Protokoll der Sitzung vom 06.06.2007

Es ist erfreulich, dass die über 65-Jährigen die niedrigste Armutsbetroffenheit von allen Altersgruppen der Brandenburger Bevölkerung aufweisen.

(Zurufe von der DVU)

Dies wird sich zunehmend ändern, weil viele, die künftig Rente beziehen, vorher viele Jahre arbeitslos waren. Deshalb sind Arbeitsmarktprogramme wichtig - die es ja auch gibt -, die älteren Langzeitarbeitslosen die Möglichkeit bieten, wieder am Erwerbsleben teilzunehmen. Ich denke da auch an das Modell der Bürgerarbeit, das für diesen Personenkreis besonders geeignet ist.

Ein Punkt, der mir besonders wichtig ist, ist das Wohnen im Alter. Ältere Menschen sollen die Möglichkeit haben, möglichst lange in ihrem persönlichen Wohnumfeld zu verbleiben. Wenn sie dann doch vermehrt der Hilfe bedürfen, sind Wohnformen notwendig, die eine stärkere Betreuung ermöglichen, die aber keinen Heimcharakter haben.

Es gibt Anfragen dazu; morgen wird eine weitere hinzukommen. Auch hier sind wir dabei, mit dem MIR und dem MASGF eine Lösung zu finden. Auch die Wohnsituation der älteren Bevölkerung in Brandenburg ist außerordentlich gut. Die heute über 65-Jährigen sind agiler, als dies noch vor Jahren der Fall war. Sie wollen sich einbringen, um aktiv mitzugestalten. Sie engagieren sich politisch und sind in vielen weiteren Bereichen ehrenamtlich tätig. Darauf können wir einfach nicht verzichten. Ältere Menschen sind äußerst interessiert an Weiterbildungsangeboten, und sie treiben Sport. Die Weiterbildungsangebote der BTU und der Fachhochschule Lausitz - man sollte sie sich einmal anschauen - sind hervorragend. In diesem Zusammenhang spielt auch die medizinische Versorgung eine Rolle.

Damit komme ich zu einem weiteren Punkt, der mir sehr wichtig ist. Insbesondere die ambulante medizinische Betreuung muss gewährleistet sein. Den älteren Menschen sind weite Wege zum Hausarzt nicht zuzumuten. Wir alle wissen, wie sich der demografische Wandel auch bei den Ärzten bemerkbar macht. Deshalb ist es nicht nur wichtig, Möglichkeiten zu finden, die Praxen auch in den berlinfernen Regionen zu besetzen. Mit mehreren Regelungen der Gesundheitsreform lässt sich die medizinische Versorgung verbessern. Nennen möchte ich aber an dieser Stelle besonders die Gemeindeschwester, die dauerhaft und flächendeckend installiert werden soll.

Ich will nicht auf alle Punkte der Großen Anfrage eingehen, sondern wollte nur die erwähnen, die mir wichtig waren. Wie gesagt, die Seniorenpolitik wird uns in den nächsten Jahren sehr wohl beschäftigen. Wir können dabei nur alle zusammenarbeiten. Depressive Aussagen nützen niemandem, lassen Sie uns in die Zukunft gucken! - Danke schön.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herzlichen Dank. - Es spricht die Abgeordnete Wolff-Molorciuc für die Fraktion der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Damen und Herren der DVU, dieser Großen Anfrage hätte es nicht bedurft. - Das ist nicht von einem griechischen Philosophen, sondern von mir.

(Vereinzelt Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wir haben seniorenpolitische Leitlinien, und es ist vereinbart, genau diese fortzuschreiben - gemeinsam mit Verbänden, mit Institutionen, die damit zu tun haben. Wenn ich als Vertreterin der Opposition sage, dass wir damit auf einem guten Weg sind, dann ist das ein bisschen was Besonderes.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS und vereinzelt bei der SPD)

Wir veranstalten Demografiekongresse; der nächste steht bevor. Dabei spielen Zahlen eine große Rolle, und daraus werden Schlussfolgerungen gezogen. Die seniorenpolitischen Leitlinien sind erste Beispiele dafür. Wir haben auch statistische Jahrbücher.

Ich stelle fest, dass Sie nicht in der Lage sind, zu unterscheiden, bei welchen Aufgaben die Landesregierung in der Verantwortung steht und was der kommunalen Selbstverwaltung obliegt. Das zeigen Ihre Fragen deutlich. Etwas ärgert mich ganz besonders. Ich lade Sie herzlich ein in die Uckermark - nein, ich nehme das zurück; ich lade Sie nicht ein, ich sage es Ihnen lieber hier: Wenn Sie den Eindruck haben, bei uns lebten nur Alte und Kranke, dann sind Sie einfach auf dem falschen Weg.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS und vereinzelt bei der SPD)

Wenn bei uns Alte und Kranke leben, dann werden wir uns um diese entsprechend kümmern, und wir werden aus bestimmten Vorzügen auch andere Vorzüge ableiten.

Noch eine Bemerkung: Ich würde mir sehr wünschen, dass Sie die Volkssolidarität und das, was wir im Sozialreport zum Ausdruck bringen, nicht mehr in Ihren Zitaten verwenden. - Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS und vereinzelt bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Die Landesregierung verzichtet. Demzufolge erhält noch einmal die Abgeordnete Fechner das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Wolff-Molorciuc, ich habe nicht gesagt, dass in der Uckermark nur alte und kranke Menschen leben. Damit das auch perspektivisch nicht der Fall sein wird, sollten wir uns hier im Parlament dieser Problematik annehmen.

Frau Schier, ich habe die Situation im Land Brandenburg nicht schwarzgemalt. Das konnte ich auch gar nicht, denn uns fehlen ja die entsprechenden Daten. Im Gegensatz zu manch anderen, die einfach auf der Grundlage irgendwelcher Empfindungen Behauptungen aufstellen, verlassen wir uns zunächst auf sicheres Datenmaterial. Aber das liegt, wie die Anfrage ergeben hat, nicht vor.

(Beifall bei der DVU)

Noch einmal zur Erinnerung für alle: Große Anfragen dienen im Wesentlichen der allgemeinen politischen Richtungskontrolle. Sie betreffen meist landesweite Probleme mit besonderem politischen Gewicht. Wir sind sehr wohl der Meinung, dass es aufgrund der demografischen Entwicklung nötig ist, sich intensiver mit den Problemen der immer älter werdenden Bevölkerung auseinanderzusetzen.

(Beifall bei der DVU - Zuruf von der SPD: Das machen wir ständig!)

Es kann durchaus sein, dass die eine oder andere Frage schon einmal gestellt wurde. Doch eines ist Fakt, und das belegt die Große Anfrage der DVU-Fraktion ganz eindeutig: Es fehlen der Landesregierung in vielen altersrelevanten Themenfeldern die entsprechenden empirischen Daten. Da können Sie hundertmal auf Ihre famosen seniorenpolitischen Leitlinien oder auf Ihre inzwischen veralteten Berichte zu Gesundheit und

Wohnen im Alter verweisen. Meine Damen und Herren, ich sage es an dieser Stelle noch einmal: Verlässliche Daten sind gerade in der Politik die Grundlage jedes sinnvollen Handelns.

Zum Abschluss meiner Ausführungen möchte ich unseren Landtagspräsidenten, Herrn Fritsch, zitieren - es steht heute in der Zeitung -:

„Die Abgeordneten, die Fraktionen sollten ihr Augenmerk stärker als bisher auf künftige Entwicklungen richten, das Land rechtzeitig auf sie vorbereiten. Es geht darum, früher Trends und Probleme zu erkennen, anstatt hinterher mit Gesetzen zu reparieren.“

(Beifall bei der DVU)

Genau aus diesem Grunde haben wir diese Große Anfrage konzipiert. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Herzlichen Dank. - Ich beende hiermit die Aussprache. Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 30 in der Drucksache 4/4585 ist somit zur Kenntnis genommen worden. Ich schließe Tagesordnungspunkt 8.

Bevor ich Tagesordnungspunkt 9 aufrufe, möchte ich Schülerinnen und Schüler der Oberschule Bad Freienwalde recht herzlich bei uns begrüßen. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Ich eröffne Tagesordnungspunkt 9:

Bericht zur ressortübergreifenden Prüfung der Zahlungen von Trennungsgeld und Umzugskostenvergütungen sowie von Erstattungen für aus anderen Ländern abgeordnete Bedienstete für den Zeitraum von 1991 bis 2004

Bericht der Landesregierung

Drucksache 4/4287

Dazu liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion der Linkspartei.PDS in der Drucksache 4/4677 vor.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält der Chef der Staatskanzlei Herr Appel.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat nunmehr dem Landtag den sogenannten Trennungsgeldbericht, wenn ich ihn einmal abgekürzt so bezeichnen darf, vorgelegt. Er ist das Ergebnis zahlreicher Recherchen, Aufträge und Nachprüfungen, und er fußt auf sowohl von der Landesregierung selbst vorgenommenen Überprüfungen als auch auf Recherchen, die im Auftrag dieses Hohen Hauses und durch den Landesrechnungshof in Angriff genommen wurden. Am Ende wurden - so ja auch im Titel - die im

Zeitraum von 1991 bis 2004 erfolgten Zahlungen von Trennungsgeld und Umzugskostenvergütungen, die man immer mitdenken muss, umfassend aufgeklärt.

Gestatten Sie mir, dass ich vorab insbesondere den Abgeordneten, die entweder im Zeitraum der zu analysierenden Trennungsgeldgewährung oder zum Zeitpunkt der ersten Beanstandungen noch nicht in parlamentarischer Verantwortung standen, vor der Bewertung der Vorgänge einige wenige grundsätzliche Abläufe und Bemerkungen zur Kenntnis gebe und dann zur Bewertung komme.

Die erste Feststellung: Die Gewährung von Trennungsgeld ist keine brandenburgische Erfindung; sie fußt auf rechtlichen Grundlagen der Bundesrepublik. Empfänger sind also nicht per se Abzocker, sondern Berechtigte nach einem bestimmten rechtlichen Instrumentarium.

Mitte des Jahres 2003 wurden Vorwürfe öffentlich, wonach Bedienstete oder auch ehemalige Bedienstete des Landes in erheblichem Umfang zu Unrecht Trennungsgeld und Umzugskostenvergütung erhalten hätten. Die Staatssekretäre der Landesregierung beschlossen daraufhin im September 2003 - eigenständig und ohne Aufforderung von außen -, Prüfungen von Zahlfällen zu veranlassen, die den Zeitraum nach dem 1. Oktober 1999 betrafen. Die damalige Justizministerin setzte dazu bei sich selbst eine externe Arbeitsgruppe unter der Leitung des Vorsitzenden Richters am Bundesverwaltungsgericht a. D. Herrn Dr. Schwarz ein, die nachher „liebevoll“ Schwarz-Kommission genannt wurde.

Über deren Arbeitsergebnisse wurde im Januar 2004 der Rechtsausschuss des Landtages unterrichtet. Die Empörung über das damals vorgelegte Ergebnis war, vorsichtig gesagt, ziemlich groß. Auch der Ministerpräsident hat in diesem Hause seinen Unmut über die damals bekannt gewordenen Fälle geäußert, insbesondere über - ich formuliere vorsichtig - grenzwertige Fälle.

Der Rechtsausschuss forderte daraufhin die Landesregierung auf, in allen Ressorts Überprüfungen - rückwirkend bis zum Jahr 1993 - vornehmen zu lassen.

In der Folge beauftragte der Ministerpräsident den damaligen Chef der Staatskanzlei, unter Zuhilfenahme externer Experten die Praxis der Gewährung von Trennungsgeld in der Landesverwaltung zu untersuchen. Geprüft werden sollten nach eigener Maßgabe alle - auch die verjährten - Trennungsgeldvorgänge seit 1991, das heißt seit Beginn der Tätigkeit der Landesverwaltung. Dass dieser Auftrag damals erteilt worden ist, verdeutlicht, dass es der damaligen Landesregierung um eine umfassende Aufklärung ging. Auch diesen Anspruch muss berücksichtigen, wer heute damalige Zeitabläufe bewertet.

Zurück zur Genesis. Zum sogenannten Ermittlungsführer wurde Herr Wolfhart Schulz aus dem Bundesministerium der Verteidigung bestellt, der von zehn Beamtinnen und Beamten aus diesem Geschäftsbereich unterstützt wurde. Bekannt wurde die Gruppe als „Schulz-Kommission“. Diese hat in den Ressorts 1 963 Trennungsgeldfälle geprüft und 446 davon beanstandet.

Im April 2004 legte die Kommission ihren Bericht der Landesregierung vor, die ihrerseits den Hauptausschuss darüber unterrichtete. Auch der Landesrechnungshof führte in den Ministerien und in den ihnen nachgeordneten Bereichen eine Prüfung