Protokoll der Sitzung vom 26.04.2007

Wir haben zweitens gesagt, dass wir in Brandenburg künftig Quereinsteiger, gerade auch in den Berufsschulen, brauchen werden. Junge Menschen mit einer Meisterausbildung oder einer technischen Ausbildung sollen die Möglichkeit haben, ihr Wissen in den Schulen anzubieten. Das können sie nur, wenn sie eine Lehramtsausbildung haben. Wir müssen also mit neuen Konzepten auch auf Quereinsteiger reagieren. Dazu ist ein Änderungsantrag eingebracht worden. Wir wollen zwar eine Gleichwertigkeit der Abschlüsse haben, aber Quereinsteiger sollen bessere Möglichkeiten erhalten, in einem abgestimmten

Verfahren nach dem Lehrerbildungsgesetz in einer Schule zu arbeiten.

Wir haben drittens gesagt, und das ist ein wichtiger Hinweis darauf, wie wir zukünftig mit unseren Pädagogen umgehen wollen: Die Lehramtsstudenten im Bereich Sonderpädagogik, die hoffentlich bald wieder in Brandenburg und nicht nur in Berlin ausgebildet werden - darüber wird noch zu diskutieren sein, dazu haben wir schon einen Antrag eingebracht -, sollen in den entsprechenden Schulen - Förderschulen oder Schulen mit einem integrativen Charakter - praktische Erfahrungen sammeln. Wir als Union wollen unterstützen, dass sie sachorientiert eingesetzt werden können.

Jetzt kommt, was ich mit Frau Große schon besprochen habe: Es gibt einen Änderungsantrag zur künftigen Gleichwertigkeit des ersten und zweiten Fachs. Wir haben darüber im Nachgang zur Anhörung gesprochen. Wir haben heute hier diesen Änderungsantrag auf dem Tisch liegen. Wir werden durch eine abgestimmte Vorgehensweise auch im Bildungsausschuss versuchen - Sie sind herzlich eingeladen, sich hier einzubringen -, in den nächsten Jahren keinen Unterschied mehr zwischen erstem und zweitem Fach zu machen, weil es diesen Unterschied, wie die Vorredner schon gesagt haben, in der Praxis nicht gibt und nicht geben wird.

Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass in der Anhörung ein wichtiger Punkt genannt worden ist, den wir aus verschiedenen Gründen nicht aufgreifen konnten. Ein Experte hat gesagt, die Förderung von Jungen in den Grundschulen sei mit Schwierigkeiten behaftet, weil sie nicht genügend männliche Bezugspersonen als Lehrer fänden. Deshalb ist hier die Frage zu beantworten, wie wir gemeinsam vorgehen können, damit sich mehr junge Männer für den Beruf des Grundschullehrers in Brandenburg zur Verfügung stellen wollen. Dadurch können wir das Problem strukturell besser lösen.

Mein abschließender Hinweis: Wir hätten uns gern der Meinung einzelner Experten angeschlossen und die Einrichtung des neuen Landesinstituts verschoben. Wir als Koalition haben aber gesagt, wir wollen diesen Weg gehen. Ich hoffe, dieses Institut wird die Voraussetzungen erfüllen, die man von ihm erwartet. Wir haben berechtigte Zweifel daran, aber wir werden sehen, ob uns die Praxis eines Besseren belehrt. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Herr Staatssekretär Jungkamp, Sie erhalten das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Herr Minister Rupprecht hat zur 1. Lesung dieses Gesetzentwurfs die aus Sicht der Landesregierung zentralen Eckpunkte bereits vorgestellt. Lassen Sie mich deshalb in erster Linie auf die Ergebnisse der zwischenzeitlichen Beratung des Gesetzentwurfes im Landtag eingehen.

Der Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport hat in der Sit

zung am 22. März Vertreter der Universität Potsdam, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sowie die betroffenen Berufsverbände angehört.

Erfreulich ist, diese Anhörung hat gezeigt, dass wir mit der Weiterführung der Reform der Lehrerbildung auf einem guten Weg sind. So wurden beispielsweise die Grundlagen für eine bessere Verzahnung der Ausbildungsphasen ebenso nachdrücklich begrüßt wie der Ausbau der schulpraktischen Studien.

Selbstverständlich - das ist ganz normal - gab es zu den einzelnen Teilen des Gesetzentwurfs unterschiedliche Auffassungen. Beispielsweise gab es den Wunsch, den Herr Kollege Senftleben gerade vorgetragen hat, nach mehr Verbindlichkeit bei der Einhaltung von Standards und Vorgaben der Kultusministerkonferenz in der Lehrerbildung. Der Ausschuss hat deswegen eine neue Formulierung zu § 1 Abs. 2 beschlossen. Ich glaube, das ist eine Verbesserung des Gesetzestextes.

Die Ausbildung für das Lehramt für Sonderpädagogik wird weiterhin in den Förderschulen, Förderklassen und in den allgemeinen Schulen erfolgen. Der Ausschuss will jetzt gesetzlich regeln, dass der Einsatz in den allgemeinbildenden Schulen nur im gemeinsamen Unterricht erfolgen kann; inhaltlich sind wir hier zusammen. Das war bisher auch schon so, jedoch war es untergesetzlich geregelt.

Sehr einverstanden sind wir mit der Erprobungsklausel für neue Konzepte der Ausbildung und des Berufseinstiegs. Das wird die Einführung innovativer Konzepte deutlich vereinfachen.

In der Auswertung der Ergebnisse der Anhörung haben die Koalitionsfraktionen - auch das hat Herr Senftleben gerade angesprochen - einen weiteren Antrag zur 2. Lesung eingereicht. Was den Studienumfang angeht, so sollen künftig das erste und das zweite wissenschaftliche oder künstlerische Fach gleichgestellt sein. Die Landesregierung trägt diese Änderung mit. Das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport wird hier eng mit dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur zusammenarbeiten, um entsprechende Konzepte zu entwickeln.

Sehr geehrte Abgeordnete, unser Bildungssystem entwickelt sich stetig weiter. Die Qualität unserer Schulen im Land steigt natürlich umso mehr, je besser wir unsere Lehrerinnen und Lehrer ausbilden und auf ihre Aufgaben vorbereiten.

Das novellierte Lehrerbildungsgesetz, da bin ich mir sicher, ist ein Meilenstein auf diesem Weg. Es bereitet den Weg für mehr Schulpraxis schon im Studium, für deutlich höhere Anteile an Fachdidaktik und Pädagogik, ohne die fachwissenschaftlichen Ansprüche zu reduzieren, für eine deutliche Standardorientierung in beiden Phasen der Ausbildung, für eine bessere Verzahnung der Ausbildungsphasen - bezüglich der Errichtung des Landesinstituts für Lehrerbildung bin ich weniger skeptisch als Sie, Herr Abgeordneter Senftleben -, für eine Beibehaltung regionaler Ausbildungsangebote, für eine gute Voraussetzung für die Qualitätsentwicklung gerade auch in der zweiten Phase der Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer, für die Einführung einer begleiteten Berufseingangsphase für junge Lehrerinnen und Lehrer. Sie schafft neue Möglichkeiten für den Quereinstieg in ein Lehramtsstudium zum Beispiel für Absolventen von Fachhochschulen.

Ich sage ausdrücklich, dass ich mich darüber freue, dass wir diesen Gesetzentwurf heute verabschieden können. Wer die länderübergreifende Diskussion in der KMK verfolgt und fachlich in das Gespräch eingestiegen ist, sieht, dass wir uns hier im Land mit diesem Gesetzentwurf sehen lassen können. Ich sage ganz selbstbewusst: Das zeigen uns auch die Reaktionen aus anderen Ländern.

Herr Minister Rupprecht hat entsprechende Gespräche mit Herrn Jürgen Zöllner geführt. Wir werden mit Berlin zu einer Lösung kommen, die Lehrerbildung, so weit es geht, anzupassen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär.

Mehr sehr verehrten Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung. Ihnen liegt der Änderungsantrag in Drucksache 4/4460 vor, eingebracht von der Fraktion der Linkspartei.PDS. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe den Änderungsantrag in der Drucksache 4/4457 auf, Streichung der Punkte 5 und 6 in § 3 Abs. 1 und Anfügung des neuen Abs. 2. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Auch dieser Antrag ist mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe den Änderungsantrag in der Drucksache 4/4459 auf, eingebracht von der Fraktion der Linkspartei.PDS, Änderung des § 4 Abs. 2 in Artikel 1 Nr. 4. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dieser Änderungsantrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe den Änderungsantrag in der Drucksache 4/4461 auf, eingebracht von der Fraktion der Linkspartei.PDS, Änderung Artikel 1, § 5 Nr. 5. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer stimmt gegen den Antrag? - Wer enthält sich der Stimme? - Mehrheitlich ist gegen diesen Änderungsantrag gestimmt worden.

Ich rufe den Änderungsantrag in der Drucksache 4/4490 auf, eingebracht von den Fraktionen der SPD und der CDU, Änderung des § 5 in Artikel 1 Nr. 5. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einer Stimmenthaltung ist diesem Änderungsantrag mit großer Mehrheit zugestimmt worden.

Ich rufe den Änderungsantrag in der Drucksache 4/4458 auf, eingebracht von der Fraktion der Linkspartei.PDS, Änderung des § 1 Abs. 2 in Artikel 3. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dieser Änderungsantrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe die Beschlussempfehlung in der Drucksache 4/4428 auf. Wer ihr seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen?

Dieser Beschlussempfehlung ist mit großer Mehrheit zugestimmt worden, und damit ist das Gesetz in 2. Lesung verabschiedet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Drittes Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/4053

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kultur

Drucksache 4/4437

Ich eröffne die Aussprache. Herr Abgeordneter Jürgens spricht für die Fraktion der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin! Liebe hier verbliebene Kolleginnen und Kollegen!

„Es gibt Professoren, die sind demotiviert, die halten ihre Vorlesungen seit 15 Jahren und interessieren sich nicht dafür, ob die Studenten das spannend finden... man hat den Eindruck, dass die Etats nur für Forschung, Einwerbung von Drittmitteln und durch Vitamin B verteilt werden. Die Lehre kommt nicht vor.“

Dieses Zitat, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein Auszug aus dem Buch „Professor Untat - Was faul ist hinter den Hochschulkulissen“ von Uwe Kamenz und Martin Wehrle, das vor zwei Monaten erschienen ist. Ich will nicht sagen, dass die Autoren mit allem, was sie in dem Buch schreiben, Recht haben. Ich meine auch, dass Generalisierungen bei diesem Thema fehl am Platze sind; aber sie machen doch auf ein Problem aufmerksam. Trotz bundesweiter Kriterien muss die Qualität der deutschen Professorinnen und Professoren verbessert werden.

Ein zentraler Qualitätscheck für Lehrstuhlinhaber ist das Berufungsverfahren. Damit sind wir beim Thema des vorliegenden Gesetzentwurfs. Die Landesregierung möchte das Berufungsrecht den Hochschulen übertragen. In der Begründung heißt es:

„Die Autonomie der Hochschulen wird damit nochmals gestärkt und ausgeweitet.“

Bis hierhin herrscht Einigkeit. Meiner Fraktion liegt viel an starken, autonomen Hochschulen, und die Übertragung des Berufungsrechts wäre der richtige Weg - wäre! Betrachtet man den Gesetzentwurf, muss man leider „wäre“ sagen. Die konkrete Regelung erfüllt leider nicht den Anspruch der Begründung, sie entpuppt sich als mehr Schein als Sein. Das Berufungsrecht soll den Hochschulen mit diesem Gesetz nicht übertragen werden. Es berechtigt im Prinzip lediglich die Ministe

rin Wanka, nach ihrem Belieben das Recht zu gewähren oder zu entziehen. Das Recht soll jeder Hochschule einzeln per Rechtsverordnung übertragen werden - ohne Beteiligung dieses Hohen Hauses - und kann bei Verstoß gegen eine undefinierte Effektivität auch wieder entzogen werden. Das ist alles andere als eine Stärkung der Autonomie.

Aber das Gesetz geht sogar noch einen Schritt weiter. Es mag gute Gründe geben, warum sich Hochschulen dafür entscheiden, das Recht auf Berufung nicht sofort umzusetzen. Das Gesetz gibt nun der Ministerin die Möglichkeit, diesen „unwilligen“ Hochschulen das Berufungsrecht zwangsweise zu übertragen. Was ist denn das für eine Autonomie, wenn ich etwas gegen meinen Willen umsetzen muss? - Das ist bestenfalls Zentralismus, und der wird in diesem Saal normalerweise uns vorgeworfen.

Diese Regelung stößt bei uns auf massive Kritik. Unsere Vorstellung von Autonomie sieht anders aus. Wir möchten den Hochschulen das Recht grundsätzlich per Gesetz gewähren, und sie müssen für die Aktivierung dieses Rechts eine Berufungssatzung vorlegen. Im Übrigen vertrauen wir auf die Qualität unserer Hochschulen und gehen grundsätzlich davon aus, dass sie sorgsam mit diesem Recht umgehen. Die Landesregierung scheint da misstrauischer zu sein und möchte mithilfe einer Kommission Berufungsverfahren überprüfen können.

Nun haben bei der Anhörung im Ausschuss alle - ich betone „alle“ - Expertinnen und Experten gesagt, dass sie diese Evaluierungskommission ablehnten. Statt diesem Anliegen Rechnung zu tragen, hat die Koalition nun die Evaluierungskommission gestrichen und durch eine Sachverständigenkommission ersetzt. Das ist koalitionäre Logik!

Auch in einem anderen Punkt ist das Ziel „Stärkung der Hochschulautonomie“ leider verfehlt. Eine Hochschule ist für gewöhnlich eine kollektive Institution aus verschiedenen Mitgliedergruppen, Fachbereichen und Organen. Laut Gesetz wird aber nicht die Gesamtinstitution gestärkt, sondern lediglich die Hochschulleitung. Insofern wäre „Stärkung der Präsidialautonomie“ ehrlicher und passender. Zwar ist die Koalition hier den Empfehlungen der Anzuhörenden in einigen Teilen gefolgt, aber unserer Auffassung nach sind die Befugnisse des Präsidenten oder der Präsidentin hier immer noch zu stark.

Zwei Punkte sind meiner Fraktion noch wichtig. Wir halten es für geboten, die Stimmenverhältnisse in den Berufungskommissionen zu sichern. Bisher ist nur mindestens ein Vertreter des akademischen Mittelbaus und der Studierenden vorgesehen, unabhängig von der Größe der Kommission. Das halten wir für falsch. Wir wollen hier ein Mindestmaß an Demokratie gewährleisten.

Der zweite Punkt greift das Buchzitat von vorhin auf: Die zwei Kernaufgaben eines Professors oder einer Professorin sind Lehre und Forschung. In der Anhörung wurde von allen Expertinnen und Experten die große Relevanz der Lehrqualität betont. Wenn unser Land im Wettbewerb um Studierende mithalten will, müssen wir auch die Attraktivität hinsichtlich der Lehre erhöhen. Darum wollen wir im Gesetz die herausgehobene Bedeutung der Lehrqualifikation der Bewerberinnen und Bewerber verankern.