Protokoll der Sitzung vom 06.06.2007

(Schulze [SPD]: Nur, weil es in der Zeitung steht, muss es doch nicht wahr sein!)

- Wollen Sie sagen, dass der „Focus“ lügt, Herr Schulze?

Noch nützlicher ist dies alles allerdings in den Händen von Personen, die aus dem Ausland kommen. Das steht ebenfalls darin. Wollen Sie sagen, der BDK lügt? - Die Betrüger sind nach Ausschöpfung dieser Möglichkeiten natürlich auf Nimmerwiedersehen in die Heimat verschwunden, und alles, was sie ergaunert haben, ebenfalls.

Organisierte kriminelle Menschenschmuggler bringen ganze Busladungen Polen, Tschechen, Balten usw. - das ist ebenfalls nachzulesen - nach Deutschland; die erste Anlaufstelle ist die Meldebehörde. Dann geht es ab zur Bank, zur Kontoeröffnung,

um eine EC-Karte zu erhalten, danach beginnt die betrügerische Einkaufstour. Mit der EC-Karte werden Hightech-Artikel gekauft bzw. wird eine Anzahlung geleistet. Danach geht es mit der Ware zurück in die Heimat. Der Händler wartet auf weitere Zahlungen und bleibt auf dem Schaden sitzen.

Ihre Redezeit ist zu Ende.

Einen Satz noch, Frau Präsidentin. - Diese Missbrauchsbeispiele zeigen die Notwendigkeit für die in unserem Gesetzentwurf vorgeschlagenen Änderungen des brandenburgischen Meldegesetzes überdeutlich. Überlegen Sie noch einmal, gehen Sie in sich und stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu! Herr Kollege Sarrach, ich stelle Ihnen die Unterlagen gern zur Verfügung, damit Sie sie lesen können.

(Beifall bei der DVU)

Die Aussprache ist damit beendet, und wir kommen zur Abstimmung. Die Fraktion der DVU beantragt die Überweisung des Antrags in der Drucksache 4/4609 an den Ausschuss für Inneres. Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Mit großer Mehrheit ist gegen die Überweisung gestimmt worden.

Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Wer dem Gesetzentwurf in der Drucksache 4/4609 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer stimmt gegen den Gesetzentwurf? - Wer enthält sich? - Damit ist dieser Gesetzentwurf mit großer Mehrheit abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 7 und rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Situation der Senioren im Land Brandenburg

Große Anfrage 30 der Fraktion der DVU

Drucksache 4/4152

Antwort der Landesregierung

Drucksache 4/4585

Ich eröffne die Aussprache. Frau Fechner, Sie erhalten das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein Motto der Landesregierung, auch in Bezug auf die Seniorenpolitik und auf die Problematik des Älterwerdens lautet: Ich weiß, dass ich nichts weiß. - Dieser bekannte Ausspruch eines griechischen Philosophen trifft den Nagel auf den Kopf. Doch selbstverständlich braucht man sich bei dieser Landesregierung über deren Nichtwissen ohnehin nicht zu wundern, handelt sie doch

seit eh und je nach einem weiteren Motto: Wissen ist Macht, nichts wissen macht nichts.

Die Landesregierung kam in der Einleitung zu ihren Antworten zu der erstaunlichen Feststellung, dass die Bevölkerungszahl in Brandenburg abnimmt und die Menschen hier im Lande immer älter werden.

Über die Einkommensverhältnisse der über 65-Jährigen kann die Landesregierung noch annähernd Auskunft geben; doch bereits über die Vermögensverhältnisse älterer Menschen liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.

Immerhin können wir der Antwort entnehmen, dass trotz der von der Landesregierung gemachten Aussage, es gebe in Brandenburg keine Altersarmut, die Zahl der Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt bzw. von Grundsicherung kontinuierlich zugenommen hat und voraussichtlich weiter zunehmen wird.

Doch ab Frage 10 offenbart die Landesregierung bereits ihr völliges wirkliches oder vermeintliches Unwissen. Die Altersarmut wird einfach geleugnet, bei der Wohnraumförderung verweist man lediglich auf Miet- und Belegungsbindungen sowie auf das Wohngeldgesetz. Bei allen übrigen Fragen bezüglich der Maßnahmen des Landes wegen Altersarmut und deren Finanzierung - Fehlanzeige!

Auf unsere Fragen hinsichtlich der Situation älterer Menschen mit Behinderung wird lediglich die Anzahl der schwerbehinderten Menschen im Alter ab 65 Jahren genannt und das nur bis zum Jahre 2005. Doch bereits bei der Sozialhilfestatistik von älteren Menschen mit Behinderung sowie bei unseren Fragen, welche Maßnahmen konkret zur Verbesserung der Lebenssituation älterer Menschen mit Behinderungen geplant sind - Fehlanzeige!

Auf unsere Fragen zu den Wohnverhältnissen älterer Menschen in Brandenburg verweist die Landesregierung lediglich auf die seniorenpolitischen Leitlinien und den Bericht „Wohnen im Alter“. Doch diese beinhalten in Wirklichkeit nur rhetorische Floskeln.

Hinsichtlich der demografischen Herausforderungen durch die älter werdende Bevölkerung in Brandenburg wird darauf verwiesen, dass in einer älter werdenden Gesellschaft das Feld Bildung von herausgehobener Bedeutung sei. Eine Verstärkung von Weiterbildungsaktivitäten wird seitens der Landesregierung gefordert. Da könnte ja die DVU-Fraktion vorbehaltlos zustimmen. Doch auf unsere Fragen Nrn. 56 bis 61, welche sich eben mit dieser Thematik beschäftigen, erklärt die Landesregierung, dass ihr spezielle Bildungsangebote für ältere Menschen nicht bekannt seien. Über die Teilnahme älterer Menschen an seniorenspezifischen Bildungsveranstaltungen liegen der Landesregierung auch keinerlei Daten vor. Eine spezielle Weiterbildungsoffensive für die Zielgruppe der Älteren wird von der Landesregierung auch nicht verfolgt.

Auf unsere Frage 40 wird geantwortet:

„Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist, wie es gelingen wird, wieder mehr ältere erwerbsfähige Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren bzw. das frühzeitige Ausscheiden älterer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu verhindern.“

Dies grenzt an bodenlose Frechheit. Als ob nicht auch die Mitglieder dieser Landesregierung genau wüssten, dass inzwischen die Mehrheit der über 45-Jährigen, zumindest aber die der über 50-Jährigen hier in Brandenburg faktisch keine Chance mehr hat, wieder in Beschäftigungsverhältnisse zu kommen! Wenn Sie, meine Damen und Herren der Landesregierung, in Ihrer Antwort zu Frage 47 aufgrund des Mikrozensus 2005 selbst zugeben müssen, dass die Erwerbsquote von über 55Jährigen nur mehr gut bei 50 % liegt, dann frage ich Sie, wie Sie allen Ernstes zu der von mir eben zitierten Aussage kommen können.

Immerhin erfahren wir, dass für das Förderprogramm „Akademie 50 plus“ im Jahre 2006 die Wahnsinnssumme von 420 000 Euro zur Verfügung stand. Doch unseren wiederholt gestellten Antrag auf eine wirklich flächendeckende Qualifikationsoffensive 45 plus haben Sie selbstverständlich abgelehnt.

Makaber wird es, wenn die Landesregierung als Begründung für ihr Nichtstun im Bereich der medizinischen Betreuung älterer Menschen anführt - ich zitiere wiederum -:

„Ältere Menschen in Brandenburg fühlen sich bei guter Gesundheit und gesünder noch als Ende der 90er Jahre.“

Na also! Wenn die ohnehin alle gesund sind, wozu brauchen wir dann noch eine medizinische Versorgung?!

Zu guter Letzt bzw. zu schlechter Letzt dann auch noch die nichtssagenden Antworten auf unsere Fragen nach den Kosten der Überalterung. Der Landesregierung liegen hierzu keine Kostenschätzungen vor. Über kommunale Betreuungs- und Pflegeleistungen können seitens der Landesregierung keinerlei Angaben gemacht werden.

So und so ähnlich sehen auch die Antworten auf unsere weiteren Fragen aus.

Selbstverständlich wird bezüglich der Sozialhilfe geradezu mit Genuss auf die Selbstverwaltung der Landkreise und kreisfreien Städte als örtliche Träger verwiesen. Hauptsache die Landesregierung ist fein raus!

Was die Landesregierung als Antwort auf unsere Große Anfrage 30 geliefert hat, ist nicht nur das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt ist, sondern ist schlicht und ergreifend eine Zumutung.

Jung sein im biologischen Sinne wird in Brandenburg perspektivisch eine Seltenheit.

(Schulze [SPD]: Ja, das ist selten!)

Wer beispielsweise im Jahr 2040 einen längeren Spaziergang durch die uckermärkische Industriestadt Schwedt machen wird, dem werden ca. 9 Kinder über den Weg laufen und gleichzeitig 38 Rentner. 2040, Herr Schulze, werden Ihnen 9 Kinder und 38 Rentner in Schwedt über den Weg laufen. So jedenfalls die Prognose. 1970 war das Verhältnis umgekehrt. Das wissen natürlich auch die werten Damen und Herren der Landesregierung. Doch was sie gegen die Überalterung zu tun gedenken, darauf haben sie nicht nur keine Antwort, sondern es fehlen ihnen auch in allen altersrelevanten Themenfeldern die entsprechenden empirischen Daten. Dies hat die Antwort der Landes

regierung auf unsere Große Anfrage zumindest klar und deutlich bewiesen.

Verlässliche Daten, meine Damen und Herren, sollten in der Politik die Grundlage jedes sinnvollen Handelns sein. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Schier. Sie spricht für die CDU- und die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, ich danke Ihnen und Ihrem Hause ganz herzlich für die Beantwortung der Fragen.

An die Damen und Herren von der DVU gerichtet, kann ich nur sagen: Es sind also wirklich prekäre Verhältnisse hier in Brandenburg. Ich würde Ihnen raten, doch auszuwandern. Sie alle sind ja etwa 40 oder 50 Jahre alt. Gehen Sie also dorthin, wo es Ihnen besser geht! - Denn nur das kann man Ihrer Rede entnehmen, weiter nichts.

(Unruhe - Vietze [Die Linkspartei.PDS]: Wo sollen sie denn hin?!)

- Ja, wo sollen sie denn hin?! - Aber ich möchte noch auf einige andere Punkte eingehen.

Die Seniorenpolitik beschäftigt uns in diesem Jahr nicht zum ersten Mal. Wir haben nämlich im Januar 2007 die Leitlinien für die Seniorenpolitik verabschiedet. Sie bilden eine gute Grundlage für die Arbeit in den nächsten Jahren in Brandenburg.

Laut Statistik wird der Anteil der über 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung im Land Brandenburg im Jahre 2020 11,4 % betragen. Allein diese Zahl verdeutlicht, dass wir uns mit allem, was älteren Menschen wichtig ist, befassen müssen.