienen. Dann werden wir auch die Rendite haben, von der Sie, Frau Wehlan, gesprochen haben. Die haben wir heute nämlich noch nicht.

Zweitens ist die Finanzierung der hoheitlichen und gemeindeorientierten Aufgaben der Landesforstverwaltung bis 2014 jährlich um 2,5 % zu reduzieren.

Drittens ist eine haushalterische und betriebswirtschaftliche Trennung von hoheitlichen und nicht hoheitlichen Aufgaben auszuschließen. Hier geht es um den Bereich der Waldbewirtschaftung und den Bereich der Hoheit. Ich denke, auch dies ist in der heutigen Zeit keine unerhörte Forderung.

Viertens muss die Organisationsstruktur bei einer derartig starken Personalanpassung angepasst werden. Aber ich sage Ihnen Folgendes: Wenn Sie die Personalzielzahl in der Verwaltung im Jahre 2015 auf die Fläche runterbrechen, dann kommen Sie pro Landkreis - als Flächenmaßstab - auf 80 bis 100 Landesverwaltungsangestellte in der Forst.

(Zuruf der Abgeordneten Wehlan [Die Linkspartei.PDS])

- Haben wir uns jetzt richtig verstanden?

(Bochow [SPD]: Keine Kommunalangestellten!)

- Keine Kommunalangestellten! - Pro Landkreis sind das 100 Leute. Dazu sage ich Ihnen noch etwas: Das sind 25 % der Kreisverwaltung. - Und Sie sagen mir hier, dass es unmöglich sei, mit 100 Leuten in dieser Flächeneinheit die Aufgaben zu erfüllen. Das glaube ich nicht. Den Ehrgeiz habe ich noch. Wenn Sie den nicht haben, dann tut es mir leid.

(Beifall bei SPD und CDU)

Wir brauchen allerdings die Mitarbeiter für diese Prozesse. Es sind schwierige Prozesse. Wir brauchen die Bediensteten, die Gewerkschaft, die Betriebsräte. Wir brauchen die Bereitschaft der Beschäftigten zur Aus- und Weiterbildung, um neue Aufgaben übernehmen zu können. Wir brauchen Flexibilität und die konstruktive Mitwirkung aller Beschäftigten in diesem Prozess. Ich habe mit den Gewerkschaften und den Betriebsräten Termine vereinbart. Ich werde demnächst auch eine große Versammlung für alle Forstbediensteten einberufen, und dann werden wir mit den Bediensteten über diesen Prozess diskutieren. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und dem Präsidenten, dass ich meine Redezeit überziehen durfte.

(Beifall bei SPD und CDU)

Auch wenn der Herr Minister die hundertjährige Umtriebszeit in der Forstwirtschaft zum Maßstab seiner Redezeit gemacht hat, erteile ich noch einmal der Abgeordneten Wehlan für die Fraktion der Linkspartei.PDS das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Woidke, Sie vermitteln heute den Eindruck, dass die Landesregierung in den letzten Tagen und Wochen alles Menschenmögliche getan hat. Diesem Eindruck möchte ich ernsthaft widersprechen. Nicht wir spielen mit den Ängsten von Bürgerinnen und Bürgern, sondern Sie, indem am Kamin oder bei einer Flasche Rotwein besprochene Zahlen in die Öffentlichkeit gebracht werden, wobei man den Eindruck hat, dass hier jede Woche eine neue Kuh durch das Dorf getrieben wird.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das ist doch Fakt: Sie schüren Ängste, indem Sie konkrete Zahlen immer nur mit einer Halbwertszeit verbinden. - Und dann wundern Sie sich noch, dass sich betroffene Bürgerinnen und Bürger darüber aufregen, dass man so mit ihnen umgeht und ihre Arbeit noch nicht einmal einer Aufgabenkritik unterzieht. Und, Herr Klocksin - ich habe mich schon gewundert, warum Sie heute diesen scharfen grünen Schlips tragen, mit dem Signal der Forstwirtschaft -,

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Klocksin [SPD] - Allgemei- ne Heiterkeit)

es ist sicherlich auch in anderen Bereichen so, dass man, wenn

man sich wohl formuliert ausdrückt und sehr selbstbewusst daherkommt, durchaus Akzeptanz spürt. Aber meine Erfahrungen in den Bereichen, in denen ich verantwortungsbewusst agiere, sind, dass man ein Mindestmaß an fachlicher Substanz vermitteln muss. Die habe ich in der Auseinandersetzung gerade mit der SPD-Fraktion nicht gespürt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Darüber bin ich sehr traurig, weil vorher andere Signale da waren, bis hin zur Unterstützung unseres Antrags oder mindestens eines Entschließungsantrags. Ich finde es traurig, dass man hier mit einer Rede, die Allgemeinplätze bedient, so lax über dieses konkrete Problem vor Ort hinweggeht.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Denn sonst hätten Sie Ihre Aussagen an den Fragen der Betroffenen messen lassen müssen. Dazu gehört zuallererst - das ist, wenn man über Politikverdrossenheit spricht, Ernsthaftigkeit und Ehrlichkeit in der Politik -, dass man, bevor man eine neue Etappe der Forstreform einleitet - Herr Klocksin, es geht nicht darum, den bisherigen Prozess aufzuhalten, es zeugt von fachlicher Inkompetenz, wenn Sie so etwas unterstellen -, die bisherige einer Aufgabenkritik unterzieht. Das ist ein ganz normales Geschäft, zumal die Forstreform eines der drei großen Reformprojekte der Landesregierung ist, neben der Polizeireform und der Gemeindegebietsreform. Die Beschäftigten können wohl verlangen, dass man darüber Auskunft gibt, wie die Landesregierung ihre Arbeit einschätzt.

In diesem Zusammenhang sind außerdem eine größtmögliche Transparenz und demokratische Mitwirkungsmöglichkeiten der Betroffenen und ihrer Verbände zu sichern. Es hat wochenlang gedauert, und man musste in der Personalratssitzung vor der Tür des Ministers drohen, um überhaupt gehört zu werden. Das ist der Prozess, den Betroffene und auch wir massiv kritisieren und nicht tolerieren.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Drittens müssen den Lippenbekenntnissen der Landesregierung endlich Taten folgen. Ich habe Ihre Punkte vernommen. Es gibt zu den verschiedensten Punkten, die Sie hier geäußert haben, keine Beschlusslage im Land und auch noch keinen Kabinettsbeschluss - es sei denn von gestern auf heute - darüber, wie es mit dem Landeswald nach dem Auslaufen des Preußenmoratoriums im Jahre 2009 weitergehen wird. Unsere Vorschläge für Aktivitäten sind bisher nicht auf Mehrheiten gestoßen. Ich wäre sehr froh, wenn sich das zukünftig ändern würde. Wir werden Sie diesbezüglich beim Wort nehmen. Darüber hinaus steht die Landesregierung im Wort, das sie im Jahr 2000 gegeben hat. Da frage ich mich überhaupt nicht, ob die Forstreform ein Probierfeld für betriebsbedingte Kündigungen ist, Herr Klocksin; die Landesregierung steht im Wort, auch wenn das nur bis zum Jahre 2009 verbrieft ist.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Klocksin [SPD])

Wie betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden können, dazu gibt es viele Vorschläge der Landesforstbediensteten selbst. Wenn zum Beispiel Oberförstereien in ihrer Bedienstetenstruktur ausscheiden, macht man sich vor Ort Gedanken darüber, wie man neu strukturieren kann. Diese Vor

schläge gibt es. Es muss einfach nur einmal die Chance geben, sie gemeinsam mit dem Dienstherren zu bereden.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Um diese Chance bitten wir Sie. Wir fordern Sie dazu auf, diese zu geben.