Protokoll der Sitzung vom 25.11.2004

Thema war die Modernisierung des Haushaltsrechts. Die von mir dort unterbreiteten Vorschläge sind vielleicht nicht auf fruchtbaren Boden gefallen; aber ich habe sie nicht vergessen. Ich kann Ihnen gern noch einmal berichten, was ich mir vorgenommen hatte.

(Beifall bei der PDS)

Letzte Bemerkung: Sie sollten uns dankbar sein, dass wir diesen Antrag eingebracht haben. Wir wollen damit auch für Sie Transparenz herstellen. Heute ist in der „MAZ“ die schöne Schlagzeile „Der Koalitionsvertrag ist in Gefahr“ zu lesen. Sie hatten soeben Gelegenheit, sich dazu zu erklären. Mündliche und Große Anfragen auf diesem Gebiet werden Sie von uns in jedem Fall noch bekommen. Wir lassen insoweit nicht locker. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Ich schließe die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.

Da kein Überweisungsantrag vorliegt, stimmen wir über den Antrag der PDS-Fraktion mit dem Titel „Kassensturz zu Beginn der neuen Wahlperiode“, Drucksache 4/123, ab. Wer dem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 4 und wir kommen zu Tagesordnungspunkt 5:

Prioritätensetzung bei der Hochschulplanung des Landes Brandenburg

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 4/124

Des Weiteren liegt Ihnen ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU in Drucksache 4/162 vor.

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag des Abgeordneten Dr. Hoffmann von der PDS-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht das erste Mal, dass die PDS vorschlägt, die Hochschulplanung des

Landes Brandenburg zu überarbeiten und den aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Wir sprechen auch heute von „Überarbeitung“, nicht nur von „Fortschreibung“ des Hochschulplanes. Allein die ursprünglich angenommenen Studierendenzahlen stimmen längst nicht mehr. Bei Letzteren verläuft die Entwicklung erfreulicher als geplant. Selbst unter Berücksichtigung des demographischen Wandels in der Region Berlin-Brandenburg und bei Anerkennung der Tatsache, dass auch künftig mehr Studienanfänger aus Brandenburg nach Berlin gehen werden als umgekehrt, dürfte der Rückgang der Studierendenzahl in Brandenburg bis 2015 wesentlich geringer als in Sachsen oder in Mecklenburg-Vorpommern ausfallen.

Ich möchte ausdrücklich betonen, dass es weitere Gesichtspunkte gibt, die es fragwürdig erscheinen lassen, wenn Brandenburg in den Medien immer wieder als Musterbeispiel dafür dienen soll, Überschriften wie „Ost-Unis auf Talfahrt“ zu bedienen. Die Hochschulen in unserem Land haben nach wie vor eine gewisse Anziehungskraft. Ich habe auch kein Problem damit zu sagen, dass an diesem positiven Umstand das Wissenschaftsministerium nicht ganz schuldlos ist. Vor allem aber ist es das Personal der Universitäten und der Fachhochschulen, das trotz eines sehr hohen Überlastfaktors durch Engagement dafür sorgen konnte, dass das Markenzeichen „klein und fein“ für unsere Hochschulen noch nicht gänzlich abhanden gekommen ist.

Auf der anderen Seite ist natürlich Kritik angebracht. Auch hierfür gibt es ausreichend Stoff. „Klein und fein“ trifft eben nicht mehr als allgemeines Merkmal zu. Außerdem bin ich skeptisch, wenn - insbesondere mit Blick auf die Geisteswissenschaften - allzu schnell vor Massenuniversitäten gewarnt wird und Elite-Universitäten, möglichst private, als Alternative ins Rennen kommen.

Überhaupt sollten Geisteswissenschaften nicht mit dem Argument „Praxisorientierung“ gering bewertet werden, zum einen deshalb nicht, weil wissenschaftlicher Fortschritt und wirtschaftliche Innovation heute fast immer an den Grenzen unterschiedlicher Disziplinen entstehen. Transdisziplinarität und interdisziplinäre Aufgaben werden ohne moderne Geisteswissenschaften schlecht zu meistern sein.

Außerdem gehört es für mich auch zukünftig zu den Aufgaben einer Hochschule, gesellschaftliche Verantwortung dadurch zu übernehmen, dass nicht nur marktfähiges und funktionierendes Humankapital die Hochschulen verlässt, sondern Hochschulen Ort der kritischen Reflexion sowie des Nachdenkens und Streitens über die künftige gesellschaftliche Entwicklung bleiben oder werden.

Den Geisteswissenschaften dürfte besondere Verantwortung zufallen; denn wir wollen, dass Studierende nicht nur als Kunden gesehen werden, sondern kritisch Mitbestimmende bleiben oder werden. Das sollten wir nicht nur aushalten, sondern produktiv nutzen und als Standortfaktor für Brandenburg ausbauen.

Doch Kritik an der aktuellen und der vergangenen Hochschulpolitik in Brandenburg ist nicht das Hauptanliegen unseres Antrages. Uns geht es um die Zukunftsfähigkeit Brandenburgs. Ich freue mich, dass die Koalition das so oder so ähnlich sieht. Wir verzeichnen jedenfalls den günstigen Umstand, dass wir es heute mit zwei Anträgen, dem Antrag der Fraktion der PDS und dem Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, zu tun

haben, die in die gleiche Richtung zielen. Übereinstimmungen sind offensichtlich.

Es gibt aber unter anderem diesen Unterschied zu unserem Antrag: Im Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen ist nicht der Auftrag enthalten, die finanziellen Rahmenbedingungen in der überarbeiteten Hochschulplanung konkret zu nennen. Es findet sich auch kein konkreter Termin, wann eine Überarbeitung vorgelegt werden soll.

Wir wollen keinen Aktionismus und schlagen deshalb vor, die Überarbeitung der Landeshochschulplanung bis Mai 2005 vorzulegen. Planung kann aber nicht heißen, wie es im Entschließungsantrag der Koalition suggeriert wird, dass ab und zu oder auch regelmäßig berichtet wird, was bereits gelaufen ist. Hier haben wir einen anderen Ansatz, wie bereits an der Überschrift unschwer zu erkennen ist.

Überhaupt deutet sich an, dass es unterschiedliche Positionen gibt. Auch wir sind dafür, Chancen zu nutzen, die sich aus Förderprogrammen des Bundes und der EU ergeben. Der Exzellenzinitiative des Bundes stehen wir allerdings kritisch gegenüber. Mit Bezug auf den Bologna-Prozess wollen wir eben nicht nur die Umsetzung der Festlegungen und Empfehlungen zur Modularisierung usw., sondern eine aktive Gestaltung dieses Prozesses unter Nutzung aller Spielräume, die ja gegeben sind. Wir brauchen eine hochschulpolitische Debatte im Land auch deshalb, damit nicht irgendwann nur noch darüber diskutiert wird, warum unser Diplom abgeschafft wurde. Sie wissen, dass dahinter ein ernstes Problem steht; denn weder in der Öffentlichkeit noch in der Wirtschaft stehen Bachelor- und Masterabschluss besonders hoch im Kurs. Dazu trägt vielleicht bei, dass die Rechtswissenschaft an der Universität Potsdam auch nach 2007 keine Bachelor- und Masterausbildung anbieten und damit offensichtlich die Höherwertigkeit ihres Studienganges betonen will.

Ich wünsche mir, dass der Bologna-Prozess nicht nur für die Hochschulen, sondern für die Landespolitik insgesamt als Herausforderung wahrgenommen wird. Dabei sollten nicht nur die kritischen Punkte eine Rolle spielen, sondern vor allem die Gestaltungsspielräume genutzt werden, um den Platz der Hochschulen Brandenburgs in Europa in den kommenden Jahren zu stärken und so das Land Brandenburg im Rahmen europäischer Kultur und Wirtschaft attraktiver zu machen. Wie gesagt, hier wird es wahrscheinlich auch Streit geben.

Interessant an den beiden Anträgen ist für mich, dass die Unterschiede gar nicht so sehr auf Gegensätze in der parteipolitischen Programmatik zurückzuführen sind. Ich habe den Eindruck, die unterschiedliche Schwerpunktsetzung in einigen Punkten spiegelt auch unterschiedliche Varianten der möglichen zukünftigen Gestaltung der Hochschulen im Land und in Europa wider, wie sie von Experten und Interessenvertretungen gegenwärtig diskutiert werden.

Auch deshalb werbe ich dafür, beide Anträge an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur zu überweisen. Wenn wir uns dort auf ein gemeinsames Ziel verständigen, könnte ein interessanter und notwendiger Beschluss zur Überarbeitung der Hochschulplanung entstehen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Ich darf jetzt Gäste von der Gesamtschule „Bruno Bürgel“ aus Rathenow begrüßen. Seien Sie uns willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Nachdem die Fraktionen von SPD und CDU die Reihenfolge der Redner getauscht haben, spricht jetzt für die CDU-Fraktion Herr Abgeordneter Werner.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich sage es gleich eingangs: Es bedurfte dieses Antrags nicht. Wir haben heute ja schon über einige Anträge geredet, die überflüssig sind.

(Widerspruch der Abgeordneten Dr. Enkelmann [PDS])

- Frau Kollegin Enkelmann, Sie hätten uns die Zeit gern ersparen können, die Sie uns jetzt auch mit diesem Antrag rauben.

Aus dem Antrag kann man nur eines herauslesen: Sie wollen den Hochschulstandort Brandenburg wieder einmal schlechtreden und schlechtschreiben. So schlecht ist er gar nicht, wie Sie es hier wieder darstellen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der PDS)

Sie haben immer noch nicht gemerkt, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der PDS, dass der Wahlkampf längst vorbei ist. Es gibt inzwischen einen Koalitionsvertrag. - Frau Kollegin Kaiser-Nicht, da können Sie noch so viele Handbewegungen machen. Ich würde Ihnen empfehlen: Schauen Sie einmal in den Koalitionsvertrag, lesen Sie, was darin steht!

(Zurufe von der PDS)

Darin stehen so viele Dinge zur Hochschulentwicklung für die nächsten fünf Jahre, dass es Ihres Antrags - ich sage es noch einmal - nicht bedurft hätte.

Wenn Sie es richtig gelesen haben, wissen Sie, dass der Hochschulbereich der einzige Bereich in der ganzen Landesregierung ist, in dem keine Kürzungen stattfinden. Das müssen Sie unter den gegenwärtigen finanziellen Bedingungen erst einmal nachmachen!

(Lachen bei der PDS - Vietze [PDS]: Das wollen wir jetzt aber schriftlich haben!)

Hier sollten Sie schon einmal realistisch bleiben.

Wenn Sie heute die Zeitung richtig gelesen haben, dann wissen Sie, dass es um eine andere Finanzierungsquelle geht, nämlich um die des Bundes zum Hochschulbau. Es geht hier darum - versuchen Sie nicht, die Dinge wieder durcheinander zu bringen -, dass die Finanzierung auf dem Level bleibt, auf dem sie bisher war. Das ist der einzige Bereich und das will etwas bedeuten.

Sie sollten auch bei Folgendem realistisch sein. Sie sagen nämlich kein Wort dazu, wie Sie es finanzieren wollen. Wenn Sie in

diese Regierung eingetreten wären, was Gott sei Dank verhindert wurde und was weiter verhindert werden möge, hätten Sie uns auch sagen müssen, wie Sie das machen wollten.

Die steigende Nachfrage nach Studienplätzen wurde bisher berücksichtigt. Es werden bis zum Jahre 2007 3 500 neue Studienplätze geschaffen, insbesondere in den praxisorientierten Ausbildungsgängen. Das bedeutet aber nicht, was Kollege Hoffmann gerade ansprach, dass die Geisteswissenschaften dabei keine Berücksichtigung finden.

Ich möchte nur daran erinnern, dass wir in den vergangenen fünf Jahren ebenfalls einen Aufwuchs um 3 500 Studienplätze hatten. Da müssen wir natürlich gucken, wie die demographische Entwicklung verläuft. Dass Sie sich hier im Konjunktiv bewegen, Herr Kollege Hoffmann, hilft uns nicht weiter. Hier muss es gesicherte Erkenntnisse geben, wie die demographische Entwicklung weitergeht. Es wird ein bedarfsgerechter Ausbau von Studienplätzen stattfinden.

Ebenso steht im Koalitionsvertrag die Abstimmung mit Berlin. Ziel ist eine abgestimmte Hochschulplanung zwischen beiden Bundesländern.

Wenn Sie in Ihrem Antrag etwas von sozial gerechter Gestaltung des Hochschulzuganges schreiben, dann kann ich nur sagen, dass wir bestrebt sind, uns an den Leistungen der Studienbewerber zu orientieren. Denn es ist sozial, wenn es nach den Leistungen geht.

Im Übrigen: Der Bologna-Prozess wird längst berücksichtigt. Auch darauf müssen Sie uns nicht hinweisen.

Zum Abschluss möchte ich nur noch zwei Dinge sagen. Erstens: Lesen Sie noch einmal die Debatte zur Regierungserklärung. Darin hat der Ministerpräsident zu Recht darauf verwiesen, dass Sie einmal eine Westreise machen sollten. Sie können auch noch woandershin reisen. Dann vergleichen Sie einmal und reden den Standort nicht schlecht! Es gibt sicherlich das eine oder andere Problem. Darüber lässt sich reden; das ist überhaupt nicht der Punkt. Wir sind hier nicht auf der Insel der Glückseligen; das will ich ehrlich zugeben. Aber, bitte schön, nicht in dieser Art und Weise!